71 Jahre nach der„Reichskristallnacht“:
Neue Schwerpunkte der Mahnung und Erinnerung im Kreis Euskirchen

von Hans-Dieter Arntz
24.11.2009

Form und Schwerpunkt der Erinnerung an die „Reichskristallnacht“ haben sich geändert! Während man noch im Jahre 2008 – wegen des 70. Jahrestages – in vielfältiger Form des Novemberpogroms von 1938 gedachte, rief das historische Datum 9./10. November in diesem Jahr eher zur nur allgemeinen - und offenbar nicht mehr speziellen - Erinnerung und Versöhnung der Menschen auf. Im Kreis Euskirchen gedachte man auch verstärkt der vielen anderen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, z. B. der Zwangsarbeiter, Homosexuellen, Euthanasieopfer, der politisch und religiös Verfolgten - und auch grundsätzlich aller Kriegsopfer.

 

Zwangsarbeit

Presseartikel aus Region zum Thema „Reichskristallnacht“

Rückblick auf Aktivitäten vor 2009

Die diesjährigen Aktivitäten in der Region der Eifel und Voreifel konzentrierten sich somit nicht mehr unbedingt auf die jüdischen Opfer, deren Besitz und Leben während der ersten groß angelegten Verfolgung durch fanatische Nationalsozialisten gefährdet oder gar vernichtet wurde. Beschämt wurden wir besonders 2008 daran erinnert, was alles während der „Reichspogromnacht“ geschah. Weitere Erkenntnisse und „Synagogenprozesse“ als juristische Reaktion auf die Ausschreitungen im Kreis Euskirchen wurden unter dem Titel „REICHSKRISTALLNACHT“ dokumentiert. Mit Recht waren nach 70 Jahren noch einmal viele Städte und Gemeinden daran interessiert, das Vergangene aufzuarbeiten und den Abscheu gegen diese Verbrechen in vielfältiger Form auszudrücken. Oft geschah dies mit beeindruckenden Veranstaltungen. Dies war im Jahre 2009 nicht mehr so.

Es gab zudem noch einen anderen Grund, den 9. November besonders in den Vordergrund zu stellen. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hatte vorbeugend gemahnt, bei aller Freude über den Mauerfall vor 20 Jahren den Pogrom am 9. November 1938 nicht zu vergessen. In Zukunft müsse ein Weg gefunden werden, um beider Ereignisse in angemessener Form zu gedenken, erklärte Knobloch in Mün­chen. Es sei aber völlig in Ordnung, dass die Erinnerungskultur der Bundesrepublik dieser Tage ganz unter dem Eindruck der Deutschen Einigung stehe.

Bis in die 70-er Jahre gab es in unserer Region eigentlich kaum eine systematische Aufarbeitung der „jüngsten deutschen Geschichte“. Die „Reichskristallnacht“ wurde auf dem Lande „verdrängt“. Es gab keine regionalhistorischen Forschungen. Im Gegenteil, es lässt sich beweisen, dass sie bewusst unterdrückt und gar behindert wurden. Zu gering war der zeitliche Abstand, zu deutlich die Erinnerung! Das gilt sicher nicht für die großen Städte, aber ganz besonders für die ländlichen Regionen und deren Bevölkerung, deren Mobilität schon immer eingeschränkt war. Hier hatte fast jeder persönlich die Judenverfolgung miterlebt. Die in der unmittelbaren Nachbarschaft noch lebenden Täter hatten Angst vor der Aufdeckung, und ihre meist schuldlosen Nachbarn schämten sich wegen ihrer damaligen Passivität. So saß man in der Nachkriegszeit ganz eng „im selben Boot“, da man zuviel im NS-Mief des kleinen Ortes miterlebt hatte. Auch beruflich und wirtschaftlich war man oft auf dem Lande voneinander abhängig. In diesem Mikrokosmos entwickelte sich bis in die 70-er Jahre ein systematischer Abschottungsmechanismus bezüglich der Rassendiskriminierung und des Holocaust. Die Nachkriegsgeneration hat dies selbst während der Schulzeit selbst erlebt.

