Erstmalig sollen hiermit historische und juristische Details publiziert werden, die sich mit dem umstrittenen Thema befassen, ob auf der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang „Täter“ und potenzielle Massenmörder ausgerichtet wurden.
Im November 2006 wurde von der Deutschen Presseagentur dpa eine Nachricht publiziert, die nicht der Wirklichkeit entsprach, aber auf Meldungen einiger Zeitungen in der Eifel beruhte. Angeblich hatte ein Journalist ein geheimes NS-Archiv der Ordensburg Vogelsang gefunden, das Aufschluss über die Ausrichtung und Biographien potenzieller Massenmörder geben könne. Eine nach Schleiden einberufene Pressekonferenz präsentierte längst bekannte Fotokopien, was wegen der unqualifizierten Recherche der Verantwortlichen schon Tage später kritisiert wurde. Ergo: es gab kein „geheimes Archiv“!
Auch der wissenschaftliche Nachweis für potenzielle „Täter“ und „Massenmörder“ blieb aus. Es war natürlich auch nichts nachzuweisen, weil auf der NS- Ordensburg Vogelsang selber nichts Kriminelles geschehen war, was einen „Junker“ hätte vor die Schranken des Gerichtes bringen können. Hier war also kein „Täterort“ im umgangssprachlichen Sinne.
Dennoch sollte zumindest dieser Vorwurf in der Terminologie des Denkmalschutzes nicht unbeachtet bleiben, weil erst die vielen Biographien zu überprüfen sind, die ihrerseits wieder nicht auf der Ordensburg, sondern bei Gerichten und Archiven lagern. Dies ist in den letzten 6 Monaten von mir in mehreren Fällen nachgeholt worden. Weitere Arbeiten werden somit folgen.
1. Juni 1937: Die Teilnehmer des 2. Lehrgangs nehmen auf dem Appellhof der Ordensburg Vogelsang Aufstellung
Quelle: Foto aus dem Standardwerk von Hans-Dieter Arntz „Ordensburg Vogelsang 1934-1945. Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“, Euskirchen 1986, Seite 168.
Die vielen Unterlagen – teilweise in den ehemaligen DDR-Archiven, aber auch in Holland und neuerdings auch in Polen und Russland – machen tatsächlich an einigen Stellen nachdenklich. Zwar gibt es keinen direkten Nachweis, dass Junker der Ordensburg Vogelsang unmittelbar aus der Eifel zum Holocaust abkommandiert wurden, aber ihre rassefeindliche, nationalsozialistische Ausrichtung brachte im Verlauf des 2. Weltkrieges einige von ihnen in Situationen, Funktionen und Positionen, die den Nicht-Wissenschaftler zu dem verallgemeinernden Urteil führen könnten, dass doch ein direkter Bezug von der NS-Ordensburg Vogelsang zur Vernichtungsstrategie des Nationalsozialismus zu sehen ist. Es sollte jedoch den seit 2003 institutionalisierten Gremien und Ausschüssen sowie dem wissenschaftlichen Beirat überlassen bleiben, nun doch in den nächsten Jahren das umfangreiche Material zu sichten und bewerten. Bisher liegt jedoch noch nichts vor!
Zu warnen ist aber erneut vor der unwissenschaftlichen „Ausbeutung durch die Presse“!
Doch gehen wir der Reihe nach vor.
Meinen folgenden Ausführungen stelle ich als Wiederholung und Zusammenfassung noch einmal die Beiträge auf meiner Homepage voraus, die im Zusammenhang mit der gestellten Thematik stehen:
NS-Ordensburg Vogelsang: Irritationen um Aufarbeitung der Geschichte (28. 11. 2006)
Kein geheimes NS-Archiv auf der Ordensburg Vogelsang (News vom 28.01.2007)
Ordensburg Vogelsang: Mediale Wirrungen um den “Täterort” (24.11.2006 bis 11.02.2007)
NS-Ordensburg Vogelsang: Kommentar zum Blog „Mediale Verwirrung um den 'Täterort'“ (11.02.2007)
FRAGE: Was hat ein erigierter Penis mit der Ordensburg Vogelsang zu tun? (News vom 09.03.2007)
Ordensburg Vogelsang: Leserbriefe im Bonner General-Anzeiger (News vom 27.03.2007)
Zur Pädagogik der NS-Ordensburgen: Methodik und Didaktik der Ausbildung zum nationalsozialistischem „Führeranwärter (29.03.2007)
Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Artikel und Links sollen künftig auf dieser Homepage einige Biographien von „Junkern“ der Ordensburg Vogelsang vorgestellt werden, deren Einsatz im 2. Weltkrieg nicht durch das Völkerrecht gedeckt war. In dem vorliegenden Beitrag geht es um Fälle, die ich in meinem neuen Buch bereits skizziert habe. Danach folgt die Darstellung des „Kornsandverbrechens“, in das ebenfalls ein „Junker“ von der Ordensburg Vogelsang verwickelt war.
