„Wutbürger“ gegen ein Hotel auf dem Gelände
der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang

von Hans-Dieter Arntz
08.06.2011

Das Bauwerk der 1934 bis 1936 erbauten NS-Ordensburg Vogelsang bei Schleiden ist mit dem neuen Nationalpark Eifel eine Attraktion im westdeutschen Naherholungsgebiet. Dass sich jedoch die seit 2006 Verantwortlichen schwer tun, mit einem Erbe aus der Nazizeit umzugehen, hat inzwischen nicht nur die Bevölkerung der Eifel und Voreifel festgestellt. Immer wieder gab es Irritationen, zu denen seit einiger Zeit wieder neue hinzugekommen sind.

Während ich zum Beispiel in meinen NEWS vom 28. Oktober 2007 erneut das damalige Desinteresse der Verantwortlichen an einem Dokumentationszentrum monierte, geht es jetzt um das, was der „Schleidener Wochenspiegel“ vom 3. November 2010 als „Lohnendes Projekt oder Luftschloss“ in Frage stellte. Tatsächlich hatte man vor einigen Monaten noch vor, auf dem Gelände der Nazi-Kaderschmiede ein „Krimi-Hotel“ zu installieren, von dessen Horror-Präsentation man sich offenbar einiges versprach. Die Schlagzeile des Artikels fasste die damals herrschende Meinungsbildung zusammen: „Krimi-Hotel Vogelsang: Entwickler glauben an Erfolg, Skeptiker halten thematische Ausrichtung für verfehlt“. Was aus diesem Projekt geworden ist, kann sich jeder, der noch etwas Gespür für Historisches und die Aufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte hat, selber denken.

Nun gibt es eine neue Perspektive, die der NRW-Minister Voigtsberger als „Neue Dynamik für Vogelsang“ bezeichnet. Der „Wochenspiegel“ vom 9. Februar 2011 berichtete über ein „Spitzengespräch in Düsseldorf: NRW-Minister und alle Beteiligten verständigen sich auf neue Leitlinien“. Es geht offenbar um den Bau eines Hotels, den „Projektentwickler“ ins Auge gefasst haben. Aber doch auch das wollen westdeutsche „Wutbürger“ wohl nicht hinnehmen. Auf Plakaten sowie in Zeitungsartikeln und als Online-Proteste unterstützen sie den Wander- und Naturführer Sven Kraatz, der gegen den Mißbrauch der Idee „Natur-Geschichte“ ist. Auch am Eingang des Euskirchener HIT-Marktes, Georgstraße 22, ist nun ein Plakat mit der energischen Forderung der „Wutbürger“ zu lesen:

Stoppt den Hotelbau auf Vogelsang!

Seit einiger Zeit versuchen Spekulanten auf Vogelsang, trotz 55.000 qm leerer Gebäudefläche einen Hotelbau zu errichten.
Stoppt diesen Irrsinn und verteidigt die nachhaltige Entwicklung im Nationalpark Eifel. Zeigen wir „Wutbürger“ den Verantwortlichen die Rote Karte.
Mehr Informationen erhalten Sie auf www.Natur-Geschichte.de

Wutbürger

 

Der Aktivist Sven Kratz, der nicht nur als Natur- und Wanderführer, sondern auch als freier Referent auf Vogelsang fungiert, wünscht eine Symbiose von Natur und Geschichte, Begriffe, unter denen auch seine Homepage firmiert. Dort formuliert er seinen Protest folgendermaßen:

Seit einiger Zeit wird mit allen Mitteln versucht, auf dem Gelände der ehemaligen „Ordensburg Vogelsang" einen Hotelneubau zu realisieren.

Dazu muss man wissen, dass auf Vogelsang ca. 50000 qm Geschossfläche zur Zeit leer stehen und nicht genutzt werden.

Dieses Bauensemble ist in den 1930er Jahren entstanden und wurde vor längerer Zeit bereits unter Denkmalschutz gestellt.

Warum wird diese alte Bausubstanz nicht genutzt?

