Das neue Kalenderjahr beginnt mit einer guten Nachricht: Der Euskirchener Stadtrat entschied, in Euskirchen-Flamersheim eine Straße nach dem hier geborenen Josef Weiss zu benennen. Damit kam er einem Wunsch nach, der nicht nur weltweit in jüdischen Kreisen seit Jahren geäußert wurde. Künftig wird im Neubaugebiet des Vorortes an „Jupp“ erinnert, den letzten Judenältesten von Bergen-Belsen.
Diese Funktion wurde ihm von der SS aufgezwungen (Dezember 1944 bis April 1945) und war mit unvorstellbaren Anforderungen verbunden. Bei Kriegsende herrschten in den Konzentrationslagern unmenschliche Zustände, und dies galt ganz besonders für das Heidelager Bergen-Belsen:
„Auschwitz war die organisierte Hölle, Bergen-Belsen ist die Hölle ohne Gnade", sagte Lin Jadalti, die holländische Jüdin und Freundin von Anne Frank, die beide Lager kennen gelernt hatte. Die Bilder des Grauens, die sich den britischen Soldaten bei der Befreiung des Lagers am 15. April 1945 boten, gingen um die ganze Welt. In diesem ehemaligen „Aufenthaltslager", etwa 60 km von Hannover mitten in der Lüneburger Heide gelegen, lagen Tausende von Leichen. Dazwischen vegetierten die Überlebenden, fast verhungert und kaum noch lebensfähig.
Heute weiß man, dass insgesamt etwa 50.000 Häftlinge und 20.000 sowjetische Kriegsgefangene im Lager ums Leben kamen. Der Name Bergen-Belsen wurde zu einem Symbol für die Gräuel und Verbrechen des nationalsozialistischen Konzentrationslagersystems, für den Terror und die deutschen Verbrechen der NS-Zeit. Dass in einem solchen Inferno ein Voreifeler Jude zum Vorbild und zur Hoffnung vieler Menschen werden konnte, wird wahrscheinlich immer bewundernswert bleiben!
In der Funktion als „Judenältester" war Josef Weiss (1893-1976) „Held in der Brandung des Holocaust" oder - wie es die heute in Australien lebende jüdische Autorin Hetty E. Verolme am 6. August 2007 schriftlich bestätigte – „the rock of Gibraltar". Ein Nachruf von Eli Dasberg würdigte ihn als einen Mann, „der würdig blieb in einer unwürdigen Umgebung". Im Rahmen seiner Möglichkeiten zeichnete er sich durch seine philanthropische Einstellung, als charismatische Führungspersönlichkeit und als Organisationstalent aus, was vielen Juden das Leben rettete. Die Schriftstellerin Hetty E. Verolme ergänzt: „He was always calm and protective for Jewish prisoners.“
Dank der engagierten Unterstützung durch den CDU-Landtagskandidaten Klaus Voussem befürwortete am 8. Dezember der Planungsausschuss und eine Woche später der Euskirchener Stadtrat den Antrag, in Euskirchen-Flamersheim eine Straße nach Josef Weiss zu benennen.
Die künftige Jupp-Weiss-Straße wird sich im Flamersheimer Neubaugebiet „Im Mühlacker“ befinden, wo die Parzellierung und ersten Arbeiten bereits begonnen haben. Jedoch wird es noch eine gewisse Zeit dauern, bis es zur offiziellen Enthüllung des Straßenschildes kommt, da erst demnächst die Neubauten erstellt werden. Dennoch haben schon jetzt Angehörige von Josef Weiss in Israel und England, aber auch Vertreter jüdischer Organisationen ihre Anwesenheit angekündigt.
Artikel des Euskirchener Wochenspiegels vom 30. Dezember 2009:
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Jupp Weiss aus Flamersheim, der Judenälteste von Bergen-Belsen