Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet
(Vorstellung des gleichnamigen Buches von Hans-Dieter Arntz in der deutschen, belgischen und israelischen Presse)

von Hans-Dieter Arntz
18.04.2007

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der umfangreichen Dokumentation von Hans-Dieter Arntz „ Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet“, die im Dezember 1990 im Kümpel-Verlag Euskirchen erschien. In detaillierter Form konzentriert sich das etwa 800 Seiten starke Werk auf die Altkreise Euskirchen und Schleiden sowie auf die Region Monschau, Aachen und Eupen/ St.Vith und Malmedy. Dieses 3-Länder Dreieck wird exemplarisch als Möglichkeit dargestellt, im Dritten Reich über die „grüne Grenze“ zu flüchten und sich – zumindest vorläufig -  dem Einfluss des Nationalsozialismus zu entziehen. Dabei steht der Übergang nach Belgien eher im Vordergrund als in die Niederlande. Die Ambivalenz zwischen „Judenschleppern“ und „Judenfängern“ ist eindringlich; die Parallelität der Fluchthelferorganisationen einst und jetzt fällt auf. Der Kümpel-Verlag Euskirchen sieht in dem Werk einen Beitrag zur Geschichte des zusammenwachsenden Europas  und der „EUREGIO“.

Insgesamt 27 Besprechungen aus Deutschland, Belgien und Israel – die in den ersten Monaten nach Erscheinen des Buches  publiziert wurden -, stellen das Werk aus unterschiedlicher Sicht dar. Durch diese Vielfalt können die verschiedenen Schwerpunkte der Rezensenten erkennbar werden.  

H. L.

Link: Jüdische Erinnerung an die Heimat  (aus "Letters from Rungholt")

 

judenbuch2

www.hans-dieter-arntz.de/b1.html
ISBN-Nr. 3-9800787-6-0
808 Seiten sowie 360 Fotos und 170 Dokumente
44 .- EUR

Gesamtauflage zurzeit vergriffen.
Erwerb eventuell antiquarisch bei AMAZON und EBAY

 

Der Herausgeber:  Kümpel-Verlag Euskirchen (Dezember 1990)
Die umfangreiche Dokumentation „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet" konzentriert sich topographisch auf das Eifel-Ardennen-Gebiet im Bereich der einstigen Kreise Schleiden und Aachen, aber auch Monschau, Euskirchen und das belgische Eupen/Malmedy.

Der Verfasser, Hans-Dieter Arntz aus Euskirchen, gehört inzwischen zu den profilierten Sachbuchautoren der rheinischen Regionalhistorie. Seine Bücher „JUDAICA", „Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein" sowie „Ordensburg Vogelsang" gelten inzwischen als Standardwerke. Die vielfältigen Forschungsergebnisse werden durch eidesstattliche Erklärungen und Gerichtsunterlagen ergänzt, so dass - besonders am Beispiel des Grenzkreises Schleiden - eine lückenlose Darstellung der Judenverfolgung und der „Kristallnacht" möglich wird. Dabei stellt sich heraus, dass der Novemberpogrom auf dem Lande nach „Eifelspezifischen“ Mechanismen ablief.

Die deutsch-belgische Grenze zwischen Losheim und Aachen spielte ab 1933 eine besondere Rolle: Sie diente Juden, Kommunisten, Sozial­demokraten oder Pazifisten zum illegalen Verlassen des „Dritten Reiches". Die Flucht über die „grüne Grenze" erfolgte in vielen Varianten, die erstmals wissenschaftlich - aber doch gut verständlich - dargestellt werden. Der Verfasser konnte mehr als 100 „Judenfänger", „Juden­schlepper" oder jüdische Flüchtlinge ausfindig machen. Als Eupen/Malmedy nach dem Einmarsch der deutschen Truppen am 10. Mai 1940 wieder „heim ins Reich" kehrte und sich somit die deutsche Reichsgrenze nach Westen verschob, verlagerte sich zwar der „Menschenschmuggel", war aber keineswegs beendet. Detailliert weist der Autor nach, wie noch im Jahre 1942 die Unternehmen „Hella" oder „Hedwig" Berliner Juden über Aachen, Eupen, Herbesthal, Heinrichskapelle, Thimester, Verviers nach Brüssel und Antwerpen schleusten (…).

 

        kriminalpolizei

 

Tageszeitung „Grenz-Echo“  (Belgien) vom 13.12.1990
(…). Doch nicht nur von Fluchthilfe ist in dem Buch die Rede. Zur Sprache kommen auch die Ju­denverfolgungen und Deporta­tionen in der gesamten deut­schen Eifel und in den 1940 annektierten belgischen Krei­sen Eupen, Malmedy und St. Vith (…)
Nicht zuletzt wird auch die Rolle des Grenz-Echos und dessen Mitarbeiter im Kampf gegen den Nationalsozialismus eingehend behandelt. Hans-Dieter Arntz ist der erste Au­tor, der sich eingehend mit dieser Thematik befasst und bisher unbekannte Fakten auf­gespürt hat (…).

 

Kölner Stadt-Anzeiger (Teil Euskirchen) vom 19.12.1990
(…) Die Gespräche mit Zeitzeugen und Betroffenen, darunter 150 Interviews mit jüdischen Flüchtlingen , waren nur Teil einer dreijährigen Arbeit, in deren Verlauf Arntz Anzeigen in israelischen und amerikanischen Zeitungen aufgab, um Flüchtlinge ausfindig zu machen, mit Akribie Gerichtsakten wälzte, unzählige Stunden in Archiven verbrachte, mühsam recherchierte Fakten wie ein Mosaik zusammensetzte und zahlreiche Fotos reproduzierte (…). In dieser Dokumentation werden auch erstmals eidesstattliche Erklärungen aus den Synagogenbrand-Prozessen veröffentlicht (…).

 

Euskirchener Wochenspiegel vom 19.12.1990
Vor wenigen Tagen ist das mit Spannung erwartete neue Buch des Euskirchener Historikers Hans-­Dieter Arntz, „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgi­schen Grenzgebiet“, vom Kümpel-Verlag ausgeliefert worden und in den Buchhandlungen erhältlich. Nach »JUDAICA«, »Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein« und »Ordensburg Vogel­sang« handelt es sich bei dem neuesten Werk um die vierte wis­senschaftliche Aufarbeitung der jüngsten Geschichte unserer Re­gion aus der Feder des renom­mierten Autors.

Arntz beginnt seine -  auf zahllose Recherchen in Archiven und ande­ren Institutionen sowie Befragun­gen von Zeitzeugen basierende - Dokumentation mit der Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Judentums im Eifel-Ardennengebiet (…). Mit der Machtergreifung durch die Nazis wurde die in den vorherge­henden hundert Jahren erfolgte mehr oder weniger deutliche Assimilierung der Juden abrupt unter­brochen. Mit diesem Zeitpunkt be­ginnt auch der eigentliche, dem Ti­tel entsprechende Teil der Arntz `schen  Dokumentation, die ihren Höhepunkt vor allem in der lücken­losen Darstellung der Judenverfol­gungen und der »Kristallnacht« am Beispiel des Grenzkreises Schleiden findet.

Nicht viel weni­ger Augenmerk hat der Autor bei seinen Nachforschungen auf die umliegenden Gebiete, den ehema­ligen Kreis Monschau und Aachen, den Ahrraum und Euskirchen so­wie auf die belgischen Ostkantone verwendet (…).

Arntz dokumentiert detailliert auch die besondere Rolle, die die deutsch-belgische Grenze zwi­schen Losheim und Aachen in der Zeit der Naziherrschaft für viele gespielt hat, die den braunen Hä­schern entkommen wollten. Was selbst vielen Fachhistorikern un­bekannt sein dürfte: noch bis min­destens 1942/43, also auch nach Ver­legung der Westgrenze, halfen or­ganisierte Gruppen verfolgten Ju­den, Kommunisten, Sozialdemo­kraten und Pazifisten bei der Flucht nach Belgien.

Sein neues Buch hat Arntz seinen Kindern Amrei und Carsten gewid­met, „stellvertretend für die heran­wachsende Generation, zur Besin­nung und Warnung vor Diskrimi­nierung von Minderheiten“. Keine unzeitgemäße Warnung, wie uns scheint!

