Zu den bekannten jüdischen Familien, die seit Jahrhunderten im Ahrgebiet und in der Voreifel sesshaft waren, gehört die Familie Heymann, die stets bereit war, in ihren Gemeinden Verantwortung zu übernehmen. In den 1980er Jahren halfen mir die Euskirchener Familienangehörigen bei meinen ersten Forschungen.
Während in den nächsten Tagen auf dieser regionalhistorischen Homepage einiges von deren Angehörigen in Dernau und Ahrweiler zu erfahren ist, möchte ich mich heute exemplarisch mit einer Euskirchener Vita befassen. Es handelt sich um den Sohn des letzten Euskirchener Synagogenvorstehers, der hier am 19. Januar 1922 als Friedrich Wilhelm geboren wurde, als Emigrant und Kriegsgefangener nur noch der „Fritz“ war und später als australischer Soldat und Staatsbürger mit „Frank“ seinen endgültigen Namen annahm. Allein der Wechsel vom preußischen „Friedrich Wilhelm“, zum typisch rheinischen, aber auch vom Ausland abgewerteten „Fritz“, bis hin zum endgültigen „Frank“ spiegelt die politische Entwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Familie Heymann hat ihre Wurzeln im Ahrgebiet, wie Buch Matthias Bertram aus Bad Neuenahr-Ahrweiler in seinem Buch „ .... in einem anderen Lande – Geschichte, Leben und Lebenswege von Juden im Rheinland“ detailliert nachweist. Vgl. hierzu auch die Lokalausgabe des Bonner General-Anzeigers.
Im Laufe der 1850er Jahre wurde sie dann aber auch in Flamersheim, Schweinheim und danach in der Kreisstadt Euskirchen sesshaft. Franks Vater, Joseph Heymann (* 27. 12. 1886 Ahrweiler, † 1942 Minsk), war hier der letzte Synagogenvorsteher und konnte mit seiner Ehefrau Sibilla geb. Aron (* 25.03.1887 Arloff) dem Holocaust nicht entkommen. In meinem Buch „JUDAICA – Juden in der Voreifel“ wird das Schicksal der Familie u.a. auf den Seiten 370 ff., 391ff. sowie s. 420 – 423 dargestellt.
Da heutzutage „Flucht“ und „Rettung“ eine bedeutsame Rolle spielen, möchte ich exemplarisch die damalige Flucht von „Fritz“ Heymann aus Euskirchen darstellen. Persönlich hatte ich mit diesem Zeitzeugen in den 1980er Jahren viel zu tun. Er schilderte mir seine die Verfolgung und Flucht, aber endlich auch seine Rettung. Sein Schicksal spiegelt die damalige Kriegssituation.
„Fritz“ Heymann fühlte sich auch nicht in England sicher, nachdem er 1939 hierhin ausgewandert war. Vorher war er aus der Schule herausgerissen worden und hatte sich bis 1938 in Köln-Ehrenfeld als Polsterlehrling betätigt. Zwangsweise hatte man ihn dann als Juden zum Straßenbau verpflichtet, bis ihm dann endlich die Emigration gelang. Im Mai/Juni 1940 wurde auch Fritz Heymann interniert und in den englischen Listen als „feindlicher“ Deutscher geführt, was er unter den gegebenen Umständen als paradox empfand. Als „Internee" wurde er nach Australien verschickt:
„In London gab es ein Zentrum für Flüchtlinge aus Deutschland, das ,Bloomsbury House'. Von dort aus wurde ich zu einer ,Trainingsfarm' geschickt, wo wir zu etwa 50 jungen Menschen waren. Dort verblieb ich einige Zeit und suchte mir dann privat eine Stellung: zuerst auf einer Farm und dann als Portier in einem Hotel.
Paradoxie des Schicksals! Zu dieser Zeit wurde ich sogar von der deutschen Botschaft in England aufgefordert, mich zum Militärdienst zu melden. Ich musste das Hotel verlassen, weil dort englische Offiziere untergebracht waren, die gegen deutsche Angestellte protestierten.
(...) Nach der Internierung in England bot man uns an, die Insel zu verlassen. Da ich Angst hatte, dass England fallen würde (1940!), nahm ich das Angebot an. Wir hatten gehört, dass in Frankreich die Behörden den Nazis die Schlüssel der Interniertenlager ausgehändigt hätten. Wir wurden in einem Truppentransporter `DUNERA´ weggebracht. Unser Ziel erfuhren wir allerdings erst nach einer Woche."
Den vollständigen Bericht von Frank Heymann zitiere ich in meinem o.a. Buch „JUDAICA – Juden in der Voreifel“ S.421-423: