Dieser Beitrag befasst sich mit weiteren Details zur Diskussion um Kriegsverbrechen durch Angehörige der beiden Ordensburgen Krössinsee und Vogelsang. Erneut soll zu diesem Thema keine deutliche Wertung vorgenommen, sondern nur kommentarlos dokumentiert werden.
Während Gerichtsakten und die Bestände des Koblenzer Bundesarchivs – hier besonders die Unterlagen zum „Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete“ (Bestand R 6) – eine deutliche Sprache sprechen, ist bei der Selbstdarstellung und dem Selbstverständnis von nationalsozialistischen Zeitzeugen eine kritische Haltung angebracht. Ihr Bezug zu den NS- Ordensburgen muss in einen entsprechenden Zusammenhang gebracht werden. Dies gilt auch für die Darstellung von Karl I. Albrecht, der in seinem Buch „Sie aber werden die Welt zerstören…“ stilistisch und inhaltlich dem Zeitgeist konträre „Erinnerungen“ offeriert. Vgl. Verlag Herbert Neuner, München 1954. Aber diesbezügliche gerichtliche Akten sollten bei den Spruchkammern in Günzburg und Augsburg eingesehen werden.
Einen „Überblick über die besetzten Ostgebiete“ (Tübingen 1954) vermittelt Bräutigam in seinem gleichnamigen Buch. Laut den im Bundesarchiv Koblenz lagernden Beständen wurde Alfred Rosenberg als Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP am 31. März 1941 von Hitler mit der Institutionalisierung eines avisierten „Politischen Amtes für den Osten“ beauftragt, das aber schon Monate danach in eine „Zentralabteilung für die Behandlung von Ostfragen“ umbenannt wurde. Hier wurde auch u.a. die Struktur der künftigen Verwaltung von den bald eroberten russischen Gebieten festgelegt. Hierzu gehörten auch die Funktion von Gebietskommissaren sowie die polizeiliche Sicherung der neu besetzten Ostgebiete. Der Autor Bräutigam nennt hier auch die neuen Aufgaben der SA und der NS-Ordensburgjunker. Wörtlich heißt es auf Seite 25:
Von besonderer Bedeutung war die Hauptabteilung Politik, die durch Erlass vom 10. August 1943 in den Führungsstab Politik umgebildet wurde, an dessen Spitze nunmehr der Leiter des SS-Hauptamtes Berger stand. Sie sollte die allgemeinen politischen Richtlinien des Ministeriums erarbeiten und seine einheitliche politische Ausrichtung und der ihm nachgeordneten Dienststellen gewährleisten. Ihre Wirksamkeit war jedoch durch die bereits erwähnten Zuständigkeiten der anderen für die Ostpolitik maßgeblichen Dienststellen, durch die weiten Entfernungen bis zu den nachgeordneten Verwaltungsdienststellen und schließlich durch die Unabhängigkeitsbetrebungen der Reichskommissare Koch und Lohse, die sich häufig über Weisungen des RMbO hinwegsetzten, erheblich eingeschränkt. Die generelle Funktionsschwierigkeit des Ministeriums dürfte u.a. aber auch auf die Qualität und Herkunft seiner Amtsträger zurückzuführen sein, die, soweit sie nicht Spezialkräfte sein mussten, vornehmlich aus der SA und den Ordensjunkern hervorgingen und weder über Verwaltungspraxis noch Vorbildung verfügten.
Wer sich für die potenziellen Ordensburg-„Täter“ interessiert, kommt sicher nicht umhin, im Findbuch Nr. 26 des Bundesarchivs (Bestand R6 von 1987) zu blättern, in dem Hartmut Hagner auch die „Dienststelle Gohdes“ aufführt. Schon der Name lässt den Bezug zu den NS-Kaderschmieden Vogelsang und Krössinsee erkennen. Mit Bezug auf die zusätzlichen Findbücher FA 100 sowie FA 424 könnte ein Forschungsvorhaben eingegrenzt werden. Die Geschichte der Überlieferung sowie Ordnungs- und Erschließungsmaßnahmen durch die Archive fasst Hartmut Hagner – allerdings im Jahre 1987 - zusammen:
Erhebliche Teile des Schriftgutes des RMbO sind durch Kriegseinwirkungen 1945 vernichtet worden. Restakten befinden sich im Zentralen Staatsarchiv in Potsdam. Nach einer Übersicht über die „Quellen zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges im Deutschen Zentralarchiv Potsdam" umfassen sie 39 Bände und betreffen: Schulpolitik, Presse und Propaganda, militärische und politische Lage in der Sowjetunion, insb. in den besetzten Gebieten (Verkehrswesen, Partisanentätigkeit, Kriegsverbrechen, Sendungen des Nationalkomitees „Freies Deutschland"), Personalangelegenheiten der Hauptabteilung IV-Technik, Verwaltungsangelegenheiten. Im Centre de Documentation Juive Contemporaine in Paris werden im Zusammenhang mit Schriftgut der Kanzlei Rosenberg auch Dokumente aus dem RMbO verwahrt (Joseph Billig: Alfred Rosenberg dans l'action idéologique, politique et administrative du Reich hitlérien, Paris 1963). Von den in das Institute for Jewish Research in New York gelangten Unterlagen des Ostministeriums sind Kopien in den hier verwahrten Bestand eingearbeitet worden.
Die von den Amerikanern 1945 beschlagnahmten Akten des RMbO wurden bis zum Jahre 1963 von den National Archives Washington an das Bundesarchiv zurückgegeben. Im Jahre 1983 konnten von der Library of Congress Washington noch 18 Aktenbände des „Kommandos Dr. Stumpp" übernommen werden, das vom Ostministerium für eine sippenkundliehe und volksbiologische Bestandsaufnahme des Deutschtums in der Ukraine eingesetzt war. Der hiesige Bestand wird ergänzt durch Archivalien des zum Geschäftsbereich des Ministeriums gehörenden Aufbaustabes K, auch „Dienststelle Gohdes" genannt (…).
Für die Diskussion um die potenziellen Täter der Ordensburgen Vogelsang und Krössinsee ist Nr.47 interessant, da hier der Nachweis für die Verleihung einer Tapferkeits- und Verdienstauszeichnung für den Gebietskommissar Schmerbeck (1943/44) nachgewiesen wird.
Die Selbstdarstellung von Karl I. Albrecht (1897 – 1965) in seinem Buch „Sie aber werden die Welt zerstören…“ (1954) befasst sich u. a. auch mit dem Beauftragten des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete bei den Heeresgruppen, den Kontakt zur Wlassow-Armee und u.ä. In diesem Zusammenhang gibt es deutliche Differenzen zwischen den Archivunterlagen und dem Selbstverständnis des nicht unumstrittenen Autors, der vor dem 2. Weltkrieg von der kommunistischen Seite ins nationalsozialistische Lager gewechselt war und 1939 fanatische Ansprachen auf der Ordensburg Krössinsee gehalten hatte. Seine Aussagen zum Judenmord und der Haltung der deutschen Machthaber können – trotz aller Wertfreiheit – nicht nachvollzogen werden. Immerhin glaubt dieser Dissident Beweise dafür geben zu können, dass der ehemalige Junker B(…) von der NS-Ordensburg, der inzwischen Gebietskommissar geworden war, nicht offensichtlicher Verbrechen beschuldigt werden dürfe. Die Gerichtsakten tendieren bei diesem Absolventen einer NS- Kaderschmiede im gleichen Sinne!
Die Biographie des einstigen Redners auf der Ordensburg Krössinsee, der den Führernachwuchs mit seinem rassistischen Fanatismus indoktrinierte und diesen im Verlaufe des 2.Weltkrieges in der SU wieder begegnete, soll hier exemplarisch dargestellt werden:
Die Biographie von Karl I. Albrecht:
10.12.1897 |
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als Sohn eines Feldwebels geboren. Katholische Erziehung, schwere Jugend. |
1904: |
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Sozialistische Jugendbewegung, Volksschule, Militärschule |
1914: |
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Als 16jähriger Jugendlicher an die Front, hohe Auszeichnungen, Verwundetenabzei chen in Gold, wegen Tapferkeit vor dem Feind zum aktiven Offizier vorgeschlagen |
Dez. 1918: |
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in baden-württ. Ordnungstruppe, zum stellvertr. Btl.-Kommandeur gewählt |
Jan.1921: |
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Nach einer Fachausbildung im Staatsforstdienst Leitung eines Rent- und Forstamtes. Erste Begegnung mit dem Kommunismus |
1924-1926: |
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Murmansk, Leningrad, Tätigkeit in der Forstwirtschaft, GPU- Terror gegen die Bevölkerung. |
1928: |
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Im Zentralkomitee der Gewerkschaft für russische Waldarbeiter, Berufung nach Moskau. |
1929: |
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1.wissenschaftliche Arbeit in der SU über Rationalisierung und Mechanisierung, Spezialausweis eines leitenden Staats- und Parteifunktionärs. Ermächtigung, den Kreml, die Räume des ZK, alle Büroräume der Partei- und Staatsbehörden und sogar das Vorzimmer von Stalin zu betreten. |
September 1931: |
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Vortrag im Politbüro über die völlige Neuorganisation der russischen Holzindustrie. Ergänzung des Gesetzes vom 27.08.1929 und großer Bericht in der Prawda. |
Mitte Dezember 1931: |
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„Außerordentlicher Bevollmächtigter“, Kenntnis der entsetzlichen Verhältnisse in den Zwangsarbeitslagern der GPU. Wegen diesbezüglicher Hilfeleistung zu einer fernöstlichen Bezirksregierung strafversetzt. |
