Chronik des Gymnasiums Marienschule Euskirchen
Teil 1 (1868-1940)

Unser Weg von 1868  bis 1978, hrsg. 1978
Eine Chronik geschrieben von Hans-Dieter Arntz
02.04.2007

Eines der beiden Gymnasien von Euskirchen ist die Marienschule am Basingstoker Ring. Bis vor etwa 30 Jahren war sie das klassische Mädchengymnasium. Der Chronist hatte bereits im Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1974, S. 108 bis 110, die Schulgeschichte unter der Überschrift „Höheres Mädchenschulwesen in Euskirchen am Ende des 19. Jahrhunderts“ skizziert. Eine umfangreichere  Erweiterung erfolgte im Jahrbuch Euskirchen 1978, S.30 bis 38. Eine 12-teilige Serie im Euskirchener Lokalteil der Kölnischen Rundschau (11.07.-27.07.1978) folgte unter der Überschrift: „Marienschule feiert 110-jähriges Bestehen - Hans-Dieter Arntz erzählt aus der Schulchronik".

Unter dem Motto „Unser Weg 1868-1978:  110 Jahre Gymnasium Marienschule Euskirchen“ wurde dann eine umfangreiche Chronik erstellt, die nicht nur wegen des detaillierten Umfanges, sondern auch wegen des großzügigen Bildmaterials schnell vergriffen war. Der vielseitigen Bitte, nach knapp 30 Jahren wieder an die Geschichte der Schule zu erinnern, soll hiermit nachgekommen werden.  Allerdings werden in der vorliegenden Online-Publikation vom Verfasser nur Teile der Chronik sowie eine geringe Anzahl von Fotos und  Dokumenten veröffUentlicht. Auf Fußnoten wurde  ebenfalls verzichtet.   

Nach  den „Feierlichkeiten“ im Jahre 1978 beantragte der Chronist beim Rat der Stadt Euskirchen, eine Straße oder einen Platz nach den Dominikanerinnen von Arenberg zu benennen. Diesem Orden ist der Bestand des „Gymnasiums Marienschule“ im eigentlichen Sinne zu verdanken. Heute erinnert der „Dominikanerinnen-Platz“ im Stadtzentrum der Kreisstadt Euskirchen an die Leistung der Nonnen (1914-1940) in politisch und wirtschaftlich schwerer Zeit.

 

      
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Teil 1 (1868-1940)

1. Kapitel: Frühere Mädchenbildung und 1.Höhere Töchterschule (1868)

Bis auf elitäre Ausnahmen wurden überall Mäd­chen im Hinblick auf ihre zukünftige Bestimmung als Mutter und Hausfrau daheim erzogen. Deswegen mag es überraschen, dass in einem etwa 550 Einwohnerzählenden Eifelstädtchen bereits 1693 Elementarunterricht gegeben wurde.

Der seit 1639 in Euskirchen, dessen Einwohner fast ausschließlich Ackerbau und Viehzucht be­trieben, sesshaft gewordene Kapuzinerorden zog 1683 von seinem Kloster in der Vuvenstraße in ei­nen großzügigen Neubau neben der Stadtmühle um und ließ u. a. das 1625 vom Brand zerstörte und notdürftig wieder aufgebaute Hospital zu­rück. Nach dem Ratsbericht vom 17. 2. 1693 zo­gen hier die „moniales" von Stotzheim ein und gaben der weiblichen Jugend Elementarunter­richt. Josef Franke zitiert die Quelle, nach der die Klosterschwestern „mit Information der Mägdlein Nutz schaffen" sollten.

Es ist anzunehmen, dass die Mädchen in Glau­benslehre, Lesen, Schreiben und Rechnen un­terwiesen wurden. Höhere Bildung wurde sicher nicht vermittelt, denn „gebildete Frauen blieben der pädagogische Luxus des Adels. Das platte Volk besaß keine höheren Töchter."

Es bleibt unklar, ob den „moniales" das metho­disch-didaktische Gedankengut des Erzbischofs Francois Fenelon über Mädchenerziehung be­kannt war. Es erstaunt jedoch immer wieder, wie gerade zu dieser Zeit in der Voreifel die Mädchenbildung gefördert und in abgewandelter Form unter Berücksichtigung der einfachen Landbevölkerung nivelliert wurde.

Nur wenige Jahre später hatten die Ausführungs­bestimmungen großer Stiftungen zugunsten der Erziehung katholischer Mädchen im Eifelgebiet ähnliche pädagogische und psychologische Tendenzen wie sie in Fenelons „Traite´ de l'education des filles" zu spüren waren.

Zwei von der Heimatforschung fast vergessene Förderinnen der katholischen Mädchenerzie­hung in der Eifel waren M. Elisabeth (1720-1799) und Mechtild Dahmen (1717-1801), die zwei Mil­lionen Gulden (!) für den Bau von Schulen, Ein­satz von Lehrkräften, Erlass des Schulgeldes stif­teten.

Die älteste Mädchenschule Euskirchens er­scheint jedoch nicht lange in den Urkunden. Wahrscheinlich wurde sie bereits 1699 geschlos­sen, weil im gleichen Jahr das Gebäude in Besitz von Robert Krüger kam.

Über die Elementarschulbildung Euskirchener Mädchen wurde bereits an anderer Stelle berich­tet. Fest steht, dass sie selten in den Schülerlisten zu Beginn des letzten Jahrhunderts aufgeführt werden. Unwillkürlich wird man an den Aus­spruch Napoleons vom 1. 3. 1806 erinnert:

Ich glaube nicht, dass es nötig ist, sich mit einem Schulwesen für junge Mädchen zu befassen; sie können nicht besser als durch ihre Mütter erzo­gen werden. Die öffentliche Erziehung ist für sie keineswegs geeignet, da sie nicht berufen sind, in der Öffentlichkeit zu leben; die guten Sitten be­deuten für sie alles. Heiraten ist ihre einzige Be­stimmung!

Der eigentliche Initiator der ersten Höheren Töch­terschule war Dr. Johann Franz Peter Du-belmann, von 1865-1870 Pastor an der St.-Martins-Pfarrei von Euskirchen. Ihm kam es damals darauf an, dass im Zuge der allgemeinen wirt­schaftlichen und sozialen Entwicklung, die viele

 

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An der Kirchstraße, unmittelbar am „Dicken Turm“, befand sich die erste
Euskirchener Elementarschule „Turmschule“, in der auch Mädchen unterrichtet wurden.


Frauen in das Berufsleben hineinzwang und das soziale Gefüge umformte, die Frau mehr Freiheit, bessere Ausbildung und mehr Raum im öffentlichen Leben erhielt. Für Euskirchens Kreise war es symptomatisch, dass man hauptsächlich an Mäd­chen aus „besseren Kreisen" dachte. So zählten tatsächlich „höhere Töchter" zu den ersten Schülerinnen der Vorsteherin Johanna Küpper aus Birkesdorf  bei Düren.

Die Institutionalisierung der Mädchenschule ver­lief, verglichen mit heutigen Verhältnissen, un­gemein zügig. Am 8. Juli 1868 wandte sich Pfarrer Dr. Dubelmann in verschiedenen Briefen an die Honoratioren der Stadt und des Kreises und trug seine pädagogischen Gedanken vor. Gleichzeitig entwarf er Struktur und Curriculum der neuen Anstalt. Schon am Tage darauf  war das Schreiben Gegenstand einer eilig einberufenen Sitzung des Schulvorstandes, der am 12. Juli 1868 dem König­lichen Landrat Schroeder empfahl, die Gründung einer privaten Höheren Töchterschule zu unter­stützen. Inoffizielle Zusagen veranlassten den Euskirchener Pfarrer von St. Martin, von der Kan­zel für die private Mädchenschule zu werben. Der in wirtschaftlichen und finanziellen Dingen nicht unerfahrene Geistliche hatte indessen errechnet, dass 450 Taler jährlich zum Unterhalt der Anstalt notwendig wären. Mit dem tatkräftigen Bürger­meister  Ruhr  (1850-1870)  gründete  er einen Fond, der durch Spenden interessierter Eltern leicht aufzustocken war. Die Spendenliste der Honoratioren vom 23. November 1868 war be­trächtlich! Zudem sollten jährliche Zuwendungen durch die Gemeinde die Zahlung eines zu hohen Schulgeldes verhindern.

 

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So erfreulich die Differenzierung des Euskirche­ner Bildungs- und Schulwesens war, so muss doch der Unmut ärmerer Mitbürger konstatiert werden.

Es ist bekannt, dass die Bedeutung unserer Kreis­stadt im letzten Jahrhundert auf wirtschaftlichem Sektor recht groß war. Große Militärtuchlieferun­gen an das Ausland seit etwa 1850, der Anschluss an das Eisenbahnnetz (1868) sowie der Ausbau der Fabrik zur „Volltuchfabrik", die neben Ar­beitsteilung und Massenproduktion auch die Me­chanisierung der Weberei einschließt, konnten die Ausstoßkapazität der Euskirchener Tuchin­dustrie steigern.

 

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Euskirchener Stadtarchiv:  Aktivitäten in der Presse und Bürgerausschüssen
zur Gründung einer höheren Töchterschule  in Euskirchen (1868)

 

Der Reichtum der damaligen Fabrikbesitzer bil­dete einen krassen Gegensatz zum armen Bauern oder gar arbeitslosen Weber. So sah es die Arbei­terschaft nicht gerne, dass parallel zur Volksschu­le, die von 870 Kindern besucht wurde, eine schichtenspezifische Töchterschule errichtet wurde. Interessant ist dagegen die Tatsache, dass man sich mit der höheren Jungenschule mit „vorwiegend gymnasialer Richtung" eher abge­funden hatte. Besonders skeptisch waren die Elementarschullehrer, die auf den längst fälligen Bau einer großen Volksschule („Ostschule") war­teten.

Dennoch war der Euskirchener Schulvorstand sehr rege. Bereits am 9. 9. 1868 wählte man die 27jährige Johanna Küpper aus Birkesdorf bei Dü­ren zur Schulvorsteherin, die sich aber noch der geforderten Prüfung zur Leiterin einer Töchter­schule unterziehen musste.

Endlich konnte das Kreisintelligenzblatt für Eus­kirchen und Rheinbach die mit Wirkung vom 23. 10. 1868 ausgestellte Konzession durch die Königliche Regierung, Abteilung des Inneren, be­jubeln. 10- bis 17jährige Mädchen konnten an­gemeldet werden. Der Teilnehmerkreis wurde auf auswärtige Schülerinnen erweitert, die bereits zur Heiligen Kommunion geführt bzw. confirmiert worden sind".

 

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Im Kreisintelligenzblatt vom 31. 10. 1868 warb die neue Vorsteherin für ihre Mädchenanstalt in der Hochstraße Nr. 6 (gegenüber dem Rathaus):

Die Anstalt bezweckt den Unterricht und die Er­ziehung der Töchter aus den gebildeten Ständen. Gegenstände des Unterrichtes sind: Religion und Biblische Geschichte, deutsche, englische und französische Sprache, Rechnen, Geographie und Geschichte, Naturkunde, Schönschreiben, Zeichnen, Gesang und alle Arten weiblicher Handarbeit. Im Clavierunterricht wird in besonderen Stunden Gelegenheit geboten. Der Erziehung wird nach allen Seiten hin im Einvernehmen mit den Eltern die größte Sorgfalt gewidmet. Die ka­tholischen Schülerinnen wohnen täglich der heil. Messe bei und schließen sich überhaupt in Bezie­hung auf den Gottesdienst und den Empfang der heil. Sakramente den Zöglingen der Elementar­schule an(…).

Tatsächlich begann der erste Unterricht an einer höheren Mädchenschule in Euskirchen am Dienstag, dem 17. November 1868 vormittags um 8 Uhr!

Der Startschuss  in der Geschichte der heutigen Marienschule war gefallen. Unsere Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft hat einen Grund zum Fei­ern!

Ein Auszug aus der Buchhaltung der Mädchen­schule zeigt, dass zum Ende des Jahres 1868 die Eltern von 23 Mädchen das Schulgeld von vier Talern und 15 Silbergroschen gezahlt hatten. Zur Prominenz der Väter gehörten u. a. auch die Vor­fahren des heute berühmten Bankier und Finanz­beraters Dr. H. H. Abs, der Apotheker und Ange­hörige des Schulvorstandes Schepperheyn, die bekannten Euskirchener Rombey und Lückerath.

 

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Schulvorsteherin Johanna Küpper war eine hüb­sche Frau! Trotz großen Eifers und Engagements für Euskirchens höhere Töchter wurde sie von der Stelle weg geheiratet. Nach eineinhalbjähriger Tätigkeit teilte sie dem betrübten Euskirchener Schulvorstand ihre baldige Hochzeit mit, bot aber in ihrer Schwester Josephine einen qualifizierten Ersatz an. Weiterhin war da noch eine jüngere Schwester Margaretha, lslehrerin" und qualifiziert für den Unterricht der höheren Unterricht  der Töchter aus den höheren Ständen.“

In den Schulakten heißt es zum Curriculum: „ In den Un­terrichtsplan sind aufgenommen: Religionslehre, deutsche Sprache mit Aufsatz, Französisch und Englisch, Geographie und Geschichte, Natur­kunde, Rechnen nebst Raumlehre, Schönschrei­ben, Zeichnen, Gesang, Handarbeit.

 

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Die Schule ist für Schülerinnen vom 10. bis 17. Lebensjahre bestimmt und besteht aus zwei Hauptklassen, die nach Erfordernis in Abteilun­gen zerfallen. Für jede Klasse ist eine für das hö­here Lehrfach geprüfte Lehrerin angestellt (. .. )"

Der Unterricht fand morgens von 8 bis 12 und nachmittags von 13.20 bis 16 Uhr statt. Die Leh­rerschaft setzte sich 1879 aus Josephine Küpper, Margaretha Küpper, Martin Schell und Bertram Gürten zusammen.

Trotz Werbung im Euskirchener Volksblatt, guter Schülerleistungen und Selbstdarstellung in mu­sischen Zirkeln der Kreisstadt nahm die Zahl der Schülerinnen ab. Am 1. Mai 1882 verließ Jose­phine Küpper mit ihrer Schwester Euskirchen. Ein Grund für das Desinteresse der Bürger war die Tatsache, dass „höhere Töchter" nicht mehr unter sich waren und „standesgemäße Erzie­hung" nicht mehr unbedingt im Vordergrund stand. Private Forschungen haben ergeben, dass   nicht alle 36 Schülerinnen zum 1. Mai 1882 in die Euskirchener Mädchenschule (Volksschule) übergingen, sondern auf auswärtige Pensionate geschickt wurden. Wer die Euskirchener Stadt­geschichte und das Aufnahmeverfahren in die damalige „Casino-Gesellschaft", gegründet am 6. 10. 1867, kennt, weiß um die Polarisierung so­zialer Schichten auch in unserer Stadt.

Bis vor kurzem war der Chronist der Ansicht, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auch von Sei­ten der Verwaltung kein Interesse mehr an höhe­rer Mädchenbildung bestand. Das Studium der Akten in Euskirchen, Aachen, Köln und Koblenz belehrten ihn des Gegenteils. Der Schulvorstand war ständig bemüht, eine höhere Töchterschule erneut ins Leben zu rufen. Auch die von Neidhardt und Gießen geäußerte Vermutung, dass sich keine Nachfolgerin für Josephine Küpper gefunden hätte, musste revidiert werden. Viele Bewerbungs­schreiben und Unterrichtspläne befinden sich im Stadt- und Kreisarchiv. 1886 eröffnete sogar eine Lehrerin Anna Berg aus Trier eine Töchterschule in Euskirchen, die allerdings bald - aus den be­reits genannten Gründen - wieder geschlossen werden musste. Ähnliche Versuche wiederholten sich bis 1891/92.

Besonders die beiden Elementarschulen und der jeweilige Kreisschulinspektor versuchten immer wieder, die Neugründung einer höheren Töchter­schule zu unterbinden. So wollte 1892 eine ­künftige Schulvorsteherin nur vormittags und nicht - wie die Elementarschulen -  vor- und nachmittags unterrichten. Der Schulinspektor sah auch in dieser Hinsicht eine Aufrechterhal­tung der Klassenunterschiede".


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Allmählich änderte sich in Deutschland das Ansehen der Mädchenbildung entscheidend. Im Jahre 1887 hatte Helene Lange in einer Petition an das preußische Kultusministerium und das Abgeord­netenhaus in Verbindung mit einer Begleitschrift dargelegt, dass höhere Mädchenschulen nicht nur menschliche Anlagen, sondern auch intellektu­elle Fähigkeiten auszubilden hätten. Sie vertrat die Ansicht, dass dies nicht geschehen könne, ehe nicht der Frau eine hervorragende Stelle an der Mädchenschule eingeräumt werde. Sie müsse selbst Lehrerin, Klassenleiterin und Schulleiterin werden können. Für eine qualifizierte Ausbildung wurden 1889 „Realkurse" in Anwesenheit der Kaiserin eröffnet, 1893 „Gymnasialkurse" für Mädchen mit dem Ziel der Hochschulreife. Drei Jahre später bestanden die ersten deutschen Abi­turientinnen die staatliche Reifeprüfung.

In Euskirchen musste man diesbezüglich jedoch noch viele Jahre warten. Dennoch war es ver­ständlich, dass die Honoratioren der Kreisstadt ein lebhaftes Interesse daran hatten, neben den gut ausgebauten beiden Volksschulen, der evangeli­schen Elementarschule, der Fortbildungsschule und dem erfolgreichen Progymnasium für Jun­gen auch wieder eine höhere Töchterschule ein­zurichten. Und wieder - wie bereits 1868 – verlief dann plötzlich deren Institutionalisierung ungemein zügig.

