Ordensburg Vogelsang – im Wandel der Zeiten

(Buchrezension von Thomas Enke in LuftwaffenRevue vom September 2007, S.32/33)
13.01.2008

vogelsangDer Autor des Buches, Hans-Dieter Arntz, ist mit der jüngeren Vergangenheit der Nordeifel eng verbunden. Schon seit an­nähernd 30 Jahren beschäftigt sich der seit Juli 2006 pensionierte Oberstudienrat engagiert mit der Geschichte des Drit­ten Reiches auf kommunaler Ebene. Aufgrund seiner verschiedenen und weit umspannenden Publikationen über die Geschichte des Dritten Reiches ist er sowohl mit der Täter- als auch der Op­ferseite vertraut und hat auch die Folgen des Dritten Reiches mit dem Kriegsende in der Eifel ausführlich und fachkundig beschrieben.

Das im Vergleich zu anderen Publika­tionen über Vogelsang recht dünn gehaltene Buch im DIN A5- Format ist das fünfte Buch, welches sich mit diesem Thema beschäftigt. Für den Preis von weniger als 8 Euro ist es nicht nur äußerst informativ, sondern auch auf dem neuesten Stund.

Als Hardpaper-Ausgabe ist es robust aber auch handlich genug, um auf einem Rundgang über die Ordensburg Vogelsang mitgenom­men zu werden. Reichhaltig bebildert und übersichtlich gedruckt bekommt der Leser eine geballte Ladung Wissen ver­mittelt. Aber, und das unterscheidet die­ses Buch von Werken mit ähnlichem Anspruch, es ist dabei weder belehrend noch moralisch gefärbt.

Nach einer kurzen Einweisung in die Geschichte der Burg folgt gleich die erste Ernüchterung: So bedeutend war die Ordensburg Vogel­sang als Ordensburg (noch) nicht. Kein Lehrgang wurde vollständig beendet, auch die eingeschlagene Karriere als fa­natischer Ordensjunker und „Führeran­wärter" kam nur selten zustande. Das provoziert, und wer wissen will, wie es zu dieser Aussage kommt, der liest weiter. Doch Geduld ist angesagt, zuerst folgt ein kurzer Abriss über die Entstehungs­geschichte der Idee zu den Ordensburgen, eng verbunden mit dem Namen Robert Ley und der Deutschen Arbeitsfront. Nicht verschwiegen wird auch, welche arbeitsmarktpolitische Rolle dabei die Baustelle der Ordensburg für den dama­ligen Kreis Schleiden gespielt hat und dass man in der Bevölkerung zumindest in der Anfangsphase der eher kurzen Ge­schichte von Vogelsang recht dankbar für die Standortwahl war.

Von der Bau­stelle geht es rasch zu den Bauten selbst, wobei hier eine Unterlassung in den Er­klärungen zu finden ist, die allerdings nur dann auffällt, wenn man genau hin­schaut. Die Baupläne der Ordensburg sind nachgezeichnet. Sie sind erst weit nach 1945 entstanden und beziehen sich auf den Besuch des Architekten der Clemens Klotz im Jahr 1953 auf der Or­densburg. Zu diesem Anlass hatte er das Entwurfsblatt aus dem Jahr 1936 (Plan 15.1 Abb.25) nachgezeichnet - allerdings das Hakenkreuz gegen ein christliches Kreuz ausgetauscht. Dies ist aber auch die einzige Anmerkung in dem Buch, die fehlen könnte.

Und weiter geht es mit der Demontage der Ordensburg: Hit­ler kam nur zur Stippvisite, die SS stell­te nur die Wache. Und ob Göring tatsäch­lich so oft auf der Burg zu Besuch war, wie bisher vermutet, muss bezweifelt wer­den. Aber, es waren auch andere Besu­cher auf der Burg, und Hans-Dieter Arntz beschreibt, dass ihre Anwesenheit durch­aus (ein)prägend für die Ausbildung der Ordensjunker war und dass hier eine ge­fährliche Saat gesät wurde, die aufgrund der kurzen Lehrgangszeit zum Glück nicht immer aufging.

Reich bebildert bringt der Autor dem Le­ser den schwer verdaulichen Werdegang eines Ordensjunkers und den Tagesab­lauf auf der Ordensburg nahe. Als pen­sionierter Oberstudienrat mit 40 Jahren Berufserfahrung fachlich versiert, setzt er sich dabei auch mit der Durchführung des Lehrprogramms auseinander, an des­sen oberster Stelle die Rassenlehre stand. Das führt automatisch zur Frage, wie denn während der Judenverfolgung und des Zweiten Weltkrieges der weitere Wer­degang der Ordensjunker war.

