,Es ist ein wahres Phänomen, dass das jüdische Volk zwei Jahrtausende hindurch ohne jeden äußeren historischen Rahmen und entgegen allen geschichtlichen Erfahrungstatsachen von seinen geistigen Werten: nur zehren, sondern dieselben weiterzuführen vermochte.“ Leo Adler stellte fest, dass es „in der Heimat seines Geistes seine Identität als Volk“ stets bewahren konnte, „ungeachtet seiner Landlosigkeit, seiner äußeren Zusammenhanglosigkeit sowie der unausgesetzten Verfolgung“.(1)
Es gibt nur wenig erhaltene Dokumente aus der Zeit des in Europa grassierenden Nationalsozialismus, die aus der Perspektive des Mikrokosmos jüdisch-religiöses Leben darstellen. Bei allem religiösen Auf und Nieder der jüdischen Geschichte war es am Schluss doch immer wieder ein tiefstes religiös-geistiges Bewusstsein, das gerade jetzt zum entscheidenden Durchbruch kam. Die vorliegenden Auszüge aus dem „Tagebuch“ des am 10. November 1902 in Euskirchen (Rheinland) geborenen Karl Schneider geben darüber Auskunft, was sich auf dem religiösen, aber auch sozialen und kulturellen Sektor im Ghetto von Riga tat.
Der Rheinländer Karl Schneider gehörte der jüdischen Gemeinde Euskirchen an und war ein recht aktives Mitglied. Neben den diesbezüglichen Aktivitäten war er voll integriert in die Jugendarbeit der deutschen Kreisstadt, die in den 20er Jahren etwa 20 000 Einwohner zählte. Karl Schneider gehörte dem Vorstand des ESC-Sportvereins und von 1925 bis 1933 dem Vorstand des Rennsportclubs 1921 an; gleichzeitig war er auch Mitglied des Gauvorstandes des Bundes deutscher Rennfahrer (BDR). (2)
Mit seiner Frau Frieda und seinen beiden Söhnen wurde er von Köln aus, wo er längere Zeit aus Kaufmann tätig war, am 6. Dezember 1941(3) in das Ghetto von Riga deportiert.
Er gehörte zu den wenigen, die die Auflösung des Ghettos am 2. November 1943 und die spätere Zeit überlebten. Er verlor allerdings Frau und Kinder. Nach der Befreiung lebte er in Schweden, wo er eine neue Familie gründete. 1949 emigrierte er in die Vereinigten Staaten und wurde in Philadelphia sesshaft. Dort war er bis 1961 Vorstandsmitglied der deutsch-jüdischen Kultusgemeinde und Präsident des Central Club of Philadelphia.(4) Ein Jahr später verstarb er und hinterließ seine Frau und eine Tochter, die beide noch in den USA leben.
Im Nachlass fand die Witwe, Frau Gerda Schneider, „Erinnerungen an das jüdisch-religiöse Leben im Ghetto von Riga...“, ein Konzept, das noch in Schweden entstand und wohl noch redigiert werden sollte.
Der Verfasser des vorliegenden Beitrages hat sich bemüht, so wenig wie möglich zu ändern, um nicht die Aussagekraft des Skriptums zu ändern.
Das Ghetto von Riga
Das im Jahre 1947 erschienene Buch von Max Kaufmann „Die Vernichtung der Juden Lettlands“(5) mit seinen erschütternden Schilderungen der Zustände im Ghetto von Riga sollte der Lektüre dieses Artikels vorangestellt werden.
Hier wird u. a. die Geschichte vom Jüdischen Kibbuz in Lettland, der Einmarsch der Deutschen in Riga, der Anfang zur Vernichtung der Rigaer Juden (1.7.-25.10.1941), das große Rigaer Ghetto (25.10.1941-30.10.1941), die Liquidierung des großen Ghettos in Riga („Die 10 blutigen Tage“ – 30.11.-9.12.1941), das kleine Rigaer Ghetto (Kasernierungslager) sowie das für unsere Thematik so wichtige ,,Reichsjuden-Ghetto“ (1.12.1941-2.11.1943) für die Nachwelt festgehalten.
Nach wechselreicher Geschichte wurde Riga 1710 von den Truppen in vier des Großen besetzt und im Zuge der russischen Ostseepolitik bis 1917 unter die Oberherrschaft Russlands gestellt. 1917-1918 besetzten es die Deutschen, 1919 die Bolschewiken. Seit dem Frieden von Riga (1921) entstand hier die Hauptstadt des von Russland anerkannten neugebildeten Staates Lettland. Lettland bestand aus vier Provinzen: Lettgallen, Vidzeme, Zemgale und Kurzeme. 1941 zählte es etwa 100 000 Juden. Davon lebten etwa 40 000 in der Hauptstadt Riga, während dann zahlenmäßig die Städte Dwinsk und Libau folgten.
Kulturell und wirtschaftlich entwickelte sich Lettland in kurzer Zeit recht gut, und jüdisches Know-how sicherte bis 1934 offiziell die national-kulturelle Autonomie. Aber schon seit 1934 beobachtete Max Kaufmann antisemitische Strömungen, die von der Nachbarschaft des faschistischen Deutschlands ausgingen. Der lettische „Perkonkrust“(6) sorgte auch schon bald im Handel und Schulwesen für verschiedene Einschränkungen.
1939 schufen die Sowjets auf Grund des Hitler-Stalin-Paktes die ersten Basen in Windau und Libau, was Anlass für die vorzeitige Emigration vieler wohlhabender Juden war. Mit der Einführung der Sowjetmacht in Lettland änderte sich dann allgemein die Lage der Juden. Auf Kosten der Provinz steigerte sich ihre Zahl in Riga auf über 50 000. Am 14. Juni 1941 leiteten die Sowjets eine größere Umsiedlung in das Innere Russlands ein. Dies traf in Riga ca. 3500 und in ganz Lettland ca. 5000 Juden.
Die plötzliche Kriegserklärung Deutschlands (22. Juni 1941) an die Sowjetunion beunruhigte die Juden in Riga sehr, zumal der Vormarsch der deutschen Truppen recht zügig verlief. Bereits in der Nacht vom 29. auf den 30. Juni 1941 machte sich ein starker deutscher Druck auf die Stadt bemerkbar, und die Rote Armee zog sich völlig unorganisiert in Richtung auf die Vidzemer Provinz zurück. Am 1. Juli 1941 drang das deutsche Militär in die Stadt Riga ein, begeistert empfangen von der lettischen Bevölkerung.
Bereits am Tage darauf begannen die ersten Verhaftungswellen, und die einheimischen Juden hatten sich den Verfolgungen und Foltern der Anhänger von Hakenkreuz und Perkonkrust zu unterwerfen. Bis zum 25. Oktober 1941 musste laut einer deutschen Verordnung in Riga ein Ghetto geschaffen werden, in dem alle Juden unterzubringen waren. Mit Pünktlichkeit heischender Bürokratie wurde dieses Datum auch eingehalten; die Wache wurde den Letten übergeben.
Leider war diesem großen Ghetto von Riga keine lange Zeit beschieden. Alle Hoffnungen und Vermutungen wurden durch die Ankunft Minister Rosenbergs hinfällig, indem dieser die Liquidation des Ghettos beschloss. Zu dieser Zeit befanden sich dort über 32 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Die Dauer des großen Ghettos hatte genau 37 Tage betragen!
Die nächsten zehn Tage (30. November bis 9. Dezember 1941) werden von Max Kaufmann mit der „Vernichtung der Juden Lettlands“ bezeichnet. Statt der angekündigten Evakuierung folgte der Marsch in Richtung Salaspili, wo an der Station Rumbuli beim Walde die Deutschen Gräber vorbereitet hatten. Weitere Massenmorde fanden am 9. Dezember 1941 im Bikernwald statt.(7)
Während dieser zehn Tage mussten mehr als 27 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder ihr Leben lassen.Nachdem dieses erste Ghetto, das sogenannte „große“ Ghetto, liquidiert worden war, blieben noch etwa 5000 männliche, arbeitsfähige Juden übrig („kleines Ghetto“) sowie Frauen, die in einem speziellen „Frauen-Ghetto“ untergebracht wurden.
Das große Ghetto war nun menschenleer und sollte in kurzer Zeit „reichsdeutsche Juden“ aufnehmen. Max Kaufmann, jetzt im „kleinen Ghetto“ mit seinen lettischen Leidensgenossen kaserniert, beschreibt die Situation: „Im großen Ghetto hauste die lettische Wache. Was nur irgendwie möglich war, schleppte sie weg. An sich war sie dort noch stationiert, damit das viele noch vorhandene jüdische Eigentum geschützt sei. . . Für die Aufräumungsarbeiten im großen Ghetto stellte man ein spezielles Kommando zusammen. Kein Jude durfte sich das Geringste der dortigen Sachen aneignen . . . Alle Sachen aus den jüdischen Häusern wurden sortiert und zum Verkauf an die lettische Bevölkerung hergerichtet“.(8)
Unter Berücksichtigung dieser historisch belegbaren Ereignisse und mit Bezug auf das, was inzwischen im Deutschen Reich geschehen war, dürften die Erinnerungen des Euskirchener Juden Karl Schneider verständlich sein. Seine Ausführungen sind aus verschiedenen Gründen wichtig. Da wird soziales, kulturelles und religiöses Leben im Ghetto von Riga beschrieben, was nur aus wenigen anderen Berichten über Konzentrationslager bekannt(9) ist. Heimatspezifischen Aspekt bekommt allerdings sein Aufsatz, da Schneider zum ersten Kölner Transport gehörte und auch häufig auf seine ehemaligen Gemeindeglieder eingeht. Er nennt Namen und Fakten, die auch heute für die Kölner Gemeinde historischen Wert besitzen dürften.