Schon längere Zeit hatte sich eine Pädagogin aus Euskirchen-Wißkirchen, Maria Müller, um eine erzieherische Tätigkeit in unserer Kreisstadt be­müht. Die 37jährige Lehrerin leitete eine private Mädchenschule in Bergisch Gladbach und wollte in ihre Heimat zurück. Mit Hilfe ihrer Freundin Maria de Rath baute sie innerhalb kurzer Zeit eine er­folgreiche Töchterschule in Euskirchen auf.

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Die Gründerin des heutigen Gymnasiums Marienschule Euskirchen:
Maria Müller (links); rechts: Maria de Rath

 

Unter der Überschrift: „ Wird in der Stadt Euskirchen demnächst wirklich eine höhere Töchterschule eingerichtet werden?“ brachte am 26.1.1898 die Euskirchener Zeitung das Thema wieder ins Gespräch: Wie verlautet, wird eine der Damen in den näch­sten Tagen die Familien besuchen, bei denen In­teresse an der Sache vorausgesetzt werden muss. Soweit uns die Stimmung aus weiteren Bürger­kreisen bekannt geworden ist, ist dieselbe dem Unternehmen günstig (. . .)“.

Kapitel 2

Die Höhere Töchterschule ( 1898-1903)

Am 16. Februar 1898 teilte der königliche Kreis­schulinspektor Bürgermeister Selbach mit:

Ein Bedürfnis zur Einrichtung einer Privaten -Töchterschule hierselbst ist durchaus nicht vorhan­den. Wir haben hier zwei gute, sechsklassige Volksschulen, die in allen Unterrichtsfächern, in welchen die Töchterschule Unterricht erteilen will, die beiden fremden Sprachen ausgenom­men, Vorzügliches leisten (…) Die Einrichtung ei­ner Töchterschule beeinträchtigt unsere Volks­schule. Es muss mehr Augenmerk darauf gerichtet sein, unsere sechsklassige Volksschule zu einer siebenklassigen auszubauen. Dies wird durch die Abgabe einer Anzahl Schülerinnen an eine Höhere Töchterschule unmöglich. Ja, der Bestand der sechsklassigen Schule ist hierdurch gefährdet. In den untersten Klassen der Mädchenschule ist die Zahl der Schülerinnen so gering, dass leicht das Einge­hen einer Unterklasse herbeigeführt werden könnte (…) Unzufriedenheit könnte außerdem entstehen, da die höhere Töchterschule nur vor­mittags unterrichtet. So ist kein Abbau der Klas­senunterschiede möglich.

Die Sorgen des königlichen Kreisschulinspektors waren teilweise berechtigt. Schon 2 Wochen vorher konnte die Euskirchener Zeitung ihren Lesern mitteilen, dass  bereits so viele Kinder angemeldet worden seien, dass die Eröffnung der Höheren Töchterschule zu Ostern 1898 in „sicherer Aus­sicht" stehe. Am 24. März 1898 erteilte die König­liche Regierung, Abteilung für Kirchen und Schulwesen in Köln, Fräulein Müller die Konzes­sion zur Errichtung der privaten Mädchenschule mit der Auflage, „Hülfslehrpersonen" anzustel­len.

Die aus Wißkirchen stammende Pädagogin, die interessanterweise Großtante einer späteren Ma­rien-Schülerin, Agnes Müller, wurde, wies durch Prospekte, Besuche und Zeitungsinserate wei­terhin auf ihre „Katholische Höhere Mädchen­schule zu Euskirchen" hin.

Tatsächlich eröffnete Schulvorsteherin Maria Müller die 2. Höhere Töchterschule Euskirchens am 21. April 1898. Das Schullokal befand sich auf der „Kölner Straße, neben der Wohnung des Kreisphysikus Dr. Schlecht".

Fünf Tage vorher unterrichtete die Euskirchener Zeitung ihre Leser über den Unterrichtsgang:

... Einrichtung und Lehrplan der Schule wird so sein, dass auch schon Kinder im Alter von 6 Jah­ren, also mit der beginnenden Schulpflichtigkeit, aufgenommen werden. Die drei unteren Stufen, also die Abtheilungen für Kinder von sechs, sie­ben und acht Jahren, werden den gesetzlich vor­geschriebenen Unterrichtsgang der Volksschule erhalten. Mit Beginn des vierten Schuljahres folgt der Unterricht dann dem Lehrplan der höheren Mädchenschule und beginnt damit auch zuerst der fremdsprachliche Unterricht, in der französischen Sprache. Der Anfang des vierten Schuljahres kann demnach als der geeignetste Zeitpunkt in die höhere Schule bezeichnet werden für diejeni­gen Kinder, deren Eltern dieselben nicht von vornherein dieser Schule zuweisen wollen, da bei einem späteren Übertritt das ganze versäumte Pensum durch besonderen Unterricht nachge­holt werden muss. Jetzt bei der Eröffnung der Schule wird der fremdsprachliche Unterricht in allen mittleren Klassen von den Anfangsgründen an vorgenommen werden. Das weitere ist den Prospekten über die Anstalt zu ersehen (. . . ).

Die bisherige Vermutung, dass die von den Ehe­maligen so oft zitierte Lehrerin de Rath Mitbe­gründerin der höheren Töchterschule war, ist nur unter Vorbehalt richtig. Richtig ist vielmehr, dass die examinierte Volksschullehrerin mit Maria Müller seit Jahren innig befreundet war, kontinu­ierlich Handarbeits- und Zeichenunterricht an der Töchterschule erteilen durfte und sich seit 1898 vergeblich bemühte, eine „Gewerbeschule für Damen" einzurichten.

Der Chronist besuchte in Aachen eine noch le­bende Schülerin beider Lehrerinnen, nämlich Frau Mieze Moll, geb. Hack. Die 1898 in die hö­here Töchterschule eingetretene Schülerin erin­nert sich heute noch lebhaft an den intensiven Unterricht und stellte nicht nur Fotomaterial, sondern auch einen lesenswerten Beitrag für diese Festschrift zur Verfügung.

Maria Hack gehörte damals zu den etwa 50 Mäd­chen, die von Vorsteherin Maria Müller, der Handarbeits- und Zeichenlehrerin Maria de Rath, der Turnlehrerin und Schulamtsbewerberin für mittlere und höhere Schulen Maria Unterharnscheidt sowie der jungen Pädagogin Susanna Kreis vor- und nachmittags unterrichtet wurden, wie es die Vorschriften der Regierung zwingend vorschrieben.

Da dem Kreisschulinspektor auch die Aufsicht über die Höhere Töchterschule oblag, fand am 5. März 1899 sowie am 16. April 1900 die obligatorische Revision statt. Sie gibt über Leistungsvermögen von Schülern und Lehrerinnen, über die Struktur und das  Curriculum der Anstalt guten Aufschluss:

 

Königlicher Kreisschulinspektor Euskirchen
16. April 1900
Betrifft Revision der höheren privaten Mädchenschule

Die Revision der höheren Privat-Mädchenschule fand am 6. des Monats statt. Sie zählt 63 Schüle­rinnen und zwar 52 einheimische und 11 auswär­tige. Von diesen sind 54 katholisch, 4 evangelisch und 5 israelitisch. Sie sind in drei Klassen eingeteilt.

Zur Unterklasse gehören die Kinder der drei un­tersten Schuljahre, im ganzen 14; zur Mittelklasse die des 4., 5. und 6. Schuljahres: 28. Zur Ober­klasse die des 7., 8. und 9. Schuljahres: 21. Den Unterricht erteilen die Vorsteherin Maria Müller und zwei für höhere Mädchenschulen geprüfte Lehrerinnen, Katharina Krayer und Josephine Hillenbrandt; diese letzteren sind seit Ostern des Jahres an der Schule angestellt. Den Handar­beitsunterricht erteilt die Lehrerin Maria de Rath. Den Religionsunterricht gibt den katholischen Kindern der katholische Pfarrer, den evangeli­schen der evangelische Lehrer Pabst und den is­raelitischen der jüdische  Lehrer Dr. Heuberg.

Unterklasse:
Lehrerin Krayer. Sie ist für den Unterricht der jün­geren Kinder recht geeignet. Mit gutem Geschick hat sie diese im Lesen, Schreiben und Rechnen gut gefördert und ihnen auch die vorgeschriebe­nen biblischen Geschichten vermittelt.

Mittelklasse:
Lehrerin Hillenbrandt. Diese ist ernst in ihrem Auftreten und fest und bestimmt in ihren Anforderungen. Der biblische Geschichtsunterricht war gut erteilt. Die Prüfung im Deutschen, im Lesen, Deklamieren und in der Grammatik ergab ein be­friedigendes Resultat. Als Aufsätze wurden ge­nommen Diktate, Wiedergabe von Lesestücken, Erzählungen etc. mit hinreichendem Erfolge. Im Rechnen waren die beiden Bruchrechnungen be­friedigend vorgenommen worden. Die Leistun­gen in der Geographie und Geschichte waren recht befriedigend. Mit besonderem Eifer wird der Unterricht im Französischen betrieben. Die Kinder hatten die Hülsverben gut erlernt. Sie hat­ten eine befriedigende Aussprache und konnten die aufgegebenen Übungen geläufig übersetzen.

Oberklasse:
Vorsteherin Müller. Gute Kenntnis und befriedi­gendes Verständnis der vorgeschriebenen bibli­schen Geschichte war vorhanden. Lesen, Dekla­mieren, Grammatik und Aufsatz befriedigten. Auch waren den Kindern einige der hauptsäch­lichsten deutschen Dichter bekannt. Im Rechnen hatten sie die bürgerlichen Rechnungsarten be­friedigend erlernt. In der Geschichte hatten sie die deutsche und preußische Geschichte und aus der Geographie Europa erlernt. Die Leistungen befriedigten. Im Französischen, in der Gramma­tik, in der schriftlichen und mündlichen Überset­zung hatten die Kinder gute Fortschritte gemacht. Im Englischen ist ein Anfang gemacht worden.

Die Haltung der Kinder in allen Klassen war gut. Sie waren aufmerksam und lebendig beim Unter­richte, ruhig und fleißig bei der stillen Beschäfti­gung.“

Die Schulvorsteherin Maria Müller genoss  bald das Vertrauen der Euskirchener Bevölkerung. Gute Lehrkräfte, solide Arbeit und häufig abge­haltene Elternabende bewiesen, dass die Höhere Töchterschule, die inzwischen ein Haus an der Oststraße gekauft hatte, voll in die „Stadt der Schulen" integriert war.

Weniger der Gesundheitszustand der tüchtigen und ehrgeizigen Schulvorsteherin als der Mangel an wissenschaftlich examinierten Lehrkräften verhinderte den möglichen Ausbau der Anstalt. Im Gegensatz zur ersten Höheren Töchterschule mangelte es dieses Mal nicht an Schülerinnen und Interesse der Eltern. Im Gegenteil, 58 Schüle­rinnen in drei Klassen nahmen vor den Weih­nachtsferien 1903 bewegt von ihren Lehrerinnen Abschied.

Für Euskirchener Mitbürger ist das weitere Schicksal der Vorsteherin Maria Müller und deren Freundin Maria de Rath berichtenswert: beide Damen widmeten sich in Köln dem Journalismus und erwarben 1919 den Verlag Theissing samt der Zeitschrift „Rheinischer Merkur". Während die bekannte Handarbeits- und Zeichenlehrerin de Rath 1922 in Köln verstarb, wirkte Maria Müller als Geschäftsführerin des St.-Josefs-Vereins GmbH Köln, gab die katholische Zeitung „Vorwärts" heraus und starb hochbetagt  kurz vor Ende des 2.Weltkrieges.

 

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3. Kapitel

Die Ursulinen  1904-1914

Im Jahre 1904 übernahmen die Ursulinen aus Meersen die Höhere Töchterschule in Euskirchen  von Vorstehe­rin Fräulein Müller. Die Genossenschaft stammte eigentlich aus Düren, musste aber während des Kulturkampfes ihre blühende Niederlassung nach 200jähriger Wirksamkeit verlassen. Ihre Rückkehr nach Düren soll angeblich durch den protestantischen Oberbürgermeister August Klotz (1894-1921) als maßgeblicher Gegner der Ursulinen verhindert worden sein. Auch das in Düren einflussreiche Kuratorium der katholischen Töchterschule soll nicht von der Rückkehr des in Holland wirkenden Ordens begeistert gewesen sein. Trotz wiederholter Initiative, die durch die Bevölkerung und die lokale Presse unterstützt wurden - 1898 lag dem Kultusminister eine Peti­tion mit 3500 Unterschriften vor-, kam die Grün­dung in Düren nicht zustande. Am 7. 4. 1900 er­hielt Dechant Lohmann, der federführend für die Rückkehr der Schwestern tätig gewesen war, vom Kultusminister eine dritte und definitive Ab­sage.

 

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Die Ursulinen bemühten sich daraufhin um ein anderes Wirkungsfeld. Bereits 1901 kam es in Euskirchen zu erfolgreichen Verhandlungen, zumal abzusehen war, dass Fräulein Müller den notwendigen Ausbau ihrer Töchterschule auf Grund der bereits genannten Gründe nicht garan­tieren konnte. Die Ursulinen übernahmen die An­stalt an der Oststraße im Frühjahr 1904 gegen eine Ablösungssumme von 35 000 Mark. Am 29. April verließen die letzten Schwestern Meer­sen, wo französische „Soeurs de la Sagesse" ihre Nachfolge antraten. Es ist somit anzunehmen, dass die Weihnachtsferien 1903/04 von einigen Schwestern bereits dazu genutzt wurden, die Räume den neuen Bedürfnissen anzupassen.

Die Euskirchener Zeitung v. 28. 11. 1903 hatte in­zwischen recherchiert, dass die Ursulinen an einigen Grundstücken auf der Kölner Straße interessiert wären und sogar mit deren Be­sitzern in Verhandlung ständen. Ein Nachtrag vom gleichen Datum teilte dann sogar mit, dass sämtliche Grundstücksankäufe (Gottschalksches und Reutersches Terrain an der Kölner Straße) perfekt wären.

Die Presse war wohl etwas voreilig. Es sieht so aus, dass erst Ende des Jahres 1904 der genannte Grundbesitz im Werte von 185 000 Mark erworben wurde!

Nach dem traurigen Abschied von Schulvorste­herin Maria Müller am 22. Dezember 1903, wuss­ten die 58 Schülerinnen noch nicht, wann sie wieder zu „ihrer“ Schule kommen sollten. Erst am 6. Januar 1904 bestätigte die Euskirchener Zeitung die kommis­sarische Leitung der Ursulinen, die auf ihre Kon­zession warteten. Sie teilte den ratlosen Eltern mit: Der Unterricht an der Höheren Mädchen­schule, Oststraße 20, beginnt wie am Gymnasium am 8. des Monats um 8 Uhr."

Reibungslos wurde das Schuljahr durch die ern­sten Nonnen im dunklen Habit fortgesetzt. Quali­fizierte Arbeit und der Willen zum Ausbau beein­druckten die Euskirchener Eltern, die erst jetzt ihre letzten Bedenken fallen ließen und der Höheren Mädchenschule in Euskirchen anderen auswärti­gen Pensionaten den Vorzug gaben. Jährlich konnte jetzt eine neue Klasse angegliedert wer­den.

Der Konvent unterhielt außer der schon genann­ten Privatschule in der Oststraße seit dem Som­mer 1904 auch einen Kindergarten. Zum Kloster­kommissar ernannte Erzbischof Antonius Fischer den Euskirchener Pfarrer Tilmann Stollmann von St. Martin.

Wegen der beengten Raumverhältnisse planten die Schwestern schon bald einen Neubau, über den die Ansichten freilich weit auseinander gin­gen. Während ein Teil der Kommunität vornehm­lich an die Schaffung eines Klostergebäudes dachte, wünschten die Schulschwestern einen angemessenen Ausbau eines Schultraktes.

Oberin und Schulschwestern wandten sich schließlich getrennt an den Erzbischof und versuchten, ihn für ihren jeweiligen Standpunkt zu gewinnen. Am 16. März 1905 fand unter dem Vorsitz von Kardi­nal Fischer die Wahl einer Oberin statt. In drei Wahlgängen erhielt Mutter Eugenia 7  von 14 Stimmen, also nicht die erforderliche Mehrheit. Fischer ernannte daraufhin M. Clementine Voelker zur neuen Oberin. Auch ihr gelang es vorläufig nicht, die schwierige Situation zu meistern.

Euskirchen war, wie die Schulleiterin M. Alphonsa (Henriette Völmeke) dann aber am 2. Juni 1905 an den Erzbischof be­richtete, für die Wirksamkeit der Schwestern ein „goldener Boden". Die Schülerzahl vermehrte sich plötzlich immer mehr. Im Oktober 1907 teilte M. Al­phonsa dem

 

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Nach der im Kreisarchiv liegenden Aufstellung  unterrichteten 1905 die Vorsteherin M. Alphonsa, Mutter Paula, Mutter Ignatia und die beiden weltli­chen Lehrerinnen Maria Lückenbach, die vorher schon an der Höheren Töchterschule wirkte, so­wie Johanna Schmitz.