März 1932: |
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Versetzung nach Noworossijak zur Außenhandelsvertretung. |
Juni 1932: |
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GPU- Verhör, Festnahme, 18 Monate Gefangenschaft, Abtransport nach Moskau |
Ende 1933: |
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Verurteilung zum Tode durch Erschießen. Begnadigung aufgrund einer Intervenierung der deutschen Botschaft. Rückkehr nach Berlin. Gefängnisstrafe. |
Juni 1934: |
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Nach Arbeitslosigkeit Forstsachverständiger in der Türkei |
Winter 1935: |
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Umzug in die Schweiz. Sein Buch: „Der verratene Sozialismus“. Auflage im Deutschen Reich: 2 Millionen Exemplare. |
Januar 1939: |
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Erstmalig Vorträge auf der Ordensburg Krössinsee |
1940: |
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Von Gauleiter Bürkel aufgefordert, sich in der Zivilverwaltung und im Wirtschaftsleben von Lothringen zu betätigen. Übersiedlung nach Metz. Kommissarische Leitung einer französischen Firma. |
Sommer 1940: |
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Besprechung im Propagandaministerium, wie gegen die SU ein Krieg gewonnen werden könne. |
Juni 1941: |
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Einberufung durch das deutsche Propagandaministerium zur Propaganda - Ersatzabteilung in Potsdam |
Mai 1942: |
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Überprüfung von russischen Kriegsgefangenenlagern. (u.a. KG-Lager Wladimir Wolinsk). Hilfe durch G(…), einen ehemaligen Junker an den Ordensburgen Krössinsee und Vogelsang, der inzwischen Gebietskommissar geworden ist. Er gehört zum Stab Rosenbergs. |
Sommer 1942: |
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Berlin – Minsk. Meldung bei Chef.-Ing. von OT zwecks Versuch der Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Heeresgruppe Mitte. OT-Leiter OBR Meffert. |
1943: |
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Vortrag bei Generalfeldmarschall Kluge. Treffen mit Fürst Jussupoff, der als OT-Führer einen Einsatz mitten in einem Partisanengebiet in Dworezk leitete. Dabei Hilfe durch ehemaligen Ordensjunker aus Krössinsee, Geb.-Komm. A. Angeblicher Protest gegen Holocaust-Maßnahmen, Telegramm an Speer. Festgenommen, nach Berlin gebracht, fristlos entlassen, aus OT ausgestoßen. Denkschrift an alle höchsten Stellen, Vortrag bei Rosenberg, kehrt nach Lothringen zurück. Veränderter Einsatz der Kriegsgefangenen und Ostarbeiter. Unterstützung durch SS- Brigadeführer Dunkern, Reg.Präs. Barth, DAF- GauObmann Stahl. „Leistungssteigerung“ nach Änderung der Lebensverhältnisse. Würdigung durch Regierungspräsident Barth und Stahl. |
Mai 1944: |
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Einberufung durch WBK Metz zur Waffen-SS, SS-Hauptamt in Berlin, Aufgaben: Führung und Überwachung von Ostkriegsgefangenen und Ostarbeitern, Kriegsgefangenenwesen |
April/Mai 1945: |
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Albrecht führt eine Truppe von 900 SS-Leuten bei Kämpfen mit Amerikanern bei Efferding. Treffen mit Sepp Dietrich. 2 Wlassow-Divisionen drohen zu meutern. Albrecht kann angeblich vermitteln. |
05.05.1945: |
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Nach schweren Verlusten kapituliert Albrecht südöstlich von von Efferding. Gefangenschaft von 27 Monaten in Lagern wie Hörsching und Ried. Massenflucht der Wlassow- Russen, Lager Lambach. Albrecht im deutschen Lager Stadel-Paura. Beginn mit neuem Buch im Lager Schnuttenbach, 10 km ostwärts von Günzburg. |
Anfang 1948: |
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Entlassung aus dem Kriegsgefangenenlager Hammelburg. |
1965: |
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Tod von Karl I. Albrecht |
Damit die Absicht meines Artikels keineswegs missverstanden wird, wiederhole ich noch einmal den Titel: Das eigenartige Selbstverständnis von nationalsozialistischen Zeitzeugen in der Diskussion um „Täter“ von NS- Ordensburgen.
