Die Jüdische Bibliothek in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge

von Hildegard Ginzler
mit einer Einleitung von Hans-Dieter Arntz
24.09.2010

Einleitung

Die seit 10 Jahren bestehende Jüdische Bibliothek in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge ist wirklich ein historisches und kulturelles Kleinod und verdient eine noch stärkere Beachtung als bisher. Jüdische Kultur, Geschichte und Literatur: das alles wird in  Ahrweiler, einem Stadtteil der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, seit zehn Jahren besonders gewahrt. Heute, am 24. September 2010, besteht die Möglichkeit, die wohl größte ihrer Art zwischen Köln und Koblenz zu besuchen. Weitere Termine sind: 29. Oktober, 26. November und 17. Dezember 2010.

In meinen Online-News vom 6. und 9. November 2009 stellte ich die restaurierte Synagoge vor. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie stilvoll die dort regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen sind. Aber wer einmal die aus etwa 1.200 Büchern bestehende, ehrenamtlich entstandene und betreute Bibliothek gesehen hat, weiß, wie viel privates Engagement seit dem Jahre 2000 notwendig war, um eine derartige Sammlung in Ahrweiler, einem Stadtteil von Bad Neuenahr, zu konzentrieren. Sie ist in gewisser Hinsicht eine Ergänzung zur Kölner Germania Judaica, die 1959 von Heinrich Böll gegründet wurde und mit einem Bestand von ca. 85.000 Bänden die größte wissenschaftliche Spezialbibliothek zur Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums in Europa ist. Was die Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums grundsätzlich für die Kultur sowie die Domstadt bedeutet, das ist die kleine, aber feine Jüdische Bibliothek von Ahrweiler für die interessierte Bevölkerung des Ahr- und Moselgebietes. Klaus Liewald, der auf dem beigefügten Foto der Journalistin Hildegard Ginzler ein besonders prachtvoll eingebundenes jüdisches Gebetbuch zeigt, und der verstorbene evangelische Pfarrer Hans Warnecke waren die Initiatoren für die wertvolle Sammlung, da sie beweisen wollten, dass die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 jüdische Literatur nicht auslöschen konnte. Die vielen Veranstaltungen des aktiven Bürgervereins Synagoge e.V. Bad Neuenahr-Ahrweiler sind zudem ein weiterer Nachweis derjenigen, die sich zur Bewahrung des Jüdischen und zur Erinnerung an jüdische Kultur aufgerufen fühlen.

Die Jüdische Bibliothek in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge

von Hildegard Ginzler

testGanz natürlich ist es, dass die Besucher beim Betreten des Raumes nach vorne streben, denn dort wird der Raum hoch und hell. Weil das so ist, schenkt man dem niedrigeren Eingangsbereich, den eine Empore nach oben begrenzt, weniger Beachtung. So kann man die rund 1200 Schriften übersehen, welche die vom Peter-Joerres-Gymnasium gestifteten Glasschränke füllen. Angebaute Regale zeugen von steter Erweiterung der Jüdischen Bibliothek in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge. Klaus Liewald und der verstorbene evangelische Pfarrer Hans Warnecke, Mitglieder des Bürgervereins Synagoge, riefen sie im Sommer 2000 ins Leben. Um ein Stück Wiedergutmachung zu leisten. Denn Ziel der Bücherverbrennung von 1933 war die Zerstörung der jüdischen Kultur in Deutschland.

Wie das vom Bürgerverein zum Kulturhaus hergerichtete Bethaus selbst, verstehen die Initiatoren auch die Bibliothek, „die größte ihrer Art zwischen Köln und Koblenz“, so Liewald, als Mahnmal. Sie erinnert daran, „dass Bücher das Gedächtnis der Menschheit sind“. Die Bücherei will Gedenkbibliothek sein, die dokumentiert, was über Antisemitismus und Judenverfolgung geschrieben wurde. Sie will informieren über die historische und kulturelle Leistung der Juden in Deutschland und in der Welt. „Dieses Wissen ist die stärkste Waffe gegen den Antisemitismus“, betonte Warnecke häufig.

Unter neun Sachgebieten bilden „Orte jüdischen Lebens“ von A bis Z, wie Affaltrach (Obersulm, Kreis Heilbronn) bis Zwickau, die größte Abteilung. „Kommen Besucher von auswärts, schauen sie zuerst, ob ihr Ort dabei ist“, erzählt Liewald. Umfangreich ist auch die „Jüdische Literatur“, etwa von Alfred Adler, Martin Buber und Ephraim Kishon. „Judentum allgemein“ gliedert sich in Überblick und Teilbereiche der jüdischen Welt sowie Geschichte. Liewald illustriert dies mit Titeln zu Religion, Kabbala, Tora und stößt weiter rechts im Regal bei „Jüdische Geschichte bis 1945“ auf „Deutschland ohne Juden“, ein Buch von Bernt Engelmann, der darin die gemeinsame deutsch-jüdische Vergangenheit bis zur Ermordung der Juden beleuchtet. Den Bänden zu Entrechtung und Vernichtung, zu denen auch Claude unter ihnen findet sich folgt mit Blick auf die Jahre 1945 bis 1950 Michael Brenners „Nach dem Holocaust“, und für die jüngere Zeit wird über wieder aufblühende jüdische Gemeinden berichtet.
Weitere Themengebiete sind: „Juden und Christen“, „Israel“ mit Fotobänden, Reiseführern und Schriften zur Politik sowie „Hebräische Literatur“. Sie enthält auch ein hebräisches Gebetbuch von 1833 – eines der ältesten Exemplare der Sammlung. Es gibt „Biographien“ von jüdischen Autoren und über Juden, während im Bereich „Jüdische Kunst“ nicht nur Film, Klezmermusik und in Prachtbänden Bildende Kunst vertreten sind, sondern, man staune, auch die Kochkunst ihren Platz findet.

„Die Bücher kommen ausschließlich aus Privatbesitz“, erklärt Liewald, derzeit Vorsitzender des Bürgervereins Synagoge. Nur zur Arrondierung des Bestandes erwirbt der Verein ab und an einmal eine Veröffentlichung, zum Beispiel: „Was Sie schon immer über das Judentum wissen wollten… und nicht zu fragen wagten“ von Mauricia Manuel Dessauer und Ulrich Michael Lohse. Über Jahre leitete der ausgebildete Buchhändler Liewald die Bibliothek alleine. Aber seit 2007 unterstützt ihn Theologin Angelika Fuchs. Bewohner aus dem ganzen Ahrkreis, darunter auch Schüler auf Infosuche für Facharbeiten, nutzen einmal im Monat die kostenlose Ausleihe. Als Anschauungsmaterial borgen sie sich für den Schulunterricht auch gerne diverse Kultgegenstände wie Menora (siebenarmiger Leuchter) und Gebetsriemen aus.

Zum Jubiläum zehn Jahre Jüdische Bibliothek wünschen sich Liewald, Fuchs und der Bürgerverein eine noch stärkere Beachtung des reichhaltigen Angebots.

Die Bibliothek ist außerhalb der Ferien freitags von 17 bis 18 Uhr geöffnet am: 24. September, 29. Oktober, 26. November und 17. Dezember 2010.

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