Während das äußere Wachstum also nichts zu wünschen ließ, bildeten die Baupläne eine Quelle ständiger Reibereien. Schwerwiegender war es freilich, dass die perso­nelle Regeneration des Konvents, auf die man so sehr gehofft hatte, ausblieb. Es fehlte ihm vor­nehmlich an für die Schultätigkeit geeigneten Mitgliedern. Daher half nach dem Tode von M. Al­phonsa (April 1908) das Erfurter Ursulinenkloster mit zwei Schulschwestern aus. Doch erst nach der Wahl der Erfurterin M. Anselma zur kommis­sarischen Oberin (19. März 1911) schien sich eine Konsolidierung anzubahnen. Das erklärte Ziel der neuen Oberin war der Ausbau der Schule zum Ly­zeum. Von der Stadt Euskirchen erhielt M. An­selma die Zusage einer jährlichen Finanzhilfe, falls ein Kuratorium gebildet werde, in dem die Stadt angemessen vertreten sei.

Doch inzwischen hatte sich die Pützstraße (heute Ursulinenstraße) verändert. Die im Euskirchener Bauamt vom Chronisten eingesehenen Pläne sa­hen bereits im Mai 1905 Ausschachtungsarbeiten vor. Hier befanden sich etwa 30 Jahre vorher noch die be­kannte Dampfmühle Hänisch und nach deren Abriss die barackenähnlichen Anlagen einer Seifen­fabrik. Das schöne Hänische Wohnhaus wollte man unversehrt lassen, und tatsächlich diente es noch Jahr­zehnte als Unterkunft für Nonnen und das Perso­nal. Selbst Hausmeister Menzel hatte hier noch seine Bleibe. Erst im 2. Weltkrieg wurde das mar­kante Gebäude zerstört und in der Nachkriegszeit abgetragen.

Das Project zum Neubau eines Schulhauses für die Ursulinen-Niederlassung zu Euskirchen" wurde im Januar 1909 eingereicht und bald zügig vollendet. Die Geschwister Tesch, die früher über die Parzellen zur evangelischen Kirche hinüber­ sehen konnten, starrten vom Wohnzimmer aus auf das immer höher werdende, mehrstöckige Schulgebäude, das der Ursulinenstraße fast je­den Sonnenstrahl versperrte.

Trotz der großen Bauten, der Ausgaben, des En­gagements der Ursulinen, trotz immer größer werdender Schülerzahlen zeichnete sich den­noch seit Herbst des Jahres 1913 ab, dass eine wirkliche Sanierung und Vergrößerung nicht zu erwarten war. Daher schlug die Oberin dem Erzbischof vor, die Schule einem anderen Ursulinenkloster oder einer ande­ren Ordensgenossenschaft zu übertragen. Die ehemalige Oberin Clementine Voelker schaltet sich zwar noch einmal in die Verhandlungen ein, um die Euskirchener Niederlassung und Schule zu retten, doch legte M. Anselma Keller überzeugend dar, dass die Kommunität bis auf weiteres keine für den Schulbedarf geeigneten Mitglieder stellen konnte.

Daraufhin verfügte Generalvikar Kreutzwald am 15. April 1914 die Übergabe an die Dominikane­rinnen von Arenberg, mit der die Oberin schon seit längerer Zeit verhandelt hatte. Den Schwe­stern, die in andere Klöster überzutreten wünsch­ten, wurde das gestattet, während der Stamm un­ter der ehemaligen Oberin M. Clementine Voelker nach Düren ging. Am 5. Juni 1914 verkauften die Ursulinen ihr Euskirchener Anwesen für 426 000 Mark an die Genossenschaft der Dominikanerin­nen. Nach Aussage der Akten hat die Oberin M. Anselma mit ihrem Vorschlag, die Euskirchener Schule aufzugeben, eine Entwicklung eingeleitet, die nach Lage der Dinge damals unumgänglich schien.

 

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4. Kapitel

Die Dominikanerinnen 1914 – 1940

Erziehung und Unterricht der Jugend gehörten von jeher zum Tätigkeitsbereich des Dominika­nerordens, tut sich doch gerade hier ein weites Feld des Apostolates auf. Kein Wunder also, dass auch die Arenberger Dominikanerinnen, dem Geiste und der Tradition ihres Ordens entspre­chend, sich früh bemühten, jungen Mädchen eine gute Ausbildung und Erziehung zu geben mit besonderer Berücksichtigung ihres späteren Berufes", wie es in den schriftlichen Aufzeich­nungen heißt.

Nach der berufsbildenden Schule, fünfklassigen Töchterschule und dem 1910 anerkannten Ly­zeum in Arenberg versuchten die Dominikanerin­nen - wegen der ständig wachsenden Zahl der Schülerinnen- die Verlegung der Schulen in eine der rheinischen Städte.

Da bot sich im Jahre 1913 eine passende, man möchte fast sagen, eine ideale Möglichkeit, der Schule zu weiterem Aus­bau und Aufbau zu verhelfen: Der Ursulinenkonvent in Euskirchen konnte das von ihm errichtete Lyzeum aus Mangel an Kräften nicht halten. Die Dominikanerinnen von Arenberg griffen zu und übernahmen die heutige Marienschule unter der Leitung von Schwester Mutter  Chrysostoma Weber. Mit ihr kamen 14 Schwestern, die später oft humorvoll von den ersten Anfängen ihres Euskirchener Le­bens erzählten. So erinnerte sich zum Beispiel Schwester M. Thoma 1964  in einem Brief:

Nach dem Osterfeste 1914 sah man vom Mutter­haus Arenberg etwa 4 oder 5 Möbelwagen in Richtung Euskirchen fahren. Schwester M. Chry­sostoma, Schwester M. Antonie und Schwester M. Gonzaga waren bereits dort, um allerlei zu richten, vorzubereiten und anzuordnen. In dem letzten Möbelwagen - ein offener - saßen Schwe­ster M. Theresia, Schwester Maria Viktoria und meine Wenigkeit. Immer wieder erschien eine liebe Mitschwester am Wagen, um uns etwas Gu­tes mitzugeben. Auch einige Hühner nahmen wir mit, die lustig gackerten, ob aus Freude oder Ab­schiedsschmerz? . . . Die Fahrt ging gut vonstat­ten. Herzlich wurden wir empfangen, auch von den ehrwürdigen Ursulinen, die noch da waren und noch einige Zeit in Euskirchen blieben.

Auch die Erinnerungen ehemaliger Schülerinnen sind interessant.

Eine „Ehemalige", die Anfang und Ende der Do­minikanerinnen in Euskirchen erlebt hatte, war die inzwischen verstorbene Käthe Weber, geb. Inhoffen, die nach dem 2. Weltkrieg dem „Verein der Ehemaligen" als Vorsitzende vorstand. Auch ihr Bericht weckt Erinnerungen:

Als am 1. Mai 1914  die neuen Schwestern ka­men, ging unsere Klasse gerade ins letzte Schul­jahr. Als Klassenlehrerin bekamen wir Schwester Chrysostoma, die auch Schulvorsteherin wurde,­ eine Ehrfurcht gebietende Erscheinung, zu der wir jedoch gleich Vertrauen fassten.

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Die Schwestern brachten von Arenberg auch etliche Mädchen aus Ostpreußen mit, die dort, von Gütern stammend, wegen des weiten Schulweges und vielleicht auch der dortigen Diasporaverhältnisse bei uns Internatsschülerinnen wurden. Doch mit den Dominikanerinnen zog ein völlig neues Leben bei uns ein. Wir waren begeistert von den neuen Schwestern, zu denen sich gleich ein sehr herzli­cher Kontakt ergab. Der Turnunterricht wurde nicht mehr in Kleidern, sondern in Turnanzügen durchgeführt.

Die Fotos von anno dazumal zeigen junge Damen, sittsam, mit möglichst kleinem Halsausschnitt, langen Röcken, schwarzen Wollstrümpfen, fe­sten Schuhen und Stiefeln, die meisten mit der unvermeidlichen Schmetterlings-Haarschlaufe.

 

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Von den bisherigen Lehrkräften der Anstalt ver­blieben Oberlehrer Ritter, die wissenschaftlichen Hilfslehrer Kirchrath und Geiser, die wissen­schaftliche Lehrerin Kohne, die Volksschullehre­rin Wageis sowie noch kurze Zeit die Turnlehrerin Hoffmanns. Obwohl es an vielem mangelte, vor allem: Räume, Einrichtungen, Betten, war es dank der tatkräftigen, zielbewussten Arbeit der Dominikanerinnen möglich, das neue Schuljahr 1914/15 mit 170 Schülerinnen in 10 Klassen zu beginnen. Das Privat-Lyzeum wurde „Sancta Maria" genannt und war mit einem Internat verbun­den, für das schon im Laufe des Sommers das Haus Ursulinenstraße 26 freigemacht werden konnte.

In die kaum gestaltete Ordnung hinein erfolgte die Kriegserklärung 1914. Gleich bei der Mobil­machung wurden die Schülerinnen für einige Tage nach Hause entlassen, die Schülerinnen der Stadt erst am Montag, dem 3. August. Wenige Tage nach Schulschluss wurde das Erdgeschoss des Schulhauses als Lazarett eingerichtet; vom 11.8. 1914 bis 15. 2. 1915 fanden hier über 200 Verwundete Aufnahme und Verpflegung. Die fehlenden Klassenzimmer wurden durch Pensio­natsräume für diese Zeit ersetzt.