 

Aachener Nachrichten (AN /Nr. 297) vom 21.12.1990
 (…) und geht auf die NS-Zeit ausführlich ein. Und da hat der Autor al­lerdings zahlreiche belegbare Zitate zur Hand, die bisher weitgehend unbekannt waren und handfestes Material für eine Aufarbeitung der NS-Geschichte auch im Alt­kreis Monschau bieten. Besonders aufschlussreich sind die wieder­gegebenen Artikel im „Westdeutschen Be­obachter" (…).               
Entsprechend dem Titel „Fluchthilfe" hat der Autor viele Einzelfälle recherchiert, wobei natürlich das Monschauer Land, die Vennbahn und der Schmuggel bedeutende Rollen spielen (…).

Der ungewöhnliche Um­fang des Buches, das für jeden Heimat­kundler und ernsthaften Historiker eine unschätzbare Fundgrube ist, kam nicht zu­letzt deshalb zustande, weil Arntz sich nicht mit der Schilderung der direkten Gescheh­nisse begnügte, sondern auch die Hinter­gründe ausleuchtet, „weil sonst das Gesche­hen nicht verständlich vorgebracht werden kann", wie er erklärte. Wie gesagt, hat das Buch über die zeitge­schichtliche Aussage hinaus (…) eine hohe Bedeutung.

    

Kölnische Rundschau vom 22. 12. 1990
Das neue Buch von Hans-Dieter Arntz wird manchen Zeitgenossen nicht gefallen, weil er diesmal konkret Namen aus der Nazi-Zeit nennt. Darüber sollte man sich nicht aufregen! Momentan regt sich alles darüber auf, wer in der früheren DDR  als Stasi-Mitarbeiter gearbeitet hat. Warum soll da nicht die „braune Vergangenheit“ im Kreis  aufgearbeitet werden?

 

Verein der Geschichts-und Heimatfreunde des Kreises Euskirchen e.V. vom Januar 1991
Der bekannte Sachbuchautor dokumentiert auf über 800 Seiten mit 360 Fotos weitere umfangreiche Einzelheiten aus dem dunkelsten Kapitel der nationalsozialistischen Zeit -  mit dem antisemitischen Rassisismus, wie er sich im Eifel-Ardennen-Gebiet der einstigen Kreise Eupen, Aachen, Monschau, Schleiden und Euskirchen abgespielt hat. Auf der Grundlage auch von Gerichtsakten zeichnet sich nun ein geschlossenes Bild der Judenverfolgung und des Novemberpogroms ab und macht anhand bedrückender Einzelschicksale menschliches Leid und Unrecht deutlich. Was an der deutsch­belgischen Grenze zwischen Losheim und Aachen ab 1933 mit politischen und rassischen Flüchtlingen geschah, hat der Autor auch in vielen Interviews ausfindig gemacht. Sie belegen, dass bis 1942/43 die so genannte „grüne Grenze“ als Weg in die Freiheit oder den Untergrund genutzt wurde.

 

Kulturmagazin „neues  rheinland“  Nr. 2 vom Februar 1991
Recherchiertes Grauen!  Hans- Dieter Arntz ist ein Au­tor, der nicht an der Ober­fläche bleibt: Seine Re­cherchen führen ihn, so könnte man auch beim Stu­dium dieses, seines vierten Buches glauben, weit vom Thema ab, um dann aber festzu­stellen, dass eben die Dar­stellung der Hintergründe und »Nebenkriegsschau­plätze« erst den Zugang zum Gesamtinhalt erschlie­ßen. So wurde aus einem auf 250 Seiten konzipierten Buch ein 800-Seiten Werk, das man nicht ohne Grauen aus der Hand legen kann. Kein Roman, keine fortlau­fende Erzählung, sondern eine Dokumentation des Unglaublichen.

Man kann die Pogrome gegen belieb­te Mitbürger, Kriegskame­raden, Nachbarn in kleinen Eifeldörfern einfach nicht nachvoll­ziehen - aber das sind die peinlichst recherchierten »Geschichten«, die in der nüchternen Darstellungs­weise überzeugen.
Eigent­lich liegen hier zwei Bü­cher vor - das eine über die Judenverfolgung (fast aus­schließlich) im Altkreis Schleiden, das andere über die Fluchthilfe in den We­sten im deutsch-belgischen Grenzgebiet. »Schlepper« nennt man jene, die gegen Bargeld und Schmuck heute von West nach Ost Men­schen über die grüne Gren­ze bringen. Es waren auch damals nur selten Mitbür­ger, die Menschen helfen wollten, ohne sich an ihnen eine goldene Nase zu »ver­dienen«.

 

Aachener Volkszeitung vom 30.1.1991
„Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgi­schen Grenzgebiet" heißt das jüngste Buch des Euskirchener Autors Hans-Dieter Arntz, der sich bereits durch eine Reihe zeitge­schichtlicher Dokumentationen, darunter „Ordensburg Vogel­sang", die auch in unserer Zeitung im Auszug veröffentlicht wurde, einen Namen gemacht hat. Das über 800 Seiten starke Werk konzentriert sich wie alle seine Publikationen auf den engeren rheinischen Raum, insbesondere auf die Kreise Schleiden und Aa­chen, wobei er dem deutschspra­chigen ostbelgischen Raum um Eupen und Malmedy gesonderte Aufmerksamkeit widmet -  hin­sichtlich der Wechselwirkung auf die nationalsozialistische Propa­ganda vor dem Anschluss 1940 so­wie des Aktionsterrains der Fluchthelfer für illegale jüdische Emigranten wegen.

Arntz ist dabei eine Dokumenta­tion gelungen, die weit über die bisher erschienene Literatur für unseren Raum in diesem Sachbe­reich hinausgeht. Er stöberte in Archiven bisher unbekannte Do­kumente und Fotos auf, befragte Zeitzeugen innerhalb und außerhalb Europas - Täter und Opfer. Er vermittelte so ein fast lücken­loses Bild jener Schreckens-Wirk­lichkeit, die vornehmlich auch kleine Eifeldörfer erfasste, was in der zeitgeschichtlichen Publizistik oft nur spurenhaft bislang erkenn­bar wurde. Falsche Rücksichtnah­men, Scham vor restloser Enthül­lung waren - das ist das Fazit von Hans-Dieter Arntz - meist die Ursachen, warum die Wahrheit bis zum heutigen Tag unterdrückt blieb, warum auch Gerichtsverfahren nach dem Krie­ge die keineswegs angemessene Würdigung für NS-Verbrechen oder -Fehlverhalten fanden.

Die 820 Seiten starke Dokumentation ist beklemmend eindringlich!

Der gewissenhafte Autor macht deutlich, dass der Antisemitismus nur schwer in der weitgehend ka­tholisch geprägten Landschaft Fuß fassen konnte. Er zeigt an­hand wichtiger Zeugenaussagen und Dokumente, wie es zur Po­gromnacht 1938 kam und welche Folgen sich daraus entwickelten. Er nennt Namen prominenter Tä­ter, die nicht von ungefähr in Ver­gessenheit gerieten. Von beklemmender Eindringlich­keit sind die detailliert geschilder­ten Einzelschicksale, die er zum Teil bis in die Vernichtungslager verfolgt. Arntz  weckt damit – gerade in der älteren Generation - Erin­nerungen an alte Mitbürger, die bisher verschollen schienen.

Von besonderer zeitgeschichtli­cher Bedeutung sind die darge­stellten Details der Fluchtbewe­gung und der Helfer, die zwischen dem Aachener Wald und Losheim noch bis zum Ende des Krieges aktiv waren. Arntz schildert die zunächst verhältnismäßig unge­fährlichen Grenzübertritte mit der alten Vennbahn vor dem Krieg, aber auch die abenteuerlichen Fahrten unter Lastwagenplanen oder im Innern eines Wassertank­wagens über die grüne Grenze in den Folgejahren. Erschütternd ist die Bilanz dieser Judenschicksale. Mit der deutschen Besetzung Bel­giens entgingen nur wenige den Häschern des Dritten Reiches. Dieses Standardwerk schließt nicht nur eine empfindliche Lücke der zeitgeschichtlichen For­schung. Es regt auch im engeren regionalen Bereich zu weiterer Spurensicherung an. Das Buch dürfte in keiner Heimatbibliothek des angesprochenen Raumes fehlen.

