Leser meiner regionalhistorischen Homepage werden anhand der letzten NEWS und kleineren Berichte festgestellt haben, dass ich neuerdings im Archiv manchen Artikel gefunden habe, dessen Veröffentlichung teilweise schon mehr als 30 Jahre zurückliegt. In diesem Zusammenhang fiel mir mein Beitrag über eine einst berühmte Opernsängerin in die Hände, die in ihrer Jugend Schülerin des Gymnasiums Marienschule in Euskirchen war. „Dahmens Marie“ und ihr kultureller Salon auf der Münstereifeler Straße war selbst noch in den 1970er Jahren einer der wenigen musischen Zirkel der Kreisstadt.
Der beigefügte Artikel aus der Chronik Unser Weg erinnert an die Sängerin, deren beruflicher Höhepunkt wohl in der Zeit des Dritten Reiches war. Damals, im Sommer 1978, konnte ich nicht ahnen, dass ich im Jahre darauf im Kölner Stadt-Anzeiger vom 6. Dezember 1979 einen Nachruf mit ähnlichem Inhalt verfassten musste.
Die jetzt 75jährige Künstlerin stammt aus wohlhabendem und an Politik, Handwerk und Kunst interessiertem Haus. Alten Euskirchenern ist Möbelfabrikant Dahmen von der Münstereifeler Straße noch gut in Erinnerung. Die Mutter war lange Zeit Mitglied des Euskirchener Stadtrates (Zentrum) und hielt als Verantwortliche die Fittiche über die katholische Nonnenschule der Domikanerinnen. Als am 25. Oktober 1928 die neue Kapelle eingeweiht wurde, hielt sie u. a. die Festansprache.
Ihre Schulzeit erlebte Maria Dahmen unter Anleitung der Ursulinen und dann der Dominikanerinnen. Letzteren glaubt sie in gewisser Hinsicht, dankbar sein zu müssen, weil ihr hier die ersten Möglichkeiten künstlerischer Entfaltung gegeben wurden. Mit 12 Jahren hatte sie ihren ersten Auftritt in ,,13 Linden", einem Musikwerk, das für die Sancta Maria von Musiklehrer Dr. Lohmer im königlichen Lehrerseminar auf der Kommerner Straße für Chor und Solo einstudiert worden war. Die Aufführung 1915 im Kolpinghaus war ein großartiger Erfolg, denn „lebende Bilder", Dekorationen und Darbietungen gefielen der Euskirchener Elternschaft und den Schwestern. Sehr anschaulich erzählt die auch heute noch ungemein dynamische Künstlerin von ihrer nicht sehr glorreichen Mathematikprüfung (1922) und der Reaktion des anwesenden Oberschulrates, der den Berufswunsch „Opernsängerin" skandalös fand.
Die selbstbewusste Dame ließ sich ab 1922 privat in Bonn und dann in Köln am Konservatorium als Konzertsängerin ausbilden. Von 1925 bis 1927 studierte sie an der Staatlichen Musik-Hochschule in Berlin. Berühmte Professoren, das aufregende Künstlerleben des Berlins der 20er Jahre, die qualifizierte Ausbildung . . ., Maria Dahmen hielt, gerne oder nicht, weiterhin Kontakt zu den Dominikanerinnen, denn die Eltern hatten dafür gesorgt, dass die junge Künstlerin in Berlin- Hermsdorf eine Bleibe fand. Das erste Engagement als Elsa in Lohengrin (1928 in Osnabrück) brachte ihr sehr gute Kritiken.
Fast sensationell war das Engagement nach Leipzig, dem kulturellen Zentrum der damaligen deutschen Opernwelt, wo sie von 1929 bis Juli 1931 wirkte. Hier sang sie u. a. die 3. Norne in der Götterdämmerung. Es folgten Auftritte in Hamburg, Königsberg, Paris und dann hauptsächlich im Rundfunk. Musikfreunde der damaligen Zeit werden sich diesbezüglich gerne an die Opern- und Operettensendungen erinnern, die im gesamten Reichsgebiet ausgestrahlt wurden. Ihre Heirat mit dem prominenten Komponisten Leo Eysold (1891-1967) war ihrer Karriere weiterhin förderlich.
Persönliche und zeitbedingte Enttäuschungen veranlassten die gefeierte Sängerin, sich nach dem 2. Weltkrieg vom Künstlerleben zurückzuziehen. Sie hatte genug damit zu tun, das zerstörte Elternhaus und den Betrieb wieder aufzubauen. Die dann aber veranstalteten privaten Konzerte und Musikabende auf der Münstereifeler Straße sind noch vielen in Erinnerung.
In einer sehr schwer leserlichen handgeschriebenen Chronik (1915-1920, Archiv Arenberg) findet sich folgende Passage, die von der damaligen Schulleitung verfasst wurde. Sie handelt von einer Abendveranstaltung in der Aula des damaligen Lyzeums, auf der die zurückflutenden Truppeneinheiten des geschlagenen kaiserlichen Heeres herzlich betreut wurden. Hier hatte die spätere Opernsängerin Maria Dahmen ihren ersten Auftritt:
„24. Nov. 1918: Ihre Excellenz General von Below speiste mit ihrem Stabe im Turnsaale des Lyzeums. Etwa 30 Schülerinnen der Anstalt veranstalteten beim Abendessen eine kleine Begrüßungsfeier. Maria Dahmen sprach den Helden und Heldenführern herzlichen Dank aus, dass sie Die Heimat beschützt hätten, und versprach treue Mitarbeit am Wiederaufbau des heiligen, geliebten Vaterlandes. Excellenz dankte bewegt und wünschte der Jugend, dass sie das Wiederaufblühen erleben möge. Der schöne Empfang habe seinem Herzen überaus wohlgetan.“
Aus der Chronik des Gymnasiums Marienschule Euskirchen