Der ab 6./7. August 1914 wieder erteilte Unterricht war didaktisch auch vom Kriegsgeschehen beeinflusst. Da wurden in den Handarbeitsstunden ausschließlich Liebesgaben für die im Felde ste­henden Soldaten angefertigt, da veranstaltete man für die Verwundeten im Zeichensaal eine pa­triotische Feier, zu der auch die Eltern der Schü­lerinnen eingeladen worden waren. Da gelangten das Festspiel „Luise" von Wagner-Grüttner, meh­rere Lieder und Kriegsgedichte zum Vortrag. Die Chronik der Dominikanerinnen von Arenberg er­gänzt hierzu:

Auch zur Weihnachtsfeier für die Krieger waren Einladungen an die Schülerinnen ergangen. Ein Melodrama bildete den Eingang der Festfeier, dann folgte eine niedliche Engelgruppe. Die Krie­ger, zum Teil mit dem Eisernen Kreuz ge­schmückt, um den bis zur Decke ragenden Weih­nachtsbaum sitzend und die alten Weihnachts­lieder singend, boten ein ergreifendes Bild, das den Lehrerinnen und Schülerinnen unvergesslich sein wird.

Feldpostpakete wurden versandt, 13 360 Mark Gold für die Reichsbank gesammelt. Den Fall Ant­werpens und den Sieg an den Masurischen Seen feierte man auf die gleiche Weise.

Am 29. März 1915 ver­einigten sich die mittleren und oberen Klassen zu einer gemeinsamen Bismarckfeier. Die Schülerin der Klasse 1, Etha Thum, zeichnete sich am 11. 3. 1915 im Anfertigen eines Aufsatzes durch die Note „sehr gut" aus. Das Thema des Klassenaufsatzes lautete: Wie kann das deutsche Mädchen dem Vaterlande im Kriege sich nützlich erwei­sen?

Trotz der Kriegsnöte wurde der Ausbau der An­stalt vorangetrieben. Um den Schülerinnen Gele­genheit zu geben, ihre Ausbildung in Euskirchen möglichst zu vollenden, wurde durch das Provinzial-Schulkollegium an das Ministerium für Wis­senschaft, Kunst und Volksbildung ein Gesuch eingereicht, um die Genehmigung eines Aufbau­es, genannt Oberlyzeum, zu erhalten. Nach einer Besichtigung im Juni 1917 wurde die ministerielle Genehmigung erteilt, zu Ostern 1918 endlich die Oberse­kunda zu eröffnen und die Reifeprüfung abzuhal­ten. Ostern 1918 wurde die Obersekunda (0 L III) mit 15 Schülerinnen eröffnet.

 

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Trotz vieler Entbehrungen und Nöte während der Kriegszeit sind den „Ehemaligen" lustige Erinne­rungen geblieben. Da erzählen die Damen Mostert, Schäfer-Feickert, Weber-Kiwitz vom „Laubheu-Sammeln 1918", als wenn es erst ge­stern gewesen wäre.

Um die Nahrung deutscher Pferde anzureichern, mussten die Schülerinnen der Sancta Maria wie auch die Jungen des Kaise­rin- Augusta -Viktoria-Gymnasiums Laub im Billiger Wald aufsammeln, in Säcke füllen und - gemäß dem Min.-Erlass vom 5. August 1914 - zu Sammelstel­len bringen. Demzufolge sah man morgens Schü­lerscharen zum Billiger Walde ziehen und abends Pferdefuhrwerke, die gefüllte Säcke und ermü­dete Schulkinder zur Malzfabrik Frings auf der Münstereifeler Straße brachten. Bezahlt wurde dort das Laub nach Gewicht. Angeblich verdienten die Jungen mehr Geld, weil sie zusätzlich Steine in den Säcken unterbrachten.

Ein damals bekanntes Euskirchener Gedicht, im  Volksblatt vom 16. 8. 1918  zu finden, lautet:

 

Eine Laub-Heu-Sammelfahrt.
Was rennt das Volk, was wälzt sich dort
Die Billiger Straße brausend fort?
Stürzt Billig unter Feuersflammen?
Es rottet sich ein Sturm zusammen.
Und hoch beglückt, den Strang
berührt zu haben,
Der Karren zieht, begleiten frohe Knaben
Mit hellen Liedern die verehrte Last,
Ihnen stürzt in dicht geschlossenen Gliedern
Die ganze Schar der Freunde nach . . .
. . . Und der Professor mit frohem Blick
Von des Hügels weitschauender Spitze
Überzählet vom luftigen Sitze
der Säcke gefüllte Bäuche (. . .)

Wanderer, kommst du nach Billig,
verkündige dorten,
Du habest sie hier liegen gesehen,
Wo steil der Fahrweg herabstürzt . . ."

 

Durch die Teuerung der Nachkriegszeit (1919/20) kamen die Dominikanerinnen in immer größere Not. Die Existenz der Schule stand auf dem Spiel. Es war unmöglich, den weltlichen Lehrkräften das Gehalt rechtzeitig zu zahlen. Von kirchlicher Seite aus wurden die Ordensschulzentrale gegründet, zur Hilfe der vielen bedrängten Privat­schulen. An der Spitze stand Bischof Dr. Berning von Osnabrück.   

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Diese    Ordensschulzentrale setzte sich mit dem Kultusministerium in Verbin­dung, um Staatszuschüsse für die katholischen Privatschulen zu erreichen. Der Kampf wogte scharf hin und her. Unermüdlich setzten sich zu­dem die Euskirchener Stadtverordneten Alois Steffens und Dahmen für die „Sancta Maria" bei der Verwaltung ein. In Abwesenheit des aus politischen Gründen ausge­wiesenen Bürgermeisters Disse wurde der städtische Zuschuss zugunsten der Dominikanerinnen neu geregelt. Die Chronik der Kongregation der Arenberger Dominikanerinnen gibt ehrlich zu, dass ohne diese Regelung die spä­tere Entwicklung der Schule unmöglich gewesen wäre.

Am 22. Februar 1921 wurde der „Sancta Maria" die Genehmigung erteilt, die Reifeprüfung als Entlassungsprüfung abzuhalten. Die schriftliche Prüfung der neun Schülerinnen der ersten Ober­lyzeumsklasse fand vom 21. bis 25. Februar statt, die schriftliche am 21./22. März.

Die Schule wuchs trotz Inflation.

Im Februar 1923 betrug das Schulgeld für Einheimische 40 000 Mark, für Auswärtige 50 000 Mark! 1924 zählte die „Sancta Maria " 391 Schülerinnen. Erstmals musste die Quinta geteilt werden, weil es hier 60 Mädchen gab, trotz Not, Ausweisungen und Ver­kehrsstörungen.

Neidhardt und Gießen berichten von der drang­vollen Enge im Schulgebäude. Der damalige Turnsaal diente lange als Klassenraum, der Schulhof wurde durch Angliederung des ansto­ßenden Obstgartens fast um das Doppelte ver­größert.   Der  Schulgottesdienst  musste   in   der Herz-Jesu-Kirche abgehalten werden, weil die kleine Kapelle im ersten Stock die große Zahl der Schülerinnen bei weitem nicht mehr fasste.

Die Dominikanerinnen hatten sich inzwischen einen guten Ruf im Kreise Euskirchen erworben. Da waren zunächst die pädagogischen Erfolge; dann gab es eine Förderung des kulturellen Le­bens durch die Veranstaltungen der Herren Lohmer, Dr. Wagner und Dr. Overberg; und schließ­lich praktizierten die Nonnen Caritas im wahren Sinne des Wortes. So übernahmen sie zum Beispiel im Juli 1924 vorübergehend die Volksküche der Kreisstadt Euskirchen.

Nur wenigen war damals bekannt, dass die Leiterin der „Sancta Maria", Schwester M. Chrysostoma, als Begleiterin der Generaloberin in der Zeit vom 25. 3. bis 18. 5. 1925 auf einer Reise in die Verei­nigten Staaten war. Wenn dem Chronisten auch die Unterlagen hierfür fehlen, so kann doch ge­sagt werden, dass beide Schwestern hier die fi­nanziellen Mittel fanden, die zum Neu- bzw. An­bau in Euskirchen notwendig waren.

Inzwischen war nämlich die Zahl der Schülerin­nen weiter gestiegen; eine Mittelschule sollte an­gegliedert, das Sozialpädagogische Seminar von Arenberg nach Euskirchen verlegt, die Haushal­tungsschule staatlich anerkannt und das Oberly­zeum vollwertig ausgebaut werden.

Die Erfolge blieben nicht aus!

Am 31. März 1927 erhielten erstmals alle Reife­zeugnisse den Vermerk: Vorstehendes Zeugnis wird als gleichberechtigt dem Reifezeugnis einer Studienanstalt   mit  Kursen der Oberrealschulrichtung anerkannt." Damit war das angestrebte Ziel erreicht! Die Universitäten öffneten den Eus­kirchener Abiturientinnen die Tore.