Die folgenden Zeilen aus der Feder des vom Kommunismus zum Nationalsozialismus konvertierten Karl I. Albrecht konstatieren, was neun Jahre nach Kriegsende in der jungen Bundesrepublik publiziert und gelesen wurde. Aber der folgende Extrakt dokumentiert auch, wie eine unkritische NS-Biographie im Jahre 1954 aussah und somit der deutschen Nachkriegsgeneration die Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit erschwerte. Ich selber distanziere mich offiziell von folgenden Zeilen:
Auszüge aus dem Buch „ Sie aber werden die Welt zerstören…“ (Seite 267)
„Versuchen Sie die anderen zuretten, Albrecht. Ich danke Ihnen, dass Sie Wort gehalten haben. Wir können beide nichts dafür, dass wir zu spät kamen. Und doch, hätte ich die Partisanen früher gerufen, all dies wäre nie geschehen. Aber ich habe den deutschen Offizieren geglaubt, die mir Schutz versprochen hatten, ehe ich mich bereit fand, dieses Judenlager aufzubauen." Er brachte mich zu unserem Wagen zurück. „Ihr seid angemeldet, ihr braucht keine Angst zu haben. Fahrt auf den rot gezeichneten Straßen und Waldwegen." Ein letzter Händedruck. Plötzlich umarmte er mich: „Leb wohl, Deutscher, Du bist ein Mensch." Ich fuhr zurück. Ich sah nichts mehr um mich her. Die Gedanken bohrten in meinem Hirn: Wie sollte ich diesen Achtzehn des Judenrates, die voll tiefster Sorge auf Nachricht von ihren Angehörigen warteten, sagen, dass alles umsonst gewesen war, dass es nichts mehr zu hoffen gab? Ich war müde. Sinnlos erschien mir das weitere Leben. Ein Abgrund hatte sich aufgetan. Wer konnte ihn jemals überbrücken?
Ich kannte zufällig den Gebietskommissar von Lidicl. Er war ein ehemaliger Ordensjunker von Krössinsee, vor denen ich im Jahr 1939 einen umstrittenen Vortrag über die Sowjetunion gehalten hatte. Ich hoffte, dass ich bei diesem Mann Unterstützung finden würde, um den weiteren Judenlagern der Gegend das Schicksal Dworezk zu ersparen. Der Gebietskommissar nahm mich herzlich auf und versprach mir, alles zu tun, um sein Judenlager rechtzeitig dem Zugriff der Mordkommandos zu entziehen.
Wir fuhren zusammen ins Lager und besprachen alles mit dem Kommandanten, der ebenfalls ein OT- Führer war, dass sein Lager in den nächsten Tagen „aufgelöst" würde. Er wusste noch nichts von den furchtbaren Ereignissen in Dworezk. Er erstarrte vor Entsetzen, als ich ihm schilderte, was ich selbst gesehen hatte. Er kannte Jussupoff. „Dieser Gerechtigkeitsfanatiker wird furchtbare Rache nehmen", waren seine ersten Worte. Aber wir durften keine Zeit verlieren.
Rasch wurde der Judenrat zusammengerufen, der auch hier die eigentliche innere Leitung und Verwaltung des Lagers unter sich hatte. Wir unterrichteten sie von dem Vorgefallenen, und sie drängten flehentlich auf schnelle Verlegung des Lagers. Rasch waren Formalitäten beendet. Die Fahrzeuge wurden vollgepfropft mit dieser unglücklichen Menschenfracht. Einen Teil der Wachmänner, die ich bei mir hatte, ließ ich zurück mit dem Auftrage, am nächsten Tage mit der Verladung des Lagers zu beginnen und mit der Waffe dafür zu sorgen, dass alle wohlbehalten in mein Einsatzgebiet gelangten. Dort würde schon Erich Schmidt mit seinem Bataillon OT-Wachmänner dafür sorgen, dass sie in Frieden leben konnten. Ich musste fort. Ich verabschiedete mich von meinen künftigen Lagerinsassen. „Herr Offizier! Vergessen Sie uns nicht. Bringen Sie uns fort, ehe diese Mörder kommen." „Ich verspreche es Euch bei Gott dem Allmächtigen, an den ich glaube, wie Ihr." Dann fuhren wir ab.
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