Zum nationalsozialistischen Kindergartenwesen in Euskirchen (1939)
Der NSV-Kindergarten bei Kriegsbeginn

von Hermann Vieth (Einleitung von Hans-Dieter Arntz)
13.03.2018

Die Kreisstadt Euskirchen gehört zu den wenigen rheinischen Mittelstädten, die nachweislich bereits 1845 einen „Kindergarten" im ursprünglichen Sinne hatten. Detaillierte Angaben und Ergebnisse, die diese Einrichtung näher bestimmen könnten, sind allerdings dem Quellenmaterial des Stadtar­chivs nicht mehr vollständig zu entnehmen, denn viele Unterlagen sind durch Kriegseinwirkung verloren gegangen. Fest steht jedoch, dass der Vorläufer einer späteren „Verwahr­schule für kleine Kinder“ bald aus Mangel an Beteiligung wieder geschlossen wurde. Den­noch leistete hier die Voreifeler Kreisstadt eine gewisse pädagogische Pionierarbeit, denn diese Anfänge schufen Grundlagen, die Euskirchen bald zu einem kleinen kulturellen Zentrum und zur „Stadt der Schulen“ machten. Vgl. meinen Online-Artikel: Aus der Geschichte der Kreisstadt Euskirchen: Kindergarten und gymnasiale Frauenbildung.

Im „Volksblatt“ vom 30. September 1939 wurde der neue NSV-Kindergarten in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs vorgestellt.


 

Da der 2. Weltkrieg wenige Wochen vorher begonnen hatte, wurde er in der Alleestraße mit „neuzeitlich eingerichtetem Luftschutzkeller“ der Öffentlichkeit übergeben. Aus der Überschrift des Artikels von Hermann Vieth wird ersichtlich, dass die bestehenden „Erntekindergärten im Kreisgebiet als Hilfskindergärten weiter geführt“ werden sollten. Gemeint sind hiermit laut Wikipedia spezielle Kindergärten, die in ländlichen Gebieten während der arbeitsreichen (Ernte)Monate - meist von April bis Oktober oder November - eine Kinderbetreuung anbieten. Erntekindergärten wurden eingerichtet, um die Landbevölkerung vor allem während der Sommer- und Herbstmonate in der Form zu unterstützen, so dass die Mütter der Landwirtschaft als vollwertige Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Weit verbreitet waren die Erntekindergärten vor allem zur Zeit des Nationalsozialismus.

 

Das Kindergartenwesen im Kreis Euskirchen
Der neue NSV-Kindergarten Euskirchen wird am Montag eröffnet – Erntekindergärten im Kreisgebiet werden als Hilfskindergärten weiter geführt

von Hermann Vieth

 

Wenn wir an dieser Stelle dem Kindergartenwesen im Kreis Euskirchen vermehrte Aufmerksamkeit in verschiedenen Artikeln schon geschenkt haben, so hat das seine Gründe, Zuerst haben die Kindergärten in dieser kriegswirtschaftlichen Zeit, wo auch die Frau mehr als sonst in einen Beruf eingespannt ist, an Bedeutung zugenommen, zum anderen ist die Eröffnung des neuen vorzüglich eingerichteten NSV-Kindergartens in Euskirchen, die nun endgültig für Montag, den 2. Oktober (1939) festgelegt ist, Anlass genug, auch die Bevölkerung der Vaterstadt über Segen und Wirken dieser hilfsbereiten Gemeinschaftseinrichtung aufzuklären.

Die Anmeldung von Kindern zum NSV-Kindergarten Euskirchen, der wie schon berichtet, an erster Stelle die Kinder aufnehmen soll, deren Eltern und vor allem deren Mutter in einem erwerbstätigen Beruf steht, ist in erfreulicher Zahl erfolgt.
Wie wir von der Kreisamtsleitung der NSV erfahren, besteht aber zur Zeit noch die Möglichkeit, weitere Kinder in beschränkter Zahl zur Anmeldung zu bringen. Zur Beruhigung und Unterrichtung der Eltern sei auch noch gesagt, dass der Kindergarten Euskirchen einen neuzeitlich eingerichteten Luftschutzkeller besitzt, dessen Vorhandensein den Eltern eine große Sorge um ihre Kinder während eines etwaigen Fliegerangriffes nimmt. Also werden am Montag die kleinen „Wackeldötze“ zum erstenmal den Gang in das neue Kinderheim antreten, das ihnen bald zu einem lieben und angenehmen Aufenthaltsort werden wird.

test In einem großen Teil der Gemeinden des Kreises, wo Erntekindergärten bestanden haben, werden diese nun auf Initiative der Kreisamtsleitung und auf Wunsch vieler Eltern als Hilfskindergärten auch während des Winters weitergeführt. So ist das der Fall in Lommersum, Frauenberg, Großbüllesheim, Esch und Mülheim-Wichterich. Alle diese Kindergärten sind mit einem stabilen Luftschutzraum versehen, und der Kindergarten selbst befindet sich zum großen Teil in neu ausgestatteten oder neubezogenen Räumen. Ein schöner neuer Kindergarten ist in Lechenich entstanden. In Köttingen hat man einen Luftschutzkeller einem Kindergarten angegliedert, der nach verschiedenen Bestätigungen ganz phantastisch in seiner Stabilisierung sein soll.

testMan sieht, wie überall im Kindergartenwesen der NSV im Kreis Euskirchen die Partei als solche und die NSV keine Mittel gescheut haben, alles zu tun, die Stadt- und Landfrau durch eine gute Betreuung ihrer Kinder zu entlasten und ihr die Sorge um das Wohlergehen ihres Kindes zu nehmen.

Die Kindergärtnerinnen, die staatlich geprüft sind, und ihre Helferinnen, übernehmen gemeinsam mit der Leitung der NSV die volle Verantwortung dafür, dass die Kinder durch die Betreuung im Kindergarten, eine erste Jugendzeit erleben können, wie sie nur der nationalsozialistische Staat in der Sorge um das Volkswohl seinen Pfleglingen angedeihen lassen kann. Übrigens ist es noch anerkennenswert, dass der BDM seine guten Kräfte dem Kindergartenwesen als Helferinnen im Kindergarten zur Verfügung stellt.

Wir wünschen insbesondere dem Euskirchener Kindergarten im neuen Kreishaus der NSV, Alleestraße, einen guten Anfang und eine dem Volkswohl nutzende und gedeihliche Entwicklung.

 

« zurück zum Seitenanfang