Ein romantischer Rückblick: Harmonisches Zusammenleben von Juden und ihren Mitbürgern im Voreifel-Dörfchen Schweinheim (1886)

von Hans-Dieter Arntz
17.10.2013

Ohne irgendjemanden beleidigen zu wollen, aber wer weiß schon, wo die Ortschaft Schweinheim liegt? Auch wenn das im Südosten der Stadt Euskirchen liegende, sehr abgelegene Dörfchen mit seinen heute etwa 400 Einwohnern seit 1969 ein Stadtteil der Kreisstadt ist, so wirkt es doch weiterhin etwas isoliert, ländlich und ... weiterhin so völlig „normal“. Der Chronist Beckers konstatiert für die Zeit 1886: Schweinheim besteht aus „53 Häusern, 259 Einwohnern, Pferde- und Holzhandel, 272 Seelen; dazu kamen noch 34 Juden.“ Ja und, wird mancher sagen, das ist doch nichts Besonders, das war doch „normal.“

Aber das so „völlig Normale“ ist es, das ich in diesem kleinen Artikel hervorheben und betonen möchte. Ich denke da an die frühere Zugehörigkeit der jüdischen Bevölkerung in unserer Gesellschaft und das eigentlich romantische Zusammenleben von Juden und ihren Mitbürgern auch im Voreifel-Dörfchen Schweinheim. Die Rede ist von einer x-beliebigen Zeit – natürlich vor dem Dritten Reich und seinem rassistischen Terror. Ich hätte weitere Artikel aus meinem Zeitungsarchiv heranziehen können, aber alle ähneln sich, denn die Juden waren in unsere deutsche Gesellschaft völlig integriert und gehörten besonders in den kleinen Dörfern „dazu“. Und das war wirklich völlig „normal“!

Das goldene Jubelpaar jüdischen Glaubens, Meyer und Henriette Herz, hätte sich im Sommer 1886 niemals vorstellen können, dass man ein halbes Jahrhundert später nicht mehr eine vom gesamten Dorf organisierte Feier zu ihren Ehren gestaltet hätte. Auch für ihre Tochter Caroline Herz (*15.03.1837 in Schweinheim, † 30.05.1932 in Euskirchen)wäre es undenkbar gewesen, dass sich auch ihr kleines Dörfchen Schweinheim politisch verändern würde. Sie starb hoch betagt vor der sogenannten „Machtergreifung“. Aber im Juli 1886 war alles noch anders.

 

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Ja, wie „normal“ und beinahe spießbürgerlich klingt das Gedicht, das die Kinder von Meyer und Henriette Herz zur Goldenen Hochzeit ihrer Eltern in der „Euskirchener Zeitung“ vom 10. Juli 1886 veröffentlichen ließen. Und ausgesprochen brav und romantisch klingt dann der eine Woche später eingesandte Bericht eines damals Anwesenden, der die „seltene Rüstigkeit des Jubelpaares“ hervorhob, die „nicht vielen Sterblichen vergönnt ist“. Der Gast resümiert: „Selten hat unser Dorf ein solches Fest gesehen.“

Ich assoziiere Eichendorff, Romantik, Lindenbaum, Burschen und Mädel...“, wenn ich in der Euskirchener Zeitung vom 17. Juli 1886 lese: Musikbegleitung, Fackelzug, Gesangverein, bewährter Dirigent, prachtvolle Blumen-Bouquetts, dargebrachte Ovation, ein Glas Wein, festlich geschmückte Synagoge, Festpredigt, ein Toast nach dem anderen, Vocal- und Instrumental-Concert, ein Hoch auf den Landesvater, ein fröhliches Tänzchen....“ Ich erinnere noch einmal daran, dass dies alles zu Ehren des jüdischen Ehepaares Meyer und Henriette Herz im Jahre 1886 stattfand.

Und sollte jetzt wirklich jemand fragen, warum ich über so etwas schreibe, denn derartige Feiern gab es doch immer; das war doch „normal“. Dann würde ich antworten: Das wollte ich doch hiermit sagen!

 

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