„Eifeler Bündnis gegen Rechts“ –
Eine sinnvolle Gründungsveranstaltung, aber mit einigen Fragezeichen

von Hans-Dieter Arntz
10.12.2011

Am Dienstag, dem 22. November 2011, wurde das „Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“ gegründet. Nicht nur dank mehrerer vorbereitender Veranstaltungen war das Interesse sehr rege. Im Schleidener Wochenspiegel hieß es vorher am 16. November:

Auf Initiative des Ökumenischen Netz­werks Kirche im National­park Eifel laden mit dem ka­tholischen Regionaldekan der Region Eifel, Pfarrer Erik Pühringer, dem Pfarrer der evangelischen Trinitatis- Kirchengemeinde Schlei­dener Tal, Christoph Ude, und dem Vorsitzenden der DGB Region NRW Süd- West, Ralf Woelk, bewusst drei Vertreter politisch neutraler Organisationen zur Gründungsversammlung des Eifeler Bündnisses gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt nach Schleiden ein. Dem Beispiel anderer regionaler und kommunaler Zusammenschlüsse fol­gend, wollen sich im »Eifeler Bündnis« Kirchen, Gewerkschaften, politische Parteien, antifaschistische Gruppen, aber auch Jugendeinrichtungen, Schulen, Verbände und Vereine sowie Privatpersonen zusam­menschließen. Ein Ziel der Vorbereitungs­gruppe besteht darin, nicht nur auf rechtsextrem moti­vierte oder neonazistische Aktivitäten zu reagieren, sondern selbst aktiv zu wer­den und vor allem durch Aufklärung und Bildungs­arbeit zu überzeugen.

Die Absicht muss grundsätzlich begrüßt werden, denn auf der Hauptstraße der Innenstadt von Gemünd prangen zurzeit provozierende Graffitis.

 

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Die gut besuchte Gründungsversammlung im Bischöflichen Clara-Fey- Gymnasium in Schleiden, dessen Vertreter – im Angesicht der gerade entdeckten Verbrechen ostdeutscher Neonazis - in seiner Moderation betonte, „wir sind sensibel geworden“, hinterließ den Eindruck, die üblichen Präventivmaßnahmen ergreifen zu wollen. „Aktionsfelder“ und „spezielle Organisationsformen“ wurden in Aussicht gestellt. Über die evangelische Kirche sollen die Finanzen des Bündnisses abgewickelt werden. Weiterhin heißt es im Kölner Stadt-Anzeiger vom 24. November: „ Die Infrastruktur in Form von Räumlichkeiten stellen das Regionaldekanat, aber auch das Clara-Fey-Gymnasium und die Stadt Schleiden zur Verfügung.“

nazis1Trotz des sinnvollen und durchaus erfolgreichen Treffens in Schleiden stellten sich im Anschluss an die Veranstaltung mehre Fragen. Wie zeitgerecht, effektiv und erfolgreich kann heutzutage ein derartiges „Bündnis gegen Rechts“ sein? Wie erfolgreich wird künftig die wirkliche Auseinandersetzung mit dem Neonazismus und Rechtsradikalismus in der Eifel ? Graffitis an Hauswänden, bereits die zweite Zerstörung des jüdischen Mahnmals in Blumenthal, neofaschistische Übergriffe in der Eisenbahn! Wie will das doch sehr christlich orientierte „Bündnis gegen Rechts“ derartiges verhindern? Wer soll denn überhaupt und wie „aufgeklärt“ oder gar „abgeschreckt“ werden? Wie will man zum Beispiel die Schändung eines Judenfriedhofs verhindern? Welche zur wirklichen Aktivität aufrufende Maßnahmen sind in der Eifel geplant?

Teilnehmer der Veranstaltung in dem katholischen Gymnasium fragten sich im Anschluss an die Veranstaltung, ob es sich künftig wieder um die durchaus beachteten Lichterketten, die Inflation von Mahnmalen und Gedenktafeln, um Schweigemärsche und belehrende Vorträge handeln wird. Neonazistische Aktivitäten Euskirchener Schüler zum Beispiel konnten durch pädagogische Belehrungsmaßnahmen nie verhindert werden!

Die Diskussion um das Verbot der NPD und zeitnahe Verbrechen der Rechtsradikalen rufen vielleicht doch inzwischen zu anderen Formen der Prävention und Hinführung zur Sanktionierung auf. Welches Konzept werden diesbezüglich die in Schleiden aktiv gewordenen Christen, Organisationen und Bürger initiieren? Welche Maßnahmen sind in der Eifel beabsichtigt, Augenzeugen zur Anzeige zu ermutigen und sie danach zu schützen? Wann sind Diskussionen mit entsprechenden Richtern? Diese Skepsis wurde durch die Ereignisse im 35 km entfernten Euskirchen verstärkt. Hier wurde zur gleichen Zeit eine 16 jährige Schülerin von Neonazis angegriffen und tätlich bedroht. Der Kölner Stadt-Anzeiger vom 26./27. November 2011 meldet:

Länger als eine Stunde soll einer der An­führer der „Freien Nationalisten Euskirchen" (FNE) auf die Schü­lerin eingeredet und gedroht ha­ben, ihren Bruder und Vater zu tö­ten sowie das Elternhaus anzuzün­den. Die junge Frau sitzt im Kreis­vorstand der Linkspartei. Der Bonner Staatsschutz ermittelt.

In einem weiteren großen Artikel „Wir machen euch fertig“ (Hauptteil des KStA v. 26./27.11.11, Seite 9) werden weitere Einzelheiten publiziert: Erpressung, Androhung der Brandstiftung, tägliche Verfolgung und verschiedene Formen gewalttätiger Übergriffe kennzeichnen die Gewalttaten Euskirchener Neonazis gegen politisch andersdenkende Menschen. Ergänzungen wurden inzwischen am 2. Dezember zusätzlich im Internet präzisiert.

Wie geht ein „Bündnis gegen Rechts“ künftig gegen derartige brachiale Attacken und Bedrohungen vor? Reichen da „Aufklärung und Bildungs­arbeit“, an denen sich Rechtsradikale übrigens nie beteiligen würden. Lobenswert ist jegliche Aktivität gegen Rechts, aber welche Mitarbeit wurde seit der o.a. Gründungsversammlung der Polizei angeboten? Wer hat sich inzwischen als „Kontaktmann“ zur Verfügung gestellt oder konkrete Aussagen gemacht? Wer kennt überhaupt einen Rechtsradikalen? Man sollte doch endlich einmal der Realität ins Auge sehen! Ob die durchaus christlich motivierte „Lichterketten-Mentalität“ und die sich dankenswert wiederholende „Aufklärungs- und Bildungs­arbeit“ in allerletzter Konsequenz auswirken? Oder können Veranstaltungen wie „Rock gegen Rechts“ oder ähnliches tatsächlich alle Bürger zur Zivilcourage motivieren? Was ist nun konkret das Neue am „ Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“?

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