„Ich will versuchen, diese Erlebnisse schriftlich niederzulegen, und viele werden das Unglaubliche nicht für wahr halten. Tatsache ist aber, dass es die Wahrheit ist. Nur im Falle, dass es unbedingt erforderlich ist, werde ich auf die Schrecken dieser Zeit hinweisen müssen, denn von denen hat die Welt genug gehört.
Ich gehörte dem ersten Kölner Transport an, der am 7. Dezember 1941 von Köln aus nach Riga deportiert worden ist. Aus diesem Grunde und als reges Mitglied der Kölner Gruppe ist es mir geläufiger, speziell über diese Gruppe bezüglich des jüdischen Lebens zu berichten. Im Allgemeinen lagen bei den anderen Gruppen die Verhältnisse mehr oder weniger gleich, und ich kann auch hier mit Details dienen. Es ist wichtig, die Entstehungsgeschichte des Ghettos zu wissen, um sich dadurch ein übersichtliches Bild zu schaffen:
Schon bei unserer Ankunft in Riga bestand das Ghetto. Es war dies der schlechteste Teil eines Altstadtviertels von Riga, der vorwiegend von Russen bewohnt war.(10) Beim Einmarsch der Deutschen wurde dieses Viertel geräumt und als Ghetto für die lettischen Juden hergerichtet. Das ganze Ghetto war mit Draht umspannt, und außerhalb der Umzäunung standen bewaffnete lettische SS-Männer. Verschiedene große Aktionen hatten schon vor unserer Ankunft innerhalb des Ghettos stattgefunden.
Das Ghetto zerfiel in drei Teile: das lettische Männerghetto, das lettische Frauenghetto sowie den größten Teil, der für die Juden aus dem Reichsgebiet vorgesehen war. Zu den Reichsjuden zählten alle diejenigen, die aus Deutschland, Prag und Wien auf dem Wege der Deportation in Riga landeten.
Im Gegensatz zu den lettischen Juden, wo Männer und Frauen getrennt leben mussten, wohnten wir Reichsjuden mit unseren Familien, solange das Ghetto bestand, zusammen.
In Abständen von einzelnen Tagen(11) trafen nach unserer Ankunft (10. Dezember 1941)(12) immer neue Transporte aus dem Reiche ein. Jeder Transport war ungefähr 1000 bis 1200 Personen stark, bestehend aus Männern, Frauen und Kindern. Jeder angekommenen Gruppe wurde ein Viertel zum Bewohnen angewiesen, worauf die Straße gleich den Namen der Gruppe bekam. So entstanden auf diesem Wege die Kölnerstraße, aber auch andere, die nach den Transporten aus Kassel, Dortmund, Leipzig, Berlin u. a. benannt waren. Jede Gruppe hatte ihre eigene Verwaltung, und der jeweilige Transportleiter wurde zum Gruppenältesten ernannt. Diese bildeten den Ältestenrat, und über diesem stand der Vorsitzende.
Alle Verfügungen ergingen vom Ghetto-Kommandanten an den Leiter der Ältesten, die dann wieder ihre Gruppen informieren mussten. Die allgemeine Verwaltung lag beim Zentral-Arbeitsamt und der Zentralverwaltung.“
Nach Max Kaufmann kamen die ersten Transporte erst am Samstag, dem 13. Dezember 1941, früh am Morgen an, und zwar am Bahnhof Skirotava. „Der erste Transport war aus Köln. All die Unglücklichen besaßen noch elegantes Gepäck. Es war ihnen erlaubt worden, dieses mitzunehmen. In Riga wurde ihnen aber sofort erklärt, dass sie sich darum nicht weiter zu bemühen brauchten, denn man würde es ihnen direkt ins Ghetto zustellen. Jedes Gepäckstück trug mit farbiger Schrift den Namen seines Besitzers, die Evakuierungsnummer und die Stadt, aus der es gekommen war . . . Die Koffer und Kisten, die nun von allen Eigentümern im Ghetto erwartet wurden, kamen niemals an, denn sie wurden direkt bei der Gestapo abgeliefert.“(13)
Nachmittags muss wohl Karl Schneider mit seiner Familie das Ghetto erreicht haben. Es herrschte starker Frost, und die lettischen Männer kamen gerade in Kolonnen von der Arbeit.
Die deutschen Familien trafen geschlossen ein. „Ganz zusammengefallen, die Gesichter durch Tücher gegen die Kälte geschützt, in Kolonnen zu Fünferreihen, ohne Gepäck, höchstens noch mit einer Handtasche, hielten sie ihren Einzug.“(14)
Im Verlauf von einem Monat kamen jüdische Transporte aus Wien, Hannover, Bielefeld, Hamburg und zusammengestellte aus Bayern und Sachsen. Aus Prag trafen tschechische Juden, die vorher in Theresienstadt gewesen waren, ein.(15)
Andere Berichte beschreiben den Einzug ins „Reichsjuden-Ghetto“: „Alle Dokumente, wie Arbeitsbücher, Kennkarten, alles, was als Beglaubigung für unsere Person galt, wurde uns weggenommen, nur einige Fotos von den Angehörigen ließ man uns. Unsere Persönlichkeit war erloschen!
Getrieben von der SS einerseits und dem Verlangen nach Wärme und Obdach andererseits, strebten wir alle unter Stoßen und Drängen den für uns bestimmten Häusern ... zu. In den Wohnungen sah es aus, als hätten dort Vandalen gehaust. Zerbrochenes Porzellan, zertrümmerte Möbel, zerrissene Kleidungsstücke, Schuhe, Haufen von Mauerbewurf, Steinen und zertrümmertem Hausrat bedeckten Fußboden und Treppen. Alle Toiletten und Wasserleitungen waren zerstört. Man konnte auch sehen, dass aus diesen Wohnungen kurz vorher Menschen in großer Hast aufgebrochen waren, konnte sich aber noch keinen Begriff machen, aus welchem Grunde. Später erfuhren wir von Augenzeugen, lettischen Juden, die uns gegenüber, getrennt durch Stacheldraht, ihr eigenes Ghetto hatten, dass aus diesen Häusern etwa 30 000 Menschen (Juden) von der lettischen SS unter Leitung der deutschen SS beraubt . . . und ermordet worden waren!“(16)
Gründung von Kindergärten und Schulen
Für die Chronik der Kölner Synagogengemeinde dürften die Ausführungen von Karl Schneider in Bezug auf Kindergärten und Schulen wichtig sein, werden doch in seinen Darstellungen häufig Namen prominenter Kölner Juden genannt. „Es war ein großes Bedürfnis für Schulen und Kindergärten. Fast alle arbeitsfähigen Männer und Frauen mussten täglich außerhalb des Ghettos zur Arbeit, so dass die Kinder versorgt werden mussten.
Als Vorsitzenden des Ältestenrates hatte man unseren Gruppenältesten Max Leiser gewählt. Herr Leiser war in Köln beim jüdischen Wohlfahrtsamt in der Rubensstraße als Leiter. Schon auf Grund dieser gehabten Position war er sehr für jüdische Dinge interessiert, und es gelang ihm, beim Kommandanten die Genehmigung zur Gründung von Kindergärten und Schulen für das ganze Ghetto zu erwirken. Obwohl am Anfang viel Durcheinander zu verzeichnen war, was besonders durch die große Wohnungsnot hervorgerufen wurde, ordnete sich doch langsam alles. So fanden sich dann auch Räume für Schulen und Kindergärten.
Die Leitung des Kindergartens unserer Gruppe lag in den Händen von Frau Manfred Levi. Sie war die Ehefrau des ehemaligen Synagogenangestellten Levi an der Synagoge Köln-Deutz. Worte können nicht sagen, in welch hervorragender Weise diese Frau ihres Amtes waltete. Man darf sie als Engel der Gruppe betrachten. Nicht nur als Leiterin des Kindergartens hatte sie sich große Verdienste geschaffen, sondern auch später als Fürsorgerin der Gruppe.
Im Kindergarten sowie der Schule gab es später mittags einen Teller Suppe, wofür die Eltern einen Teil ihrer Rationen an die Küche abgeben mussten. Frau Levi standen noch einige junge Mädchen zur Verfügung.
