Hinweis auf einen „stillen Helfer“ im Dritten Reich:
„Christlich-jüdische Freundschaft zwischen Wilhelm Müller und Alfred Seligmann“ – Veröffentlichung im Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2016,
S. 58-67

von Hans-Dieter Arntz
21.02.2016

Bei der Durchsicht von Nachlässen stößt man gelegentlich auf „stille Helfer“. Gemeint sind diejenigen Menschen, die im Dritten Reich verfolgten Juden geholfen oder sie gar gerettet haben.

Weil diese unscheinbaren Menschen nie mit historisch Relevantem in Verbindung gebracht und auch nicht in der Nachkriegszeit als „stille Helden“ oder gar Lebensretter gewürdigt werden, sind sie eigentlich vergessen. Aber während der Zeit des Nationalsozialismus gab es doch so viele Handlungsalternativen! Diese waren zwar riskant, verlangten aber von Helfern und Rettern nicht von vornherein todesbereiten Widerstand. Ihr Handeln war einfach von Mitleid, Mitmenschlichkeit oder Freundschaft geprägt.

 

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Ein Beispiel befasst sich mit Wilhelm Müller aus Euskirchen (Wißkirchen), dessen Freundschaft mit dem jüdischen Viehhändler Alfred Seligmann auch durch den rassistischen Nationalsozialismus nicht beeinträchtigt werden konnte. Im vor wenigen Tagen erschienen Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2016 stelle ich diese christlich-jüdische Freundschaft - unter der Überschrift „Hinweis auf einen `stillen Helfer´ im Dritten Reich“ - auf den Seiten 58 bis 67 dar. In absehbarer Zeit wird der vollständige Artikel auf meiner regionalhistorischen Homepage zu lesen sein. Dort sind auch Hinweise auf meine früheren Jahrbuch-Publikationen und Bücher zu finden.

Als hilfsbereiten und christlichen Menschen entdeckte ich im Rahmen meiner diesbezüglichen Forschungsarbeiten Wilhelm Müller (28.12.1899 - 29.11.1973). Er war im Dritten Reich kein engagierter Fluchthelfer und auch kein Widerstandskämpfer, der historische Spuren hinterließ, sondern ein bescheidener Landwirt, der in Wißkirchen – heute ein Stadtteil der Kreisstadt Euskirchen - im Bereich seiner Möglichkeiten das tat, was als Zeichen der Menschlichkeit zu werten ist. Er war ein „stiller Helfer“.

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Das idyllische Dorf Wißkirchen zur Zeit des Nationalsozialismus

Sein mir vorliegende Briefwechsel mit einem jüdischen Flüchtling aus Euskirchen beweist, dass im Dritten Reich auch christlich-jüdische Freundschaften bestehen bleiben konnten und den rassistischen Nationalsozialismus überstanden. Ein Stapel diesbezüglicher Briefe und Dokumente aus der Zeit 1946 -1973 gibt Aufschluss über menschliche Beziehungen und damit verbundene Reaktionen in der Nachkriegszeit. Gleichzeitig spürt man die Dankbarkeit von Alfred Seligmann (1897-1975), der als rassisch Verfolgter die Voreifel verließ und in Südafrika überlebte.

Der Wert der Freundschaft zwischen Wilhelm Müller und Alfred Seligmann wurde mir erst beim Studium der gesamten Korrespondenz erkennbar. Beide Männer waren zu zurückhaltend, um dies jemals deutlich thematisiert zu haben. Erst in dem Kondolenzbrief bewertet der jüdische Flüchtling die Wichtigkeit der Korrespondenz anhand des häufig von ihm zitierten jüdischen Sprichwortes: „Men ken a brif lejenen, men ken a brif singen.“ (Man kann einen Brief lesen, man kann einen Brief singen). Gemeint ist: „Der Ton macht die Musik“.

Das Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2016 ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. (ISBN1863-592X).

 

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