Es geht sich alleine um die Vermarktung und den Profit der vorhandenen Grundstücke mitten im Herzen des „Nationalpark Eifel“.

Die vorhandene Bausubstanz verfällt zunehmend, aber neue Gebäude, die diesen historischen Lernort verwässern, sollen entstehen.

In etwa nach dem Motto: So schlimm wird das hier früher ja nicht gewesen sein, wenn man jetzt hier im neuen Wellness-Hotel relaxen kann.

Diese Denkweise ist diesem historischen Ort nicht angemessen, und die Verantwortlichen sollten sich darauf besinnen „Vogelsang“ zu dem Ort zu machen, was er heute ist bzw. laut Leitbild der Vogelsang ip -GmbH sein sollte:

Ein Lernort und eine Begegnungsstätte für Menschen, die aus der Geschichte gelernt haben und lernen wollen sowie Menschenrechte, demokratisches Handeln und Denken, Solidarität und Wertschätzung heute nicht nur in Ihrem Wortschatz haben, sondern diese Dinge auch im Alltag vorleben.

Zeigen wir den Verantwortlichen auf Vogelsang dass dieser Hotelneubau das falsche Signal für eine nachhaltige Entwicklung unserer geliebten Region „Nationalpark Eifer ist.

Je größer der Widerstand und je geringer die Akzeptanz für diesen Irrsinn ist, desto schwieriger wird es für die Verantwortlichen einen Investor zu finden, der diesen Irrsinn finanziert.

Zeigen wir Ihnen, dass wir dieses Hotel an diesem Standort nicht haben wollen.

Es geht um unsere Heimat und Lebensmitte in einer der schönsten Regionen Deutschlands: im „Nationalpark Eifel"(...).

WutbürgerDie einst unbeachtete NS-Ordensburg Vogelsang und deren Geschichte wurde im Jahre 1986 aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt und erstmals in einem Buch detailliert vorgestellt, dem derselbe Autor weitere Publikationen folgen ließ. Seitdem hat das eindrucksvolle Gebäude an Interesse gewonnen und wird zurzeit einer neuen Bestimmung zugeführt. Seit 25 Jahren dient nun das Standardwerk Ordensburg Vogelsang 1934-1945 Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich, das inzwischen in der 6. Auflage erschien, weiterhin als Grundlage für Filmdokumentationen, ortsspezifische Reiseführer und Sammelwerke und wurde auch von der Landeszentrale für Politische Bildung NRW übernommen. Weiterhin gilt es als die immer noch einzige Dokumentation, die die Historie sowie auch die Methodik und Didaktik der NS-Ordensburgen im Dritten Reich in einer Gesamtdarstellung aufzeigt.

Auf der Seite 49 des genannten Buches findet man die Architektur eines „Kraft-durch-Freude“ – Hotels, das eigentlich anfangs der 1940er Jahre auf dem östlichen Talgelände von Vogelsang erbaut werden sollte. Nach den ursprünglichen Vorlagen zeichnete Dieter Hay (Euskirchen) die Baupläne nach, wofür er auch das hiermit noch einmal ausdrücklich erwähnte Copyright besitzt.

 

Wutbürger

 

Es gab für das geplante KdF-Hotel mehrere Entwürfe. Die offenbar letzte Korrektur erfolgte 1941. Mit dem Angriff auf Russland am 22. Juni hatten die deutschen Machthaber wohl schon das Bauvorhaben aufgegeben.

Es könnte sein, dass die gewaltigen Dimensionen dieses „Vogelsang-Hotels“, die in dem o.a. Buch beschrieben werden, heute vor aktuellen Plänen eines Neubaus abschrecken.

