Zu den „starken“ Frauen, die im Hintergrund wirken und dadurch ihrem Ehemann besondere Leistungen ermöglichen, gehört Erna Weiss geb. Falk (1893-1945), die Ehefrau des letzten Judenältesten von Bergen-Belsen. Der Kölner Frauengeschichtsverein erinnerte vor einigen Jahren an die jüdische Opernsängerin, die in der Domstadt brillierte und ihrem bekannten Ehemannes Josef Weiss (1893-1976) bis zu ihrem Tode unmittelbar nach dem Holocaust zur Seite stand.
In diesem Zusammenhang spielen besonders das niederländische Durchgangslager Westerbork und das berüchtigte Konzentrationslager Bergen-Belsen eine bedeutsame Rolle. Auch das Leben von Erna Weiss ist in meinem letzten Buch Der letzte Judenälteste von Bergen Belsen dargestellt.
Seit kurzer Zeit steht nun auch sie im Interesse vieler Holocaust-Überlebender, Musikhistoriker und Musikfreunde, denn eine ihrer Schallplatten aus den 1920er Jahren wurde gefunden und mühevoll vom Museum Yad Vashem in Jerusalem restauriert. Sie ist seit einigen Tagen bei YouTube unter der Überschrift „An extinguished voice heard once again“ abhörbar. Gleichzeitig informieren ein detaillierter Text und viele Fotos das Leben von Erna Weiss-Falk, mit deren Angehörigen ich seit Jahrzehnten befreundet bin.
In der Zeit vom15. bis 18. April 2015 schnellte der Bekanntheitsgrad des 5minütigen Films bei FACEBOOK page of Yeddiot Ahronot auf mehr als 570.000 Aufrufe.
Die in Israel lebende Enkelin Atara Zachor Dayan erklärt in einem englischsprachigen Text, wie es am Sederabend 2015 zur spontanen Planung des Videoclips kam. Der Zeitpunkt ist insofern von Bedeutung, weil ihr Großvater Josef Weiss (Joep Weisz) – also der Ehemann von Erna Weiss-Falk – nach seiner Befreiung den inzwischen berühmt gewordenen Artikel „Sederabend 1945“ verfasste.
Im kleinen Nachlass der Opernsängerin Erna Weiss geb. Falk fand sich neben Notizbüchern und Fotos auch eine zerkratzte Schallplatte aus den 1920er Jahren, die von Yad Vashem restauriert und den Familien Weiss und Zachor rechtzeitig zum Sederabend 2015 zugestellt wurde. Die jüdische Sopranistin, die ihr letztes Konzert noch am 28. Mai 1933 in Deutschland gab, singt zwei Partituren aus Figaros Hochzeit von Wolfgang Amadeus Mozart. Dabei wird sie von dem damals bekannten Musiker und Komponisten Wilhelm Rettich (1892-1988) am Klavier begleitet.
Wie schon die Familie Weiss, so emigrierte auch dieser jüdische Künstler wegen des gegen ihn als Juden und Pazifisten verhängten Berufsverbots in die Niederlande, wo er später im Untergrund überleben konnte. Erna Weiss geb. Falk wurde mit ihren Angehörigen im „Durchgangslager“ Westerbork interniert und von dort aus nach Bergen-Belsen verbracht.
In meinem bereits erwähnten Buch Der letzte Judenälteste von Bergen Belsen beschreibe ich das allerletzte Konzert der ursprünglich aus Krefeld stammenden Erna, wovon ich auch noch ein Originalfoto finden konnte. Dieser Auftritt fand im Lager Westerbork statt, wenige Monate vor ihrer Deportation nach Bergen-Belsen. Vgl. a.a.O., S.133/134: