Unmut und Frustration wegen der schlecht organisierten Flüchtlingshilfe und wachsendem Rechtsradikalismus

von Hans-Dieter Arntz
13.02.2016

In meinen NEWS vom 7. und 11. Februar 2016 äußerte ich mich noch einmal – hoffentlich zum letzten Mal - zu dem wachsenden Flüchtlingsproblem, zur EU-Krise und zur Griechenlandkrise, die zurzeit die deutsche Bevölkerung beunruhigen und polarisieren. Trotz wachsender Probleme bezüglich der inneren Sicherheit und ansteigender Selbstbewaffnung mancher Bürger differenzieren viele meiner Leser doch zwischen den meist Schutz suchenden Asylsuchenden und der mangelhafte Planung und Organisation der politisch Verantwortlichen. „Man kann doch nur einladen, wenn die eigentlichen Gastgeber darüber informiert und dann vorbereitet sind!“

Auch der wachsende Rechtsradikalismus macht Sorgen und lässt politische Veränderungen befürchten, die meine letzten NEWS noch einmal belegen:

 

NEWS vom 07.02.2016

Unmut und Frustration wegen der schlecht organisierten Flüchtlingshilfe und wachsendem Rechtsradikalismus

 

Im Rahmen der Talkshow „Menschen des Jahres 2015“ wurde ich bei der abschließenden Frage von Norbert Jeub, Chefredakteur von Radio Euskirchen, unsicher. Es ging in dem Interview darum, ob sich meine Aufarbeitung der deutsch-jüdischen Geschichte nach etwa 40 Jahren dem Ende zuneige. Eine gekürzte Fassung des Interviews ist auch im Internet abrufbar:

 

 Radio Euskirchen: Menschen des Jahres 2015 (Interview mit Hans-Dieter Arntz)

 

Tatsächlich hatte ich mir diese Frage auch selber seit einigen Monaten gestellt, denn viele jüdische Ansprechpartner und Zeitzeugen sind inzwischen verstorben. Im Gegensatz zur klassischen Arbeit eines Historikers unterscheidet sich die eines Regionalhistorikers dadurch, dass er, ergänzend zur obligatorischen Archivarbeit, den Kontakt zu Zeitzeugen sucht und pflegt und mithilfe deren Nachkommen gewisse regionale Projekte fortsetzt. Das wird wegen der neuen Thematik und dem immer stärker werdenden Rechtsradikalismus schwieriger. Dabei wird ursächlich kaum zwischen der Not der „echten“ Flüchtlinge und einer immer stärker werdenden Schuldzuweisung der verantwortlichen Politiker unterschieden.

 

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Kölner Stadt-Anzeiger, Euskirchener Land, v. 12./13.12. 2015

 

Seit etwa 2 Jahren habe auch ich mit den Folgen von stärker werdendem Rechtsradikalismus und diesbezüglichen Belästigungen zu tun. Daher will ich eine gewisse Frustration nicht leugnen. Meine seit den 1970er Jahren zurückgehende Versöhnungsarbeit und der Kampf gegen den Antisemitismus der „Ewiggestrigen“ lässt sich im Augenblick nur schwer fortsetzen, denn die derzeitige Situation ähnelt inzwischen wieder der der früheren Zeit.

testAber all das ist wohl nichts gegen das, was in dieser Hinsicht der Euskirchener Blogger und Rechtsanwalt Heinrich Schmitz im letzten Jahr erlebt hat. Aufgrund seiner recht deutlichen Konfrontation gegen die „Braune Gewalt“ und deren Rassismus sowie seines Einsatzes für Flüchtlinge und Flüchtlingsheime wurde er von einer bundesweiten „rechten Szene“ in ungemein perfider Form bedroht: dabei ging es um angeblichen Mord und Totschlag in der eigenen Familie. Den jeweiligen Familienmitgliedern wurde auf verschiedene Art und Weise mitgeteilt, dass ihre Angehörigen tot seien ...

Heinrich Schmitz, der wirklich nie ein Blatt vor den Mund nimmt, sieht Gefahr vor dem wachsenden Rechtsradikalismus und dessen Auswüchse. Man muss sich seine Darstellung und Begründung Darstellung unbedingt im Internet anhören:


 Radio Euskirchen: Menschen des Jahres 2015 (Interview mit Heinrich Schmitz)


Wegen der massiven Bedrohungen hatte der der Euskirchener Blogger sogar kurzfristig seinen medialen Kampf gegen die „Rechte Szene“ eingestellt, bemüht sich aber zurzeit um eine neue Form seiner Strategie.

 

NEWS vom 11.02.2016

Auch die Zeitschrift „Stern“ erinnert in der Asyldebatte an das bereits frühere Versagen der Nachbarländer – Bestätigung meines Online-Artikels vom 23.09.2015

 

Die Leser meiner regionalhistorischen Homepage werden sich vielleicht erinnern, dass ich im Spätsommer des letzten Jahres auf die Europakrise, das wachsende Flüchtlingsproblem und die schon seit der Griechenlandkrise bestehende Beunruhigung und Polarisierung in der deutschen Bevölkerung hingewiesen habe. Der Grund hierfür waren nicht die wirklich Schutz suchenden Flüchtlinge. Vielmehr beklagten meine Leser den geplanten Missbrauch des Asylrechts, die eigentlich strafbare, unkontrollierte Einwanderung und die bevorstehende Auseinandersetzung mit dem hier geltenden Werte- und Rechtssystem. In vielen E-mails und Telefonaten glaubten meine Leser vor einem künftigen Chaos im religiösen, kulturellen und juristischen Sinne warnen zu müssen, dem eine zu liberale Demokratie und ein uneiniges Europa nicht mehr gewachsen sein wird. Als schlichter Regionalhistoriker fühle ich mich seit September 2015 thematisch und problematisch überfordert, möchte aber mal den Sachverhalt an dieser Stelle erwähnen. Erneut bitte ich darum, diesbezüglich nicht mehr kontaktiert zu werden!test

Ganz besonders jedoch kritisierten mehrere Leser die mangelhafte Planung und Organisation der politisch Verantwortlichen. „Man kann doch nur einladen, wenn die eigentlichen Gastgeber darüber informiert und dann vorbereitet sind!“

Meine beiden Online-Artikel vom letzten Jahr sollten eigentlich nur - als historischer Rückblick - eine zur Antwort auf zwei stets akute Fragen anregen: Lernt man wirklich etwas aus der Geschichte? Und wenn man etwas daraus lernt, was ist es?

 

Das derzeitige Asylanten- und Flüchtlingsproblem (2015) und ein Hinweis auf die Konferenz von Evian (1938)

Reaktionen auf meinen Online-Artikel über Asylbewerber und Flüchtlinge (2. Oktober 2015)

 

Am Beispiel der Konferenz in Evian (1938) versuchte ich am 23. September 2015 zu belegen, dass bei einem großen Flüchtlingsproblem – damals ging es um verfolgte Juden - nicht unbedingt mit der Solidarität des Auslands zu rechnen ist. (Dabei fällt es jedoch schwer, die damalige Not der vom Rassismus verfolgten Juden überhaupt mit den heutigen Flüchtlingswellen zu vergleichen). Damals hatte ich nicht gedacht, wie intensiv und vielseitig die Reaktion meiner Website-Leser war.

Als Bestätigung und eigentlich als Ehre empfinde ich es, dass u.a. auch das bekannte Magazin „Stern“ (Nr.4 v. 21.01.2016, S. 24) dieses wahrscheinlich inzwischen oft publizierte Beispiel „Evian“ aufgreift. Als „Zwischenruf aus Berlin“ schrieb Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Stern-Chefredaktion:

 

Im Schatten der Geschichte

test(...) Es wäre heute also zu lernen aus dem Ver­sagen der Staaten. Aus der Konferenz von Evian etwa, zu der die USA im Juli 1938 ins­gesamt 32 Staaten an den Genfer See gela­den hatten, um über die Aufnahme von Juden aus Deutschland und Österreich zu beraten. Doch das Treffen, vier Monate vor dem Novemberpogrom in Deutschland scheiterte an Hartherzigkeit. Frankreich behauptete, den äußersten Grad der Sätti­gung mit jüdischen Flüchtlingen erreicht zu haben. Belgien ebenso. Die Niederlande meinten, bereits aufgenommene Juden müssten weiterreisen, bevor neue aufge­nommen werden könnten. Und Australien erklärte gar unverblümt: „Da bei uns kein wirkliches Rassenproblem existiert, haben wir auch nicht vor, ein solches zu importie­ren." Heutige Stimmen aus Osteuropa gegenüber Muslimen erinnern fatal daran.

Die USA schöpften ihre Einwanderungs­quote für Deutsche und Österreicher - pro Jahr 27 300 - nicht einmal aus. Von 1933 bis zum Herbst 1941 fanden insgesamt nur 57.189 Juden aus Deutschland in Nordame­rika Zuflucht. Großbritannien gab etwa 50 000 Juden Asyl. Unter dem Eindruck der „Kristallnacht" 1938 wurden noch 10.000 Kinder aufgenommen, dann schlossen sie die Grenzen. Die Nazis triumphierten: „Nachdem noch in den Jahren 1933/34 über 100.000 Juden aus Deutschland legal oder illegal den Weg ins Ausland gefunden hat­ten, (...) haben inzwischen fast alle Staaten der Welt ihre Grenzen gegen die lästigen jüdischen Eindringlinge hermetisch verschlossen", hieß es in einer Analyse des Auswärtigen Amtes vom Januar 1939.

(...) Rigoros verfuhr auch die Schweiz mit jüdischen Flüchtlingen. Im August 1938 schlossen die Eidgenossen ihre Grenzen, in Verhandlungen mit Deutschland wurde sogar vereinbart, Pässe von Juden mit einem roten „J" zu stempeln. Mindesten: 24 500 Flüchtlinge wurden von Januar 1941 bis Kriegsende an den Grenzen abgewiesen, teils sogar gewaltsam ausgeliefert....


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