Die Schule hatte zwei Lehrer, die mit uns kamen, und zwar Dr. Oppenheim und Lehrer Hirschfeld. Beide waren von der jüdischen Schule Köln, Lützowstraße. Dr. Oppenheim mag ein tüchtiger Pädagoge gewesen sein, aber das, was Lehrer Hirschfeld für seine Schüler war, ist über jedes Lob erhaben. Noch bevor die Schulen bestanden, ging er zu den Familien, wo schulpflichtige Kinder waren, in die Wohnräume und gab Privatunterricht. Er war stets von dem Gedanken beseelt, seine pädagogische Pflicht zu tun und den Kindern Unterricht zu geben.
In den anderen Gruppen unseres deutschen Ghettos gab es ebenfalls Kindergärten und Schulen. Auch hier hatte man Lehrer und Lehrpersonal, so dass alle Kinder einen soliden Unterricht – soweit – dies überhaupt möglich war – genießen konnten. Schulmaterial war sehr wenig vorhanden. So mussten sich die Schulen damit begnügen, was zur Hand war oder im Laufe der Zeit in unbewohnten jüdischen Lettenhäusern gefunden wurde.“(17)
Religiöses Leben
Im Gegensatz zu den lettischen Ghettos war das religiöse Leben im „Reichsjuden-Ghetto“ ausdrücklich erlaubt. Max Kaufmann erinnert sich daran, dass er einst von einem Kölner Freund (Bloch) eine Einladung zum Gottesdienst ,,Kabolas-Sabbat“ (Sonnabend-Gebet) in die ,,Kölner Synagoge“ erhielt. Er war ganz erstaunt, eine richtige Synagoge vorgefunden zu haben. Sie befand sich in einem großen Saal der Kölner Straße (gegenüber dem alten jüdischen Friedhof) und war reich ausgestattet. Ein schöner „Oroin-Koidesch“ mit einem verzierten „Poroiches“ (Vorhang) stand darin. Verschiedene Aufschriften in jüdischer und deutscher Sprache (bei dieser handelte es sich um den für ihn gänzlich unverständlichen Kölner Dialekt) hingen an den Wänden. Außerdem schmückten diese noch selbstangefertigte Stickereien der Frauen. Der große Raum war von Sauberkeit und Ruhe beherrscht.
In der Synagoge der Kölner Gruppe waren auch viele und sogar junge Frauen. Den Erinnerungen von Max Kaufmann zufolge „wollte“ der Kölner Kantor unbedingt seine Kunst zeigen. Als sehr eindrucksvoll empfand der lettische Jude das Gebet „Lcho doidi“, das alle zusammen, Männer und Frauen, sangen. Zum Schluß schlug der „Gaabe“ (Älteste) Bloch dem Kantor vor, um ihn, den Gast, zu ehren, ein deutsch-jüdisches Volkslied zu singen. Das Lied enthielt ausnehmend schöne und für die Zeit passende Worte, nur die Wiedergabe war leider sehr mangelhaft. Die Leistung soll mehr ,,jeckisch“ anstatt jüdisch gewirkt haben.(18)
Die Ausführungen von Karl Schneider zum Thema „religiöses Leben“ sind noch genauer:
„Nachdem die Schulen bereits bestanden, wurde auch das Bedürfnis nach Gottesdienst immer aktueller. Im Falle, dass jemand Jahrzeit hatte oder sonst aus einem bestimmten Anlaß ,Minjan’ sein musste, so sorgte man sich um diese Männer innerhalb des Wohnblocks, was nie schwer war. Das aber allein sollte nicht genügen. Richtiger Gottesdienst sollte sein!
Wieder war es Herr Leiser, der sich mit allen Ältestenräten beim Kommandanten für ins Zeug legte – mit Erfolg! Mit der Genehmigung begann ein förmliches Rennen um den geeignetsten Platz. Später entstand dann die schönste Synagoge. Zwar darf von einer richtigen Synagoge oder einem Tempel nicht die Rede sein; nennen wir es einfach Betsäle. Jede Gruppe, die an einem Betsaal interessiert war, fand auch den passenden Raum.
Nachdem Herr Leiser auf Grund der Tatsache, dass er der Leiter des gesamten Ältestenrates war, nicht mehr Gruppenältester sein konnte, kam an seine Stelle Herr Berendt, der Mann der Zahnärztin Berendt aus Köln. Frau Berendt hatte übrigens die Zahnstation unserer Kölner Gruppe.
Herr Berendt war ein sehr korrekter Herr, der sich immer für jüdische Dinge einsetzte. Unterdessen hatten die Handwerker der Gruppe mit der Renovierung unseres Betsaales begonnen, und man darf auch hier sagen, dass richtige Künstler am Werke waren . . . Folgender Spruch zierte die Stirnwand unsere Betsaales:
LCHU BONIM SCHIMU LI,
JIRAS ADAUSCHEM ALAMEDCHEM
Auch ein Thoraschrank war da, ein Vorlesepult und alle Ritualien, die erforderlich waren. Eine Thorarolle hatten wir von Köln mitgebracht, die später durch mehrere andere aus dem Lettenghetto ergänzt wurde. Nachdem der Betsaal fertig war, wurde er feierlich der Gruppe bei einer entsprechenden Feier übergeben.
Die Stützen unserer Gemeinde sollen auch genannt werden. Als geistiges Oberhaupt hatten wir Rabbiner Ungar, früher Lehrer an der Talmud-Thoraschule, Adass Jeschurun, Köln, St. Apernstraße. Er war es auch, der die erste Thorarolle mit nach Riga gebracht hatte.
Ich glaube, dass es nicht im Sinne des leider Verstorbenen ist, wenn ich ihm ein besonderes Gedenken widme. Worte können es nicht ausdrücken, wie sich Rabbiner Ungar für die heilige Sache einsetzte. Immer wieder verstand er es, durch seine Predigten und Gespräche uns die Schwere der Zeit vergessen zu machen. Stets war seine größte Hoffnung, dass er uns alle wieder in die Freiheit zurückführen werde.
Einen offiziellen Vorstand gab es nicht; nur einzelne Personen, von denen wir wussten, dass sie sich für die große Sache besonders interessierten, wurden unsere Vorstände. Der Parnaß der Gemeinde hieß H. Bloch, ein älterer Herr, den ich vorher nicht kannte. Er war immer zur Stelle.
Sein Vertreter war Berthold Simons, der Bruder von Rabbiner Simons aus Köln-Deutz. Der Tradition gemäß war er dazu berufen, mit an erster Stelle zu stehen, wenn es sich um jüdische Dinge handelte.
Als Kantor wirkte der frühere Oberkantor Schalamach von der Synagoge Roonstraße. Über die Qualitäten seiner Stimme brauche ich nichts zu sagen. Herr Schalamach hatte es sehr schwer, sich mit dem Ghettoleben abzufinden und litt an dem schweren Los, das wir alle in Riga hatten. Bald war seine Stimme nicht wiederzuerkennen.
Besonders muss ich die 3 Gebrüder Schwarz hervorheben. Sie waren später erst nach Köln gekommen und stammten aus der Dürener Gegend. Karl Schwarz hatte eine herrliche Stimme und trug viel zur Verschönerung des Gottesdienstes bei. Zeitweilig hatte er auch schon in Köln vorgebetet. Die beiden älteren Brüder waren die Gelegenheitsvorbeter bei den Morgen-Gottesdiensten, worüber ich später berichten werde. Sie zählten zu den besten Stützen unserer Ghettogemeinde.
Eine Person spielte innerhalb unserer Gemeinde im Ghetto eine besondere Rolle. Es war dies Juda Monek, der als Hilfsvorbeter und Gemeindediener amtierte. Monek war fast allen Kölner Juden bekannt aus seiner Zeit als Gärtner und Laborant im jüdischen Asyl Köln-Ehrenfeld. Schon in Köln hatte er ein Buch verfasst, das sich auf den Meschiach bezog, worin er nachwies, dass der Meschiach seinen Antritt zur Befreiung der Juden von Köln-Ehrenfeld nähme. Über 20 Jahre hatte er an diesem Buch gearbeitet, und tatsächlich hatte er sogar ein Exemplar dieses Buches mit nach Riga gebracht. Genau wie in Köln sah man ihn täglich am Abend – mit seinem Buch unter dem Arm – durchs Ghetto laufen, um die nötige Propaganda zu machen. Selbst im Lettenghetto war er zu treffen. Es dauerte nicht lange, so war er innerhalb des Ghettos nur noch unter dem Namen Meschiach bekannt.
Nach seinen Angaben hat er ein weiteres Exemplar dieses Buches in Köln vor der Deportation bei der Kölner Polizei deponiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich jemand finden wird, der sich bei der Polizei in Köln nach diesem Buch erkundigen wird, denn es stellt ein sehr interessantes und zusammengestelltes Werk dar. Monek war in jeder Beziehung der Freund und Helfer von Rabbiner Ungar und stand ihm an Eifer für unsere Sache wenig nach.
Abschließend will ich dann den Stamm unserer Männer nicht vergessen, die immer zur Stelle waren, wenn es notwendig war.
In den anderen Gemeinden waren auch schöne Betsäle geschaffen worden, und ich erinnere nur an die Gruppen Kassel und Düsseldorf. Diese beiden Gruppen sowie die Kölner waren wohl am meisten an Gottesdiensten interessiert und hatten ihre Betsäle schön hergerichtet und dementsprechend auch gute Leiter und Sänger. In Kassel amtierte Lehrer Bacher, in Düsseldorf Kantor und Prediger Nußbaum aus Neuss sowie Kantor Scheuer aus Münster in Westfalen. Dortmund hatte als Kantor den ehemaligen Oberkantor Kober, und in der Gruppe Berlin betete der ehemalige Chordirigent einer großen Berliner Gemeinde, Paul Klein, vor. Er hatte eine herrliche Stimme. In den Gruppen, wo keine Gemeinde war, verteilten sich die Beter auf die anderen Gruppen, wo es Betsäle gab.“(19)
Interessant ist die Tatsache, dass es im „Reichsjuden-Ghetto“ von Riga auch Christen und „Arier“ gab. Hierüber ist in der Fachliteratur bisher wenig berichtet worden. So befanden sich in den Transporten, die aus Wien, Hannover, Bielefeld, Hamburg etc. kamen, sogar „Arierinnen“, die mit Juden verheiratet waren und sich von ihren Männern und Kindern nicht trennen wollten.(20) Hierzu meint Karl Schneider:
„Der Gruppenälteste von Hannover hieß Fleischer(21) und war nach seinen Angaben Nicht-Jude. Er besaß das Vertrauen des Kommandanten und glaubte deshalb, eine christliche Gemeinde gründen zu können. Im Ghetto befanden sich viele Menschen, die der christlichen Religion angehörten. Entweder stammten sie aus Mischehen oder waren christlich erzogen worden. Es wird angenommen, dass er die Gemeinde ohne die Erlaubnis des Kommandanten gründete, denn als derselbe davon erfuhr, wurde sie auf der Stelle verboten, weil es eben innerhalb eines Ghettos keine Christen geben sollte.“(22)
Auch Max Kaufmann war über diese christliche Gemeinde im „Reichsjuden-Ghetto“ von Riga informiert und meinte, dass der Hannoveraner „Fleschl“ (nicht Fleischer) Katholik war: „Als solcher las er manchmal in seiner Wohnung für die Juden katholischer Konfession eine Messe und spielte die Rolle des Pfarrers.“
Die Synagogen-Ordnungen
Sehr ausführlich geht Karl Schneider auf die Synagogen-Ordnungen und die Einhaltung der Feiertage im Ghetto ein:
„Wenn auch der Kommandant seine Genehmigung zum Abhalten von Gottesdiensten gegeben hatte, so waren doch Bedingungen daran geknüpft. Die wesentlichste war, dass sich während der Arbeitszeit keine Menschen versammeln durften, weil dies als Sabotage angesehen wurde. Damit stand also von Anfang an fest, dass es unmöglich war, einen direkten Morgengottesdienst abzuhalten.
Ein weiterer Faktor war, dass alle arbeitsfähigen Menschen zur Arbeit gehen mussten. Schon frühmorgens 5.30 Uhr begann der Ausmarsch aus dem Ghetto. Nur alte und arbeitsunfähige Männer und Frauen waren von der Außenarbeit befreit und mussten DAFür Ghetto-Innendienst machen. So hatten sie die Straßen sauber zu halten, die Müllgruben zu leeren etc. Innenarbeit war nicht so schwer wie die Arbeit außerhalb des Ghettos. Trotzdem war jeder, ob Mann oder Frau, bestrebt, herauszukommen. Die Gefahr war groß, und der Kommandant mit seinen Gehilfen war zu jeder Zeit da, wenn man ihn nicht erwartete.
Diese älteren Männer, die man zur Arbeit im Ghetto behielt, versuchten trotzdem, jeden Morgen ihr Minjan abzuhalten, was auch meistens gelang. Zehn Männer fanden sich immer ein.
Dieser Gottesdienst wurde von einem der Brüder Schwarz geleitet. Beim Abendgottesdienst war immer Minjan vorhanden, besonders im Sommer. Doch wenn es schon früh dunkel war, verließ man ungern die Wohnung, denn man wollte nicht Gefahr laufen, dem Kommandanten zu begegnen. Im Falle einer Jahreszeit oder Trauerzeit hatte man schnell zehn Männer im Hause zusammen.
Rabbiner Ungar ging mit außerhalb des Ghettos zur Arbeit, aber am Samstag wurde er durch den Gruppen-Arbeitsleiter, dies war Berthold Simons, von der Arbeit befreit und musste schön zu Hause bleiben, bis einzelne Arbeitskolonnen nach Hause kamen. Freitagabend war der Betsaal immer überfüllt. Wegen der bekannten Melodien und der uns vertrauten Vorbeter vergaß man, dass man sich im Ghetto von Riga befand.
Der eigentliche Schabbes-Gottesdienst begann erst am Samstagnachmittag. Im Allgemeinen kamen samstags die Arbeitskolonnen schon gleich nach Mittag zurück, weil an ihren Arbeitsplätzen die Arbeit gegen 1 bis 2 Uhr beendet war. Wenn auch nicht Schachariss gebetet wurde, so wurde doch zu Mincha die Männerzahl zur Thora aufgerufen, wie es sonst nur zu Schachariss der Fall ist. Zu den Feiertagen verhielt es sich ähnlich, aber darauf komme ich noch zurück. Auch in den anderen Gruppen wurde im gleichen Sinne gehandelt. Man muss ganz besonders darauf hinweisen, dass die Gruppenältesten und Arbeitseinsatzleiter für die Männer, von denen sie wussten, dass sie sehr fromm waren, sehr viel getan haben, um ihnen immer wieder Gelegenheit zu geben, ihrem Gotte zu dienen.
Die Einweihungsfeier unseres Betsaales gestaltete sich zu einer sehr eindrucksvollen Veranstaltung. Ich glaube kaum, jemals so eine Feierlichkeit und Andacht bei den Anwesenden in meinem Leben erlebt zu haben. Auch glaube ich nicht, so etwas noch einmal je in meinem Leben mitzuerleben. Es sprachen Herr Leiser, Rabbiner Ungar und Berthold Simons. Alle Sänger haben sich beteiligt. Viele Tränen wurden vergossen, doch nicht wegen unserer Gefangenschaft, sondern nur aus dem Gedenken an die Lieben, die wir in der Heimat zurückließen. Wir wussten zu gut, was ihnen bevorstand, da wir es schon am eigenen Körper spürten.“(23)
Karl Schneider berichtet in seinem Beitrag über das „jüdisch-Leben im Ghetto Riga“ kaum über die Torturen und Morde, die an der Tagesordnung waren. Auch die jeweiligen „Aktionen“ sind der diesbezüglichen Fachliteratur zu entnehmen.(24) Besonders bedrückend war für die Ghettobewohner das dauernd über ihnen schwebende Damoklesschwert, das in Form von willkürlichen Erschießungen und Foltern täglich auf sie niederfiel. In Bezug auf diese Fakten lassen sich die weiteren Beschreibungen von Karl Schneider verstehen:
„Bis zu dieser Zeit hatten wir schon einige Tote zu verzeichnen, die meist auf Grund einer Krankheit eines natürlichen Todes starben. Doch kurze Zeit nach der Einweihungsfeier unseres Betsaales wurden wir zu einer Totengedenkfeier bestellt.
Wir waren gekommen, um die zwei ersten Opfer unserer Kölner Gruppe durch Gebete zu ehren und zu heiligen. Zwei unserer besten Kameraden und Freunde wurden innerhalb des Ghettos von lettischen Banditen in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnhäuser erschossen. Es waren dies Alex Sander vom Kleinen Griechenmarkt in Köln und Heinz Wertheim aus Köln. Lange Zeit habe ich mit meinem guten Freund Alex zusammen gewohnt, und ich darf behaupten, dass er einer unserer besten Männer war, denn sonst hätte man nicht die ganze Kölner Gruppe zu seinem Gedenken geladen. Seine Frau, die einzige seiner Familie, lebt in Amerika.
Mit der Zeit hatten wir viele Opfer, und immer wurde ihrer gedacht. Obwohl der jüdische Friedhof innerhalb des Ghettos lag, durfte keine Zivilperson ihn betreten. Bei Beerdigungen waren nur der Gruppenälteste und die Totengräber zugelassen.“(25)
Die Feiertage im Ghetto
In dem Wesen und in der Bedeutung alter Feste wird ihr religiöser und sittlicher Charakter entschiedener hervorgehoben; sie wurden allmählich fortgebildet und als Weg weitergeführt, den die alten Satzungen der Heiligen Schrift bereits erkennen lassen. Wenn Bräuche und Ordnungen, die eine jüdische Gemeinde erhalten wollen, tatsächlich im Sinne von Leo Baeck wie ein „Zaun“ um das jüdische Haus werden, dann scheint die Realisierung im wahrsten Sinne des Wortes im „Reichsjuden-Ghetto“ von Riga wahr geworden zu sein. Es bedarf philosophischer Interpretation, um die Worte Leo Baecks für die Zeit 1941-1943 in Riga zu deuten:
„Sabbate und Feste erhalten ihre Poesie, ihre Stimmung, in deren heiligem Bezirke der Mensch, nach all dem Staubigen und Bedrückenden draußen, in reiner Luft Atem holen kann. Und wie ihnen hat das Gesetz aller Freude ein Weihevolles, ein Geistiges gebracht. Es hat der Erholung ihre Reinheit und hat dem Abend seine Vornehmheit gegeben – der Erholung und dem Abend, diesen beiden, an denen sich der Charakter und die Freiheit des Menschen, sein Suchen und sein Wollen am deutlichsten offenbaren. Der Gottesfrieden herrscht innerhalb des umhegenden ‚Zaunes’; der Zaun hat das Leben nicht verengt, sondern es behütet und gefestigt. Nur um die Religion zu schützen, waren alle diese Satzungen eingesetzt, aber sie haben mehr versucht, sie haben den religiösen Besitz und die Frömmigkeit auch bereichert.“(26)
Während Max Kaufmann feststellte, dass im Letten-Ghetto das kulturelle und religiöse Leben scheinbar völlig tot war – aber inoffiziell doch noch existierte(27), blühte es im „Reichs-Juden-Ghetto“. Kaufmann erklärte das resignierend: „Auf jeden Fall hatten wir schon so unendlich viel durchgemacht, alles Jüdische war bis zum letzten so zerstört und beschmutzt worden, dass wir uns einfach davor fürchteten, irgendeinen Anlass zu neuen Gemeinheiten und Verfolgungen zu geben. Deshalb haben wir im Stillen gebetet und im Stillen gelernt!“(28) Anders sah es Karl Schneider:
„Der Schabbes, der allwöchentlich kam, wurde auch wie ein Gast, der sich allwöchentlich einfindet, behandelt. Aber bei den Feiertagen lag die Sache wesentlich anders. Beginne ich mit Pessach:
Unsere Lebensmittelzuweisungen waren kaum nennenswert. Aber man hatte manchmal Gelegenheit, bei der Außenarbeit durch Tausch mit der lettischen Zivilbevölkerung sich zusätzlich etwas zum Essen zu beschaffen. Allerdings war dies immer mit Lebensgefahr verbunden. Auf Tausch stand Tod! Aber vor Pessach riskierte man mehr als sonst; besonders für etwas weißes Mehl für ein paar Mazzen. Diejenigen, die keine Gelegenheit hatten, weißes Mehl zu bekommen, begnügten sich mit dem schwarzen Mehl von der Ausgabe. Auf jeden Fall, soweit es nur möglich war, mussten wenigstens für die Sederabende Mazzen vorhanden sein. Nachdem man nun abends von der Arbeit kam, so beeilte man sich, an den Feiertagabenden schneller als sonst, nach Hause zu kommen. Gewaschen und umgezogen – so schnell, wie es möglich war –, ging man zum Beten.
An allen Feiertagen und Schabbes ging man selbstverständlich in seine besten Kleidern, die man mitgebracht hatte; hier ist zu sagen, dass jeder angezogen war, wie man früher sagte: wie Jontef.
Allerdings sah man fast keine Hüte mehr bei den Männern. Der Hut war außer Mode gekommen, und fast alle trugen sogenannte Ghettomützen. Diese Kopfbekleidungen ähnelten Skimützen, die man bei kaltem Wetter über die Ohren ziehen konnte. Außerdem musste man immer die Mütze zum Grüßen in der Hand haben. Bei einem Hut war dies immer lästig und bei der Arbeit unbequem.
An jedem Feiertagabend wurde gepredigt, und der Saal war überfüllt. Nach dem Gottesdienst ging man nach Hause für den Seder, wo meistens alles hergerichtet war.
Jetzt muss ich von meiner Person schreiben. Mir stand zufällig ein größerer Wohnraum zur Verfügung, den ich mit 6 Personen zu teilen hatte. Am Sederabend wurden die Betten abgebrochen, und soweit als möglich der Raum frei gemacht. 25 bis 30 Personen waren bei mir zum Seder, den ich gab. Und ich muss sagen: Knechte waren wir, aber an diesem Abend freie Menschen. Als ich an die Stelle der Hagadah kam, wo es heißt: ‚Nun wird nach Belieben gespeist’, verließen meine Gäste mein Zimmer und gingen in ihre Wohnungen, um ihr kleines Mahl einzunehmen. Anschließend wurde weiter Seder gegeben. Zweimal hatten wir im Ghetto Gelegenheit, mit unseren Familien zusammen das Pessachfest zu feiern.
Am Schawuothfest ging es ähnlich wie Schabbes: Abendgottesdienst und der allgemeine große Gottesdienst war an den Nachmittagen, wenn die Menschen von der Arbeit zurückkamen, am Spätnachmittage.
Roschhaschana war allerdings ein Feiertag, der eine besondere Würdigung wert war. Von Seiten der Gruppenarbeitseinsätze war schon Sorge getragen, dass soweit es möglich war, alle älteren und religiösen Menschen von der Arbeit befreit waren. Aber große Vorsicht war geboten. Im ersten Jahre unseres Exils gelang es einem großen Teil der Außenarbeiter, auf ihren Arbeitsplätzen dem Aufsichtspersonal zu erklären, dass wir den höchsten Feiertag hätten und dass der Kommandant angeordnet hätte, früher als sonst ins Ghetto zurückkehren zu dürfen. Tatsächlich fiel ein Teil dieser Menschen auf diese Angaben herein und brachte seine Juden schon am frühen Mittag ins Ghetto.
Nachspiel! Nie hätte der Kommandant davon erfahren, wenn nicht verschiedene Arbeitsplätze telefonisch Kontakt mit dem Ghetto gesucht hätten, um sich von der Wahrheit dieser Angaben zu überzeugen.
Dazu muss ich folgendes berichten: Die Juden arbeiteten teils in Privatbetrieben, bei Wehrmachtseinheiten und bei der SS. Bei der SS war es nicht möglich, besondere Vorteile in Bezug auf die Feiertage herauszuholen, wenn auch ein einzelner Mann eventuell geholfen hätte. Aber die Führer hätten es verboten. Keine Arbeit hätte Mord und Totschlag zur Folge gehabt und war zudem gleichbedeutend mit Sabotage! Bei Einheiten der Wehrmacht konnte man es eher erreichen, weil ein Teil der Soldaten und auch der Vorgesetzten unser Verhalten wegen des Feiertages verstehen konnte. Trotz dieses Vorfalles am Roschhaschana 1942 konnte die oben erwähnte Angelegenheit ohne Folgen aus der Welt geschafft werden.
Im Jahre 1943 wurde es uns aber von unserer Leitung verboten, wieder auf diese Weise früher ins Ghetto zurückzukehren.
Der Festgottesdienst am Roschhaschana war besonders eindrucksvoll. Der Kantor gab sein Bestes. Außerdem hatten wir einen Gastsänger, einen ehemaligen lettischen Oberkantor, der auch über eine herrliche Stimme verfügte. Erhebend waren die Reden von Rabbiner Ungar und von Leiser. Schofer blies Berthold Simons selten schön. Der Betsaal war immer weit überfüllt, so dass ein großer Teil der Beter im Treppenhaus und bis zum Hof herunter stand und andächtig betete.
Man wird mich fragen, wo alle die Ritualgegenstände herkamen. Die Antwort ist leider zu leicht. Als wir ins Ghetto einzogen, hatten dort – wie schon erwähnt – große Aktionen gegen lettische Juden stattgefunden. Wir übernahmen diese Wohnungen, so wie die armen Menschen sie verlassen mussten, als sie aus denselben vertrieben wurden. Nicht nur Lebensmittel – allerdings in beschränktem Maße –, sondern auch Kleider und Bekleidungsgegenstände jeglicher Art fanden wir vor. So blieb es nicht aus, dass man gerade in dieser Stadt, wo so viele fromme Juden lebten, auch die Bücher und Ritualien vorfand, die man zu jedem Tag und Feiertag brauchen konnte. Interessant war, dass die meisten Festgebetbücher in Zedernholz gebunden waren. Sie enthielten oft Bilder und Inschriften von Palästina.
Mit der Zeit hatte sich das Leben im Ghetto eingespielt. Damit soll nicht gesagt werden, dass das Erschießen plötzlich aufgehört hatte. Nein, das Gegenteil war der Fall! Aber unsere wirtschaftliche Lage erfuhr eine Verbesserung. Durch Tausch von Kleidungsstücken und anderen überflüssigen Sachen mit der Zivilbevölkerung außerhalb des Ghettos konnte man sich zusätzlich Lebensmittel verschaffen, was allerdings – wie schon erwähnt – beim Feststellen die Todesstrafe zur Folge hatte. Aber dessen ungeachtete brachte jeder, soweit er konnte, sich einige Lebensmittel mit.
Speziell zum Jom-Kippur tat jeder, was er konnte, um etwas mehr zum Essen zu haben als gewöhnlich. Von der Arbeit eilte man ins Ghetto, aß sofort, und schon führte der Weg zum Betsaal. Jom-Kippur selber unterschied sich von keinem anderen Tag im Leben der deutschen Ghettobewohner. Der Unterschied war vielleicht der, dass man behaupten kann, dass trotz der großen Not und trotz des großen Hungers bei der täglichen Arbeit jeder fastete. Nur ganz wenige fasteten halbe Tage oder gar nicht. Ich vergesse nie, wie ich an den Jom-Kippur-Tagen, die ich im Ghetto verleben musste, erstaunt war, Kameraden bei der Außenarbeit zu sehen, die sich nie für den Synagogen-Besuch interessiert hätten, aber an diesem Tage kamen sie, mit einem Machsor bewaffnet, und fasteten den ganzen Tag! Jede freie Minute verschwanden die einzelnen Kameraden hinter großen Holzstößen oder sonstigen Verstecken und beteten. In den meisten Fällen war es so, dass der Gottesdienst schon im Gange war, wenn wir von der Arbeit nach Hause kamen, weil der Innendienst gleich an Ort und Stelle war, während wir lange Wege hatten und manchmal überarbeiten mussten.
Sukkoth
Ba Sukho teischwu schiwass Jomim. ‚In Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage!’ Wir wohnten in Hütten, aber zu Sukkoth waren richtige Laubhütten zur Stelle. Wer baute sie? Unsere Kinder – unsere Jugend! Gleich nach Jom-Kippur begannen die Kinder, ohne von irgend jemandem beauftragt worden zu sein, Hütten zu bauen.
Es war Befehl des Kommandanten, dass alle Wohnhäuser miteinander verbunden sein mussten. Alle Höfe waren durchbrochen, so dass man von einem Hofe durch das ganze Ghetto gehen konnte. Dadurch entstanden Blocks, und die Kinder dieser Blocks bauten die Hütten. Hier muss ich wieder unsere Gruppe und die Gruppe Kassel hervorheben, die sich dieser Sache besonders annahmen. Aus allen Ecken schafften die Kinder Decken, Zelttuch und dergleichen herbei. Sträucher und Bäume wurden von ihnen organisiert, nur um die Sukkoth schön zu gestalten. Die Wände waren mit bunten, selbst gemalten Bildern und jüdischen Inschriften behangen. Die Mädchen hatten sich etwas besorgt und backten, so gut es ging, Plätzchen.
Nach dem ersten Abendgottesdienst fand sich dann der ganze Block in der Hütte ein, wo Kiddusch gemacht wurde; auch von einem Jugendlichen. Herr Leiser, der unserem Block am nächsten wohnte, hielt eine kleine Dankes- und Festrede. Jede freie Minute verbrachten die Kinder in der Sukkoth, und immer neue Gäste trafen ein, die dann von ihnen bewirtet wurden. Der Feiertagsgottesdienst war wie üblich.
Nur Simchas-Thora machte die große Ausnahme. Unmittelbar nach dem Simchas-Thora-Gottesdienst war ein Kindergottesdienst angesetzt. Die Simchas-Thora-Feier werde ich in meinem Leben nie vergessen. Es ist kaum zu beschreiben, wie gesungen und getanzt wurde. Man wusste nicht mehr, ob man sich im Ghetto oder der Synagoge irgendeiner großen Stadt befand. Alles war vergessen. Selbst Thoraspenden wurden gegeben. Jeder wurde zur Thora aufgerufen, jeder spendete. Kein Geld! Wer Geld hatte, war dem Tode verfallen! Aber Lebensmittel wurden gespendet. Es gab verschiedene gute Außenkommandos, die von ihrer Arbeitsstelle die Erlaubnis erhalten hatten, jeden Tag ein bestimmtes Quantum mit ins Ghetto zu nehmen. Dies waren die Arbeiter des Schlachthauses, der Fellverwertung etc. Fast jeden Abend brachten sie Lungen-, Leber- und Fleischreste mit ins Ghetto: so konnte man schon innerhalb der Gruppen helfen. Somit kamen auch alle Gaben, die am Simchas-Thora gespendet wurden, den Armen zugute. Damit derjenige, der spendete, seine gute Absicht nicht vergaß, war Berthold Simons schon in dessen Wohnung und kassierte ein.
Am Spätnachmittag des Simchas-Thora-Tages war auch der Kindergottesdienst. Die Kinder der Kölner Gruppe waren ohne Ausnahme alle erschienen. Auch die Kinder wurden zu Thora aufgerufen, genau wie dies in guten Zeiten in den Synagogen der Fall war. Als Vorbeter amtierte ein Sohn von Rabbiner Ungar. Und aus der Thora las der kleine Sohn von Oberkantor Schalamach vor. Beide gingen wirklich meisterlich zu Werke. Wie an allen Fest- und Feiertagen hielt auch an diesem Tage Rabbiner Ungar die Festpredigt. Sie begann damals mit den Worten: ‚Wo findet sich in Volk auf Erden, das so, trotz Gefangenschaft, Not und Elend sich seines Gottes erfreut wie das jüdische?’ Tatsache war, dass wir uns des Tages erfreuten. Wir vergaßen in diesem Augenblick wirklich, Gefangene zu sein.“(29)
Auflösung des Ghettos von Riga
Für den nichtjüdischen Leser ist der Wunsch nach religiösem Bekenntnis – unter den hier geschilderten Umständen – oft schwer verständlich. Man muss in der Geschichte lange suchen, um diesbezügliche Parallelen zu finden. Sicher sind soziologische Erklärungen in diesem Falle unzureichend, nach denen zum Beispiel eine „Gesellschaft, die sich von außen bedroht fühlt und von inneren Zweifeln geplagt ist, einen verstärkten Drang verspürt, auf dem, was sie zuinnerst zusammenhält, zu insistieren, durch eine Mobilisierung“(30) des religiösen Gleichklangs sich zu sichern. „Strikter Konformismus gegenüber den .heiligsten Werten’ und strikte Ächtung alles abweichenden Verhaltens gehören zu den Charakteren der bedrohten Gesellschaft.“(31) Aber von negativer Sanktionierung derjenigen, die die Gesetze der jüdischen Religion nicht beachteten, ist bei Karl Schneider nie die Rede. Trotz intensiver Fronarbeit, physischer und psychischer Torturen und der ungewissen Zukunft konstantiert er allseitige religiöse Aktivität.
Dass allerdings der Glaube seit Menschengedenken dem Schwachen Stärke und Hoffnung spendet, dürfte jedem soziologisch analysierenden Leser bekannt sein. Auch die in diesem Beitrag nicht erwähnten kulturellen Aktivitäten werden für das „Durchhalten“ wichtig gewesen sein.
In diesem Zusammenhang möchte ich zwei Ghettolieder erwähnen, die sich – allerdings ohne Kommentar – im Anhang des Tagebuches befanden. Einer anderen Analyse möge es vorbehalten sein, Entstehungsdatum etc. der beiden Lieder zu eruieren; dennoch glaube ich, dass sie ein wertvoller Beitrag zur Gesamtthematik: „Jüdisch-religiöses Leben im Ghetto“ von Riga sein können, da sie Glauben, Stärke und Hoffnung ausdrücken:
Ghettolied
Wohin auch das Auge blicket,
Nichts als Schnee und Eis ringsum;
Vogelsang uns nicht erquicket,
Bäume stehen kühl und stumm,
Denn uns hat man verbannt,
In ein fernes Land – als Juden.Mitten in dieser öden Heide
Ist das Lager aufgebaut,
Wo wir, fern von jeder Freude,
Hinter Stacheldrahtverhau.
Denn uns hat man verbannt . . .Auf und nieder zieh’n die Posten.
Keiner, keiner kann hindurch.
Flucht kann nur das Leben kosten.
Zweifach ist umzäunt die Burg.
Denn uns hat man verbannt . . .Morgens zieh’n die Kolonnen
Durch den Schnee zur Arbeit hin.
Plagen sich bei grimm’ger Kälte,
Doch zur Freiheit zieht ihr Sinn.
Denn uns hat man verbannt . . .
Doch für uns gibt’s keine Klage,
Ewig kann nicht Winter sein.
Einmal werden froh wir sagen:
Freiheit, Freiheit Du bist mein!
Denn uns hat man verbannt . . . (32)
Auch das zweite Lied möchte ich dem Ghetto Riga zuordnen; der Text könnte allerdings auch unvertont Ghetto-Poesie sein:
Aus Schutt und Trümmern ersteigt ein Gesang,
Der längst an den Ufern Babels erklang,
Wir sind arme Juden, verhöhnt und verlacht,
Für uns ist das Leben eine einzige Nacht! —Wir haben ein Herz, welches niemals ruht;
Es fließt in unseren Adern das uralte Blut.
Von Menschen verlassen, von Hunden umbellt,
So zieh’n wir schon 1000 Jahr’ durch die ganze Welt.
Vertrieben von Spanien und Portugal;
So sind wir den Völkern ein Flammensignal.Verbrannt unsere Häuser, geraubt unser Gut,
Ihr nehmt uns doch nicht unser uraltes Blut.
Wir beten und beten und fürchten uns nicht,
Denn einmal, da bricht aus den Wolken ein Licht.
Wir beten und beten, es kommt noch die Zeit,
Wo Gott uns durch den Messias befreit!(33)
In den Ghettos der Stadt Riga hielt sich in dem Zeitraum zwischen Februar 1942 und August 1943 die Bevölkerungszahl auf ungefähr 15 000, obgleich im Jahre 1942 zwei weitere Transporte mit älteren Leuten durch falsche Versprechungen zum Erschießen nach Bikernieki gelockt worden waren, wahrscheinlich, um für 1200 Juden Raum zu schaffen, die aus Berlin kommen sollten.(34) Nach weiteren Aktionen, über die hier nicht berichtet werden soll, wurde das gesamte Ghetto von Riga planmäßig am 2. November 1943 aufgelöst. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte Karl Schneider noch auf engstem Raum mit seiner Familie zusammen, doch bedeutete die Auflösung des Ghettos auch Abschied von Frau und Kindern.
„Die letzten 4000 Juden verließen das Ghetto am 2. und 3. November. Die arbeitsfähigen Überlebenden, meist Frauen, kamen in ein Arbeitslager, 2000 Kinder aber und einige Kranke und Gebrechliche wurden mit sehr wenig Nahrungsmitteln auf offene Güterwagen verladen. Die Kinder unter 12 Jahren sollten angeblich in ein ,Heim’ nach Deutschland gebracht werden, die Rigaer Juden glaubten aber, man beabsichtige nur, den Zug so lange hin und her zu rangieren, bis die Insassen erfroren und verhungert waren. Ein Überlebender jedoch berichtet, dass der Zug nach Auschwitz gegangen ist und dass von den 2216 Insassen 600 auf der zehntägigen Reise gestorben sind.(35) Dass man Juden aus Riga bis nach Auschwitz transportierte, erscheint mehr als seltsam, aber es gab im Generalgouvernement keine Todeslager mehr, und die Russen waren schon zu nah, als dass man es deutscherseits hätte wagen können, noch Massengräber auf freiem Feld anzulegen.“(36)
In seinem „Tagebuch“ streift Karl Schneider diese schreckliche Zeit nur:
„Der zweite November brachte die endgültige Auflösung des Ghettos. Mehr als 2000 Menschen wurden durch eine Aktion nach unbekannt abtransportiert. Der verbliebene Rest kam in kleinere Kasernierungen, das heißt kleine KZ-Lager, die dem großen KZ-Lager Kaiserwald bei Riga, angeschlossen wurden. An dem furchtbaren Tage, wo wir alle den größten Teil unserer Lieben verloren, ging auch der größte Teil unserer Gemeinde von uns. Rabbiner Ungar und Monek blieben.“(37)
Eine reine Wehrmachtseinheit war das Armeebekleidungsamt am Mühlgraben der Vorstadt Riga. Die Hauptarbeit bestand aus dem Transportieren und Sortieren der Kleidungsstücke; hier mussten auch jugendliche Juden und gar Kinder mitarbeiten. Auch Karl Schneider wurde nach der Liquidierung des Ghettos diesem Amt zugewiesen. Dennoch galt sein Hauptaugenmerk dem religiösen Leben:
„Wir kamen zu 1500 Juden zu einem Wehrmachts-Bekleidungslager, mussten dort hart arbeiten und hatten ein eigenes Lager. Kaum hatten wir uns etwas eingeordnet, kümmerten wir uns schon wieder um den Gottesdienst. Jeder hatte seine Gebetbücher mitgenommen. Zwei Thorarollen waren auch mit ins neue Heim gekommen. Auch hier musste erst wieder die Erlaubnis des Kommandanten eingeholt werden, um keine Schwierigkeiten zu bekommen. Der neue Kommandant, ein Wehrmachtsangehöriger, der an für sich ein großer Verbrecher war, erlaubte das Abhalten des Gottesdienstes; jedoch wieder nur unter der Bedingung, dass die Arbeit darunter nicht leiden würde. Aber in dem neuen Lager gab es keinen Betsaal, da wir alle in großen Sälen untergebracht waren, die zugleich Schlaf- und Aufenthaltsräume waren. Dies war uninteressant für uns. Es fand sich schon eine Ecke, wo wir unser Gebet verrichten konnten. Hier hatten wir Gelegenheit, jeden Morgen und jeden Abend zu beten. Wir brauchten nur etwas früher aufzustehen. Die festen Kunden unseres Minjans wurden regelmäßig von der jüdischen Lagerpolizei, die Dienst hatte, zeitig geweckt, und dem Gottesdienst stand nichts im Wege. Minjan war immer. Man brauchte sich kaum umzugucken, und schon waren zehn Mann da. Zu diesem Minjan kamen regelmäßig auch lettische Juden, die jetzt mit uns zusammen waren.
Schon während Bestehens des Ghettos hatten wir verschiedene Bar-Mizwos zu verzeichnen. Der erste unserer Gruppe war ein Sohn der Eheleute Jupp Hermanns. Den damaligen Verhältnissen entsprechend wurde dieser hohe Tag der Jugendlichen festlich gefeiert. Selbst innerhalb unserer Kasernierung hatten wir Verschiedene Bar-Mizwos. In diesem Falle war der Kommandant immer sehr großzügig. Die Lagerleitung hatte ihm erklärt, dass ein solch jüdischer Festtag mit einer heiligen Kommunion zu vergleichen wäre. Tatsächlich durften in Zukunft besondere Ausnahmen gemacht werden. Diese Ausnahmen waren folgende:
Auch im Armeebekleidungsamt bzw. in unserem Lager waren die Tauschgesetze recht streng. Die größten Strafen trafen den, der sich vom Außenkommando zusätzliche Lebensmittel mitbrachte. Im Falle einer Bar-Mizwo aber konnten die Eltern oder Angehörigen dennoch sich einen kleinen Teil Lebensmittel beschaffen, was tatsächlich erlaubt war. Wir wurden gemeinschaftlich aus der Küche verpflegt. Im Falle einer Bar-Mizwo war die Küche angewiesen, die illegal, doch jetzt legal hereingebrachten Lebensmittel für die Familie bzw. das Fest herzurichten. Die schönsten Kuchen wurden gebacken und sehr gutes Essen hergerichtet. Am Tage des Festes waren die Eltern von der Arbeit befreit; doch machten in den wenigsten Fällen die Männer davon Gebrauch, weil der Gottesdienst auch erst am Nachmittag war. Oft wurde der Junge reichlich beschenkt, denn die Freunde des Kindes und die Angehörigen der Gruppe versuchten doch, unterwegs Kleinigkeiten wie Gebäck, Zucker und dergleichen zu beschaffen.
Doch mit der Zeit wurden immer mehr Menschen von Riga nach Deutschland verschickt, und es wurde immer schwieriger, Minjan zu bekommen. Eines Tages kam auch für uns die Zeit, daß wir Riga und das Lager verlassen mussten. Wir verblieben noch als ein kleiner Rest von etwa 100 Männern und 120 Frauen. Das Lager wurde plötzlich aufgegeben, und wir mussten unser Quartier im Exporthafen von Riga aufschlagen. Alle noch in Riga befindlichen Militärlager mussten ausgeräumt und auf Schiffe verladen werden. Das begann am Tag vor Erev Jom-Kippur im Jahre 1944.“(38)
Die Evakuierung Rigas wird in vielen Erlebnisberichten einheitlich geschildert. So stellt auch Max Kaufmann das Beladen der Schiffe, das Verlassen des Hafens, aber auch die Gottesdienste an Bord beeindruckend deutlich dar.(39) Auch Karl Schneider äußert sich zu dem Tage der Ausschiffung, berücksichtigt aber wiederum dabei religiöse Momente:
„Tag und Nacht mussten wir arbeiten wie die Tiere, denn die Russen standen kurz vor Riga. Erev Jom-Kippur versuchten wir uns noch zusätzlich einige Lebensmittel zu beschaffen, um wenigstens nicht ganz nüchtern fasten zu müssen. Einzelnen gelang dies, aber dem größten Teil der Menschen nicht. Trotzdem kann ich sagen, dass fast alle, Frauen und Männer, am Jom-Kippur fasteten. Zudem darf nicht vergessen werden, dass wir die ganze Nacht und den ganzen Tag furchtbar getrieben wurden, weil die Soldaten größte Angst hatten, von den Russen überrascht zu werden.
