Zur Diskussion um den Bestand des Euskirchener Stadtmuseums

Beitrag von Hans-Dieter Arntz und Antwort der Euskirchener Stadtverwaltung
18./25.05.2010

1.) Euskirchener Stadtmuseum vor dem Aus? (vgl. NEWS von H.-D.Arntz am 18.05.10)

test„Euskirchen ist arm an Kunst!“ Dies betonte am 2. November 1935 die Euskirchener Lokalausgabe einer weit verbreiteten Zeitung. 75 Jahre nach dieser Feststellung wird dieselbe Klage erneut geäußert, denn die beabsichtigte „Schließung des Stadtmuseums in seiner jetzigen Form“ wird durch die Beschlussvorlage der nächsten Ratssitzung am 27. Mai 2010 offenkundig. Die Schließung des Euskirchener Stadtmuseums wäre zu bedauern, wenn auch der Begriff „Museum“ in letzter Konsequenz nicht immer treffend ist.

Der Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen e.V. informierte seine Mitglieder über die Absicht des Stadtrats, denn immerhin gehörte er zu den Mitinitiatoren bei der Gründung dieser kulturellen Einrichtung. Ob nun finanzielle oder didaktische Gründe für das avisierte Ende der erfolgreichen Kultureinrichtung zugrunde liegen, ist zurzeit noch nicht ganz deutlich und soll in einer Protestversammlung am 19. Mai geklärt werden. Es kann sich sicher nicht um ein definitives Desinteresse an der konkreten Regionalhistorie handeln, denn das beliebte Heimatmuseum von Groß-Vernich oder die Gründung des Dürener Stadtmuseums (2009) beweisen das Gegenteil. Das Konzept des Dürener Stadtmuseums konzentriert sich im Vergleich zu Euskirchen weniger auf Vernissagen, sondern auf „eine historische Dauerausstellung zur Dürener Stadtgeschichte und ständig wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themen aus Vergangenheit und Gegenwart der Stadt Düren und des Umlandes“.

Diesbezüglich ist ein Rückblick auf das Euskirchener Stadtmuseum angebracht:

Bereits in den 1920er Jahren beabsichtigte die Stadt Euskirchen, ein „Heimatmuseum“ im historischen „Dicken Turm“ an der Kirchstraße zu institutionalisieren. Erst 1935 jedoch wurde das Projekt in Angriff genommen, dann aber bald realisiert. Es ging konkret um den Nachweis städtischer Sammlungen und Forschungen, für die der Direktor der Jungen-Oberschule (heute: Emil-Fischer-Gymnasium), Dr. Josef Franke, die organisatorische Verantwortung übernahm. Das kleine Heimatmuseum mit seinen auf die Stadt Euskirchen konzentrierten Ausstellungsstücken war besonders bei Schülern und Geschichtsfreunden sehr beliebt. Die Lokalpresse fasste die Planung und seine künftige Struktur am 2. November 1935 folgendermaßen zusammen:

Euskirchen ist arm an Kunst. Was bisher gesammelt wurde, davon sind nur noch Reste, die im Rathaus aufbewahrt werden, viele Leihgaben, die gelegentlich der Ausstellung der Jahrtausendfeier im Jahre 1925 zusammen kamen und gute Stücke aufwiesen, zurückgefordert. Jetzt wird nach mühsamer Erstellung eines Raumes und der ungepflegten Stücke ein Dauer-Museum eingerichtet.“

(...) Prähistorische und römische Erinnerungen; die fränkische Zeit (Gefäße, Brandgräber etc.), Denkmäler christlicher Kunst (Vesperbild, Barockkreuz, Wetterhähne, Grabsteine etc.), Entwicklung und Werden des Euskirchener Stadt- und Straßenbildes, alte Stadtwinkel und alte Häuserfronten. Ebenso alte Wälle, Mauern, Türen, Türme, das Rathaus. Wir erinnern hier an die schönen Federzeichnungen und Aquarelle, in denen Kunstmaler Spessart die vielen idyllischen Winkel unserer Stadt vor dem Vergessenwerden bewahrt hat. Ferner kommen in Betracht alte Urkunden der Stadtgeschichte, aus Zünften und Familien, Sebastianusfahnen, Siegel, Münzen, etc., altes Gebrauchsgerät (Kupfer- und Messingmörser), alte Waffen. Und dann vor allem aus der neuen Zeit, die wir erlebten: Euskirchen als Garnisonstadt, im Kriege, garnisonierende Truppen und unsere Stadt in der Besatzung, die Vertreibung und Ausweisung vieler Familien, Inflation und Notgeld (...). Die Neuschöpfungen der Stadt Euskirchen: Schillerpark, Erftbrücke, den Rathaus Neu- und Erweiterungsbau etc. etc.

