Ein regionalhistorisch bedeutsames Dokument befindet sich heute in Bad Münstereifel, im Nachlass des 1969 verstorbenen Oberstudiendirektors Martin Schumacher.
Jahrzehntelang führte der ehemalige Leiter des St.-Michael-Gymnasiums und spätere FDP-Nestor der Kurstadt ein Tagebuch, das die wissenschaftliche Qualifikation des Historikers und Philologen beweist. Am 7. März 1945 schreibt er u.a.:
„Mittwoch. Es hält einen nicht im Bette. Man spürt es, ein schwerer Tag steht Münstereifel bevor. Alle Soldaten sind fort. In der Stadt eine unheimliche Ruhe. Von den Nöthener Tannen rollen Panzerwagen herunter. Ich eile in die Schule und dann ins Archivzimmer, um Ausschau zu halten. Da - an der Ecke Schulte und gegenüber: eins, zwei, drei, vier amerikanische Soldaten mit schussbereitem Gewehr in der Hand. Es ist 9.30 Uhr. Bald rollen der erste, zweite, dritte und immer mehr Panzerwagen heran. Bald zeigen sich auf den Straßen die ersten Zivilisten, immer mehr finden sich zusammen. Ruhig, gefasst und froh, dass das Schlimmste nicht eingetreten ist (...). Zwei amerikanische Offiziere verlassen ihren Wagen, gehen in die Jesuitenkirche, nehmen aber beim Eintreten ins Gotteshaus den Helm ab; die Leute stellen es mit Freude fest. Die Panzerspitzen der Amerikaner fahren die Werther Straße herunter. - Gegen 3 Uhr nachmittags klopft jemand an meine Tür. Ein amerikanischer Feldwebel!(....)
'Sind Sie der Direktor der Schule?' - 'Jawohl.' Vorsichtig mustert er mich, vorsichtig schaut er sich nach allen Seiten um. Meiner Aufforderung, Platz zu nehmen, kommt er nicht nach. Er fordert mich auf, in der Schule die Türen zu öffnen. Wir gehen zur Schule. Ein zweiter Amerikaner (Walter) gesellt sich hinzu. In die Aula. Alle Betten werden nach Pistolen durchsucht. Dann in die Lehrerbücherei. Im Vorhof stellen sie die Waffen des Volkssturmes fest. In der Lehrerbücherei selber mustern sie fachmännisch die Bücher. 'Glänzend, phänomenal, herrliche Bücher!'(...) 5.30 Uhr nachmittags. Noch immer rollen amerikanische Panzerwagen, Kanonen, Maschinengewehre usw. von der Nöthener Straße durch die Werther Straße rechtsab ins Schleidtal zum Ahrtal. Überall in den Straßen amerikanische Soldaten. Wo gestern noch deutsche Soldaten den Verkehr regelten, stehen heute Amerikaner, als wenn es schon immer so gewesen wäre. Geschäftig eilen die Zivilisten durch die schlammigen Straßen; denn in den Geschäften werden Lebensmittel, die der Grossist Monheim unten im Badehof noch gelagert hatte, ohne Karten verkauft. Die Zivilbevölkerung darf nur in den Stunden von morgens 8-10 Uhr und nachmittags von 4-5.30 Uhr auf den Straßen sein. Einer von den 'Gewaltigen unten' hat schon das Gesetz von Schuld und Sühne erfahren. Amerikanische Soldaten haben die Wohnung des (...) ausgeplündert und alles zertrümmert, wie er es im November 1938 in den Judenhäusern getan hatte. Der Tag geht zur Neige. Man kann es noch nicht fassen. Flieger über uns, Kanonendonner in der Ferne: Alles lässt einen ruhig. Überstanden!! Welch ein Gefühl, sich ruhig wieder ins Bett legen zu können.“
Am gleichen Tage marschieren die amerikanischen Truppen auch in Iversheim ein. Kurz zuvor hatten zurückweichende Pioniere noch die Erftbrücke gesprengt. Unmittelbar danach hängten die Dorfbewohner weiße Bettücher aus den Fenstern.
Das Buch KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein erinnert an eine sehr persönliche Geschichte.
Am Abend des 7. März 1945 begannen bei Barbara Pütz geb. Rang die Wehen. Im Haus 5 von Iversheim hatte man anderes zu tun, als sich um den Einmarsch der meist schwarzen Besatzungssoldaten zu kümmern. Ihr Ehemann, Malermeister Kaspar Pütz, befand sich im Felde und konnte seiner Frau in den schweren Stunden nicht beistehen. Trotz der Hektik, in der das Dorf eingenommen wurde, verhielten sich die Amerikaner sehr korrekt. Als bei Barbara Pütz die Wehen am Morgen des 8. März in kürzeren Abständen auftraten, holten die Nachbarn die ortsansässige Hebamme, Frau Decker aus der „Unteren Gasse". Die Geburt schien kompliziert zu werden, so dass ein farbiger Arzt hinzugezogen werden musste. Der letzte deutsche Arzt war kurz vorher verunglückt.
Mit gemeinsamer Anstrengung halfen die deutsche Hebamme und der amerikanische Arzt einem Mädchen, Roswitha Margareta, um 19.20 Uhr das Licht der Welt zu erblicken. Wegen der wirren Zeiten wurde die Geburt bei Bürgermeister und Lehrer Peter Thömmes erst 15 Tage später amtlich beglaubigt.
Doch in dieser Zeit hatten sich die bürokratischen Zustände geändert. Mit einem Taschenmesser wurde das obligatorische Hakenkreuz aus dem Amtssiegel entfernt, wobei der Stempel recht deutlich beschädigt wurde. Bürgermeister Thömmes war so aufgeregt, dass er irrtümlich den Mädchennamen der Mutter („Rang") in das Familienbuch eintrug. Dies musste dann am 19. Mai 1945 offiziell vom Münstereifeler Standesbeamten Nuß in „Pütz" geändert werden. Jetzt hatte alles wieder seine Richtigkeit.