Erfolglose Versammlungen rheinischer Antisemiten in Münstereifel (1893) – Kein Judenhass!

von Hans-Dieter Arntz
16.02.2016

Antisemitismus und Diskriminierung von Minderheiten wurden schon vor mehr als einem Jahrhundert in der Voreifel erfolgreich bekämpft. Bereits in meinem ersten Buch „JUDAICA – Juden in der Voreifel“ beschrieb ich viele diesbezügliche Ereignisse.
Zum Beispiel veranstaltete im Jahre 1893 auch schon das kleine Eifelstädtchen Euskirchen eine „Demo“ zum Thema „Kein Judenhass“. Sie wurde von der Bürgerschaft spontan und selbstständig organisiert. Antisemitismus und Judenhass waren nämlich in der Eifel und Voreifel kein Thema, und Veranstaltungen der im Reichstag vertretenen „Antisemitenpartei“ endeten in Rheinbach, Düren und besonders in Euskirchen als wahre Posse.

Ganz besonders galt dies aber auch für das aufstrebende Eifelstädtchen Münstereifel, in dem der Fremdenverkehr gerade für eine erneute Belebung der Wirtschaft wichtig wurde.

Die etwa 120 einheimischen Juden waren zudem vor etwa 120 Jahren ein keineswegs unwichtiger Wirtschaftsfaktor und voll in die Gemeinschaft integriert.

In der benachbarten Kreisstadt Euskirchen wurde eine von „Auswärtigen“ organisierte Veranstaltung der preußischen Antisemitenpartei durch Einheimische in eine Karnevalsveranstaltung umfunktioniert, so dass sich nicht nur die rheinischen Karnevalisten beinahe totlachten: Vgl. hierzu meine Darstellung:

 

Bereits 1893 gab es im Eifelstädtchen Euskirchen „keinen Platz für Judenhass“ – Regionalhistorische Anmerkung zum gegenwärtigen Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus

 

In diesem Artikel wird beschrieben, dass man im Dezember 1893 erreichte, aus der in der Euskirchener „Tonhalle“ stattfindenden „Antisemiten-Veranstaltung“ eine närrische Karnevalsveranstaltung zu machen. Alles endete für die Veranstalter in einem Eklat: Der typische Antisemit wurde zum „Hanswurst“ – dies war die damalige Bezeichnung für den Euskirchener Karnevalsprinzen – und aus der politischen „Antisemiten-Veranstaltung“ wurde eine „ulkige Karnevalsveranstaltung“. Alles blieb als „Posse“ im Gedächtnis der Zeitzeugen.

Bereits im August 1893 hatten „Judenfreunde“ in Münstereifel die zur Burgruine führende Holzbrücke angesägt, so dass mehrere „Antisemiten“ in die Erft stürzten und deswegen homerisches Gelächter in der überregionalen Presse ernteten.

An dieses Ereignis muss ich immer wieder denken, wenn ich an der inzwischen aus Stein erbauten Erft-Brücke vorbeigehe. Dann blicke ich auch zur Burg hinauf und frage mich – im Bezug auf die aktuellen antisemitischen Aktivitäten – ob sich die Voreifeler Bevölkerung heute noch derart für Minderheiten einsetzen würde wie im Jahre 1893.

Den damaligen Sachverhalt schilderte ich auch in meinem Buch „Der letzte Judenälteste von Bergen-Belsen“ (S.41 ff.):

 

 

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