Zu Ostern wurde neben dem Oberlyzeum die 6. Mittelschulklasse mit 22 Schülerinnen eröffnet!

Im April 1927 konnte mit dem Seminar-Neubau an der Kölner Straße 12 begonnen werden; Grundsteinle­gung war am 28. 5. 1927. Nach dem Plan des Stadtbaumeisters Leven wurden die ersten Arbei­ten durch das Baugeschäft Gebrüder Reitz aus­geführt.

Am 25. Oktober 1928 wurde die neue Kapelle ein­geweiht! Das Volksblatt berichtete über die Vorarbeiten:

Seit Jahren hat sich das Bild der Kölner Straße völlig umgestaltet. Wo seit Väterzeiten ein freund­licher Grünpark ein willkommenes Stück Natur fast in das Herz der Stadt hineinzauberte, wo eine fröhliche Jugend sich erholte und ernste Schwe­stern wandelten, ragt jetzt, alles beherrschend, ein Monumentalbau von großstädtischem Aus­maß in das Straßenbild hinein. Seit Jahresfrist war es das Stadtgespräch; in den freien Stunden schritten die Mitbürger staunend und zweifelnd die Front ab und bewunderten den Mut und die Leistungsfähigkeit der Schwestern. Denn es ent­spricht der Wahrheit: Euskirchens größtes Bau­werk entsprang der Initiative, dem Gott vertrauen­den Wagemut frommer Frauenherzen, und heute war der Tag, wo diesem Vertrauen sein Lohn zu­teil wurde (. . .)

Das Sozialpädagogische Seminar wurde 1929 mit 4 Klassen eröffnet, und die Haushaltungsschule erhielt zudem die staatliche Genehmigung.

Anerkennend musste Bürgermeister Disse zuge­ben: Sub specie aeternitatis - Arbeit von Ewig­keitswert wird hier geleistet!"

Das Sozialpädagogische Seminar brauchte für die praktische Ausbildung seiner Schülerinnen einen größeren Kinderhort. Bereits 1929 waren Verhandlungen mit der Casino-Gesellschaft auf­genommen worden, so dass ein Jahr später das kleine Casino erworben und für 40 Jungen einge­richtet werden konnte. Die Hortmädchen konnten im Seminarbau bleiben.

Da die Not der Armen in Euskirchen sich vor Aus­bruch des Winters 1931 in erschreckender Weise offenbarte, stellte sich das Oberlyzeum die Auf­gabe, noch mehr als bisher sich der Bedürftigen an­zunehmen. Jeder Klasse wurden vom Städtischen Wohlfahrtsamt zwei Familien zugewiesen, für die der Klassenvorstand mit seinen Schülerinnen sorgte. Lebensmittel, Wäsche, Schuhe, Klei­dungsstücke etc. wanderten in großem Ausmaß in diese Familien. Jede Klasse sorgte auch für eine Weihnachtsbescherung der ihr  Anvertrau­ten.

Die Zeit der Notverordnungen wirkte sich in ei­nem Rückgang der Zahl der Schülerinnen aus. 1932 waren es nur noch 305; 1933 zählte das Oberlyzeum 238 Schülerinnen, die Grundschule, die es bisher immer neben der höheren Schule gegeben hatte, nur noch 32, das Seminar 25, die Haushaltungsschule 38. Im Pensionat wohnten zusammen 44 Schülerinnen. Das Sozialpädago­gische Seminar musste 1935 wegen Schülerman­gels geschlossen werden.

Die Dominikanerinnen hatten es seit 1933 immer geschickt verstanden, die Einflüsse des National­sozialismus, soweit es möglich war, von ihrer Schule fernzuhalten. Dennoch konnten sie sich nicht völlig der neuen politischen Richtung ver­wehren, und der Kampf um die Erhaltung der An­stalt begann etwa seit 1934.

 

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Am 29. Juli 1933 fand die erste nationalpolitische Schulung im Rahmen einer Schlussfeier statt. Schwester Chrysostoma zeigte den tiefgreifen­den Unterschied zwischen der letzten Generation und der Gegenwart (. . .)  und verglich die sozialisti­sche Jugend mit der national eingestellten . . ."

Die Chronik der Dominikanerinnen von Arenberg, die bereitwillig zur Verfügung  gestellt wurde, hält – hier in Auszügen – folgendes fest:

12. 1. 1934
Vortrag der Ekkehard-Truppe im Turnsaal über Luftschutz. Es schlossen sich praktische Vorfüh­rungen im Saal und im Freien an. Dann der private Luftschutz (…). Besprechung der einzelnen Bom­benarten und mögliche Hilfe .. .

26.2. 1934
Die Referentin für Presse und Propaganda des BDM, Frl. Elisabeth Reimer, sprach über den BDM, um so dem deutschen Volke zu helfen, damit es sich an der Heranbildung einer echten deutschen Ju­gend  beteiligt.

11.3. 1934
Schwester Dr. Maria Gratia Störmann wurde - wegen Erkrankung von Schwester Chrysostoma - mit der stellvertretenden Leitung der Schule betraut.

1. 7. 1934
Zeichenlehrerin Werner (seit 1913/Ursulinen an der Schule) trat in den Ruhestand.

5.4. 1935
Schließung des Soz. päd. Seminars wegen Schü­lermangels. Das Schuljahr wurde geschlossen mit einem feierlichen Dankgottesdienst, dem Einholen der Flagge und der Austeilung der Zeugnisse. Am Abend des Tages besuchte das Lehrkollegium die kulturpolitische Versammlung in Köln und hörte die Reden des zuständigen Gauleiters, des Herrn Oberpräsidenten und des Herrn Reichsministers Rust.

24. 4. 1935
Beginn des Schuljahres mit feierlichem Gottes­dienst, Flaggenhissen und Verlesen des Stun­denplanes.

15. 5. 1935
Ein Redner des VDA, der sudetendeutsche Herr Weinzirrl, hielt vor den Klassen Ol—IV einen Vor­trag über das Studenten-Deutschtum und zeigte an eindrucksvollen Beispielen die Unterdrückung des Deutschtums  in der Tschechoslowakei, be­sonders auf kulturpolitischem Gebiet.

22./23. 6. 1935
Schülerinnen der Anstalt begingen „Das Fest der Deutschen Jugend" in der von der Regierung vorgeschriebenen Weise. Der 23. Juni schloss mit dem gemeinsamen Besuch der Sonnenwendfeier auf den Erftwiesen.

3. September 1935
Das Wintersemester begann mit dem Hissen der Fahne.

23. September 1935
Die Klassen U II bis O I reisten zum nationalpoliti­schen Schulungslager: O I und U I nach Godes-berg, O II und FS O II nach Bergneustadt a. d. Agger, U II nach Eitorf a. d. Sieg.

7. März 1936
Die Schülerinnen lauschten der Rede des Führers vor dem Reichstag und vernahmen mit großer Freude die Kunde von der Entmilitarisierung des besetzten Gebietes, die sie als Rheinländerinnen ganz  besonders  zu würdigen wussten.

11. Mai 1936
Im Festsaal der Anstalt fand eine Feierstunde für den Muttertag statt (…)

1. Juli 1936
Schülerinnen der FS U I traten ihren Dienst in Säuglingsheimen von Berlin und Elberfeld an.

7. September 1936
Für alle Schulen Euskirchen war manöverfrei. In Gruppen geordnet, sahen die einzelnen Klassen den Übungen der Soldaten zu.

1.-15. Sept. 1936
Assessor C. nahm als politischer Leiteram Partei­tag in Nürnberg teil. Zwei Schülerinnen des BDM durften als Abgesandte der Kreise Euskirchen und Schieiden sich an der Nürnbergfahrt beteili­gen; nach ihrer Heimkehr berichteten sie über ihre Erlebnisse in Bamberg und Nürnberg.

9.-21. Nov. 1936
Diese Zeit stand im Zeichen der Begrüßung des Führers und seiner Mitarbeiter, die auf der Fahrt nach Burg Vogelsang durch Euskirchen kamen. In den festlich mit Kränzen und Fahnen ge­schmückten Straßen der Stadt bildeten auch die Schulen immer wieder Spalier, um - Regen und Kälte zum Trotz- die führenden Männer von Par­tei und Staat zu begrüßen.

Es durchführen unsere Vaterstadt in bald langsamen, bald schnellerem Tempo der Stellvertreter des Führers, Reichsmi­nister Heß, Reichsminister Goebbels, der Reichs­jugendführer Baldur von Schirach, der Stabschef der SA Lutze und viele andere. Mit großer Span­nung wurde der 20. November erwartet, der Tag, da der Führer selbst durch Euskirchen kommen sollte. Weil alle Gliederungen der HJ und des BDM zur festlichen Begrüßung an den verschie­densten Stellen unseres Kreises und des Nach­barkreises anzutreten hatten, fiel der Unterricht aus. So gelang es den Schülerinnen, den Führer auf seiner Hin- und Rückfahrt zu bewillkommnen. Noch lange nachher klang der Eindruck dieses Tages in den Unterredungen der Schülerinnen und in den schriftlichen Darstellungen wider.  

