Der gerade erschienene Band 30 der Schriften des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V. trägt den Titel „Aus der Geschichte des Erkelenzer Landes“ und ist auch für unsere Voreifel-Region von historischem Interesse, da er sich in 2 Beiträgen mit Joseph Emonds (1898-1975) befasst. Als Retter vieler Verfolgter wurde der katholische Geistliche inzwischen nicht nur durch viele Abhandlungen und Straßenbenennungen bekannt, sondern auch von Yad Vashem (Jerusalem) posthum als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt. Leider würdigte die Euskirchener Tagespresse den feierlichen Akt in Berlin (Dezember 2014) überhaupt nicht, was zu speziellen Irritationen führte.
Bei der Buchvorstellung in Erkelenz wurde darauf hingewiesen, dass Band 30 nicht einem einzigen Thema gewidmet ist, sondern verschiedene Aspekte der Regionalforschung abbildet. Für den Radius der vorliegenden regionalhistorischen Homepage sollen somit nur spezifische Artikel erwähnt werden. Und dies bezieht sich besonders auf das Judentum und Joseph Emonds, der in Erkelenz-Terheeg geboren wurde und im 3. Reich hauptsächlich in Kirchheim (heute ein Stadtteil von Euskirchen) segensreich wirkte. Dies ist der Grund, weshalb sich beide Orte dem verdienstvollen Geistlichen verpflichtet fühlen.
Leiter des Erkelenzer Arbeitskreises „Erforschung und Darstellung der Geschichte“ ist der bekannte Lokalhistoriker Hubert Rütten, der schon im Jahre 2008 mit seinem Buch „Jüdisches Leben im ehemaligen Landkreis Erkelenz“ eine diesbezügliche Lücke in der Stadtgeschichte von Erkelenz schließen konnte. Zur Mitarbeit am Band 30 konnte er 10 Mitarbeiter für 12 wichtige Beiträge gewinnen. Drei allein befassen sich mit der Aufarbeitung des Judentums. Abgesehen von einem 22-seitigen Artikel über „Josef Emonds – Judenretter und Pazifist aus Terheeg“, über den in den nächsten Tagen noch gesondert berichtet wird, geht es auch um die Frage von Hermann-Josef Paulißen „Einhundert Taler für die Erkelenzer Synagoge?“ (S. 80-89) und die preisgekrönte Arbeit der Projektgruppe Toni Marcus an der Europaschule Erkelenz mit der Überschrift: „Toni Marcus – Eine jüdische Katholikin in Terheeg“ (S. 134-145).
Dieser Text stellt eine gekürzte Fassung einer Projektarbeit dar, mit der 6 Schülerinnen Aufsehen erregt hatten. Sie setzten sich – unter Leitung ihrer damaligen Lehrerin Janine Geuer - mit der „jüdischen Katholikin“ Toni Marcus auseinander und wurden damit mit dem Landespreis und dann beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2013 mit einem dritten Bundespreis geehrt.
Der Artikel befasst sich mit Toni Marcus geb. Bellerstein (1875-1944 Auschwitz), die mit ihrem Ehemann, dem späteren Amtsrichter Emil Marcus (1861-1924), im Jahre 1903 offiziell aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten war, aber dennoch im Dritten Reich als Jüdin verfolgt wurde. Dabei galt sie als gläubige Katholikin und besuchte seit 1928 die Gottesdienste des jungen Kaplans Joseph Emonds, der damals noch in Essen-Steele (St. Laurentius) tätig war. Auch mit dessen Angehörigen, Adelheid und Jakob Emonds in Erkelenz-Terheeg, war sie eng befreundet.
Sie gehörte sogar, in der vom Rassehass geprägten Zeit, offiziell zu den Gästen anlässlich der Hochzeit von Adelheid und Jakob Emonds. Im selben Jahr 1935 wurde sie von Joseph Emonds katholisch getauft. Daraufhin spendete sie einen Messkelch, der sich noch heute in der katholischen Kirche von Kirchheim (St. Martinus) befindet. Am inneren Kelchrand findet man die Gravur: „Zur Erinnerung, Karsamstag 1935. Maria Antonia Marcus“.(vgl. Foto von Bernard Bell).
Während der Verfolgung fand sie hier, dann später im Kirchheimer Pfarrhaus bei Dechant Joseph Emonds, Unterschlupf. Da angeblich ihr „Judenstern“ nicht sichtbar an der Kleidung angebracht war, gab es mehrfache Denunzierungen, bis sie schlussendlich am 21. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Am 15. Juli 1944 verbrachte man sie dann mit 2500 weiteren jüdischen Menschen (Transport Dz, c 1796) in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, wo sie am Tage ihrer Ankunft ermordet wurde.
Von ihrem Preisgeld stifteten die (mittlerweile ehemaligen) Schülerinnen der Europaschule Erkelenz einen Stolperstein für Toni Marcus. Dieser wurde am 28. April 2015 von Gunther Demnig vor ihrem Wohnhaus der Straße Eikelkamp 16 in Essen-Steele verlegt.