Michael Evenari, ein jüdischer Botaniker  von Weltruf

von Hans-Dieter Arntz
26.08.2007

Weltruhm errang der jüdische Professor Evenari (1904 – 1989), dessen Familiengeschichte in die Voreifel führt.  Als Pionier auf dem Gebiet der experimentellen Ökologie und der Analyse des Öko­systems „Wüste" errang Michael Evenari Weltruhm. (Vgl. auch die Laudatio zur Ehrenpromotion von Prof. Dr. Michael Evenari, Darmstadt 1976). Als Walter Schwarz musste er 1933 das nationalsozialistische Deutschland und seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten verlassen, um dann später als Prof. Dr. Michael Evenari  ein israelischer Wissenschaftler von Weltruf zu werden. Er gilt heute als Pionier Pionier auf dem Gebiet der experimentellen Ökologie und der Analyse des Ökosystems „Wüste".

 

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Prof. Michael Evenari (1904-1989)

 

In intensiven Korrespondenzen – besonders in der Zeit vom 20. April bis zum 20. Dezember 1981 und dann wieder am 21.4.1982 – stellte er seine Familiengeschichte dar, die ich in meinem Buch JUDAICA – Juden in der Voreifel, Euskirchen 1983, S. 498/99 sowie S. 533 skizzierte.

Die Vorfahren von Prof. Evenari (Walter Schwarz) sind bis ins 18.Jahrhundert in der Voreifel und hier besonders in Obergartzem nachweisbar. Da dieser Ort heute zur Kreisstadt Euskirchen gehört, ist mit ihr die Genealogie der jüdischen Familie Schwarz/Evenari verknüpft.

Im Jahre 1880 zog Hermann Schwarz über Trier nach Metz, wo er 1888 ein kleines Geschäft eröffnete, das sich schnell zum größten Kaufhaus der Stadt entwickelte und noch heute in der ehemaligen Römerstraße besteht. Der  am  9. Oktober 1904  geborene Walter Schwarz – später: Michael Evenari – wurde hier auch geboren. Die Familiengeschichte wurde durch den 1. Weltkrieg und dessen Ausgang bestimmt. Michaels älterer Bruder fiel; die deutsche Familie wurde 1919 von den Franzosen enteignet und musste die neue Heimat verlassen.

In der Nähe von Marburg (u.a. Buchenau)ließ sich die Familie Schwarz nieder. Im Jahre 1923 nahm er das Studium der Botanik in Frankfurt/Darmstadt auf, wo er 1926 eine Dissertationsschrift zum Thema „Die Blattentwicklung von Ligustrum vulgare und Plectranthus fruticosum und die Theorie der Periklinalchimären“ vorlegte. Laut detaillierter Internet-Informationen wirkte er auf Assistentenstellen in Prag und Frankfurt a.M., bevor er an das Botanische Institut der Technischen Hochschule Darmstadt wechselte. Ihn förderte Prof. B. Huber nach Kräften, der auch seine Habilitation mit dem Titel „Die Strukturänderungen sproßloser Blattstecklinge und ihre Ursachen“ betreute.

Doch kam das Habilitationsverfahren in Darmstadt nicht mehr zum Abschluss: nachdem er im Februar 1933 seine Probevorlesung gehalten hatte, wurde er am 1.4.1933 als Jude fristlos entlassen. Er entschloss sich unmittelbar zur Emigration und verließ mit seiner ersten Frau Darmstadt und Deutschland.

Seine jüdischen Verwandten in der Voreifel hatten bereits 1910 ihren Wohnsitz von Obergartzem nach Euskirchen verlegt und blieben auch nach der so genannten Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland zurück. Michael Evenari verlor im Holocaust 16 Familienangehörige. Dennoch zögerte er nicht, schon bald nach dem 2. Weltkrieg Mitglied der Deutschen Botanischen Gesellschaft zu werden und damit ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Viele Wissenschaftler - auch aus dem Rheinland und der Voreifel - waren bei ihm in Israel zu Gast, in einer Zeit, da persönliche Kontakte zwischen Israelis und Deutschen alles andere als selbstverständlich waren. 

In Palästina machte der junge Wissenschaftler unter dem neuen Namen Michael Evenari Karriere. Dort wirkte er als Professor für Botanik an der Hebräischen Universität Jerusalem.1953-1959 war er Vizepräsident der Universität.

Laut Internet weist seine wissenschaftliche Tätigkeit drei Schwerpunkte auf:
 
image 0021.) Überleben von Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
2.) Keimungsphysiologie und
3.) die Rekonstruktion und der Wiederaufbau von Sturzwasserfarmen in der Negev-Wüste.

 

Mit letztgenannten Forschungen auf archäologisch-experimenteller Grundlage, leistete er einen wesentlichen Beitrag zur modernen israelischen Wüstenlandwirtschaft.

Er leistete mit seiner Arbeit Die Rekonstruktion und der Wiederaufbau von Sturzwasserfarmen in der Negev-Wüste einen wesentlichen Beitrag für die moderne israelische Wüstenlandwirtschaft und trug entscheidend zum Verständnis der Wüstenökologie bei.

Zusammen mit Otto Ludwig Lange 1988 Preisträger der Internationalen Balzan-Stiftung für ihren Beitrag über die Produktivität und die Ökologie der Pflanzen, insbesondere in ariden Zonen.

Weitere Hinweise zu Prof. Michael Evenari (1904-1989):

190 Veröffentlichungen, darunter:
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SCHWARZ, Walter: Das Problem der mitogenetischen Strahlen. In: Biologisches Zentralblatt 48/1928, S. 302-308.Ders.: Zur Ätiologie der geaderten Panschierung. In: Planta 5/1928, S. 660-680.

Ders.: Die Entwicklung des Blattes bei Plectranthus fructicus und Ligustrum vulgare und die Theorie der Periklinachimären. In: Planta 3/1927, S. 499-526.

Ders.: Zur physiologischen Anatomie der Fruchtstiele schwerer Früchte. In: Planta 8/1929, S. 185-251.

Ders.: Der Einfluß der Zug-, Knick-, und Biegungsbeanspruchung auf das mechanische Gewebesystem der Pflanzen. In: Beiheft zum botanischen Centralblatt 46/1929, S. 306-338.

Ders.: Die Strukturänderungen sproßloser Blattstecklinge und ihre Ursachen. In: Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik 78/1933, S. 92-155.

EVENARÍ, Michael et alt.: The Negev. The Challenge of the Desert. Cambridge/London (Havard University Press) 1982.

Ders.: Ökologisch-landwirtschaftliche Forschungen im Negev. Darmstadt (Schriftenreihe der TUD) 1982.
(Erhältlich über das Archiv der TUD.)

image 004Veröffentlichungen über Michael Evenari

EVENARÍ, Michael: Und die Wüste trage Frucht – ein Lebensbericht. Gerlingen 1987 (Autobiographie).

EVENARÍ, Liesel: Wo Du hingehst … Mein bewegtes Leben mit einem israelischen Wissenschaftler. Bramsche (Rasch-Verlag) 2000.

LANGE, Otto L.: Michael Evenari alias Walter Schwarz 1904-1989. In: Botanica Acta 102: A 19-A24, 1989. (Nachruf)

evinari buchBÖHME, Helmut: Die Technische Hochschule Darmstadt 1933-1945; Blick auf Dozentenvertreibungen und Widerstand. In: „Exodus der Wissenschaften und der Literatur“ Dokumentation der Ringvorlesung des Evenari-Forums für Technik-, Natur-, Geschichts- und Kulturwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt im Wintersemester 2003/04. [Band 88 der TUD-Schriftenreihe Wissenschaft und Technik], hg. und eingeleitet von Dirk Reitz. Darmstadt 2004. S. 13-36.
(Erhältlich über das Archiv der TUD.)


Weitere Informationen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Evenari
http://www.ifs.tu-darmstadt.de/index.php?id=evenari_biographie&L=2
http://www.ifs.tu-darmstadt.de/index.php?id=evenari_biographie
http://www.iag.tu-darmstadt.de/download/gewalt-2006.pdf

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