Bezüglich der Thematik „NS-Ordensburg Vogelsang“ sei darauf hingewiesen, dass die vorliegende regionalhistorische Homepage Auskunft über die Bücher des Autors sowie die entsprechenden NEWS und folgende Online-Artikel gibt:

 

 

Neue Literatur zum Kriegsende 1944/45  und NS-Ordensburg Vogelsang

Eigene Bücher

Ein neues Buch: „KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein“ (2007)

Rezension des Buches KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein - Ein Buch von Hans-Dieter Arntz aus dem Helios-Verlag (2008)

Ein neues Buch: Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten. Buchvorstellung (2007)

Leseproben aus dem Buch: Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten (Buchrezension von Thomas Enke, 2007)

6. Auflage des Standardwerkes „Ordensburg Vogelsang 1934-1945– Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“

 

Wurden auf den NS-Ordensburgen künftige „Täter“ erzogen?

taeter

1. NS-Ordensburg Vogelsang: Irritationen um Aufarbeitung der Geschichte (vom 29.11.2006)

2. NS-Ordensburg Vogelsang: Kommentar zum Blog „Mediale Verwirrung um den „Täterort (vom 11.02.2007)

3. Wurden auf der NS-Ordensburg Vogelsang „Täter“ und potenzielle Massenmörder ausgebildet? Eine erstmalige Publikation zu einem umstrittenen Thema (vom 21.07.2007)

4. NS-Täter profitieren von der Hilflosigkeit der Justiz – Ein weiterer Beitrag zur Diskussion um die angeblichen „Täter“ von den Ordensburgen (vom 22.09.2007)

5. Das eigenartige Selbstverständnis von nationalsozialistischen Zeitzeugen in der Diskussion um „Täter“ von NS-Ordensburgen (vom 12.11.2007)

6. Unterschied zwischen SS-Ehrenwache und „Junkertum“ auf der NS-Ordensburg Vogelsang – Der Massenmörder Gustav Sorge (vom 22.11.2007)

7. Das Kornsandverbrechen und die Justiz – Ein „Junker“ der Ordensburg Vogelsang vor Gericht

8. Nachtrag: Erneute Irritationen um Interpretation der jüngsten deutschen Geschichte – Antipathie gegenüber jeder Form von „Heldentum?“ (11.12.2007)

9. Grundsteinurkunde der Ordensburg Vogelsang gehört in ein Dokumentationszentrum oder Museum!

 

NS-Ordensburg Vogelsang 1934-1945 (1989)

Ordensburg Vogelsang: Früher „Bollwerk des Westens“ (1979/1980)

Wo der Nachwuchs geschult wurde: Die Ordensburg Vogelsang (1979/1980)

Deutsche Bundeswehr auf dem NATO-Truppenübungsplatz Vogelsang/Eifel (2008)

 

NS-Ordensburg Vogelsang: Eine Serie der Gesamtausgabe der Aachener Volkszeitung vom 12.06.-01.07.1986

vogelsang serie 1  vogelsang serie 2  vogelsang serie 3

(Teil 1)
Ordensburg für Hitlers Elite: In der „Junkerschmiede“ wurde NS-Führungsnachwuchs gedrillt

(Teil 2 )
Zerissene Pläne und das gescheiterte Projekt am Rhein: Warum ein Bauplatz gegenüber Nonnenwerth nicht in Frage kam

(Teil 3)
Mit „Kraft und Freude“ zum Drillplatz der Goldfasane: Der Ordensburg sollte ein Erholungszentrum angegliedert werden

(Teil 4)
Junker-Appell in Görings Jagdrevier: Hitlers Stippvisite und Streichers antisemitische Tiraden

(Teil 5)
„Deutscher Orden“ sollte Vorbild sein: „Junkern“ winkte steile Karriere im staatlichen Führungscorps

(Teil 6)
Junkerdolch für den ersten Sohn: Nach Kirchenaustritt „braune Hochzeiten“ auf der Ordensburg

(Teil 7)
„Ein Fort für den Krieg“ Hysterie um Hitler-Besuch: Die Furcht der Belgier und der „Höhepunkt der Burg-Geschichte“

(Teil 8)
Oft über die Stränge geschlagen: Ablösung des Kommandanten

(Teil 9)
Als Gebietskommissare im „Kriegseinsatz“: 1939 endete der Schulungsbetrieb auf Vogelsang – Amis vor den Trümmern

(Teil 10)
Briten schürten Gerücht vom „Lebensborn“: NS-Ordensburg heute Truppenübungsplatz

« zurück zum Seitenanfang