Der Antwort hat er weit mehr als ein Kapitel gewidmet. Soviel steht fest, auch wenn Vogelsang ein „Täterort“ gewesen war, er brachte nicht massenweise Täter hervor. Zum Glück fehlte den meisten Junkern  der Intellekt, um das parteipolitisch gefährliche Wissen zu verarbeiten und auch umzusetzen. Es waren nur einzelne Or­densjunker, die später an der Ermordung von Hunderttausenden beteiligt waren, nicht die Masse. Und so räumt Hans-Dieter Arntz mit weiteren Gerüchten auf und untermauert die Aussage, dass die gesamte Ausbildung doch noch ziemlich in den Kinderschuhen gesteckt habe.

Trotzdem gab es auch dunkle Wolken über der Eifel: Kirchenaustritte und „braune Hochzei­ten“, die vom Autor anschaulich geschil­dert werden und zur Mahnung gereichen sollen. Auch bedenklich und der jünge­ren Generation zur Mahnung reichend, sind seine Schilderungen über die Besuche der Parteiführung auf der Ordensburg und die Reaktionen aus der Bevölkerung. Demnach stand die Eifelbevölkerung die­sen Besuchen durchaus positiv gegenüber - dabei beruft sich der Autor nicht nur auf die Artikel aus der damals gleich­geschalteten Presse.

Nach dem Kriegs­ende der Neuanfang? Anschaulich schil­dert Hans-Dieter Arntz die Situation der Bevölkerung vor Ort und das Entstehen neuer Gerüchte über die Aktivitäten auf der Burg in den Jahren 1936 bis 1945, ge­schürt durch die neuen Platzherren, der britischen Rheinarmee.

Die folgenden 50 Jahre der belgischen Verwaltung wer­den in einem kurzen Kapitel abgehan­delt. Knapp, aber korrekt und neutral, wird der Kontakt zur Bevölkerung be­schrieben, der sicher nicht einfach und von vielen Reibungspunkten geprägt war. Aber es werden auch die vie­len positiven Aspekte beschrieben: Ak­tive Sozialarbeit, Tage der offenen Tür bei hohem Interesse der Bevölkerung und die abschließende Feststellung, dass bis zur Aufgabe des Truppenübungsplat­zes im Jahr 2005 nur Soldaten auf dem Gelände übten, die als Auftrag die Sicherung der Demokratie in ihren Ländern hatten.

Auch der Bundeswehr, die mit dem so genannten Deutschen Militärischen Vertreter in den Jahren 1997 bis 2005 nur ein kurzes Gastspiel auf dem Truppenübungsplatz Vogelsang gab, wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Ne­ben den Aufgaben der Vertretung wer­den die wichtigsten Ereignisse in dieser Zeit genannt. Dabei wird herausragend die Zusammenarbeit mit der belgischen Kommandantur und die Vorbereitung der Konversion zum Nationalpark Eifel erwähnt. Und wer genau hinschaut, kann auf der Seite 58 im unteren Bild den Au­tor mit einem Leistungskurs Geschichte auf einem seiner häufigen Besuche auf der ehemaligen Ordensburg Vogelsang erkennen.

Abgerundet - und damit aktuell auf dem neuesten Stand – folgt ein Ausblick auf die schon begonnene Zukunft des ehemaligen Truppenübungsplatzes und der Ordensburg. Nachdem schon einige Seiten vorher die gigantischen Ausmaße der Ordensburg genannt wurden (allein fast 11 km Dachrinne), wird nun die Rechnung aufgemacht.

Mahnende Worte zum Schluss zeigen auf, dass es Sinn macht, dieses Bauwerk zu erhalten, aber dass man auch verantwortungsvoll mit der Vergangenheit dieser Ordensburg umgehen muss.

Dem Autor Hans-Dieter Arntz ist es hier gelungen, fast 75 Jahre Geschichte auf engstem Raum zu konzentrieren. Die knappe Information wird dabei weder trocken noch einseitig vermittelt. Vom Preis-Leistungsverhältnis, der Wissensvermittlung und einen trotz ernsten Themas nicht abzustreitendem Unterhaltungswert eine runde Sache!

Wer Appetit auf mehr zur Geschichte der Ordensburg Vogelsang bekommen hat, der sollte sich das erste, überarbeitete und neu aufgelegte Werk von Hans-Dieter Arntz nicht vorenthalten: „Ordensburg Vogelsang 1934-1945. – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“. Hier werden vor allem der ideologische Hintergrund, die geplanten Ausbildungswege und die Bauausführung beschrieben. Beide Bücher ergänzen sich sehr gut, ohne dabei redundant zu erscheinen.

 

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Hans-Dieter Arntz Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten, Aachen 2007


Das ungewöhnlich preiswerte Buch ist im guten Buchhandel, aber auch online zu erwerben. Es ist als Kurzfassung des Standardwerkes Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich zu verstehen. Aufgrund der vielseitigen Nachfrage sei auf folgende Informationen hingewiesen:

 

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Arntz, Hans-Dieter:  Ordensburg Vogelsang – Im Wandel der Zeiten, 64 Seiten, 60 Abbildungen, fest gebunden, ISBN 978-3-938208-5

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