 

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Schon aus der Chronik der Dominikanerinnen wird ersichtlich, dass man sich dem Einfluss der Nationalsozialisten nicht ganz verschließen konnte und durfte, um das Werk nicht zu gefähr­den. Dennoch setzte seit etwa 1936 der Kampf um die Erhaltung der Euskirchener Bildungsstätte für Mädchen ein.

Immer deutlicher wurde es, dass im Schulwesen das gesamte politische, wirt­schaftliche und kulturelle Leben bis hin zur künstlerischen und religiösen Sphäre didaktisch uminterpretiert werden sollte. Im gleichen Maße, wie der Nationalsozialismus aus der Erziehung ein Mittel zum Staatszweck machte, so versuchte er, alle anderen Erziehungsmächte zurückzu­drängen. Private und kirchlich geleitete Schulen hatten wenig Aussicht auf Erfüllung ihres Bil­dungsauftrages.

Es liegen viele Schreiben prominenter Euskir­chener Bürger vor, die die Leistungen der Dominikane­rinnen konstatieren und sich um den Erhalt des Oberlyzeums „Sancta Maria" bemühten (1936). Dennoch nahm der Druck  immer ernstere Formen an. Am 1. Juni 1938 zog die Kreisbauernschaft in das Haus Ursulinenstraße 25 ein. Am 28. September folgte der Stab vom Oberkommando aus Münster in die beiden Häuser Kölner Straße 12 und Ursulinenstraße und noch für die  Zeit vom 24. bis zum 7. Oktober. Eine Heeresfach­schule wurde am 16. Oktober 1938 in dem kleinen Haus an der Veybachstraße (bisher Knabenhort) eingerichtet.

Um für Arbeitsdienst, Wehrmacht und Wirtschaft den Nachwuchs schneller zu bekommen, verlegte man 1938 die Reifeprüfung um ein Jahr vor -  reduzierte also die Höhere Schule von neun auf acht Jahre. Durch diese Maßnahme sollte jedoch die Bildungshöhe der Höheren Schule nicht herab­gemindert werden. Dennoch musste die „Sancta Maria" ab dem 18. September 1939 mit verkürztem Unterricht  - nach der Räumung eines gro­ßen Teils des Schulhauses - wieder den Unterricht be­ginnen. Die Schülerinnen der H8 wurden nach ministerieller Bestimmung sofort entlassen. Das Notabitur wurde ihnen in Aussicht gestellt, wenn sie ein halbes Jahr bis Ostern sozial tätig waren, sei es in einer kinderreichen Familie, in einem Krankenhaus oder ähnlichem.

Doch seit dem Kriegsbeginn war kein kontinuierlicher Unterricht mehr möglich. Ab Oktober 1939 folg­ten Einquartierungen durch eine Offiziersschule, eine Flakabteilung und eine Sondergruppe, die direkt Berlin unterstand.

Bereits am 25. August 1939 waren Haushaltungsschule, Kindergarten und Hort geschlossen worden. Den Haushal­tungspensionärinnen wurden vom Internat ihre Sachen zu­rückgeschickt. Etwa 20 Mädchen der Oberschule fanden Unterkunft in Euskirchener Familien; an­dere wurden Fahrschülerinnen. Schließlich be­legte der Generalstab ab dem 7. November 1939 die gesamte Niederlassung der Dominikanerinnen mit Ausnahme der Schwesternräume. Gas­schutzschule, Flakabteilung, Entstörungsabtei­lung, Kartenstelle und bayerische Gebirgsjäger folgten nacheinander. Erstaunlich, dass am 29. Februar 1940 noch acht Schülerinnen der S8 das mündliche Abitur bestanden und am 6. März im Rahmen einer schlichten Entlassungsfeier ihre Zeugnisse erhalten konnten.

Wie alle Klosterschulen wurde das Oberlyzeum „Sancta Ma­ria" in Euskirchen zum 31. März 1940 geschlos­sen. Am 6. März teilte die Stadtverwaltung in der Presse mit, dass an derselben Stelle, in denselben Gebäuden am 1. April 1940 die „Städtische Oberschule“ für Mädchen eröffnet würde. Somit gab es auch diesbezüglich die typische nationalsozialistische Gleichschaltung. 

Vielen ehemaligen Schülerinnen und Lehrkräf­ten, Eltern und Freunden der Anstalt wird die Ab­schiedsfeier der Dominikanerinnen unvergessen bleiben.

Nach dem Hochamt mit der Festpredigt von P. Eberhard Welty OP, dem Regens von Walberberg, traf man sich zur Abschiedsfeier in der Turnhalle des Oberlyzeums. Das Festprogramm entsprach dem Ernst der Stunde:

Gluck:  Leih aus deines Himmels  Höhen (Chor)
Claudius:  Das Eine
Psalm 90:  In Gottes Hut (Sprechchor)
Bach:  Ich halte treulich still
George:  Flammenspruch
Wolf:  Über Nacht kommt Freud und Leid (Solo von Fräulein Angelika Plaßmann)
Le Fort:  Hymne (Plaßmann)
Ansprachen von:  Direktorin Dr. Schwester Maria Gratia Störman, Studienassesorin Dr. W. Schmitz sowie der Abiturientin Josefine Heuser
Ausklang:  „Dem Gott Jehova schalle Lobgesang" (Händel)

Am 1. April 1940 wurde das Schulgebäude der seit 1914 wirksamen Dominikanerinnen von der Stadt Euskirchen übernommen.

Nachdem am 5./6. April 17 Schwestern ins Mut­terhauszurückgekehrt waren, blieb für weitere 17 Dominikanerinnen die Tätigkeit  in der Küche für die Armee-Gasschutzstelle und die Haltung des restlichen Pen­sionates bis zum 1. Jan. 1942.

Den gesamten Be­sitz der Dominikanerinnen kaufte die NSV, Hauptamt Berlin, am 15. 12. 1941 mit Wirkung zum 1. 2. 1942.

Was muss in den vier letzten Dominikanerinnen -  Mutter Priorin M. Engelberta, Schwester Maria Gratia, Schwester M. Claudesindis und Schwester M. Engelmara - vorge­gangen sein, als sie am Morgen des 2. Februar 1942 um 11.30 zum letzten Male die Schwelle der „Sancta Maria" überschritten, um ins Mutterhaus zurückzukehren?

Der gesamte Schulkomplex an der Ursulinenstraße und Kölnerstraße hatte die Ausmaße eines kleinen Stadtviertels. Hier gab es auf der Etage sogar eine kleine Kirche. Wenige Tage vorher   hatte man im Zuge der staatlichen Glockenabnahme auch noch die beiden kleinen Glocken abgeholt.

Der Spruch auf der Dominikus-Glocke war:  Laudare, benedicare, praedicare.

Er lautete auf der Marienglocke: Nos cum prole pia benedicat virgo Maria

 

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Ende des 1.Teils der Chronik

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Aus der Chronik des Gymnasiums Marienschule Euskirchen

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Chronik des Gymnasiums Marienschule Euskirchen: Teil 1 (1868-1940)

Chronik des Gymnasiums Marienschule Euskirchen: Teil 2 (1940-1978)

Gymnasium Marienschule – Euskirchen: Die Chronik des Schuljahres 1984/85

Aus der Geschichte der Kreisstadt Euskirchen: Kindergarten und gymnasiale Frauenbildung

Musikalische Aktivitäten in der Höheren Töchterschule und im Mädchengymnasium Marienschule Euskirchen (1898–1978)

Zum Unterricht jüdischer Schülerinnen an „sogenannten Höheren Mädchenschulen“ (1913) – Hier: Befreiung an jüdischen Feiertagen

Turnen, keusche Kleidung und Mens sana in corpore sano für Euskirchens „Höhere Töchter“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Euskirchener „Nachfolgerin“ von Edith Stein wurde als „Maria Carmela“ eingekleidet

Anna Müller aus Wisskirchen: Euskirchener Stadthistorie hilft beim Selig- und Heiligsprechungsprozess von Therese Neumann (1898-1962)

Ein mit „sehr gut“ benoteter Aufsatz aus dem Jahre 1915: „Wie kann ein deutsches Mädchen im Kriege dem Vaterlande sich nützlich erweisen?“

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Hans-Dieter Arntz feiert heute 40-jähriges Dienstjubiläum (2006)

Eine Euskirchenerin als Zeugin für die Seligsprechung der bayerischen Bauernmagd Therese Neumann : Maria Müller aus Wißkirchen

Zur 675-Jahrfeier der Kreisstadt Euskirchen (1977) – auch mit einem Beitrag des Gymnasiums Marienschule

Silberne Ehrenplakette der Stadt Euskirchen für die Chronik – „110 Jahre Gymnasium Marienschule Euskirchen: Unser Weg 1868-1978“

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