Ein Auszug aus meinem neuen Buch Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten (Aachen 2007) soll als Einleitung zur Problematik betrachtet werden. Somit lege ich als Erster eine Publikation zu diesem umstrittenen Thema vor:
Auszug aus dem 9. Kapitel des neu erschienenen Buch
"Ordensburg Vogelsang - Im Wandel der Zeiten"
(Helios Verlag, Aachen 2007), S. 38-45)
von Hans-Dieter Arntz
(…) Eindrucksvoll war die Tischordnung beim Burgfest der Ordensburg Vogelsang am 20. August 1939. Alle, die irgendwie seit 1933 mit dieser Institution zu tun hatten, waren wie zu einem Abschluss-Bankett eingeladen worden. Die erhalten gebliebene Platzanordnung stellte alle Teilnehmer mit Rang und Namen sowie Begleitung vor. An 102 Tischen hatten Honoratioren und die offiziell „ Führeranwärter“ genannten Herren mit ihren Damen Platz genommen. Doch in dem 28 Seiten starken Festheft war wieder nur von „Junkern“ die Rede.
Franz Binz, der ehemalige Kreisleiter von Schleiden und erste Kommandant der Ordensburg Vogelsang, saß in seiner neuen Funktion als Reichstreuhänder mit Gattin an Tisch 11, direkt neben SA-Standartenführer Heinen und dessen Ehefrau. Kreisleiter Marrenbach und Frau hatten neben dem prominenten Architekten Prof. Klotz am Tisch 9 Platz genommen. An Tisch 71 saß unbeschwert ein 28jähriger Junker von der 15. Kameradschaft, der einige Monate vorher vom Lehrgang in Krössinsee gekommen war. Elf Jahre später sollte er nach mehrjähriger Flucht wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu drei Jahren Gefängnis verurteilt werden.
Insgesamt waren das Burgfest und der Ball recht beeindruckend. Es war, als ob man die Zeit der „Ordensjunker" und des imitierten Rittertums noch einmal in aller Pracht darstellen wollte: Der letzte Tag eines viertägigen Burgfestes wurde zu einem gesellschaftlichen Höhepunkt. Bei Fackellicht, in Paradeuniform und beschwingter Damenbegleitung, hoch über dem Urftsee, gab es Eindrücke, die selbst heute den wenigen noch lebenden Teilnehmern unvergessen geblieben sind.
In diese lockere Atmoshäre platzte zwei Tage später eine Nachricht, die im Widerspruch zur gesamten Didaktik der NS-Ordensburgen stand: das nationalsozialistische Deutschland und die bolschewistische Sowjetunion hatten sich in aller Heimlichkeit geeinigt und in Moskau einen Nicht-Angriffspakt geschlossen. Dieses deutsch-sowjetische Abkommen der ideologischen Todfeinde vom 23. August 1939 war der Schlussakkord in der Historie der NS-Ordensburgen. Auch ohne Kenntnis des geheimen Zusatzprotokolls, in dem die beiden Großmächte Osteuropa untereinander aufteilten, war den fanatischen Junkern klar, dass es sich nur um einen geschickten Schachzug ihres Führers handeln konnte. Ein Krieg ließ sich nicht mehr vermeiden.
Fast die gesamte Belegschaft der Ordensburg Vogelsang befand sich am 1. September auf dem Nürnberger Parteitag, als plötzlich die Meldung eintraf, dass sich das Deutsche Reich mit Polen im Kriegszustand befinde. Die Ereignisse überschlugen sich. Bereits in Nürnberg, wo schon erste Musterungen stattfanden, wurde den Junkern befohlen, unverzüglich in die Heimatorte zurückzukehren.
Die Inkonsequenz – gemessen am 14. Kapitel des 2. Bandes von Hitlers „Mein Kampf“ -, machte mit der Idee, die Ordensburgen auszubauen, ein Ende. Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 war der gesamte Lehrbetrieb auf der Ordensburg Vogelsang abgeschlossen und wurde – in Bezug auf die Junker bzw. Führeranwärter – nie wieder aufgenommen. Er hatte insgesamt nur vom 1. Mai 1936 bis zum 1./2. September 1939 stattgefunden.
Es ist bekannt, dass die meisten von ihnen mit einer gewissen Begeisterung, ja, mit Fanatismus in den Zweiten Weltkrieg hineinmarschierten. Beförderungen und Berichte über ihre Tapferkeit als Frontsoldaten der Deutschen Wehrmacht wurden schnell bekannt. Der neue Burgkommandant Hans Dietel meldete sich ebenfalls zur Front und fiel als Leutnant im Mai 1941 auf Kreta.
Bis zu diesem Zeitpunkt blieb er durch eine umfangreiche Korrespondenz mit „seinen Junkern" verbunden. Jedoch stellen die hektographierten Rundbriefe des einstigen Lehrers für Rassenkunde ein nicht zu unterschätzendes Dokument nationalsozialistischen Fanatismus dar. Bereits die Schlusssätze des ersten Schreibens vom Dezember 1939 bestätigen das:
Inzwischen aber wollen wir alle unsere ganze Kraft einsetzen, die beiden letzten großen machtpolitischen Gegner unseres Volkes mit vernichten zu helfen: das Judentum und England. Die Stunde der großen Auseinandersetzung, von der ich so oft gesprochen habe, ist da! Wir oder die anderen! Es lebe der Führer – denn dann lebt Deutschland!“(…)
( …) Als Autor des Standardwerkes „Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“ hatte ich im Jahre 1986 als einer der Ersten die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang thematisiert und natürlich auch deren potenzielle Auswirkung im Dritten Reich. Vor 20 Jahren war es problematischer als heute, Akten- und Archivmaterial zu finden und zu bewerten. Dennoch fand ich in DDR-Archiven erstmals einen Hinweis auf einen angeblichen Bezug zwischen der Ordensburg Vogelsang und dem Holocaust. In der Zeit 1959/60 polemisierte dort die kommunistisch-sozialistische Wissenschaft und Politik gegen den bundesdeutschen Vertriebenenminister Theodor Oberländer, der angeblich an einem Massenmord in Lwow beteiligt war und seine „Richtlinien hierfür wenige Tage vor den Erschießungen auf der Ordensburg Vogelsang“ empfangen habe. Diese auch in einem DDR-Dokumentarfilm aufgestellte Behauptung stellte sich später als unwahr heraus. Die zurzeit wieder mal geführte Diskussion um die Ordensburg Vogelsang als „Täterort“ hat wohl hier ihre Wurzeln.
Dennoch darf nicht verheimlicht werden, dass einige ehemalige Junker auch ihren Einsatz hinter den Fronten hatten. Als Gebietskommissare im Osten fanden sie gelegentlich ein Betätigungsfeld, das ihrer rassistischen Ausbildung gemäß war. Der Maßstab ihres Handelns war oft von den Ordensburgen gesetzt worden. Auch der ehemalige Kommandant Richard Manderbach (1936-1939) wurde in der Ukraine eingesetzt.
Am 18. November 1939 stellte die Verwaltung des Reichsorganisationsleiters die Feldpostanschriften der Stammf ührer der Ordensburg Vogelsang zusammen. Fast alle waren inzwischen von der Wehrmacht übernommen worden und hatten dementsprechend einen militärischen Rang. Erst später gab es besondere Einheiten, die Alfred Rosenberg unterstanden, dem einstigen NSDAP- Ideologen und in der Zeit von 1941 bis 1945 amtierenden „Reichsminister für die besetzten Ostgebiete“. Organisatorische Details sind dem lesenswerten Buch von Rolf Sawinski über die Ordensburg Krössinsee zu entnehmen.
Der in Euskirchen beheimatete Hundertschaftführer Herbert Sittig beklagte sich in einem Interview, dass in den Akten des Reichsorganisationsleiters immer nur die Ränge der Ordensburgorganisation und nicht die militärischen aufgelistet wurden. Dadurch hätte es nach dem Kriege Irritationen und Verwechslungen gegeben, besonders dann, wenn der Einsatz in der Ukraine war.
Tatsächlich waren einige „Junker“ nicht nur für einen einjährigen Lehrgang in Krössinsee, sondern danach auch in Vogelsang. Deren Indoktrination war wahrscheinlich intensiver. Manche wurden schwerster Verbrechen beschuldigt und mit Hilfe von Zeugen überführt, aber selten zur Verantwortung gezogen.
Da ist z. B. der Gemeinschaftsführer W., der in Wladimir-Wol(h)ynsk wütete und letztmalig im Jahre 1978 wegen tausendfachem Judenmord in Bielefeld vor Gericht stand. Der Leiter der „Zentralstelle des Landes NRW für die Bearbeitung von Massenverbrechen“, Oberstaatsanwalt Hermann Weissing, hatte zu diesem Zeitpunkt – nach über zehn Jahre langen Ermittlungen – in seiner Anklageschrift zusammengefasst, was damals geschehen war:
Herr W. wird beschuldigt, im September 1942 mindestens 7.000 Menschen und im November 1942 mindestens 2.000 Menschen bei Vernichtungsaktionen im Ghetto von Wladimir-Wolynsk gemeinschaftlich und mit anderen aus niedrigen Beweggründen grausam getötet zu haben.
In der Anklage stand, er habe sogar die Ausschachtung der Gruben geleitet, in welche die erschossenen Juden hineingeworfen wurden, und eigenhändig zwischen 1941 und 1943 sechs namentlich genannte Juden erschossen. Der einstige Ordensburg-Gemeinschaftsführer W., der auch in den so genannten „Burgbriefen“ für Führeranwärter mit seinem genauen Einsatzort genannt wird und vom Reichskommissariat Ukraine belobigt wurde, erhielt einen Freispruch, obwohl er als ehemaliger deutscher Gebietskommissar viele jüdische Ghetto-Bewohner ermordet hatte. Trotz gerichtlicher Zeugenvernehmungen in der DDR und Israel, „hielt das Gericht die Anschuldigen für nicht hinreichend“ erwiesen.
Es gab keinerlei Sachbeweise in Form von Dokumenten oder ähnlichen Unterlagen. Es war daher lediglich auf Aussagen von mehr als 80 Zeugen zurückzugreifen, die aber dreieinhalb Jahrzehnte nach den Massakern in ihrer Aussagefähigkeit und Aussagetüchtigkeit beeinträchtigt waren. Irrtümer und Verwechslungen sind nicht auszuschließen.
Die Zeitschrift „STERN“ beschreibt einleitend das Gerichtsverfahren. Weil die Darstellung so exemplarisch ist und das Schicksal eines fanatischen Junkers von der Ordensburg Vogelsang darstellt, soll der Text an dieser Stelle wiedergegeben werden:
Bei Herrn W(…) ist diese Anklage trauriger Schlusspunkt eines „deutschen Schicksals". Sein Vater, Missionar in Afrika, später Farmer in Brasilien, ist an einer Tropenkrankheit gestorben. Seinen Lehrherr in der Textilbranche bezeichnet W(…) als „deutsch-nationalen Konservativen, von dem ich in diese Tendenz eingeführt wurde". Albert Leo Schlageter, Stahlhelm, Jungdeutscher Orden: Das sind die Namen, Traditionen und Visionen, die ihn begeisterten. 1927, mit 19 Jahren, tritt er in die NSDAP ein, meldet sich zum Saalschutz. Lange vor 1933 gründete er in Westfalen eine der ersten Ortsgruppen der NSDAP. Er trägt dann als „Alter Kämpfer" das Goldene Parteiabzeichen.
1937 geht er auf die Ordensburg Vogelsang. Als Artillerist kämpft er an der Westfront, ab Juli 1941 in den Pripjet-Sümpfen in Rußland. Dann soll er sich plötzlich in Berlin melden, beim Sonderstab Rosenberg. Und nun wird dieser Wilhelm (…), 33 Jahre alt, Unteroffizier der Deutschen Wehrmacht, zum Gebietskommissar ernannt. Er versteht nichts von Organisation und Verwaltung. Er ist bloß ein „alter Kämpfer" und guter Bekannter des Gauleiters von Westfalen, und der ist Rosenbergs Stellvertreter und will einen seiner Landsleute irgendwo im Osten unterbringen.
„Herr W (…), wie würden Sie denn aus heutiger Sicht Ihren Posten beschreiben?" fragt der Gerichtsvorsitzende.
W(…): „Ich hatte die einzelnen Volksgruppen — Polen, Ukrainer, Juden — zu schützen, zu versorgen und zu betreuen." Das sagt er nicht ohne Genugtuung; ein Mann, der zufrieden auf seine Vergangenheit zurückblickt. „Ich habe Zeit meines Lebens meine Pflicht getan(…)." Der Satz kommt im Brustton der Überzeugung.
Erneut wurde das Verfahren im Jahre 1982 aufgenommen. Das Schwurgericht in Dortmund hatte im Verlauf von 49 Verhandlungstagen rund 100 Zeugen gehört. Überlebende aus dem Ghetto kamen aus Israel und den USA, aus der Sowjetunion und anderen Ländern. Sie hatten sich damals in der Ukraine in kleinen Kammern versteckt, die zugestellt waren, auf Dachböden, unter Dielenbrettern und dann mit ansehen müssen, wie Brüder, Schwestern, Eltern, Freunde und Bekannte ermordet wurden. Wenn auch die gesamte Anklage lautete, W(…) habe in den Jahren 1941 bis 1943 mindestens 7.000 Menschen getötet, zweifelte auch in Dortmund das Gericht daran, dass das „Blickfeld der zahlreichen jüdischen Zeugen ausreichend war“. Wieder kam es zu einem richterlichen Freispruch; wieder gab es Buhrufe für den Richter, wieder entkam ein Täter der gerechten Strafe.
Als „Schlächter von Riga und Wilna“ und „Henker von Theresienstadt“ spielte Franz M. aus der Steiermark eine verbrecherische Rolle. In seinen handschriftlichen Unterlagen verwechselte er andauernd „Ordensburg“ mit „Ordensschule“, was später von der Presse ungeprüft kolportiert wurde. Was der Grund hierfür ist, sollte einmal anhand des Lebenslaufes überprüft werden. Aber auch dieser „Junker“ kam fast ungestraft davon und wurde als Politiker in Österreich honorig tätig. Die Organisation Simon Wiesenthal verfolgte diesen Kriminellen, der nach dem Kriege ungestraft als Bauer und Obmann einer Landwirtschaftskammer leben konnte, und ließ ihn mehrfach vor Gericht stellen. Hier wurde ihm die Ermordung von 70.000 Juden (!!) vorgeworfen. Die Art der Verfahrensführung und die Begründung der richterlichen Freisprüche in den 1960er Jahren waren derart skandalös, dass sie bis heute in Österreich Ursache juristischer Abhandlungen sind.
