Noch in den letzten Kriegstagen wurde in der Voreifel erbittert Widerstand geleistet. Christine Pelzer geb. Falkenberg aus Niederelvenich teilte dem Chronisten mit, dass etwa fünf Jugendliche - mit Panzerfäusten bewaffnet - zwei Tage lang die Feinde vor Rövenich- Siechhaus aufgehalten hätten. Daraufhin wurde Rövenich mit einem Bombenteppich belegt. Die fünf jungen Männer kamen dabei ums Leben.
Jetzt erst konnten die Amerikaner einrücken. Lichterloh brannten die Feldscheunen und Fruchtschober, die man im Herbst wegen der Tiefflieger nicht mehr hatte ausdreschen können.
Am 2. März wurden die Dörfer Oberelvenich, Niederelvenich und Mülheim-Wichterich von feindlicher Artillerie unter Beschuss genommen. Dabei spielten sich noch einige Tragödien ab. So wurden z. B. in Wichterich 5 deutsche Soldaten, die wegen der Aussichtslosigkeit nicht mehr weiterkämpfen wollten, von fanatischen Angehörigen spezieller Kommandos in einem Eisenbahn-Waggon eingesperrt, ohne jegliche Nahrung. Von der Bevölkerung wurden diese Männer jedoch durch einen schmalen Spalt mit Lebensmitteln versorgt. Wenige Stunden vor Eintreffen der Amerikaner wurden sie von dem Sonderkommando erschossen. Sämtliche Papiere und die Erkennungsmarken waren ihnen abgenommen worden, so dass die fünf Männer heute noch in Wichterich als unbekannte Soldaten auf dem Friedhof ruhen.
Ein weiterer Fall, der die Dorfbevölkerung erschütterte: Eine Mutter war mit ihren drei Töchtern aus dem Dürener Raum zu ihrer Tochter nach Mülheim- Wichterich geflohen. Ihr Mann und der einzige Sohn waren gefallen. In Mülheim-Wichterich verlor sie dann durch eine einschlagende Granate auch noch die 3 Töchter. Ein Zivilist, der nach Wichterich zum Bäcker wollte, wurde auf diesem Wege ebenfalls durch eine Granate tödlich getroffen.
In der Nacht zum 3. März 1945 ging niemand zu Bett. Die Bewohner der genannten Dörfer saßen in ihren Kellern und warteten voller Angst das Geschehen ab. Christine Pelzer geb. Falkenberg berichtet weiter:
„Die Straßen waren voll von feindlichen Soldaten, die, das Gewehr im Anschlag haltend, in die Häuser eindrangen. Mit erhobenen Händen mussten die Zivilisten aus ihren Kellern herauskommen. Man trieb alle Menschen in ein Haus bzw. ein Gehöft und untersuchte jeden nach Waffen oder sonstigen verbotenen Gegenständen. Alles spielte sich im Dunkeln ab, da das Stromnetz durch Bomben und Beschuss unterbrochen war. Ein Dolmetscher wies darauf hin, dass tagsüber eine Ausgehsperre verhängt würde.
Da ich in der Schule Englisch gelernt hatte, musste ich künftig als Dolmetscherin fungieren. Mein Vater, Wilhelm Falkenberg, von Beruf Bauer, wurde von den Amerikanern unverzüglich zum Bürgermeister von Niederelvenich ernannt und führte ab dem 12. März 1945 die 'Dienstgeschäfte'. Aufgrund einer handgeschriebenen ,Permission 'durfte er im Radius von 6 km tätig sein!"
Die Ausgehzeit beschränkte sich lediglich auf je eine Stunde am Morgen und am Abend. Nur in diesen zwei Stunden pro Tag durfte das Haus verlassen werden. In der kurzen Zeit musste der Tagesbedarf an Nahrung für Mensch und Vieh herbeigeschafft werden. Es funktionierte keine Wasserleitung mehr. Das Vieh wurde zum Bach getrieben, während die Bevölkerung sich um den einzigen im Dorf befindlichen Brunnen versammelte, um in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die nötige Wassermenge heraufzuholen. Es gab keine Lebensmittel mehr zu kaufen. Die Landwirte mussten ihre Produkte (Milch, Eier, Butter, selbstgeschrotetes Korn) mit der anderen Bevölkerung teilen. Dennoch: eine große, zufriedene Gemeinschaft! Jeder freute sich und war glücklich darüber, dass nun alles vorbei war.
Die bei den Landwirten tätigen Kriegsgefangenen wurden jedoch aufsässig und wollten ihre Arbeit nicht mehr verrichten. Wiederholt drang man in einige Häuser ein und holte sich das heraus, was man brauchen konnte. Dem machten die Amerikaner schnell ein Ende, und die Gefangenen mussten ihr Diebesgut wieder zurückbringen. In dem Buch KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein setzt die heute noch in Niederelvenich wohnende Christine Pelzer geb. Falkenberg ihren Bericht fort:
„Neben den 'offiziellen Institutionen´ - repräsentiert durch Bürgermeister und Dorfpolizist - richteten die Amerikaner in jedem Ort eine Kommandantur ein, die von ihnen besetzt war. Sämtliche Genehmigungen, z. B. in einem anderen Dorf eine Besorgung zu machen, mussten hier eingeholt werden. Ein kleines Begleitpapier ebnete dann den Weg. Im Übrigen erwiesen sich die Besatzungstruppen als sehr hilfsbereit. So wurde ein damals 20jähriges Mädchen, das an Diphtherie erkrankt war, von ihnen ärztlich betreut und sogar in das damalige Ausweichkrankenhaus nach Burg Kirspenich gebracht. Ältere Leute achtete man besonders. So halfen die amerikanischen Soldaten z. B. einer alten Frau beim Wasserschleppen. Hin und wieder wurde ein Päckchen Zigaretten oder Bohnenkaffee unauffällig zugeschoben - Werte, von denen man damals nur träumen konnte! Infolge der Ausgehsperre und des mangelnden Saatgutes konnte die Frühjahrs-Feldbestellung nur notdürftig erfolgen."