Ein inzwischen vielfach publiziertes Foto des Pentagon-Armeearchivs zeigt amerikanische Soldaten der 78. Division, die gerade aus der Vuvenstraße kommen und den Marktplatz von Euskirchen überqueren. Nichts symbolisiert deutlicher das Ende des 2. Weltkrieges in unserer Region (Siehe Titelbild dieser Ausgabe).
Am 4. März 1945 gegen Abend hatten die ersten amerikanischen Panzer die Kreisstadt erreicht und überquerten den Veybach über eine von deutschen Pionieren übersehene Privatbrücke. Sie stießen dann bis zur Münstereifeler Straße vor, rückten aber bald wieder ab.
Die eigentliche Besetzung erfolgte am 5. März. Die Amerikaner drangen an diesem Tage von Kessenich, Frauenberg und Euenheim in die Stadt ein, in der kein nennenswerter Widerstand geleistet wurde, da sich hier kaum noch deutsche Soldaten befanden. Die Panzer rollten durch den Auel, überquerten die Bahngeleise und fuhren über die Augenbroicher Straße, Münstereifeler Straße bis zur Roitzheimer Straße. Die kurz zuvor gesprengte Teilsprengung der Eisenbahnbrücke konnte ihren Durchmarsch kaum behindern. Allerdings kostete die Beseitigung der Trümmer und Minen wertvolle Zeit. Zudem hielt ein Feuergefecht mit einer Gruppe von Fallschirmjägern, die sich in Roitzheim festgesetzt hatten, den Vormarsch der Panzer einen halben Tag auf.
Einen deutlichen Überblick über das Kriegsende in Euskirchen gab Peter Schiffer, der damals der letzte Fahrdienstleiter des Euskirchener Bahnhofs war und als wichtiger Zeitzeuge gilt. Seine Erinnerungen wurden teilweise in dem Dokumentationsband Kriegsende – Durch die Voreifel zum Rhein publiziert. Zusätzlich ergänzte er:
„Am 5. März kam ich morgens gegen 6.30 Uhr von meinem Dienst zurück. Ich wusste, dass jeden Augenblick amerikanische Soldaten auftauchen könnten. Plötzlich kam jemand vorbeigelaufen und rief, dass im Kessenicher Feld ein Flieger abgeschossen worden wäre. Das wollte ich mir natürlich auch ansehen. An Ort und Stelle jedoch stellte sich heraus, dass eine verrostete landwirtschaftliche Maschine mit einem Flugzeug verwechselt worden war. Ich wollte gerade wieder nach Hause gehen, als eine junge Frau über die Felder gelaufen kam und schrie: `Dahinten liegen junge Soldaten. Sie wollen auf die anrückenden Panzer schießen. Kommen Sie doch mal mit!'
In einer Ackerfurche lag eine Anzahl blutjunger Soldaten, hohläugig, übermüdet, ohne Verpflegung. Die junge Frau (Kessels Julchen) sprach in beschwörenden Worten auf die Soldaten ein. Sie sollten doch abhauen, sie würden doch alle getötet. Der noch einigermaßen heile Nordteil der Stadt Euskirchen würde ansonsten zerstört, wenn jetzt noch Widerstand geleistet würde.
Ich selber beschrieb ihnen den Weg, den sie am besten nehmen sollten: über die Erftbrücke, an der Kläranlage vorbei. In einer Entfernung von etwa 200 Metern stand auf einem kleinen Hügel ein Offizier und suchte die Landschaft mit einem Fernrohr ab. Die jungen Soldaten hatten nach ihren eigenen Worten noch nie Feindberührung gehabt und wussten nicht, was sie tun sollten. Plötzlich sprang einer auf und rief: ,Los, los hauen wir ab.' Sie liefen tatsächlich alle in Richtung Kessenicher Straße und zur Erft.
Anfangs hatte der Offizier wohl nichts bemerkt. Als er zurückkam, schrie er den flüchtenden Soldaten nach. Aber auch schnell zurückgezogen. Als ich aus dem Kessenicher Feld zurückgekehrt war, dauerte es auch nicht mehr lange, bis wir die ersten Panzergeräusche hörten. Ich saß in meiner Eisenbahner-Uniform in der Küche, als ich Schüsse hörte. Amerikanische Infanteristen schafften sich gewaltsam Einlass in verschlossene Häuser. Auch zu uns kamen drei bis vier amerikanische Soldaten. Meine Uniform kam ihnen verdächtig vor, so dass ich zum Schrecken meiner Frau sofort festgenommen wurde. Auf dem Bürgersteig musste ich solange warten, bis alle Häuser der Unitasstraße durchkämmt worden waren. Außer mir und einem alten Mann auf der Höhe der Nordschule wurden keine Männer mehr gefunden“.