Die einstige Strukturierung des „Euskirchener Heimatmuseums“ (1935) war sicher nicht typisch für die nationalsozialistische Ausrichtung, sondern tatsächlich als regionalhistorische „Dauer-Ausstellung“ konzipiert.

Nach dem Kriege gab es Anregungen und Versuche zur Neubelebung. Erst in den 1990er Jahren wurde an gleicher Stelle ein didaktisch neu konzipiertes „Stadtmuseum“ für „viele Geschichts- und Kulturinteressierte zu einem Ort der Begegnung für thematisch breit gestreute Wechselausstellungen mit ihrem regionalen Bezug.“ Seit 1992 eröffneten die Verantwortlichen im Stadtmuseum 86 Ausstellungen, davon 41 Kunstausstellungen. Die Lokalausgabe der Kölnischen Rundschau vom 17. Mai 2010 gibt nun die jetzige Einstellung einheimischer Künstler zur avisierten Schließung des Euskirchener Stadtmuseums wieder. Die Euskirchener Bürger „informieren, argumentieren und protestieren“ am Mittwoch, dem 19. Mai 2010, um 19.30 im Alten Kasino (Ecke Veybach-/Kpl.-Kellermann-Straße).

Da die Stadt Euskirchen heutzutage kulturell wirklich einer Förderung jeglicher Art bedarf –zumal sie auch nicht mehr über ein Stadttheater verfügt - , müsste nach der Schließung des Stadtmuseums die Bemerkung von 1935 wiederholt werden: „Euskirchen ist arm an Kunst!“

2.) Aktuelle Auskunft der Euskirchener Stadtverwaltung vom 26.05. 2010 (mit Einleitung von Hans-Dieter Arntz)

EuskirchenUnter der Überschrift „Euskirchener Stadtmuseum vor dem Aus?“ thematisierte ich in meiner NEWS vom 18. Mai 2010 eine aktuelle Frage, die in einem Rundschreiben von Dr. Reinhold Weitz in die Öffentlichkeit gebracht worden war. Hier vertrat er die Interessen des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen e.V., dessen verdienstvoller Vorsitzender er viele Jahre lang war. Wird die Kreisstadt künftig wirklich ohne ein Stadtmuseum sein? Der Stadtanzeiger, Lokalteil Euskirchen, interpretierte am 20.05. die Darstellung folgendermaßen:

„Für das Gründerzeithaus, in dem zurzeit die Wechselausstellungen veranstaltet werden, wird dann eine andere Verwendung gesucht. So die Beschlussvorlage, über die der Rat am 27. Mai zu entscheiden hat. (...) Für Weitz kommt dieser Plan einem Todesurteil für das Museum auf der Kirchstraße gleich“.

Meine o.a. NEWS hatte ich bereits am 17. Mai in das Gästebuch der Stadt Euskirchen gesetzt. Der Erste Beigeordnete der Stadt Euskirchen, Thomas Huyeng, antwortete inzwischen in einer sehr sachlichen Form. Seine detaillierte Information – in dem Gästebuch nachzulesen -, soll hiermit auch den Lesern meiner inzwischen sehr stark frequentierten Website zugänglich gemacht werden, da die Darstellung der Stadt Euskirchen sich von gewissen Befürchtungen deutlich distanziert:

Kommentar der Verwaltung:

Sehr geehrter Herr Arntz,

„Ist Euskirchen arm an Kunst?“. Mit Sicherheit nicht und wird es auch in Zukunft nicht werden. Euskirchen hat gerade in den letzten Jahren trotz erheblicher finanzieller Probleme nicht nur die Kunst im engeren Sinne, sondern die Kultur allgemein in den Mittelpunkt der städtischen Entwicklung gestellt. Insoweit darf ich nur einige Stichworte nennen: regelmäßige und zahlreiche Kunstausstellungen und historische Ausstellungen in verschiedenen städtischen Einrichtungen, drei Museen, davon ein städtisches Museum, Kunstmeile, zahlreiche Kunstobjekte in der ganzen Stadt und in den Erftauen, Casino, Casinale, Kleinkunstpreis, Kurzfilmfestival, Schulkulturtage, Kulturnacht, Rocktage in den Erftauen usw.. Die Stadt mit ihrer Kulturpolitik, getragen von einem breiten ehernamtlichen Engagement, hat wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Eine Entwicklung, von der man noch vor mehr als zehn Jahren nicht einmal geträumt hat. Eine Entwicklung, die über die Stadtgrenzen hinaus anerkannt und beachtet wird. Nicht alles bleibt immer bestehen, vieles ist im Fluss und neues wird gewagt.

Die derzeitige Diskussion um das Stadtmuseum und auch Ihr Beitrag geben Anlass, auch vor den noch zu treffenden politischen Entscheidungen, Sachverhalte klar zu stellen, die in bekannter Weise, aus welchen Gründen auch immer, falsch oder verzerrt dargestellt werden.

Ein derzeitiges jährliches Defizit von über 18 Millionen Euro (18.000.000,00 €) zwingt die Stadt dazu, wie derzeit alle Städte in der Bundesrepublik, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Einsparungen, auch schmerzhafte Einsparungen, vorzunehmen. In NRW, wie in anderen Bundesländern, werden zur Zeit Bibliotheken, Theater, Museen und andere kulturelle Einrichtungen stark eingeschränkt oder geschlossen, nicht weil man der Kultur nicht mehr den Stellenwert beimisst; nein, weil eine Finanzierung auch in der Verantwortung der nachfolgenden Generationen nicht mehr möglich ist. Anders noch in Euskirchen. Wir haben das große Glück in diesen schwierigen Zeiten unsere Stadtbibliothek zu entwickeln und sogar auf deren entstehenden Architektur einzuwirken. So einzuwirken, dass in dieser neuen Stadtbibliothek nicht nur unterschiedliche Medien angeboten werden können, sondern in deren Räumlichkeiten Kultur in seinen unterschiedlichen Facetten durch Lesungen, Kleinkonzerte oder auch unterschiedliche Ausstellungen stattfinden kann. Andere Städte haben dies bereits erfolgreich vorgemacht. Warum soll dies nicht auch in Euskirchen möglich sein, es denn man will dies von Anfang an nicht! Das Stadtmuseum in seiner historischen Dimension wird überhaupt nicht in Frage gestellt. Es wird nur in der jetzigen öffentlichen Diskussion in Frage gestellt.

Die historischen Gebäude werden im Eigentum der Stadt verbleiben und auch weiterhin der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die bestehenden historischen Ausstellungen im Dicken Turm bleiben weiter für die Öffentlichkeit bestehen. Die historisch museumspädagogischen Führungen werden weiter angeboten. Der Kirchenschatz von Sankt Martin wird weiterhin im Dicken Turm präsentiert werden, auch wenn die Gerüchteküche etwas anderes behauptet. Auch die Kulturveranstaltungen können und sollen wie in der Vergangenheit weiter im Dicken Turm stattfinden. Wenn derzeit in der öffentlichen Diskussion etwas anderes behauptet wird, geschieht dies in Unkenntnis der tatsächlichen Sachlage.

Lediglich die Ausstellungsräume der regelmäßig stattfindenden Wechselausstellungen sollen anderen städtischen Nutzungen zugeführt werden. Erhebliche Kosten können eingespart werden. Aber selbst diese Wechselausstellungen fallen für die Öffentlichkeit nicht weg. Diese Wechselausstellungen sollen zukünftig in dem neu zu erstellendem Gebäude der Stadtbibliothek stattfinden. Die Vermieterin der zukünftigen Räumlichkeiten der Stadtbibliothek räumt der Stadt sogar die Möglichkeit ein, auf die Architektur Einfluss zu nehmen, um die Wechselausstellungen besser als heute präsentieren zu können, in einem Gebäude, dass aufgrund seiner vielfältigen Funktionen von mehr Menschen besucht werden wird, als die heutigen Räumlichkeiten und auch das heutige Stadtmuseum . Ein Glücksfall für die Stadt!! So kommt die Kunst zu dem Bürger und nicht der Bürger zu der Kunst. Ein durchgängiges Prinzip wie an unserer Kunstmeile.

Das Stadtmuseum wird nicht geschlossen! Aber die Kunst, die Kultur wird ein weiteres Zuhause erhalten! Die Stadt wird und muss sparen! Euskirchen ist nicht arm an Kunst! Euskirchen wird reicher an Kultur!

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Huyeng
Erster Beigeordneter

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