Ein ganz besonderer Fall, der die Historie der NS-Ordensburg Vogelsang tangiert, ist der Fall eines SS-Mannes, der für einige Monate Mitglied der Ehrenwache war, ehe er als Hauptscharführer und Rapportführer in zwei ostdeutschen Konzentrationslagern wütete. In verschiedenen Prozessen wurde ihm der Mord an etwa 150.000 jüdischen Bürgern vorgeworfen. Seine Ehefrau stammte aus einem Vorort der Kreisstadt Euskirchen, der 1969 eingemeindet wurde. Sie war auf der NS-Ordensburg Vogelsang angestellt und ahnte wohl später nichts von der schrecklichen Karriere ihres Ehemannes. Nachdem er sich vor den Russen flüchten konnte, fand er in einem nach hinten gelegenen Zimmerchen des Fachwerkhauses seiner Ehefrau Unterschlupf. Ältere Euskirchener bestätigen heute noch die gespenstige Szene, als ein Jeep mit quietschenden Reifen in der Dorfstraße hielt und britische Soldaten mit gezückten Pistolen die Verhaftung vornahmen. Mehrere Gerichtsurteile sorgten für die gerechte Bestrafung. In den zwei letzten großen KZ-Prozessen, die sich mit seiner Person befassten, gab es lebenslänglich Zuchthaus.
Neben diesen Fällen gab es auch Verbrechen im Westen, die nach dem Kriege gerichtlich verfolgt wurden. Auch hier hatten sich einige Angehörige der Ordensburg Vogelsang im Sinne des national-sozialistischen Terrors hervorgetan. Ein Beispiel dafür ist der Bereitschaftsleiter und Lehrer für Rassenkunde, Dr. Werner Schw., nach dem ab 1946 wegen Mordes gefahndet wurde. Ab 1941 war er Kommandant des kleinen Konzentrationslagers Ommen bei Zwolle in der niederländischen Provinz Overijssel. Dort wurden mehr als zwei Dutzend Häftlinge zu Tode geprügelt. Von Anfang 1944 an leitete Werner Schw. die Jagd auf niederländische Widerstandskämpfer, von denen einige von ihm persönlich oder auf seine Veranlassung hin ohne Gerichtsverfahren erschossen worden sind. Der einstige Gaureferent auf Vogelsang konnte erst nach langen Recherchen gefunden werden.
Wissenschaftliche Recherchen im In- und Ausland ergaben, dass etwa 15 Junker der beiden Ordensburgen Krössinsee und Vogelsang gerichtlich – und aufwändig (!!) – zur Verantwortung gezogen werden sollten. Mehr als die Hälfte von ihnen wurden mangels Beweise freigesprochen. Ja, es gab sogar Entlastungen!
Wenn auch nach dem Zweiten Weltkrieg manche „Persilscheine“ den Entnazifizierungs-Ausschüssen vorgelegt wurden, so ist doch den eidesstattlichen Versicherungen oder dem Leumundszeugnis eines Juden, der den Holocaust überlebt hat, zu trauen. So wurde am 16. November dem Junker Erich K(…) aus Berlin-Baumschulenweg von seinem ehemaligen jüdischen Nachbarn Max Sü(…) bestätigt, dass er „ kein Hehl daraus machte, besonders in der Judenfrage anderer Meinung zu sein. Unser gegenseitiger Gruß war `Guten Tag´ mit Abnehmen des Hutes. Ich habe es hier früher mit einem Nachbarn lauteren und hochanständigen Charakters zu tun gehabt und erachte es für meine Pflicht, ihm jetzt beizustehen. Er ist geschlagen genug (…).“
Der jüdische Rechtsanwalt und Notar Dr. Ludwig St(…) aus Berlin bescheinigte am 5. Dezember 1946 „an Eides statt“, dass der Ordensburg-Junker N.N. „wusste, dass ich Mischling 1. Grades im Sinne der Nürnberger Gesetze war und infolgedessen meinen Beruf als Rechtsanwalt und Notar nicht mehr ausüben durfte. Er hat mir trotzdem mit Rat und Tat zur Seite gestanden und mich und meine Familie, solange das möglich war, bei Anschaffungen notwendiger Bedarfsgegenstände des täglichen Lebens unterstützt. (…) Wir haben sogar vertrauliche Gespräche geführt, in deren Verlauf Herr N.N. sich äußerst unzufrieden über Maßnahmen der Regierung und des Führers äußerte – wie auch ganz besonders in der Judenfrage. Nach meiner Überzeugung ist es ausgeschlossen, dass Herr N. N. jemals eine nazistische Gesinnung gehabt oder sich in irgendeiner Weise aktiv nationalsozialistisch betätigt hat.“
Die Biographien vieler Vogelsang-Junker sind bekannt, zumal sich diese nach dem Zweiten Weltkrieg in der Vereinigung der „Alte-Burger“ wieder gefunden hatten. Der Autor des Standardwerkes „Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Rech“ hat viele noch persönlich kennen gelernt und deren Erinnerung sammeln können.