 

Kölnische Rundschau vom 27.2.1991
Was kostet ein Menschenleben? Die Frage, was ein Menschenleben wert ist, wird im Allgemeinen philoso­phisch beantwortet. Zwischen 1933 und 1945 gab es darauf auch eine materielle Antwort: anfangs 200 Reichsmark und später 3500 Reichsmark. Soviel musste nämlich derjenige zah­len, der als rassisch oder poli­tisch Verfolgter sich kommer­ziellen Helfern anvertraute, um zwischen Aachen und Losheim über die deutsch-belgische Grenze ins rettende Ausland zu kommen (…) An einer Grenze, die seit den Krisenzeiten nach dem Ersten Weltkrieg für den Schmuggel of­fen war, fiel es anfangs nicht schwer, auch Menschen hinü­berzubringen. Mit der Verschär­fung des Antisemitismus wurde es jedoch schwieriger, und die Preise für den Menschenhandel stiegen. Das Geschäft mit der Angst wurde gefährlicher und lukrativer.
                             
Aus der Fülle seiner Nachfor­schungen breitet Arntz Einzelheiten aus: Flucht­möglichkeiten bot die Fahrt mit der Vennbahn, deren Trasse durch belgisches und deutsches Staatsgebiet führte. Demonstra­tionen von Vogelschützern an der Grenze wurden benutzt, um sich abzusetzen. Bei Prozessionen von Aachen nach Moresnet konnten sich Juden als katholi­sche Gläubige ausgeben. Ras­sisch verfolgte Österreicher versuchten vor allem nach 1938 über die Eifel zu fliehen. Berufs­mäßige Schmuggler und Westwallarbeiter nutzten Lkw-Fahrten, um Flüchtlinge über die „grüne Grenze“ und durch die Bunkerstellungen zu bringen. Sogar NS-Parteigenossen und die NSDAP selbst beteiligten sich am Menschenhandel.

Als die Todestransporte nach dem Osten begannen, gab es noch bis in den März 1943 hin­ein eine organisierte Hilfe ins besetzte Belgien. Die Zahl der­jenigen, die aus politisch-ideali­stischen Beweggründen handel­ten, blieb jetzt wie auch früher gering, geschäftliche Interessen überwogen. Oft bestimmt der Zufall, ob ein Lebensweg tragisch oder glücklicher verläuft. Menschli­che Größe oder Schuld liegen dicht beieinander, das Banale steht hart neben dem Erschüt­ternden - auch in diesem dun­klen Kapitel der deutsch-jüdischen Vergangenheit!

 

Grenz-Echo (Belgien) vom 11.2.1991

Als Chronist der Geschichte des Eifelraums in der Zeit vor, während und nach dem Zwei­ten Weltkrieg hat der Euskir­chener Oberstudienrat Hans-Dieter Arntz sich mit der Veröffentlichung von bereits drei um­fangreichen Werken einen Ruf als sorgfältig recherchierender Autor erworben. Sein viertes Buch, das jetzt vorliegt, soll das bisherige Schaffen des Verfassers abrunden. Unter dem Titel "Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch­belgischen Grenzgebiet“  un­tersucht Hans-Dieter Arntz in dem Werk minuziös ein bisher wenig bekanntes Kapitel aus der Geschichte des Eifelraums.

Nach den Dokumentationen »JUDAICA«, die 1983 erschien, »Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein« (1984), und »Ordensburg Vogelsang 1934-1945«, die 1986 auf den Markt kam, hat der Oberstu­dienrat jetzt eine umfassende Darstellung des Nationalsozia­lismus und der Judenverfol­gung im Kreis Schleiden und in den Gebieten Köln, Euskir­chen, Monschau und Aachen vorgelegt. Bei seinen Recherchen hat Hans-Dieter Arntz jedoch auch die politische Entwick­lung in den Kreisen Eupen/ Malmedy während ihrer Zuge­hörigkeit zu Belgien und nach deren Annexion durch Nazi-Deutschland berücksichtigt. In mehreren der 31 Kapitel des 800 Seiten starken, reich­bebilderten Werkes kommt die besondere Lage des Gebietes Eupen/Malmedy zur Sprache, das bei der Flucht vieler Ver­folgter aus dem Dritten Reich eine bedeutende Rolle spielte.

Der Autor hebt dabei be­sonders die Rolle des Grenz-Echos und dessen damaligen Direktors und Chefredakteurs Henri Michel hervor, der uner­müdlich  das menschenverachtende Hitler-Regime anprangerte und schon 1933 das wahre Gesicht der neuen braunen Machthaber in Deutschland treffend beschrieb.

Neben der Hatz auf die Ju­den in der Eifel, die in er­schütternden Einzelschicksalen geschildert wird, befassen sich einige Kapitel der Dokumenta­tion ausführlich mit dem Men­schenschmuggel an der deutsch-belgischen Grenze, der sowohl vor als auch nach der Annexion Eupen/Malmedys blühte, und vielen Verfolgten des Naziregimes - ob Juden, Kommunisten oder Sozialde­mokraten - die Möglichkeit bot, Deutschland zu verlassen, um ihr Leben zu retten. Der Autor Hans-Dieter Arntz hat zahlreiche Zeitzeugen und ehemalige Fluchthelfer aufgespürt, die in diesem Buch erstmals von ih­ren Taten und Beobachtungen berichten.

Der Autor schil­dert in der vorliegenden Do­kumentation auch die Metho­den der Nazipropaganda, mit denen die  Bevölkerung  sich manchmal allzu bereitwillig gegen Juden und Andersden­kende aufbringen ließ. Über die Berichte über Verfolgung, Vertreibung und Verschlep­pung hinaus hat Hans-Dieter Arntz zudem die Schicksale vieler von den Na­zis Verfemten in der Emigra­tion und in den Vernichtungs­lagern verfolgt. Er schildert eindringlich das schwere Los dieser Menschen, deren einzi­ges »Vergehen« darin bestand, nicht in das Schema einer wahnwitzigen Rassentheorie zu passen (…).

 

Aachener Nachrichten Nr.39 vom 15.2.1991
Ein Buch, das Trauer weckt! Wo die Opfer nicht mehr re­den können, dürfen die Nachgeborenen nicht schweigen. Wo einst im Bereich des nationalsozialistischen Terror-Regimes jü­dische Menschen lebten und litten, erin­nern heute höchstens noch Steine an eine einstmals blühende Kultur. Dass nicht mit den Ermordeten die Zeichen ihres Daseins vernichtet werden - dazu bedarf es wachsa­mer Chronisten. Einer von ihnen ist der Euskirchener Lehrer Hans-Dieter Arntz. Mit seinem Buch „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenz­gebiet" reißt er den Schleier des Vergessens von den Lebensläufen und Schicksalen der Ermordeten aus dem Bereich des Altkrei­ses Schleiden. Den Opfern gibt er so ein Stück ihrer zertretenen Würde zurück.

Aber nicht nur die Würde gibt Arntz den Juden aus Schleiden, Gemünd, Hellenthal, Mechernich und anderen Orten zurück, sondern auch die Heimat. Denn Ernst Hirsch, Gustav Rothschild, Albert Kauf­mann, Sofia Mayer und ihre Glaubens­geschwister gehörten einst dazu wie jeder andere Bewohner der Städtchen und Dör­fer auch. Bis dass die Nazis kamen und das harmonische Zusammenleben auf einmal gar nicht mehr so selbstverständlich war... Indem der Verfasser die Geschichte der Ge­meinden minutiös nachzeichnet, weckt er im Leser eine große und nicht mit Worten zu beschreibende Trauer. Darin liegt Arntz' großes Verdienst. Täter und Opfer und die Helden, die als Fluchthelfer das Los der Ju­den in letzter Minute wendeten - sie alle werden beim Namen genannt.