Mir kam ich es in diesem Jahr so vor, als ob nach 71 Jahren die „Reichskristallnacht“ regionalhistorisch und gefühlsmäßig nicht mehr denselben Stellenwert wie früher hatte. Das diesbezügliche Engagement der politisch Verantwortlichen und der jüngeren Generationen hat nachgelassen. Das, was im Jahre 2009 im Eifel- und Voreifelgebiet – somit im Kreis Euskirchen - zu beobachten war, wird in vielen Gegenden ähnlich gewesen sein. Es bleibt die Frage, ob es sich hier um eine sich anbahnende Veränderung der Erinnerungskultur handelt.

Veranstaltungen im November 2009

Die Erinnerung an die im Holocaust ermordeten Juden hat eine neue Form angenommen. Die modische und medienspektakuläre Verlegung von Stolpersteinen gehört hierzu – ist aber nicht unumstritten. Sie wird zum Beispiel ostentativ auch in München, Hameln und sogar im benachbarten Kerpen abgelehnt, ist aber meiner Meinung nach ein wichtiges Merkmal der Erinnerungskultur.

In vielen Gemeinden der Voreifel und Eifel stand auch die Erinnerung an nicht-jüdische Opfer des Nationalsozialismus im Vordergrund. Somit hat der 9./10. November eine neue Funktion bekommen, zumal wenige Tage darauf Volkstrauertag und Totensonntag auch als diesbezüglicher „Weg gegen das Vergessen“ gelten.

 

Grabstein   Grabstein

Gedenktafel in Weilerswist

 

Auf dem Friedhof von Lommersum

Weilerswist

Zum Gedenken an den 71. Jahrestag der Reichspogromnacht in Weilerswist luden Ge­meinde, Kirchen und die Ge­samtschule am Montag, dem 9. November, um 18 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung an der Gedenkstele vor dem Rathaus ein. Dort wollte die Jahrgangsstufe 7 das Stück „Vergangenheit - Un­vergessen" präsentieren, das von den Schülern und Schülerinnen in den vergangenen Wochen vorbereitet worden war. Die Ereignisse während des Novemberpogroms waren allen bekannt. In den zurückliegenden Wochen hatten rund 150 Schüler des 7. Jahrgangs der Gesamtschule auch fiktive Interviews und Spielszenen vorbereitet. In einer ebenfalls fiktiven Gerichtsverhandlung befassten sie sich auch mit den Gefahren, die vom Rechtsradikalismus einst und heute ausgehen.

Auf der Online-Gemeindezeitung von Weilerswist hieß es abschließend:

Gedenken an die Holocaust-Opfer
Schüler zogen im strömenden Regen mit Lichtern durch Weilerswist
Nicht hold war der Wettergott den Teilnehmern des Lichterzuges zum Gedenken an die Pogromnacht in Weilerswist. Es regnete in Strömen. Schon am Treffpunkt an der Gedenk-Stele vor dem Rathaus hatten die Gesamtschüler Mühe, dass ihre Kerzen nicht ausgingen. Nachdem sie die Namen der Holocaust-Opfer verlesen hatten, startete der Lichterzug, um schnell ins trockene Forum der Gesamtschule zu gelangen.

Mechernich

Die Stadt Mechernich gedachte ebenfalls in einer neueren Form ihrer Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft während der Nazidiktatur. So fand am Sonntag, dem 8. November, im Kernort ein GEDENKGANG statt, der an drei „Stationen“ der Mechernicher erinnerte, die durch Verfolgung und Gewalt im Dritten Reich umkamen. Hierzu gehörten in diesem Jahr besonders die Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter sowie die Opfer der Euthanasie. Der Schleidener Wochenspiegel vom 28. Oktober beschrieb den geplanten Verlauf folgendermaßen:

Beim Ge­denkgang in Mechernich sind insgesamt drei Stati­onen geplant, an denen an jene Mechernicher erinnert wird, die durch Verfolgung und Gewalt im Dritten Reich umgekommen sind. In den vergangenen Jahren hat der Gedenkgang vor allem auf das Schicksal der jüdischen Bevölkerung hin­gewiesen. Aus gegebenem Anlass soll dieses Jahr auch an zwei andere Gruppen erinnert werden, die Op­fer des Nationalsozialismus wurden.

Die erste Station am Sonn­tag, 8. November, ist der neue Gedenkstein in der Marienau, der an Kriegsge­fangene und Zwangsarbei­ter erinnert, die im Zweiten Weltkrieg am Bleiberg ums Leben kamen. Der Stein steht an der Stelle, an der im November 1944 ohne Gerichtsurteil eine junge ukrainische Zwangsarbeiterin wegen angeblichen Plünderns erhängt wurde. Er erinnert auch an zwölf weitere Zwangsarbeiter, die während des Krieges in Me­chernich ermordet wurden.

Die zweite Station befindet sich vor der katholischen Pfarrkirche St. Johannes Baptist. Sie erinnert an das Euthanasieprogramm der Nazis, in dem seit Oktober 1940 behinderte Kinder, Ju­gendliche und Erwachsene sowie psychisch Kranke als so genanntes »unwertes Le­ben« systematisch ermordet wurden. Auch ein nament­lich bekannter junger Mann aus Mechernich gehörte zu einer ersten Welle von über 20 000 Getöteten.

Hunderte aus der Eifel und dem Kreis Euskirchen wur­den im Kloster Marienborn in Zülpich gesammelt und von dort zur Ermordung in die hessische Anstalt Hadamar abtransportiert. Als Station zu ihrem Ge­denken dient die Mecher­nicher Pfarrkirche, weil hef­tige Proteste - vor allem von kirchlicher Seite 1941 - zu einem offiziellen Ende des Euthanasieprogramms führten. Die Nationalsozialisten haben aber auch danach mit zahlreichen, dann aber inoffiziellen Maßnahmen massenhaft behinderte und kranke Menschen ums Le­ben gebracht. Schüler des Gymnasiums am Turmhof wollen beim Gedenkgang an diese Opfer erinnern.

Die letzte Station ist das evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Die Gestal­tung dieser Station über­nehmen Konfirmanden der evangelischen Kirche. Sie soll meditativ-besinnlichen Charakter haben.

Veran­stalter des Gedenkganges insgesamt waren die Schulen der Stadt Mechernich sowie die evangelische Kirchen- und die katholische Pfarr­gemeinde. Im vergangenen Jahr, anlässlich des 70. Jah­restags der Pogromnacht, hatte eine sehr große An­zahl von Menschen am Ge­denkgang durch Mechernich teilgenommen. Seinerzeit standen die Stolpersteine im Mittelpunkt, die an ge­flüchtete, deportierte und ermordete jüdische Mit­bürger erinnern. Die Ver­anstalter hofften, dass auch anlässlich des siebzigsten Jahrestages des Beginns der Euthanasie eine ähnlich große Anzahl von Teilnehmern am Ge­denkgangteilnehmen würde.

Eifelgebiet (Heimbach)

Das Netzwerk „Kirche im Nationalpark“ wollte mit einem ähnlichen „Weg gegen das Vergessen“ an einen der dunkelsten Tage in Deutschlands Geschichte erinnern. Am Sonntag, dem 8. November, gab es eine ähnlich wie in Mechernich motivierte „Stadtführung“, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Heimbach, dem dortigen Geschichtsverein sowie den Vertretern der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde vor Ort geplant wurde. Auch hier gedachte man nicht nur der jüdischen Familie Nathan – stellvertretend für das Geschehen während der „Reichspogromnacht“- sondern auch der Zwangsarbeiter. Die Lokalausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers schrieb in der Wochenendausgabe vom 7./8. November in einer Vorschau u.a.:

Im Stadtgebiet, so recherchierte der Geschichtsver­ein, waren damals mehr als 70 polnische, namentlich bekannte Zivilarbeiter überwiegend in den landwirtschaftlichen Betrieben tätig. Zusätzlich zimmerten 38 russische bzw. ukrainische Zwangsarbeiter, viele von ihnen Mädchen und Frauen, im Säge­werk Schoeller Transportkisten zusammen. In diesen hölzernen Steigen wurde anschließend das Obst und Gemüse aus dem Vorgebirge ver­schickt. Oft auch bis zur Front. „Bei einem Bombenabwurf am Abend des 22. Oktobers 1943 ka­men im Hof dieses Sägewerks der 43-jährige Hans Sewerenko und die 19-jährige Nata Hurine­wa ums Leben" (…).

Die nächste „Station des Erinnerns" ist dem jüdischen Leben in Heimbach gewidmet: Etwa Ende der 1870er Jahre siedelte sich der in Gemünd geborene Metzger Moses Nathan mit sei­ner Frau Julia aus Köln in Heim­bach an. Sieben ihrer acht Kinder erblickten in Heimbach das Licht der Welt. Auch ihr erstgeborener Sohn wohnte zunächst in dem Pilgerstädtchen. Fünfseiner Kin­der wurden dort geboren, bevor Ludwig von Heimbach nach Düren zog und am Kaiserplatz eben­falls eine Metzgerei betrieb. Dort verstarb er 1920. Später wurden vier seiner Geschwister durch das nationalsozialistische Terror-Regime ermordet. Darunter sein Bruder Sigmund, ein 56-jähriger Metzger aus Strempt. Drei Kindern von Ludwig Na­than gelang die Flucht in die USA. Sie überleben. „Vermut­lich", so Peter Cremer, „stand das Haus der Nathans in der heutigen Hengebachstraße 75. Dort wer­den wir innehalten; selbst wenn 1938 hier keine Juden mehr wohnten. Schließlich waren viele Familienmitglieder gebürtige Heimbacher."

Im Rosengarten von Burg Hengebach, der dritten Station, refe­riert anschließend der Heimba­cher Kunstlehrer Karl Mebold. Angesichts der modernen Skulp­tur „Der Schläfer" von Gerhard Marks will er kurz das Men­schenbild des Nationalsozialis­mus erläutern - monumental ver­ewigt in den Reliefs und Plasti­ken auf der Ordensburg Vogel­sang. Zudem erinnert Mebold an die damaligen Pläne, Heimbach in ein „NS-Musterdorf umzuge­stalten.

Der gut einstündige Gang „ge­gen das Vergessen" endet mit ei­ner ökumenischen Gedenk-Messe in der katholischen Wallfahrts­kirche. Dabei soll auch die Rolle der Kirchen im Dritten Reich thematisiert werden.

Hellenthal/Blumenthal

Bewusst im traditionellen Stil gedachten die Bürger von Hellenthal und Blumenthal der „Reichskristallnacht“ vor 71 Jahren. Der Lokalteil der Kölnischen Rundschau teilte am 7. November mit:

Der Hellenthaler Weg gegen das Vergessen" beginnt am Montag, 9. November, um 18 Uhr am wieder hergestellten Synagogen-Mahnmal in der Alten Schulstraße in Blumenthal. Der Weg führt von dort weiter zur Gedenktafel am Haus Giefer, das vor 1904 als Gebetshaus der jüdischen Gemeinde diente.
Weiter geht es zum jüdischen Friedhof „Am Zengelsberg" und anschließend zum evangelischen Gemeindehaus „Im Kirschseiffen". Die Teilnehmer werden gebeten, selbst geeignete Lichter zur Ausleuchtung des Weges mitzubringen. Zum Aufwärmen wird für die Teilnehmer im Gemeindehaus heißer Tee angeboten.

Hier wird Helmut Clahsen aus Aachen ab 19 Uhr aus seinen persönlichen Erinnerungen über die Verfolgungen durch die Nazi-Schergen im deutsch-belgischen Grenzraum vorlesen: „Mama, was ist ein Judenbalg? - Eine jüdische Kindheit in Aachen 1935 - 1945".

Kall-Steinfeld

Mit Lesungen und Musik arbeitete die Menschenrechtsgruppe am Hermann-Josef-Kolleg die Vorfälle während der „Reichskristallnacht“ in Text und Bild auf. Die Gymnasiasten wollten möglichst authentisch zeigen, was vor 70 Jahren in der Eifelgemeinde Kall geschah. Sie erarbeiteten eine Präsentation, die nicht belehren wollte, sondern möglichst authentisch zeigen sollte, was damals während der Kristallnacht in Kall geschehen war.

