Deutliches Bekennen zum NS-Verbrechen von Rheinbach – Einweihung eines Mahnmals zur Erinnerung an die Ermordung von drei ukrainischen Zwangsarbeitern

von Hans-Dieter Arntz
21.10.2017

Dass sich die Stadt Rheinbach in der Voreifel deutlich auf einem Mahnmal zu einem 1945 begangenen NS-Verbrechen bekennt, ist der Unterschied zu vielen anderen Einweihungen ähnlicher Gedenkstätten. Es wurde nicht nur der ermordeten Opfer gedacht, sondern auch fanatische Täter in der Inschrift erwähnt. Dies geht weit über das übliche Gedenken nationalsozialistischer Opfer hinaus. Daher war die Einweihung des Mahnmals ein ganz besonderen Gedenktag für Rheinbach, weil in diesem Fall Einheimische die Täter gewesen waren.

Seit dem19. Oktober 2017 sind am Ende der Neugartenstraße – im vorderen Weg des Rheinbacher Stadtparks – drei Stelen zu sehen, die an ein beinahe vergessenes NS-Verbrechen erinnern. Wenn nicht sogar in früherer Zeit der inzwischen verstorbene Hubert Pfahl selbstständig ein Holzkreuz an der Stelle der Morde errichtet hätte, so wäre es vielleicht nicht mehr zu den neuen Recherchen gekommen. Der ehemalige Bestattungsunternehmer war als 15-Jähriger Zeuge des Mordes gewesen, was ihm bis zuletzt unvergessen geblieben war.

So war es hauptsächlich der Rheinbacher Bürger Peter Mohr (* 1935), der im Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv für die notwendigen Anträge gesorgt hatte.

Insgesamt stellen die drei Stelen ein Mahnmal dar, das jetzt von Bürgermeister Stefan Graetz eingeweiht wurde. Es erinnert an drei an dieser Stelle hingerichtete ukrainische Jugendliche, die bei Kriegsende als Zwangsarbeiter eingesetzt waren und beim „Aneignen deutschen Besitzes“ erwischt wurden. Nationalsozialistische Fanatiker wollten ein Exempel statuieren und ließen die drei jungen Männer öffentlich am Stadtwald aufhängen. Dies geschah am 26. Januar 1945, nur wenige Wochen vor der Einnahme der zerstörten Stadt. Vgl. meine NEWS vom 17. Oktober 2017.

Gemeinsam stellen die nebeneinander stehenden Stelen, die von Bildhauer Heinz Samulewitz entworfen und erstellt wurden, ein im Zusammenhang zu sehendes „Denk-mal“ (!) dar, das auch wegen des erwähnten Inhalts der Inschrift Betroffenheit auslöst. Der Text springt von einer auf die andere Stele und dokumentiert somit das gemeinsame Schicksal der jugendlichen Zwangsarbeiter, nennt aber auch ungewöhnlich deutlich die Täter.

 

 

Die Täter von damals seien bis heute nicht für ihre Taten belangt worden, hatte Peter Mohr akribisch recherchiert. Der damali­ge Rheinbacher NS-Bürgermeisters Joseph Wiertz und sein Poli­zeichef hätten diese „Sonderbe­handlung" eigenmächtig und ohne Gerichtsverhandlung beschlossen und mithilfe einiger städtischer Bediensteter und überzeugter Na­zis auch in die Tat umgesetzt.

Die erwähnte Inschrift wurde in Absprache mit allen Fraktionen im Stadtrat festgelegt und ist in Bezug auf die Täter ungewöhnlich deutlich:

Mit diesem Mahnmal erin­nern die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rheinbach an die Er­mordung der minderjährigen Zwangsarbeiter Peter Spaak, Wladislaus Tatzschaview und Wladisaw Detjarew. Sie wurden am 26. Januar 1945 an dieser Stelle auf Geheiß des Rheinbacher NS-Bürgermeisters wegen eines gering­fügigen Diebstahls erhängt. Der Mord blieb ungestraft. Möge die Erinnerung an dieses Verbrechen Mahnung für die Zukunft sein.

 

 

Vor den zahlreichen Anwesenden betonte Bürgermeister Stefan Raetz, dass das Geld für das Mahnmal durch Spenden aus der Bevölkerung zusammengekommen sei. Betroffen war man von der Schilderung der Situation, wie sie bereits früher von dem Journalisten Jost dargestellt worden war (Blick aktuell Rheinbach/Swisttal Nr. 22/2017):

Knapp zehn Grad unter Null zeig­te das Thermometer am 26. Janu­ar 1945 an, doch noch weitaus mehr ließ das Geschehen vor Ort den jungen Männern und Frauen das Blut in den Adern gefrieren. Sie, die zuvor in ihrer von Nazi­deutschland besetzten ukraini­schen Heimat einfach von der Straße weggefangen und als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden waren, mussten nämlich mit ansehen, wie drei junge ukrainische Zwangsarbeiter aus nichtigem Grund von Scher­gen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes erhängt wurden. Ein Exempel sollte statuiert werden.

Peter Spaak, Wladislaus Talzschaview und Wladislaw Dedjarew hatten beim Trümmerräumen eine Damenstrickjacke, eine Hose und einige Flaschen Wein mitge­nommen, deshalb mussten die Jugendlichen sterben - vor allem, um ein Exempel zu statuieren. Zwei Monate später war der Krieg vorbei und Nazideutschland be­siegt ...

Die Veranstalter hatten mit den Gymnasiasten Hannes Husten und Julius Frey zwei Vertreter der jüngeren Generation gefunden, die an der ehemaligen Hinrichtungsstelle ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu beschreiben versuchten.

Dies machte die meist betagten Anwesenden recht betroffen, denn diese beiden Jugendlichen waren genau im Alter der damaligen Delinquenten. Sie betonten, wie wichtig Geschichte für diejenigen sein sollte, die die Zeit des terroristischen Nationalsozialismus nicht erlebt hatten. Das geistliche Wort sprach Bernhard Dobelke, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Rheinbach.

 

 

Zu den eingeladenen Gästen gehörte auch der Generalkonsul der Ukraine, der aus Düsseldorf angereist war, um der kleinen Feier am Rheinbacher Stadtpark die erforderliche Würde zu geben.

 

 

Abschließend wünschte Bürgermeister Stefan Raetz, dass der Platz rund um die „Ukrainer-Eiche“ sowie die drei am 19. Oktober 2017 eingeweihten Stelen im Rheinbacher Stadtpark zum dauernden Zeichen des Gedenkens und der Mahnung werden sollen.

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