Skepsis ist vielleicht angebracht, alle Junker als „Täter“ im Holocaust zu stigmatisieren. Nur ganz wenige der angeklagten oder verurteilten Täter waren länger als 10 Monate auf der Ordensburg und durchliefen sogar zwei Lehrgänge – Krössinsee und Vogelsang. Man sollte davon ausgehen, dass die Indoktrination selbst fanatischer Nationalsozialisten doch nicht so nachhaltig und prägnant war, dass sie das Leben von 23 bis 26jährigen Männern so entscheidend beeinflusste und zum Völkermord prädestinierte. Grundsätzlich war deren Sozialisation abgeschlossen, als das Dritte Reich begann. Psychologisch beweist aber das angeführte Beispiel des Gemeinschaftsführers W(…), dass die Einstellung des Elternhauses, der Erziehungsstil oder die wirtschaftliche Lage der Nährboden für die spätere Individualisierung oder fehlgeleitete Individuation sind.
Tatsache aber ist sicher, dass die Ausrichtung der Ordensburg-Junker judenfeindlich, antichristlich und rassistisch war. Dies in Verbindung mit einem heute kaum noch nachvollziehbaren Kadavergehorsam und blinden Fanatismus mag durchaus zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit bereit gemacht haben. Immerhin ist ja vieles noch nicht aufgedeckt worden. Beweise hierfür sollten nach 6 bis 7 Jahrzehnten die wissenschaftliche Forschung und ein Dokumentationszentrum in der heutigen Burg Vogelsang endlich vorlegen (…).
Die Bewertung nachgewiesener Verbrechen, von denen dennoch nur wenige gerichtlich gesühnt wurden, sollten allmählich bald von einem Dokumentationszentrum dargestellt und bewertet werden, weil hierdurch exemplarisch festgestellt werden kann, dass die Ausrichtung der „Führeranwärter“ bzw. „Ordensjunker“ sicher ein wichtiger Beitrag gewesen wäre, um die von der NSDAP auf lange Sicht entworfenen Pläne deutscher Herrschaft in Europa zu verwirklichen.
Ein typisches Beispiel solcher „cases“ ist das „Kornsandverbrechen“
Laut diesbezüglichen Unterlagen gab es unmittelbar vor Ende des 2. Weltkrieges, etwa Mitte März 1945, für die Deutsche Wehrmacht die Alarmstufe II. In Oppenheim wurde zu dieser Zeit ein Gefechtsstand eingerichtet. Kampfkommandant dieser Einrichtung war Hauptmann H(…). Er erhielt auch die Befehlsgewalt über die Wehrmachtsverbände und den Volkssturm. Gleichzeitig war an der Fähre zum Kornsand eine Auffangstelle eingerichtet. Militär- und Zivilpersonen durften nur noch mit Genehmigung dieser Dienststelle über den Rhein setzen. Zu seinem Stab gehörten auch die Leutnante K(…), W(…) und der ehemalige Ordensburg-Junker F(…). Dieser hatte den Befehl, neu zugeführte sowie zurückweichende Soldaten zu sammeln und den am Brückenkopf am Kornsand eingesetzten Einheiten zuzuordnen. In diesem Zusammenhang war er an der Ermordung von Zivilisten beteiligt.
Der Form halber sei darauf hingewiesen, dass im Internet die Namen vollständig genannt werden, worauf diese Homepage verzichtet.
WIKIPEDIA sagt aus, dass das Kornsandverbrechen die Erschießung von sechs politisch missliebigen Zivilisten am 21. März 1945 am Kornsand bezeichnet.
Biographie von Heinrich F(…), „Junker“ auf den Ordensburgen von Krössinsee und Vogelsang
Heinrich F(…) wurde 1911 in Nierstein geboren. Bereits seit März 1930 gehörte er der NSDAP, ab 1934 der Hitlerjugend an. Er war Oberscharführer der SA und Gefolgschaftsführer der Hitlerjugend. 1937 meldete er sich freiwillig auf die Ordensburg der NSDAP in Krössinsee/Pommern. Nach einem Wechsel zur Ordensburg Vogelsang war er für kurze Zeit bei der Kreisleitung der NSDAP in Mainz tätig. Freiwillig meldete er sich bei Kriegsbeginn zur Wehrmacht. Der Überfall auf die Sowjetunion konnte ihn auf eine spätere Wirtschaftskarriere in den eroberten Gebieten des neuen „Lebensraumes im Osten" hoffen lassen. Ab September 1941 betätigte er sich in der Zivilverwaltung beim Reichskommissar für die Ukraine als Stabs- und Hauptabteilungsleiter. Dort war er zuständig für Fragen der Hauptabteilung Wirtschaft und Industrie. Nach einem halbjährigen Besuch der Waffenschule Murmeion im besetzten Frankreich wurde er später als Oberfähnrich entlassen und kurz darauf zum Leutnant befördert. Wegen einer Erkrankung erholte er sich zunächst in einem Prager Lazarett und danach im Taunus. Dort erfuhr er von der Bildung des Oppenheimer Brückenkopfes und ließ sich umgehend dorthin versetzen.
Durch Mahnmale wird heute an die Opfer des Kornsandverbrechens erinnert. Laut einem Zeitungsbericht hatte sich folgendes abgespielt:
Bei den sechs Ermordeten handelte es sich um Kommunisten, Sozialdemokraten und um eine Frau jüdischer Abstammung. Alle waren schon während der Zeit des Faschismus verfolgt und vorübergehend eingesperrt gewesen. Sie wurden am 18. März 1945 wegen „Aufwiegelei" festgenommen, der NSDAP in Groß-Gerau überstellt und am Morgen des 21. März wieder entlassen. Als sie mit der Fähre am Kornsand übersetzen wollten, erfuhren sie, dass diese beschlagnahmt war. Daraufhin wollten sie mit einem Nachen den Rhein überqueren, um nach Hause zu gelangen. Sie gingen zurück auf der Fähre, wo sie erneut verhaftet und abgeführt wurden. Daran waren Alfred Schn(…), ehemaliger Leiter der NS-Gauschule, die Leutnante Hans K(…) und Heinrich F(…) sowie Georg Ludwig B(…), Ortsgruppenleiter der NSDAP, beteiligt.
Nach einem in einer Wirtschaft durchgeführten „Verhör" wurden die Personen zu einer in der Nähe gelegenen Flak-Stellung getrieben. Dort suchte Sch(…) vergeblich nach Freiwilligen für ein Erschießungskommando. Am 21. März 1945, einem sonnigen Mittwoch, erklärte Leutnant K(…) (18 Jahre alt) sich bereit, die Erschießung durchzuführen. Er ging allein zu den an den Gräbern stehenden Gefangenen und tötete sie durch Genickschuss.
Bevor er Cerry Eller erschoss, gestattete er ihr noch einen letzten Blick über den Rhein zu ihrem Heimatort Nierstein. Am gleichen Tag erreicht die 3. amerikanische Armee unter Führung von General George S. Patton den Rhein und nimmt Oppenheim und Nierstein kampflos ein.
Bei diesem Verbrechen – das jedoch im Dritten Reich als „Pflichterfüllung“ galt und juristisch anders bewertet wurde - , hatte der ehemalige „Junker“ Heinrich F(…) die Befehlsgewalt und damit die „Verantwortung“. Die Erschießung selber übernahm der 18jährige Leutnant K(…). In den letzten Stunden des 2. Weltkrieges traf Heinrich F(…) Entscheidungen, die den damals herrschenden Wahnsinn charakterisieren. Es bleibt die Frage, ob er derart drastisch und menschenverachtend entschied, weil sich in dieser Stunde der biographisch nachweisbare Besuch der Ordensburg Vogelsang auswirkte.
Es dauerte dreieinhalb Jahre, bis ein Teil der Mörder gefasst und vor Gericht gestellt war. Vom 19. bis 24. September 1949 tagte im Oppenheimer Amtsgerichtsgebäude die Erste Strafkammer des Landgerichts Mainz. Wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" saßen auf der Anklagebank: Georg Ludwig B(…), Alfred Sch(…) und Hans K(…).
Der NS-Ordensjunker Heinrich F(…) war nach wie vor flüchtig und wurde per Haftbefehl gesucht. Sein Verfahren wurde deshalb von der Hauptverhandlung abgetrennt.
Der Prozess gegen den früheren Junker an den Ordensburgen Krössinsee und Vogelsang erfolgte im Januar 1950. In der richterlichen Akte wird festgehalten:
Am 30. Januar 1950 wurde schließlich auch der NS-Offizier F(…) festgenommen. Fast fünf Jahre lang hatte er sich mit Hilfe verschiedener Verwandter und ehemaliger Parteifreunde jedem polizeilichen Zugriff entziehen können. Als Grund für sein Untertauchen gab er an, er habe kein Vertrauen in eine objektive Beurteilung seines Falles vor Gericht gehabt.
Vom 28.11. bis 7.12.1950 wurde auch F(…) der Prozess gemacht. In der Öffentlichkeit erwartete man sich davon auch eine Klarstellung der im ersten Prozess offen gebliebenen Widersprüche. Der Angeklagte machte vor dem Mainzer Schwurgericht keinen Hehl aus seiner positiven Einstellung zur NSDAP. Er bezeichnete sich selbst als damals gläubigen Anhänger der Partei und glühenden Verehrer Adolf Hitlers. Auch eine Ortsbesichtigung mit anschließender Fortführung der Verhandlung in Oppenheim brachte keine absolute Klarheit im entscheidenden Handlungsablauf an der Fähre. Zwar hatten mehrere Zeugen, u. a. auch Sch(…) und K(…), übereinstimmend bestätigt, den Ausspruch von F(…) gehört zu haben, es handele sich „um die größten Verbrecher von Nierstein"; die Verteidigung versuchte jedoch, die Glaubwürdigkeit der Zeugen dadurch zu erschüttern, dass sie voneinander abweichende Zeugenaussagen über die Offiziersbesprechung zur Art der Erschießung in den Vordergrund schob.
Dennoch ließ das Gericht sich nicht beeindrucken und sah es unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Wal lauer als erwiesen an, dass F(…) sowohl Zeuge als auch Teilnehmer eines Gesprächs über die Todesart der Opfer gewesen sei. F(…) habe die fünf Niersteiner an der Überfahrt gehindert und sie dem Sonderbeauftragten des Gauleiters mit dem Hinweis ausgeliefert, es handele sich um kriminell und politisch belastete Personen, die aus dem KZ abgehauen seien. Er habe mit dieser Denunziation eine wesentliche Voraussetzung für die spätere Festnahme und Ermordung geschaffen und die Opfer bewusst und gewollt den Kräften der Willkür überantwortet.
Konnte man dem Gericht in der Schuldbeurteilung des Ordensjunkers F(…) nur zustimmen, so befremdete die abschließende Strafzumessung. Nach neunstündiger Beratung wurde der Angeklagte wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Noch im Gerichtssaal wurde er verhaftet.
F(…) war nach knapp eineinhalb Jahren wieder frei. Im Mai 1952 hob der Bundesgerichtshof sein Urteil mit der Begründung auf, das Kontrollratsgesetz Nr. 10, auf das sich der Schuldspruch stützte, sei für deutsche Gerichte nicht mehr anwendbar. In der Revisionsverhandlung wird er am 14. September 1953 nur noch wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung zu einer Gefängnisstrafe von 11 Monaten verurteilt.
In einer Begrüßungsansprache bei der Eröffnung der Ausstellung „Das Kornsandverbrechen" in Nierstein, Paul-Hexemer-Begegnungsstätte, am 17. März 2006, hieß es u.a.:
Der Leutnant Heinrich F(…) blieb fünf Jahre untergetaucht. Erst im Jahre 1950 wird der Prozess gegen ihn durchgeführt. Er hatte denunziert. Er hat die Tötung durch Fahrlässigkeit verursacht, er hat die Spirale der Unmenschlichkeit erst in Gang gesetzt. Das Gericht sagt F(…) habe sein Gewissen nicht „genügend angespannt" (Zitat aus der Urteilsbegründung). Und weiter: eine andere Handlungsweise sei erforderlich gewesen. Er hätte seinen Einfluss geltend machen müssen, um das Unheil zu verhindern. Einfache Soldaten seien Sch(…) entgegen getreten, nicht so F(…). Dieser habe die gebotene Hilfeleistung gegenüber seinen Niersteiner Mitbürgern bewusst unterlassen. Dennoch wird er nur zu drei Jahren Haft verurteilt, dieses Strafmaß wird 1953 sogar auf elf Monate reduziert!
Abschließend soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass bei den genannten Quellen detailliert die Namen nachzulesen sind.
Erneut wird hiermit bewiesen, dass die juristische Strafzumessung oft nicht verstanden werden konnte. Das gilt insbesondere für die Massenmörder, die im 9. Kapitel meines neuen Buches „Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten" erwähnt wurden.
Für mich als Sozialwissenschaftler ist es unmöglich, den unmittelbaren Bezug von der Ordensburg Vogelsang zum direkten Mord nachzuweisen. Wären die Verbrechen ohne die nur wenige Monate dauernde Ausrichtung auf einer NS-Ordensburg verhindert worden? Und reicht dafür nur der biographische Nachweis, auf einer NS-Ordensburg gewesen zu sein?
In einer lebhaften Diskussion mit dem israelischen Dozenten Yehuda R. aus Haifa, der mein Quellenmaterial studierte, gab es sinngemäß folgende – vielleicht leichtfertige – Argumentation, die wohl Bezug auf meine langjährige Tätigkeit als Gymnasiallehrer nehmen sollte:
„Wenn jemand das Abitur besteht, aber danach sein Studium abbricht, kann man dann sagen, dass dieses Gymnasium prädestiniert ist, „verkrachte Studenten und Studienabbrecher“ zu produzieren? Muss es nicht doch andere Gründe geben?“
In nächster Zeit werden auf dieser Homepage weitere Berichte erscheinen, die sich mit den vielen Biographien der Ordensburg -Junker und deren Einsatz im 2. Weltkrieg befassen.