Es kamen auch Betroffene zu Worte. So präsentierte man Auszüge aus dem Tagebuch der Anne Frank, die die bedrückende Situation der von den nationalsozialistischen Schergen verfolgten Menschen schildert. Auch ein Augenzeugenbericht über die Ereignisse in Kall lag der Schülergruppe vor. Mirjam und Susanne Fernbach, Töchter des jüdischen Volksschullehrers Moses Fernbach, hatten die Geschehnisse in der Pogromnacht mit angesehen und später davon berichtet. Das Bildmaterial zeigte brennende Synagogen, festgenommene jüdische Bürger und Fotos aus Auschwitz. Abschließend heißt es auf der Homepage des Hermann-Josef-Kollegs:

Die Präsentation in der Aula bestand aus einem Wechsel von Texten und Bildern. Die Texte wurden von einigen Mitgliedern der Menschenrechtsgruppe vorgelesen. Abschließend machte das Lied „Kristallnacht“ der Gruppe BAP deutlich, dass auch heute Intoleranz, Ausgrenzung und Gewalt nicht überwunden sind. Eingeladen zu der Veranstaltung waren alle Schüler der Jahrgänge 9 und 10. Aufgrund der sehr positiven Resonanz können sich die Organisatoren jedoch vorstellen, ein Abendprogramm für eine breitere Öffentlichkeit in ähnlicher Weise zu gestalten.

Euskirchen

In den 80-er Jahren gab es am 9./10. November in Euskirchen noch Lichterprozessionen, Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen. So etwas gehört wohl der Vergangenheit an. Schon in letzter Zeit nahm die Kreisstadt Abstand davon. Wenn nicht der renommierte WEISS-Verlag im letzten Jahr für eine zentrale Veranstaltung zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ die Verantwortung und Organisation übernommen hätte, wäre im einstigen Zentrum der Eifeler und Voreifeler Synagogengemeinde überhaupt keine Erinnerungsfeier nachweisbar gewesen.

Auch im Jahre 2009 fühlte sich keiner mehr hierfür zuständig. Dennoch ist es ausgesprochen positiv zu bewerten, dass am 9. November Bürgermeister Dr. Uwe Friedl eine interaktive Gedenktafel als „virtueller Gedenkstein für alle NS-Opfer“ freischaltete. Auf der Internetseite der Stadt wurde am Montag anlässlich der Reichpogromnacht von 71 Jahren eine Liste veröffentlicht. Darauf befinden sich etwa 1000 Namen von Menschen aus dem heutigen Stadtgebiet Euskirchen, die durch das Nazi-Regime ums Leben gekommen sind. Mit der Benennung der Opfer soll der Schrecken der NS Zeit ein Gesicht bekommen. Der Link ist seit dem 9. November 2009 unter dem Stichwort „Gegen das Vergessen“ abrufbar. In dieser Internetplattform unterscheidet das Euskirchener Stadtarchiv zwischen: u.a. Opfer aus religiösen Gründen, politisch Verfolgte, Euthanasieopfer und „Fahnenflüchtige“. Gerade die Kategorie der Wehrmachtsangehörigen, die wegen „Fahnenflucht“ als Kriegsverräter ein Opfer der NS-Militärjustiz wurden, ist noch weitgehend unbekannt. Sie kann nur durch Hinweise aus der Bevölkerung ergänzt werden.

Unter der Überschrift „Rassenwahn und Euthanasie“ werden auch jüdische Opfer des heutigen Euskirchener Stadtgebietes aufgelistet. Die Leistung der Stadtarchivarin Dr. Gabriele Rünger und deren Mitarbeiterin Sabine Dünnwald kann nicht positiv genug bewertet werden, da bisher der Bevölkerung kein direkter Abruf ähnlicher Fakten möglich war. Besonders für viele im Ausland lebenden Genealogen eröffnet sich durch diese Datenbank, die gleichzeitig eine interaktive Gedenktafel und ein virtueller Gedenkstein ist, ein neues Betätigungsfeld.

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