70 Jahre nach der „Reichskristallnacht“ werden Erinnerungen an einst blühende jüdische Gemeinden in Deutschland wach. Repräsentativ könnte mit einer Gedenkplatte posthum an den jüdischen Religionslehrer Moses Fernbach erinnert werden.
Unter der Überschrift Ein jüdischer Religionslehrer aus Schleiden gehörte zu den Mitbegründern der Berliner Synagogengemeinde (1945) wies ich am 22. Januar 2008 auf Moses Fernbach (1893-1983) hin, dessen Leben und Wirken in der Eifel bereits vor 18 Jahren in meinem Buch Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet an mehreren Stellen detailliert dargestellt wurde. Vgl. dort: S.303-305 und S.318 ff. sowie ausführlich auf den Seiten 472-491. Bis 1940 war er in Hellenthal/Blumenthal und Kall für die Synagogengemeinde des Altkreises Schleiden tätig. Neu war jedoch die Erkenntnis, dass der jüdische Religionslehrer ab 1945 - mit Erich Nehlhans - zu den Neugründern der Berliner Synagogengemeinde Berlin gehörte.
Nachdem inzwischen in der Hauptstadt eine Straße nach dem 1. Vorsitzenden Erich Nehlhans benannt worden ist, lag es auf der Hand, eine Ehrung zur Erinnerung an Moses Fernbach anzuregen. Kontakte zu Bernd Dreesmann, einem der maßgeblichen Mitarbeiter des Hellenthaler Arbeitskreises Judit.H (Juden im Tal Hellenthal), ergaben, dass am 9. November 2008 schon ein Mahnmal an der Stelle errichtet werden soll, an der bis zum Novemberpogrom 1938 die Synagoge von Blumenthal stand. Weiterhin teilte dieser am 9. Januar mit, dass der rührige Arbeitskreis bereits am 9. November 2007 am früheren jüdischen Bethaus in Blumenthal eine Erinnerungstafel enthüllt hatte.
Da es nachzuvollziehen ist, dass die privaten Initiativen der Hellenthaler auch finanziell begrenzt sind und weitere Aktivitäten nicht vorgesehen sind, könnte eine posthume Ehrung vielleicht durch kommunale Institutionen möglich sein. Hierzu wollte ich anregen und schrieb diesbezüglich am 5. März 2008 an die Bürgermeister Ralf Hergarten (Schleiden) und Manfred Ernst (Hellenthal).
Moses Fernbach und seine Ehefrau Lea (1958) |
Jahrelang hatte ich mich um die Erforschung des Judentums in der Nordeifel bemüht, ein Treffen mit ehemals in Schleiden und Gemünd beheimateten jüdischen Mitbürgern im Juni 1992 initiiert und zusätzlich auch den Hellenthalern Bürgern Kontakte zu ihren ehemaligen jüdischen Nachbarn vermittelt. Seitdem gibt es dort Korrespondenzen mit den Angehörigen der Familien Rothschild, Kaufmann, Katz, Heumann, Rosenbaum, Haas, Löwenstein und Baruch. Vor einigen Wochen bedankte sich J. Fe. aus der Gemeinde Hellenthal noch telefonisch für den seit 1991 wieder bestehenden Kontakt zu seiner jüdischen Jugendfreundin Mirjam Fernbach verh. Brudermann, die er erstmals am 5. November 1990 auf einem Foto wieder erkannte und mit der er inzwischen wöchentlich mehrfach telefoniert.
Unter der Überschrift „Juden bitten um Treffen in Schleiden“ hatte nämlich die Redaktion der Kölnischen Rundschau, Lokalteil Schleiden und das Eifelland, am 5. November 1990 über mein Buch Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet berichtet und dabei ein Foto veröffentlicht, das Mirjam Mirle Brudermann und ihre Schwester Susi Friedmann – die Töchter des jüdischen Religionslehrers Moses Fernbach – zeigte. Diese beiden in Israel lebenden Damen zeigten sich freudig überrascht, als sie vor 6 Wochen von meiner Absicht hörten, die Bürgermeister von Hellenthal und Schleiden für eine posthume Ehrung ihres hier unvergessenen Vaters zu bewegen. Der o.a. Arbeitskreis Judit.H. soll aus den genannten Gründen keineswegs erneut aktiv werden, aber mit Vorschlägen beratend mitwirken.
Der Gemünder Journalist Bernd Kehren informierte dankenswerterweise seine große Leserschaft in Schleiden und Eifelland über meinen Antrag. Dank seines Hinweises auf meine Homepage erreichten mich in den letzten Wochen unter meiner Email-Anschrift viele positive Reaktionen. Es wäre wünschenswert, wenn die beiden Bürgermeister von Schleiden und Hellenthal die Kommunalpolitiker dazu bewegen könnten, einen aus seiner Heimat vertriebenen ehemaligen jüdischen Mitbürger durch eine Gedenktafel zu würdigen.
Mirjam Mirle Brudermann geb. Fernbach und Susu Friedmann geb. Fernbach (1988), Töchter des im 3. Reich vertriebenen jüdischen Religionslehrer von Schleiden und Hellenthal
Erinnerung an jüdischen Religionslehrer
BLUMENTHAL/SCHLEIDEN - Posthum soll Moses Fernbach, der bekannte jüdische Religionslehrer und letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde des gesamten Altkreises Schleiden, geehrt werden. Fernbach gehörte zu den Neubegründern der Synagogengemeinde von Berlin. Dafür setzt sich jedenfalls der Euskirchener Autor Hans-Dieter Arntz ein. Einen entsprechenden Antrag zur Ehrung Fernbachs stellt er jetzt an Schleidens Bürgermeister Ralf Hergarten und Hellenthals Bürgermeister Manfred Ernst. Dieses Jahr wäre für eine solche Ehrung angebracht, da sich die Pogromnacht zum 70. Mal jährt. Die beiden Töchter Fernbachs, die in Israel leben, unterstützen den Antrag von Arntz.
In seinem Buch „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet" aus dem Jahr 1990 hat sich Hans-Dieter Arntz auch mit der Geschichte der Juden von Schleiden, Gemünd und Blumenthal befasst. Arntz bittet nun die Bürgermeister von Hellenthal und Schleiden, eventuell gemeinsam mit dem Arbeitskreis Judit.H (Juden im Tal, Hellenthal) in einer besonderen Form des jüdischen Religionslehrers Moses Fernbach zu gedenken. Fernbach war seit 1936 auch Vorsteher und Repräsentant der jüdischen Gemeinde des Altkreises Schleiden, bis er von Kall aus 1940 deren Auflösung abzuwickeln hatte. Bis zu seiner „Umsiedlung" von Schleiden nach Kall im Jahr 1938 war er für die Gottesdienste in der Synagoge von Blumenthal zuständig. Er leitete die vielseitigen Geschicke der jüdischen Gemeinde und war auch als ausgebildeter Volksschullehrer Leiter der jüdischen Schule in Kall bis 1940.
Der Lebensmittelpunkt seiner Familie und sein Wohnort war Schleiden, seine Wirkungsstätte aber hauptsächlich Blumenthal. Moses Fernbach und seine Familie konnten im Untergrund überleben und 1947 nach Palästina auswandern. „Seine historische Leistung", so schreibt Arntz, „ist zudem die Neugründung der Berliner Synagogengemeinde." Hierüber berichtete er am 22. Januar auf seiner Homepage. „Die vielseitige Resonanz auf meinen Online-Artikel kam auch aus Israel, von wo aus sich die Tochter von Moses Fernbach, Mirjam Brudermann, meldete."
Arntz bittet die Bürgermeister, seinen Antrag den Fraktionen vorzulegen. Er schlägt, vor, im November an den jüdischen Religionslehrer Fernbach durch die Anbringung einer Gedenkplatte zu erinnern. Als Standorte seien Blumenthal und Schleiden denkbar.
Mahnmal an ehemaliger Synagoge
Der Arbeitskreis Judit.H beabsichtigt, am 9. November diesen Jahres - also auf den Tag genau 70 Jahre nach der Pogromnacht - an der Stelle der ehemaligen Synagoge von Blumenthal ein Mahnmal zu errichten. „Dies sollte aber meinen Antrag nicht tangieren", schreibt Arntz. „Außerdem sollte eine Aktivität auch von der Gemeinde selber kommen."
Er will in Kürze auch beim Arbeitskreis Judit.H für seinen Antrag werben.
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