 
I & M (Informationen und Meinungen aus  Deutschbelgien – Die Zeitschrift des InED (Februar 1991)
(…) bis dahin noch von keinem Historiker in solcher Ausführlichkeit behandelt wurde und erst recht im Unterricht nie zur Sprache kam: „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet". Autor ist der an einem Euskirchener Gymnasium tätige Erziehungs- und Sozialwissenschaftler Hans-Dieter Arntz, der bereits mit seinen Büchern „Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein" und „Ordensburg Vo­gelsang" nicht nur in Fachkreisen für Aufsehen sorgte.

Das über 800 reich bebilderte Seiten umfassende Werk beginnt mit einer Darstellung des Schicksals der jüdi­schen Bevölkerung im Aachener und Eifeler Raum vom Frühmittelalter bis zum Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft. Wenn es auch - vor allem in Zeiten religiöser Massenhysterie wie beispielsweise der Kreuzzüge - gele­gentlich zu Diskriminierung und Verfol­gung der - zahlenmäßig allerdings eher schwachen - hiesigen jüdischen Gemeinden gekommen ist, so erlaubt das Studium der vorhandenen Quellen laut Autor doch den Schluss, dass „im Regierungsbezirk Aachen bis in die 20er Jahre dieses Jahrhunderts hinein eigentlich kein Antisemitismus oder rassistischer Venichtungswille herrschte. Im Ge­genteil, es lässt sich konstatieren, dass Juden in diesem Bereich voll in die Ge­sellschaft integriert waren!"

Der Hauptteil des Buches beschreibt im Wesentlichen einerseits die zuneh­mende Judenverfolgung im Beobach­tungsgebiet nach der nationalsozialis­tischen „Machtergreifung" 1933, ande­rerseits die daraufhin einsetzenden Fluchtbewegungen über die deutsch­belgische Grenze.

Mit einer gewissen Verspätung zu den städtischen Ballungszentren im Innern des Reiches wurde schließlich auch die Eifel in der Mitte der dreißiger Jahre vom totalitären NS-System und seiner judenfeindlichen Politik in aller tragi­schen Konsequenz erfasst.
Anhand unzähliger Dokumente und Zeugenaussagen erfährt der Leser, wie zuerst in Anwendung der "Rassenge­setzgebung" die Beamtenschaft und die Vereine systematisch von jüdi­schen "Elementen gesäubert" werden und mit welchen Mitteln dann in immer menschenverachtender Weise die Be­hörden sowie die Partei-Organisatio­nen gegen die „nicht-arische" Minder­heit vorgehen.

Ausführlich wird dabei geschildert, auf welche perfide Art die NS-hörige Lo­kalpresse die vielen Demütigungen, Schikanen, tätlichen Übergriffe und SA-Terroraktionen gegenüber der jüdischen Bevölkerung journalistisch begleitet. Wie überall im Reich bildete auch in der Eifel die „Kristallnacht" vom 9. auf den 10. November 1938 den Auf­takt zu noch größeren anti-jüdischen Ausschreitungen. Brutaler als in man­cher Großstadt sei es hier zugegangen, so der Autor, und er beschreibt exem­plarisch die in den betreffenden Ort­schaften heute am liebsten totge­schwiegenen Novemberpogrome von Gemünd, Hellenthal und Mechernich.

Zu den mittlerweile traditionellen Schmuggelwaren - Schokolade, Kaf­fee und Zigaretten -, die seit Ende des Ersten Weltkrieges die deutsch-belgi­sche Grenze zwischen Aachen und Losheim passierten, kam ab Mitte der dreißiger Jahre eine neue Ware hinzu: Menschen. Pazifisten, Kommunisten, Sozialdemokraten. Und Juden. Um ih­ren Verfolgern im Hitler-Deutschland zu entkommen, wurde - so hat Hans-Dieter Arntz nachgewiesen - vielen Hunderten von ihnen die „grüne Gren­ze" nach Belgien zur letzten Chance.

Verhältnismäßig wenige aus der Eifel selbst, vielmehr aus dem Reichsinnern und aus Österreich entschlossen sich nach 1933 zum illegalen Grenzüber­tritt. Organisiert wurden diese dramati­schen Odyseen hauptsächlich von Fluchthelfern in Köln und Aachen. Meist  gegen  Bezahlung,  manchmal auch aus reiner Nächstenliebe. Selbst nationalsozialistische Stellen - hat der Autor recherchiert - beteiligten sich bisweilen an diesem Menschenhandel.

Wer den Grenzübertritt schaffte - und nicht irgendwo zwischen St. Vith und Eupen von der belgischen Gendarme­rie aufgegriffen und nach Deutschland zurückgeschickt wurde -, konnte dann meist in Brüssel oder Antwerpen bei jüdischen Organisationen untertau­chen, wo man ihm eventuell nach Palä­stina oder USA weiterhalf.

Auch nachdem sich im Mai 1940 nach der Annexion Eupen-Malmedys die deutsch-belgische Grenze einige Kilo­meter weiter nach Westen verschoben hatte, hielt während des Krieges die Fluchttätigkeit bis 1943 nahezu unver­mindert an.

Überzeugend hat der Autor die markantesten Einzelschicksale dieser  jüdischen Flüchtlinge im Detail wiedergegeben.
Ein beeindruckendes Buch. Nicht nur wegen der fast kriminalistischen Recherchen, die der Autor für seine Dokumentation hat durchführen müssen - immerhin sind fast 100 Zeitzeugen in aller Welt aufgespürt worden -, viel­mehr noch aufgrund des Mutes, ein solch  heikles   Thema   seiner   „Ver­drängung" entrissen zu haben und so­mit die Öffentlichkeit zur heilsamen Auseinandersetzung  mit  einem   der düstersten Aspekte unserer unbequemen Vergangenheit herauszufordern.

 

Aachener Nachrichten (Rheinland/Grenzland) AN / Nr.73 vom 27.3.1991
Unter dem Titel „Judenverfolgung im deutsch-belgischen Grenzgebiet" ist im Euskirchener Kumpel-Verlag ein umfang­reiches Werk erschienen, das erstmals wis­senschaftlich die Organisation westdeut­scher Fluchthilfe im Dritten Reich darstellt. Autor ist der 49jährige Oberstudienrat Hans-Dieter Arntz, der schon mehrere Do­kumentationen über die Geschichte der Ju­den während der Nazizeit geschrieben hat und inzwischen zu den profilierten Sach­buchautoren der rheinischen Regionalhi­storie gehört. Seine Bücher gelten als Stan­dardwerke(…).

An einer Grenze, die seit den Krisenzeiten nach dem Ersten Weltkrieg für den Schmuggel offen war, fiel es anfangs nicht schwer, auch Menschen hinüberzubringen. Mit der Verschärfung des Antisemitismus wurde es jedoch schwieriger, und die Preise für den Menschenhandel stiegen. Das Ge­schäft mit der Angst wurde zunehmend ge­fährlicher (…).

Aus der Fülle der Nachforschungen breitet Arntz wissenschaftlich fundierte Einzelhei­ten aus: Fluchtmöglichkeiten bot die Fahrt mit der Vennbahn, deren Trasse durch bel­gisch-deutsches Grenzgebiet führte(…).  „Judenschlepper" organisierten die Flucht nach Belgien (…). Die Flucht bei Nacht und Nebel war gefährlich, weil die Flücht­linge auch häufig von Banden überfallen, ausgeplündert und oft sogar ermordet wurden (…).

Buchautor Arntz  konnte mehr als 100 „Judenfänger", „Judenschlepper" oder jüdi­sche Flüchtlinge bei seinen Recherchen für die Dokumentation ausfindig machen. De­tailliert weist er in seinem Buch nach, wie noch im Jahre 1942 die - von ihm benannten -  Fluchthelfer-Organisationen  „Hella " und „Hedwig" Berliner Juden über Aachen, Eupen, Herbesthal, Heinrichskapel­le, Thimester und Verviers nach Brüssel oder Antwerpen schleusten. Die Zahl derje­nigen, die dabei aus politisch-idealistischen Beweggründen handelten, war gering. Ge­schäftliche Interessen überwogen. Die Gespräche mit Zeitzeugen und Betrof­fenen, darunter 150 Interviews mit jüdi­schen Flüchtlingen, sind nur ein Teil der dreijährigen Vorbereitungsarbeit für das in­teressante Buch. Um Überlebende ausfin­dig zu machen, gab Arntz auch Anzeigen in amerikanischen und israelischen Zeitungen auf.

Mit viel Akribie studierte der Autor Ge­richtsakten und verbrachte unzählige Stun­den in Archiven. Mühsam recherchierte er Fakten und setzte sie wie ein Mosaik zu­sammen. Daneben reproduzierte er zahlrei­che Fotos, um seine Beiträge damit zu il­lustrieren und zu vervollständigen. Die Pu­blikation der Gerichtsakten bedurfte der Zustimmung von Justiz-, Kultus- und Innenministerium.

 

Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Aachen e.V. am 1.3.1991
(…) Kürzlich haben wir für unsere Bibliothek das Buch von  Hans-Dieter Arntz „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet“ angeschafft (…). Das Buch ist für unsere Mitglieder von großem Interesse (…).
Das Buch von Hans-Dieter Arntz halten wir für  hervorragend recherchiert und auch gut gestaltet. Es ist ein hervorragendes Werk!

 

ALLGEMEINE Jüdische Wochenzeitung vom 18.4.1991
(…) ein umfangreiches Werk, das erstmals wissenschaftlich die Organisation westdeutscher Fluchthilfe im Dritten Reich darstellt. (…) Das ungewöhnlich gut dokumentierte und bebilderte Buch mit über 800 Seiten widmete der Autor seinen beiden Kindern „…stellvertretend für die heranwachsende Generation, zur Besinnung und Warnung vor Diskriminierung  von Minderheiten!“

 

Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln Nr.16/91 vom April 1991
„Judenverfol­gung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzge­biet" heißt der Titel des neuen Buches von Oberstudienrat Hans-Dieter Arntz aus Euskir­chen, das vor kurzem im Euskir­chener Kümpel-Verlag erschie­nen ist. Der 49jährige Autor, der sich schon in mehreren Doku­mentationen mit dem Leid und dem Schicksal der jüdischen Mitbürger zur Zeit der National­sozialisten und in den Nach­kriegsjahren beschäftigt hat, zählt inzwischen zu den popu­lärsten Sachbuchautoren der rheinischen Regionalhistorie.

Die 810 Seiten starke Doku­mentation konzentriert sich to­pographisch auf den Raum zwi­schen Eupen-Malmedy, Monschau, Aachen, Schleiden und Euskirchen. Sie schildert, wie in den Jahren von 1933 bis 1945 Ju­den und politisch Verfolgte ge­gen Geld von Schleppern über die deutsch-belgische Grenze ins rettende Ausland gebracht wurden. Die Zahl derjenigen, die aus politisch-idealistischen Beweg­gründen den Bedrängten halfen, blieb gering. Wer half, der tat es zumeist aus geschäftlichen Gründen. Anfangs waren 200 Reichsmark zu zahlen und spä­ter, als das Geschäft mit der Angst gefährlicher wurde, sogar 3500 Reichsmark.

Fluchtmöglichkeit bot die Fahrt mit der Vennbahn, deren Trasse durch belgisches und deutsches Staatsgebiet führte. Demonstrationen von Vogel­schützern an der Grenze wur­den benutzt, um sich abzuset­zen. Bei Prozessionen vor Aa­chen nach Moresnet konnten sich Juden als katholische Gläu­bige ausgeben. Im Frühjahr 1938 erreichte die Fluchtwelle ihren Höhepunkt, als auch rassisch verfolgte Österreicher und Polen versuchten, über die Eifel und Ardennen zu entkommen.   

 

Grenz-Echo (Belgien) vom 13.4.1991
In der Zeit vom 13.4. bis 15.5.1991 veröffentlichte die belgische Tageszeitung „Grenz-Echo“ eine fünfteilige Serie von Hans-Dieter Arntz unter der Überschrift „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet“. In der Einleitung heißt es:

In unserer Reihe »Vor fünfzig Jahren» veröffentlichen wir in mehreren Folgen ei­nen Beitrag des Euskirche­ner Autoren Hans-Dieter Arntz aus dessen Buch »Ju­denverfolgung und Flucht­hilfe im deutsch-belgischen Grenzraum», erschienen im Kümpel-Verlag, Euskirchen. Im abschließenden Teil wer­den wir aus der Sicht des GRENZ-ECHOS einige zu­sätzliche Erläuterungen ge­ben. Der Autor gibt seinem 13. Kapitel  in dem 784 Sei­ten umfassenden Buch den Titel: „ Das Eupener Grenz-Echo im Kampf gegen den Nationalsozialismus.

 

Aachener Stadtillustrierte „Klenkes“, Nr. 5 vom 1991
STILLE HELFER IM ZWIELICHT
Die deutsch-belgische Gren­ze zwischen Losheim und Aachen spielte ab 1933 ei­ne besondere Rolle: Sie diente Ju­den, Kommunisten, Sozialdemo­kraten oder Pazifisten zum illega­len Verlassen des Dritten Rei­ches", schreibt der Euskirchener Oberstudienrat Hans-Dieter Arntz im Klappentext seines neu­en, 800 Seiten starken Bu­ches „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet".

Es ist die erste Veröffentli­chung in diesem Umfang zu ei­nem verschwiegenen Kapitel jüngster Eifelgeschichte. Arntz rekonstruiert detailliert die Ju­denverfolgungen in den Eifeldörfern ohne die bislang üblichen Beschönigungen. Dabei übt er deutliche Kritik an einer ignoran­ten Heimathistorie, die diese Ge­schehnisse bisher ausgeblendet oder beschönigt hat.

Arntz beschränkt sich nicht nur auf  historisierende Darstellun­gen, sondern versucht ansatzwei­se auch, Bezüge zu aktuellen Geschehnissen – wie z.B. dem Verhalten deutscher Bürger gegenüber Asylsuchenden  -  herzustellen.
Die Methode des Autors, den Eifel-Ardennen-Raum als eine soziale Mikrostruktur mit spezifi­schen Eigenschaften zu begrei­fen, erweist sich insgesamt als ge­lungener Ansatz. Allerdings hät­te man sich zumindest eine Erklä­rung gewünscht, warum der Au­tor im Titel das deutsch-nieder­ländische Grenzgeschehen aus­spart(…).

( …) In der Tat ist die Vielfalt der briefli­chen und persönlichen Kontakte des Autors zu jüdischen Zeitzeu­gen beeindruckend.

(…) Die professionellen Fluchthel­fer dagegen verurteilt Arntz ohne jegliche Differenzierung mora­lisch. Dies zeigt schon der Ge­brauch des pejorativen Wortes „Schmuggelunwesen". Die Moti­ve zur Fluchthilfe werden von Arntz nicht im nötigen Maße un­tersucht, und wenn, dann werden sie nach einem polarisierenden Gut-und-Böse-Schema darge­stellt. Entweder man tat es „kom­merziell", also für Geld, oder aus „christlichen Motiven", aus „Nächstenliebe und Idealismus". Nicht dass es für den Autor keine sonstigen Motive gibt, nur er­wähnt er sie nicht.

Wörtlich heißt es in der umfangreichen Dokumentation: „Fluchthilfe aus Nächstenliebe und Idealismus in der Zeit 1942 -1944 bewies Charakterstärke und menschliche Größe. Das kann nicht unbedingt von denen gesagt werden, die Fluchthilfe professio­nell oder zumindest aus finanziel­lem Eigennutz leisteten. Das ist auch der Grund, weshalb heute so wenige ,Judenschlepper' zu finden sind, die bereit sind, über ihre da­maligen Aktivitäten zu spre­chen."

(…) Die Frage, was wäre gewesen, wenn es keine Fluchthilfe gegen Geld gegeben hätte und viele Men­schen nicht ins zunächst rettende Belgien gelangt wären, muss vor dem Verdikt der kommerziellen Fluchthilfe stehen. Aus histori­schem Abstand, mit heutigem kollektiven Schuldgefühl, lässt sich der Zeigefinger leicht erhe­ben (…).
Nun soll hier aber nicht das vom Autor entworfene Negativ-Bild der professionellen Fluchthelfer in ein Positiv-Bild umgewandelt werden. Vielmehr wäre es dem historischen Interesse dienlicher, wenn Forscher sich in ihren Vorausurteilen zurückhielten und sich – hier im Falle der pofessionellen Fluchthelfer – jeglicher moralisierender Bewertung enthielten (…).

Zurück zur Dokumentation: Die einzelnen Fluchthilfeaktionen und die besondere deutsch-belgische Grenzsituation sind vortrefflich dargestellt; auch ermöglicht die Auswahl aus den „Grenz-Echo“-Artikeln einen guten Einblick auf das weithin vergessene Grenzgeschehen im deutsch-belgischen Raum(…).

 

ALLGEMEINE Jüdische Wochenzeitung vom 18.4.1991
(…) Diese „Grüne Grenze“ machte zur Zeit des Nationalsozialismus das „Handwerk“ der Schmuggler zu lebensrettenden Aktionen(…). Beweggrund für seine Forschungsarbeit nennt  Oberstudienrat Arntz „die Interesselosig­keit meiner Schüler über die NS-Zeit und das Judentum“, was ihn dazu bewegt habe, die Judenverfolgung dieser dunkelsten  Zeit deutscher Geschichte der Nachwelt dokumen­tarisch nahe zu bringen. Arntz räumt ein, dass es auch Fluchthilfe aus rein humanitären Gründen gegeben habe, doch die meisten Fluchthelfer handelten aus wirtschaftlichem Interesse (…).

Auf Genauigkeit achtend, beschränkt sich Arntz in seinem Buch „Judenverfolgung und Flucht­hilfe im deutsch-belgischen Grenz­gebiet“ ausschließlich auf den Raum Eupen, Malmedy, Aachen, Monschau, Düren, Schleiden und Euskir­chen. Die Flucht in die Niederlande wird nur kurz berührt.
Der psychologische Hintergrund, dass das Aachener „Dreiländereck“ als Fluchtgebiet für verfolgte Juden dienen konnte, beruht, laut Arntz, auf der Tatsache, „dass in diesem ländlichen Gebiet der Antisemitismus durch die Jahrhunderte fast ein Fremdwort gewesen war.“ Auch an­tisemitische Strömungen Ende des 19. Jahrhunderts konnten da keinen Fuß fassen. Deshalb strömten Ju­den aus ganz Deutschland - beson­ders nachdem Goebbels Berlin „ judenrein“ machen wollte -, nach Aa­chen. Später kamen viele aus Österreich, wo die Judenverfolgung ab 1938 schon grausam wütete.

Auf der Route Berlin - Aachen wurden viele Verfolgte durch das Fluchtunterneh­men „Hedwig“ gerettet, wobei eine Berliner Antiquitätenhändlerin, deren Sohn eine Freundin in Belgien hatte, jahrelang unbeachtet Menschen nach Verviers und Antwerpen „schleusen“ konnte.

Erst nach den so genannten „Nürnberger Gesetzen“ fand das jüdische Feindbild auch in den Gemütern der Eifelregion einen fe­sten Platz. Der „Jude“ wurde nun in abschreckendes Schauermärchen für Kinder missbraucht, und die Ver­leumdungen erstreckten sich auch auf den sexuellen Bereich. Etliche Personen gingen schon in dieser Stimmung zugrunde. Einem christ­lich-jüdischen Liebespaar beispiels­weise, dem die Behörden die Ehe­schließung verweigert hatte, gelang mit der gemeinsamen – unehelichen - Tochter die Flucht nach Eupen in Belgien, wo man endlich heiraten durfte. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Belgien wurden die Eltern jedoch denunziert. Die Frau kam jetzt wegen »Ras­senschande« ins Gefängnis, der Mann starb im Konzentrationslager. Das Kind lebte 15 Jahre danach noch im Waisenhaus (…).

Hans-Dieter Arntz gelingt es, den Lesern ein grau­sames Stück Geschichte dokumen­tarisch genau nahe zu bringen und gleichermaßen das Zeitbild lebendig darzustellen.

 

Israel-Nachrichten/Tel Aviv (Israel) vom 24.5.1991
(…) liegt nun eine weitere Do­kumentation zu einem Kapitel  unserer jüng­sten „ Heimatgeschichte“  vor, das bis dahin noch von keinem Historiker in solcher Aus­führlichkeit behandelt wurde und erst recht im Unterricht nie zur Sprache kam: „Juden­verfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgi­schen Grenzgebiet". Autor ist der an einem Euskirchener Gymnasium tätige Erziehungs- und Sozialwissenschaftler Hans-Dieter Arntz (…) der bereits mit seinen Büchern „Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein" und „Ordensburg Vogelsang" nicht nur in Fach­kreisen für Aufsehen sorgte (…).
Zu den üblichen Schmug­gelwaren — Schokolade, Kaffee und Ziga­retten —, die seit Ende des Ersten Weltkrieges die deutsch-belgische Grenze zwischen Aachen und Losheim passierten, kam ab Mit­te der dreißiger Jahre eine neue Ware hinzu: Menschen, Pazifisten, Kommunisten, Sozialdemokraten -  und Juden. Um ihren Verfolgern im Hitler-Deutschland zu entkommen, wurde — so hat Hans-Dieter Arntz nachgewiesen —vielen Hunderten von ihnen die „grüne Grenze" nach  Belgien  zur letzten Chance.

Verhältnismäßig wenige aus der Eifel selbst, vielmehr viele  aus dem Reichsinnern und aus Österreich entschlossen sich nach 1933 zum illegalen Grenzübertritt. Organisiert wur­den diese dramatische Odyssee hauptsäch­lich von Fluchthelfern in Köln und Aachen. Meist gegen Bezahlung, manchmal auch aus reiner Nächstenliebe. Selbst nationalsozialistische Stellen — hat der Autor recherchiert — beteiligten sich bisweilen an diesem Menschenhandel (…).

Wer den Grenzübertritt schaffte — und nicht irgendwo zwischen St. Vith und Eupen von der belgischen Gendarmerie aufge­griffen und nach Deutschland zurückgeschickt wurde — konnte dann meist in Brüssel oder Antwerpen bei jüdischen Organisationen un­tertauchen, wo man ihm eventuell nach Palästina oder USA weiterhalf. Auch nachdem sich im Mai 1940, nach der Annexion Eupen-Malmedys, die deutsch-bel­gische Grenze einige Kilometer weiter nach Westen verschoben hatte, hielt während des Krieges die Fluchttätigkeit bis 1943 nahezu unvermindert an.

Überzeugend hat der Autor die markante­sten Einzelschicksale dieser jüdischen Flücht­linge im Detail wiedergegeben.

Ein beeindruckendes Buch! Nicht nur we­gen der fast kriminalistischen Recherchen, die derAutor für seine Dokumentation hat durchführen müssen — immerhin sind fast 100 Zeitzeugen in aller Welt aufgespürt worden—, vielmehr noch aufgrund des Mutes, „ ein solch heikles Thema  seiner Verdrängung entrissen zu haben“ und somit die Öf­fentlichkeit zur heilsamen Auseinandersetzung  mit einem der düstersten Aspekte derunbequemen Vergangenheit herauszufordern.

 

Die Menorah (Zeitung der jüdischen Gemeinde Aachen) vom 9.9.1991
Der an das Eifelgebirge grenzende „Drei­länderpunkt" zwischen Deutschland, Bel­gien und den Niederlanden war, bedingt durch die üppige Vegetation der Land­schaft, seit Ende des Ersten  Weltkrieges ein Paradies für Waren- und Devisen­schmuggler. Neben dem offiziellen Grenz­übergang bei Aachen gab es etliche „Schlupfwinkel", wo man unbeachtet in das Nachbarland gelangen konnte (…).
Der Buchautor Hans-Dieter Arntz konnte viele „Fluchthelfer“ und „Judenschlepper“  ausfindig machen. Aus persönlichen Gründen bestanden viele der Angesprochenen auf  Anonymität,   was vom Autor auch respektiert wurde. An­onym wollte auch ein Beamter aus Köln bleiben, der Juden aus den Gefängnissen herausholte und nach Aachen zu den Fluchthelfern weiterleitete und dessen Na­me in der Jerusalemer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus Yad Vashem vermerkt ist. 
Arntz: „ Ich habe nicht nur statisch gearbeitet, sondern auch die psychologische Seite beachtet." Der psychologische Hintergrund, dass das Aachener „Dreiländereck" als Fluchtge­biet für verfolgte Juden dienen konnte, beruht, laut dem Autor, auf der Tatsache, „dass in diesem ländlichen Gebiet der Anti­semitismus durch die Jahrhunderte fast ein Fremdwort gewesen war."

 

Die Eifel (Zeitschrift des Eifelvereins), Heft 4, Juli/August 1991
Erschüttert legt man dieses Buch nach dem Lesen zur Seite und fragt sich, was in aller Welt wohl in den Köpfen jener Dorfbewohner vor­ging, die von heute auf morgen ihren guten Nachbarn mit unglaubli­chem Hass verfolgten; die nicht eingriffen - Ausnahmen bestätigen die Regel - bei Plünderung und Zerstörung; die sich Fluchthilfe mit dem letzten Geld und Schmuck der Verfolgten vergolden ließen. Das ist nicht zu lassen, zu verstehen, das ist schlichtweg unglaublich. Aber der Verfasser beweist es Satz um Satz, nennt schonungslos Orte und Namen, greift Gerichtsverhandlungen auf und lässt den Leser in die Gestapo- und Partei-Akten Einblick nehmen. Er versucht, nicht einsei­tig zu schildern: Er berichtet auch über Gerichtsverhandlungen gegen Parteileute, über Zerstörungen durch die auswärtige Hitlerjugend — aber was ist dieses Feigenblatt gegenüber der Tollheit jener Mitbürger, die ihren bis gestern noch hoch geachteten Kriegskameraden über Nacht zum Freiwild erklärten — bloß weil er Jude war? Der Verfasser hat eigentlich zwei Bü­cher in eines gepackt: Judenverfolgung hier (vor allem im Bereich des heutigen Kreises Euskirchen) und Fluchthilfe da (vornehmlich natür­lich im deutsch-belgischen Grenzgebiet), wobei noch manche Frage offen geblieben ist.

 

Jahrbuch des Geschichtsvereins des Monschauer Landes,1992, S.195/96
Es ist nicht leicht, in Kürze über dieses um­fangreiche Werk von 800 Seiten zu berichten. Selbst die Aufzählung der einzelnen Kapitel würde hier zu weit führen. Dass wir im Monschauer Land so gut wie keine Juden gehabt haben, ist inzwischen bekannt und erwiesen; vgl. den Beitrag: „Wunder der Heimat“ im Monschauer Land 1984, S. 59/60.

 In völliger Verkennung dieser Tatsache ist aber von den Nationalsozialisten im Westdeutschen Beobachter am 9. Jan. 1937 ein Beitrag erschienen, der bei Hans-Dieter Arntz S. 13-17 nachgedruckt ist, aber aus­drücklich und richtig mit dem Vermerk versehen: »polemische Darstellung«. Es muss hier aber mit viel größerer Schärfe gegen dieses ganz miese NS-Pamphlet vorgegangen werden, um nicht eines unseligen Tages diese Geschichte eines fiktiven Chronisten in ernsthaften Zu­sammenhängen wieder finden zu müssen. Kurz gesagt: von diesem ganzen Nazi-Artikel  mit der Überschrift: »ddenvolk ist dievisch« stimmt nicht ein einziges Wort: selbst die blöden Fami­liennamen dort der Juden mit den jüdischen Hexen usw. sind völlig frei erfunden. In sehr ähnlicher Weise hat mit an Sicherheit grenzen­der Wahrscheinlichkeit derselbe Märchener­zähler in Roetgen seinen Unfug zu Papier ge­bracht. Vgl. Monschauer Land 1981: »Der Ursprung des Dorfes Roetgen«, S. 204 (…).

Auf unser Monschauer Gebiet beziehen sich im Buch von Hans-Dieter Arntz die Ausführungen ab S. 218, die wieder aufge­griffen werden ab S. 500-538, wo auch von ganz anderer Seite die Geschichte der Juden hier nachgezeichnet wird, in der Fluchthilfe, die es — Gott sei Dank — auch gegeben hat. Und gerade hier im belgischen Grenzgebiet ist eine gute Möglichkeit und auch Zusammenarbeit gewesen für die verfolgten Juden, wobei eine derartige Hilfe mit Lebensgefahr verbunden ge­wesen ist. Insofern ist die umfangreiche Dokumentation „Judenverfolgung und Fluchthilfe“ sehr ergiebig.

Als besonders günstiges Absprunggebiet ist die Straße über das Venn bei Hochscheid ge­wesen mit dem wichtigen Punkt Fringshaus, dann die Schule in Roetgen, aus der heraus jü­dische Kinder mit den Schulkindern von Reinartzhof nach Belgien geschickt worden sind - mit tätiger Hilfe der Einwohner. Selbst unsere »liebe« Vennbahn hat zur Fluchthilfe gedient, da man in Aachen jüdische Kinder allein nach Belgien hat fahren lassen und so den Eltern die Möglichkeit eröffnete, ihre Familien wieder zu­sammenzubringen. Auch diese in der Dokumentation recherchierten Angaben sind vollkommen richtig.

Dieses Buch von Hans-Dieter Arntz, in unendlicher Mühe mit Akten, Fakten und mündlichen Erkundigungen zusammengetragen, ist eine Fundgrube für unser aller Wissen über diese barbarischen Jahre damals und kann nicht nur den historisch interessierten Leuten, sondern besonders auch Vereinen und Schulen mit gro­ßer Wärme empfohlen werden (…).  

 

image2
MITTEILUNGSBLATT DES IRGUN OLEI MERKAS EUROPA
Nr. 88, April 1993  (ISRAEL)

Hans-Dieter Arntz: „Juden­verfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen  Grenz­gebiet".   Kümpel-Verlag und    Volksblatt-Druckerei-Verlag, Euskirchen 1990

 

Aus der Vielfalt von Veröffentli­chungen über Judenverfolgung in Deutschland, die sich meist mit Ereignissen in Städten befassen, hebt sich eine Arbeit über die nicht minder grausamen Geschehnisse in rein ländlichen Gebieten ab. Hans-Dieter Arntz, Oberstudienrat aus Euskirchen, hat eine außergewöhnliche Dokumentation über das Schicksal der jüdischen Mitbürger im Eifel-Ardennen-Gebiet verfasst. Schwerpunkt seiner Unter­suchungen sind die damaligen Kreise Euskirchen, Schleiden, Monschau und Aachen sowie Eupen/Malmedy und St. Vith. Er beleuchtet darin die Zeit zwischen Karl dem Großen und der Gegenwart.

Bis zu Beginn dieses Jahrhunderts waren Judenverfolgungen und An­tisemitismus in der Eifel fast un­bekannt. Es gab dort nur verhältnismäßig wenig Juden, die als Viehhändler, Kaufleute oder  Metzger ar­beiteten und in die vorwiegend katholischen Bevölkerung gut inte­griert waren. Doch bereits vor der Machtergreifung 1933 begannen erste Diskriminierungen: so wurden beispielsweise Juden aus örtlichen Vereinen ausgeschlosssen. Selbst in der Eifeler Mundart halten Wort­prägungen antijüdischer Grund­haltung Einzug.

Autor Arntz ging als engagierter Regionalhistoriker akribisch auch kleinsten, scheinbar unbedeutenden Spuren nach, die er in örtlichen Ar­chiven und Gerichtsakten fand und zeichnet ein auf Vollständigkeit aus­gerichtetes Bild der Verfolgten und ihrer Verfolger. Auf seiner Spuren­suche knüpfte er Kontakte zu Be­troffenen in aller Welt sowie eben­falls zu Zeitzeugen unter der nichtjü­dischen Bevölkerung. Der Leser er­fährt Einzelschicksale von und über Juden, denen die Flucht gelang, und über andere, die dem Holocaust zum Opfer fielen.

