Bau der Reichsautobahn in der Eifel (1939-1941/42).
Eine Regionalstudie zur Zwangsarbeit (Buchvorstellung)

von Hans-Dieter Arntz
21.06.2016

In meinen NEWS vom 11. und 16. Juni 2016 hatte ich bereits auf ein wichtiges Forschungsprojekt hingewiesen, zu dem jetzt auch der in Wittlich lebende Wolfgang Schmitt-Koelzer (* 1951) eine regionalhistorische Studie vorgelegt hat. Er befasst sich mit dem Thema „Zwangsarbeit im Dritten Reich“ und weist sie exemplarisch am Bau der Reichsautobahn in der Eifel (1939-1941/42) nach. In diesem regionalen Zusammenhang soll sein Buch auf meiner Homepage vorgestellt werden.

Das abrufbare Inhaltsverzeichnis des 368 Seiten starken Taschenbuches lässt erkennen, dass es sich bei der Dokumentation auch um jüdische Zwangsarbeiter aus Luxemburg und das Grenzgebiet handelt. Diese Problematik erhält auf ca. 90 Seiten einen besonderen Stellenwert. In meinen NEWS vom 11. Juni 2016 hatte ich auf meine eigenen Forschungsergebnisse hingewiesen, die sich konkret auf die ausländische Zwangsarbeiter in der Voreifel beziehen.

Wolfgang Schmitt-Koelzer betont, dass die Bauarbeiten an den „Reichsautobahnen“ in Westerwald, Eifel, Hunsrück und Pfalz (1939-1942) nur möglich waren, weil die Nationalsozialisten mehrere Tausend Dienstverpflichtete und Zwangsarbeiter einsetzten. Diese waren in ca. 50 Lagern interniert. Über diese Menschen ist bisher vergleichsweise wenig bekannt. Die vorliegende Publikation möchte also dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Bauabschnitten in der Eifel und im Koblenzer Raum.

Folgende Gruppen von Zwangsarbeitern werden vorgestellt: Luxemburger: Justizgefangene (Ende 1940), Studenten (Anfang 1941), Beamte und Freiberufler (ab Mai 1941), Mitglieder der Resistenz im SS-Sonderlager Wittlich. (1941/42), jüdische Zwangsarbeiter (1941); „Zöglinge“ des Polizeihaftlagers Hinzert (ab Ende 1939); Kriegsgefangene (ab 1940); Ausländische Zivilarbeiter (ab 1939); Justizgefangene in der Zuständigkeit der Strafanstalten Wittlich und Koblenz, darunter viele Polen und Gefangene, die vorher in den „Moorlagern" im Emsland waren (1939-42). Es ist dem Autor - Lehrer in der beruflichen Bildung mit dem Staatsexamen in Anglistik und Politologie sowie engagiertes Mitglied des Förderkreises des Emil-Frank-Instituts in Wittlich – offenbar ein besonderes Anliegen, vielen Zwangsarbeitern durch die Beschreibung ihrer Biografien ein Gesicht zu geben.

 

Das Autobahn-Lager Steiningen bei Daun

Einführung

Die vorliegende Veröffentlichung erscheint im 75. Jahr der Einstellung der Bauarbeiten an den sogenannten „Reichsautobahnen“ in Westerwald, Eifel, Hunsrück und Pfalz (Dernbach bis Landstuhl). Es sind dies die heutigen A1/A48 und A62. Dort errichteten die Nationalsozialisten mehr als 50 RAB-Lager.

Bezüglich der Fragen zur Bauplanung und Bauausführung wird der gesamte Streckenabschnitt in den Blick genommen. Bei der Untersuchung der Zwangsarbeitslager und der dort internierten Menschen konzentriert sich die Untersuchung auf den Bereich der Bauabteilung Wittlich, der von Schweich bei Trier bis Ulmen in der Eifel reichte.

Eine Ausnahme stellt die Gruppe der Justizstrafgefangenen dar. Die Auswertung ergiebigen Aktenmaterials des „Reichsjustizministeriums“ sowie der Generalstaatsanwaltschaft in Köln waren Anlass, nicht nur die Strafgefangenen-Lager im Bereich Wittlich/Daun, sondern auch im Koblenzer Raum nachzuzeichnen.
Neben den Justizgefangenen werden folgende Gruppen von Zwangsarbeitern vorgestellt:

• „Zöglinge“ des Polizeihaftlagers Hinzert,
• KZ-Häftlinge des SS-Sonderlagers Wittlich,
• Kriegsgefangene,
• Ausländische Zivilarbeiter
• Zwangsarbeiter aus Luxemburg

 

Luxemburgische Zwangsarbeiter an der Eifelautobahn

 

Die relative Nähe Luxemburgs zur „Reichsautobahn“ in der Eifel und das dortige Terrorregime der Nationalsozialisten unter Führung von Gauleiter Simon, für den die Autobahn von Dernbach über Trier, Luxemburg bis Paris ein Prestigeobjekt war, bildeten den Hintergrund für die besondere Rolle der luxemburgischen Zwangsarbeiter, die ausführlich dargestellt wird. Dies war möglich, weil in Luxemburg nach dem Zweiten Weltkrieg – vorrangig von Überlebenden der ehemaligen Resistenz - viel Kraft und Energie darauf verwendet worden ist, die Leidenswege der Betroffenen aufzuarbeiten.

 

Schreiben von jüdischen Zwangsarbeitern aus Luxemburg wegen fehlender Arbeitskleidung und Arbeitsschuhen

 

Diesen und internationalen Bemühungen ist es zu verdanken, dass auch die Biografien der meisten jüdischen Menschen aus Luxemburg bekannt sind. Weniger bekannt sind die Qualen von 54 jüdischen Zwangsarbeitern aus Luxemburg, die an der „Reichsautobahn“ in der Eifel interniert waren. Ihnen ist in dieser Publikation ein großes Kapitel gewidmet, und zwar vor dem Hintergrund, dass sich im Jahr des Erscheinens dieses Buches der Beginn der Deportationen in Luxemburg am 17. Oktober 1941 zum 75. Mal jährt.

Im Verlauf der Untersuchung hat sich herausgestellt, dass es wichtig ist, einen Unterschied zwischen den „Dienstverpflichteten“ und den Zwangsarbeitern zu machen, um die Grade von Ausbeutung und Unterdrückung nicht zu verwischen.

Nach dem Krieg dauerte es leider viel zu lange, bis die noch lebenden Zwangsarbeiter Entschädigungszahlungen erhielten. Ein Denkmal an der Autobahnkirche in St. Paul bei Wittlich erinnert jedoch an sie.

 

Wolfgang Schmitt-Kölzer: Bau der Reichsautobahn in der Eifel (1939-1941/42). Eine Regionalstudie zur Zwangsarbeit. Pro BUSINESS Verlag, 2016, 368 Seiten, Taschenbuch,15 EUR. , ISBN: 978-3-86460-460-7

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