Einen großen Teil hat er dem The­ma Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet eingeräumt. Für viele Juden wurde die „grüne Grenze“ zwischen Eifel und Belgien letzter lebensrettender Ausweg. Ortskundige Fluchthelfer beider Länder - meist mit ausgeprägtem Geschäftssinn - brachten Flücht­linge aus der Region sowie aus ganz Deutschland und Österreich im organisierten Menschenschmuggel ins -  zunächst noch - sichere Belgien. Die Vennbahn zwischen Aachen und Raeren spielte dabei vielfach eine wichtige Rolle. Nicht wenige Flüchtlinge schlossen sich der wöchentlichen Prozession von Aachen zum Marienwallfahrtsort Moresnet an, wo ihnen von Helfern weitergeholfen wurde. Diese orga­nisierte Fluchthilfe lässt sich bis 1942/43  nachweisen.

Besondere Erwähnung verdient die mutige Haltung eines deutsch­belgischen Journalisten: Henri Michel, Chefredakteur des Eupener "Grenz-Echos." Er schrieb in seiner in Deutschland bereits verbotenen Zeitung von 1933-1940 engagierte Beiträge über die Gräueltaten der deutschen Nazis. 1940 wurde er verhaftet. Wie durch ein Wunder überlebte er fünf Jahre in Gefäng­nissen und Konzentrationslagern.

 Hans-Dieter Arntz hat ein Werk von zeitgeschichtlich überörtlicher Bedeutung verfasst, in dessen Mittel­punkt die Suche nach der Wahrheit steht. Er demonstriert und dokumentiert an einem überschau­baren - damals für die Nazis eher unbedeutenden -  ländlichen Bezirk, dass kein noch so abgelegenes Ge­biet von Verfolgung und Vernichtung jüdischer Mitbewohner ausgespart wurde. Der Autor verdient Dank, dass er sich dieser Thematik mit großem Einsatz und gefordertem Ernst angenommen hat. Sein Werk ist eine sehr empfehlenswerte zeitlos gültige Dokumentation, so dass eine weite Verbreitung zu wünschen ist.

 

Gesellschaft für „Jüdische Familienforschung“, Jg. LXIX, Nr.6/65 ,1993
Nun ist es bereits 10 Jahre her, dass der für jüdische Belange hoffnungsvolle Autor Hans-Dieter Arntz die Öffentlichkeit wieder mit einer Dokumentation überrascht. Der Autor bearbeitet seine Dokumentation nach Original-Dokumenten, Bildmaterialien, Befragung von betroffenen Überlebenden sowie deren Fluchthelfer.

Schon als sein erstes Werk „JUDAICA“ im Frühjahr 1983 erschien, bescheinigte Prof. Dr. Joseph Walk -  damals Direktor des Leo-Baeck-Instituts in Jerusalem -  in seinem Vorwort, dass dieses Werk eine doppelte Aufgabe erfülle: die Opfer vor dem Vergessen zu bewahren und den heutigen Nachgeborenen als Warnung zu dienen.
Das 2. Buch - „Kriegsende 1944/55 zwischen Ardennen und Rhein"  - ging in die rheinische Fachliteratur ein. Die Nachfrage war so immens, dass nach einem Vierteljahr schon die 2. Auflage notwendig wurde, um den Leserwünschen nachzukommen. Im Jahre 1986 behandelte er in einer Dokumentation "Ordensburg Vogelsang 1934/45- Erziehung zur politischen Führung im 3.Reich" die Wahnsinnsideen der damaligen Machthaber. Diese wurden an so genannte nationalsozialistische Führungskräfte vermittelt.

 Aus diesen Themata entstand die in der Weltgeschichte einmalig dastehende Judenverfolgung sowie das Trauma der Zivilbevölkerung, sei es nun, dass sie Nazis waren oder nur von den Kriegswirren Betroffene. Die beachtlichen Forschungsergebnisse dieser Dokumentation waren es den Medienanstalten - ob Funk oder TV -  wert, diese für Rundfunk- und Fernsehdokumentationen auszuwerten und zu senden.

In dem nun vorliegenden, sehr umfangreichen Werk "Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet" ist Hans-Dieter Arntz vorläufig eine thematische Abrundung seiner Verfassertätigkeit  und seines Schaffens gelungen. Es ist ihm nämlich gelungen, nicht nur eine einzige Problematik isoliert darzustellen, sondern eine Gesamtproblematik: Nationalsozialistische Täter, Verfolgte und Holocaust sowie die Situation der deutschen Bevölkerung zu jener Zeit. Selten hat man bei einem Autor eine solche Verzahnung – in den sich derart ergänzenden 4 Büchern - erkennen können. Wir wollen hoffen, dass (…) Hans-­Dieter Arntz uns dennoch mit einer weiteren Dokumentation überraschen wird.

(…) Das Werk geht besonders auf den Nationalsozialismus und die Judenverfolgung im Kreis Schleiden, in den Gebieten Köln, Euskirchen, Monschau und Aachen sowie dem damalsannektierten Eupen und Malmedy ein. Bezüglich der Bestrebungen eines  zukünftigen Europas wird das Buch als Forschungsunterlage von größter Wichtigkeit sein. Der in Euskirchen ansässige  Oberstudienrat ist der erste, der sich der Thematik „Fluchthilfe und illegaler Grenzübertritt" widmete bzw. dies in Bezug auf die Judenverfolgung im Rheinland und die Flucht über die "Grüne Grenze" nach Belgien detailliert nachweist. Dass in der „Hochblüte“ des  Nationalsozialismus und des Holocaust – in der Zeit 1942/43 -  noch organisierte Fluchthilfeorganisationen an  den deutschen Reichsgrenzen und in besetzten Gebieten erfolgreich tätig waren, war bis zur Veröffentlichung dieser Dokumentation  nur den Flüchtlingen sowie den Fluchthelfern bekannt. Vielleicht können unsere Leser und evtl. noch lebende Juden, die durch diese Fluchthilfe überlebt haben, ihre eigene Geschichte in diesem vorliegenden Buch wieder finden (…).

 

Kölnische Rundschau vom 22.9.1993
Die Prozession diente zur Flucht
Vor etwa drei Jahren erschien im Euskirchener Kümpel-Verlag das 810 Seiten umfangreiche Buch von Hans-Dieter Arntz:  „Judenverfolgung und Flucht­hilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet".
Mit dem umfangreichen Dokumentationsmaterial und den erstmals publizierten Gerichtsakten  über westdeutsche Synagogenbrand-Prozesse (u. a. von Euskirchen, Mechernich, Gemünd und Hel­lenthal) erwarb sich das Werk inzwischen den Rang eines vielbeachteten Standardwerkes, das auch im Ausland viel Beachtung fand.

Auch der Westdeutsche Rundfunk in Köln erkannte in­zwischen den Wert der Doku­mentation, die zum ersten Mal in der Bundesrepublik die Fluchthilfe über die „grüne Grenze“ nach Belgien wissen­schaftlich nachwies.
Unter der Überschrift: „ Er­lebte Geschichten: Prozession über die grüne Grenze" stellen am Donnerstag, 30. September, die WDR-Redakteure B. Geisen und R. Hebestreit die in Aachen lebende    Halbjüdin Inge Kaufmann-Protzner vor, die in dem Arntz'schen Buch auf den Seiten 524-527  ihre „Me­thode“ vorstellte, Juden nach Belgien zu schmuggeln.
Diese wurden in die grenz­überschreitende Prozession von Aachen nach Moresnet eingereiht und waren in Bel­gien vorläufig vor den Natio­nalsozialisten in Sicherheit.
Die halbstündige Sendung wird am 30. September im WDR 5 in der Zeit von 14.30 bis 15.00 Uhr gesendet und am 3. Oktober um 11.05 Uhr wie­derholt.

judenbuch

http://www.hans-dieter-arntz.de/b1.html
ISBN-Nr. 3-9800787-6-0
808 Seiten sowie 360 Fotos und 170 Dokumente
44,- Euro

Gesamtauflage zurzeit vergriffen.
Erwerb eventuell antiquarisch bei AMAZON und EBAY

 

LINKS
link
link

« zurück zum Seitenanfang