Von Riga fuhren wir dann mit den Schiffen, die wir beladen hatten, nach Libau. Zuerst glaubten wir, nach dem, was wir dort sahen, dass der Krieg zu Ende gehe. Aber wir wurden enttäuscht. Ein paar Tage später befanden wir uns wieder in einem neuen Lager, und das schwere Leben begann wieder. Nachdem wir das neue Quartier bezogen hatten, gab es schon wieder Männer, die sich um ein neues Minjan bemühten. Hierbei muss ich zuerst unseren Kameraden Josef Strauß von der ehemaligen Gruppe Kassel nennen, der die Menschen um sich sammelte. Weiter war da ein frommer, älterer lettischer Jude, Flaks, der sehr am Gebet interessiert war.
Als Vorbeter amtierte jeder, der sich berufen fühlte, denn inzwischen hatten wir unsere alten Kräfte bereits verloren.
Der neue Kommandant, dem wir in Libau unterstellt waren, hatte gegen unsere jüdischen Gottesdienste keine Bedenken. Aus der Thora, die wir auch wieder nach Libau mitnahmen, las uns ein guter Freund, Georg Fries, vor, der früher jüdischer Lehrer war und aus Süddeutschland stammte.
Das Leben in Libau dauerte nur kurze Zeit; aber in dieser Zeit mussten wir 14 Opfer beklagen, die infolge eines Luftangriffes ihr Leben lassen mussten. Als wir Libau räumten, nahmen wir unsere zwei Thorarollen mit. Eine hatte Josef Strauß in seinem Handgepäck, und die andere war in unserer Lebensmittelbagage versteckt.
Mit dem Truppenteil, bei dem wir viele Monate gearbeitet hatten, sollten wir nach Deutschland ziehen, wo selbst wieder ein neues Lager aufgemacht werden sollte. Aber auf dem Schiff ereilte uns die Nachricht, dass wir in Hamburg anlegen müssten. Wir wussten nicht, was dies zu bedeuten hatte. In Hamburg angekommen, wurden wir am Hafen von der SS und Polizei in Empfang genommen, die nicht schön mit uns verfuhren.
Man brachte uns ins Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel,(40) wo wir in zwei Sälen untergebracht wurden. Bevor wir aber in die Zellen kamen, wurden wir einer strengen Leibesvisitation unterzogen. Vollständig nackt standen wir da, und alles, was wir besaßen, wurde uns abgenommen. Auf diese Weise verloren wir unser Sefer und alle Ritualgegenstände, die wir immer bei uns hatten.
Nun sollte man annehmen, es wäre Schluss mit dem Beten. Nein! Wie durch ein Wunder konnte Josef Strauß ein kleines Taschenbuch retten, und abends und morgens versuchten wir so gut wie möglich unseren religiösen Pflichten nachzukommen.
Später mussten wir nach Kiel-Hassel, wo sich ein Arbeits-Erziehungslager befand. Hier war es unmöglich, Betstunden abzuhalten, denn wir waren in einer Baracke, wo vielleicht 60 Menschen Platz hatten, zu etwa 200 Mann untergebracht. Obwohl die anderen keine Juden waren, versuchte man selbst hier zu beten.“(41)
Wir wissen, dass nach der Evakuierung Rigas für die meisten überlebt habenden lettischen und deutschen Juden die eigentliche Leidenszeit erst begann. Viele kamen in deutsche Konzentrations- oder Vernichtungslager, wo sie das ersehnte Kriegsende nicht mehr erlebten. Nur wenige überlebten.
Nach dem Kriege lebten die Überlebenden in Camps für „Displaced Persons“,(42) ehe sie dann nach Israel, in die Vereinigten Staaten oder andere Länder auswanderten. Karl Schneider bevorzugte Schweden, später dann die Vereinigten Staaten.
„Im Mai 1945 wurden wir befreit und kamen nach Schweden. Kaum hatten wir wieder ein festes Lager, entstand unsere jüdische Gemeinde wieder, und mit Stolz konnten wir feststellen, dass wir jeden Morgen, jeden Abend Schabbes hatten und auch unsere Feiertage mit Gottesdiensten feiern konnten.“(43)
Wie bei vielen jüdischen Berichten über die langjährige Leidenszeit verzichtete auch Karl Schneider auf die historisch detaillierte Darstellung, um das rein Menschliche, das meist subjektiv und dennoch differenziert Wahrgenommene wiederzugeben:
„Soweit es mir möglich war, habe ich das niedergeschrieben, was wir in den Jahren des Exils an jüdischen-religiösen Dingen erleben durften. Es ist möglich, dass ich den einen oder anderen, der sich hierbei sehr verdient gemacht hat, vergessen habe.
Wirklich war jedoch, dass immer die Zeit, die wir beim Gottesdienst verbringen durften, die ruhigste Zeit war. Man vergaß das Furchtbare, das sich um einen herum abspielte.
Man könnte annehmen, dass sich auch das allgemeine Leben innerhalb des Ghettos in so ruhigen Bahnen gehalten habe. Das ist falsch! Täglich hatten wir Erschießungen und Erhängungen im Ghetto zu verzeichnen und waren stets der Hand unseres möglichen Mörders ausgeliefert.
Von all den Personen, die sich so für jüdische Dinge eingesetzt haben, lebt wohl keiner mehr. Sie alle haben jedoch dazu beigetragen, uns Stunden der inneren Ruhe und Zuversicht zu geben. Sie waren durch ihren Glauben voller Optimismus, und jeder wollte mit uns gemeinsam wieder den Tag der Freiheit erleben!“(44)
Hier endet der Bericht von Karl Schneider, der zu den wenigen aus Köln nach Riga deportierten Juden gehörte, die mit dem Leben davongekommen waren.
Man sollte abschließend jedoch nicht vergessen, dass auch viele Nicht-Juden in Konzentrationslagern umgekommen sind und vorher noch Kraft, Zuversicht und Hoffnung aus ihrem Glauben schöpften. Das religiöse Engagement, egal ob bei Juden oder Nicht-Juden, ist weder für den einzelnen noch für die Gemeinschaft ohne Wirkung geblieben. Dies lässt sich mit einigen Worten aus Dietrich Bonhoeffers Romanfragment (1943)(45) zusammenfassen: „Es ist wie die eine unter tausend Kastanien, die unscheinbar im Boden Wurzeln schlägt und wiederum Frucht zu bringen versteht!“
Anmerkungen
Detaillierte Darstellungen sind in der umfangreichen Dokumentation zu finden: Arntz, H.-Dieter: „JUDAICA – Juden in der Voreifel.“ Buch in Vorbereitung, 1983).
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Adler, Leo: Die Bedeutung der jüdischen Festtage, Basel o.J., S. 29.
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Nach Schulte, Klaus H. S.: Dokumentation zur Geschichte der Juden am linken Niederrhein seit dem 17. Jahrhundert, Düsseldorf 1972, S. 53
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Mit Erlass vom 31. 7. 1941 wies Göring, damals u. a. Reichsmarschall, Beauftragter für den Vierjahresplan und Vorsitzender des Ministerrates für die Reichsverteidigung, den Chef der Sicherheitspolizei und des SD, Heydrich, an: „In Ergänzung der Ihnen bereits mit Erlass vom 24. 1. 1939 übertragenen Aufgabe, die Judenfrage in Form von Auswanderung oder Evakuierung einer den Zeitverhältnissen entsprechend möglichst günstigen Lösung zuzuführen, beauftrage ich Sie hiermit, alle erforderlichen Vorbereitungen in organisatorischer, sachlicher und materieller Hinsicht zu treffen für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet von Europa . . .“ Bereits Ende Oktober, im November und im Dezember 1941 „schob“ die Sicherheitspolizei aus dem Altreich, Österreich und dem Protektorat Böhmen und Mähren 50 000 Juden in Transportzügen zu je 1000 Personen in die Gegend von Riga, Lodz, Kowno und Minsk „ab“. Drei dieser Transporte wurden in Köln zusammengestellt. Vgl. hierzu den Schnellbrief des Chefs der Ordnungspolizei vom 24. 10 1941 an die Befehlshaber (Inspekteure) der Ordnungspolizei, veröffentlicht in: Beweisdokumente für die Spruchgerichte in der Britischen Zone, G. F. Nr. 93; Asaria, S. 384 ff., S. 390; und den Bericht des Kölner Juden Baermann bei Kogon, a.a.O., S. 222-227. Die Betroffenen dieser Transporte konnten lediglich 100 RM und 50 kg Gepäck je Person mitnehmen. Zitiert nach: Bruno Hoffmann: Die Ausnahmegesetzgebung gegen die Juden von 1933-1945 unter besonderer Berücksichtigung der Synagogengemeinde Köln (Inaugural-Dissertation, Köln 1961), S. 111. Es soll darauf hingewiesen werden, dass der erste Kölner Transport nach anderen Berichten im Gegensatz zu Karl Schneider bereits am 6. Dezember 1941 nach Riga abgeschickt wurde. (Vgl. hierzu u. a. Kurt Düwell: Das Schicksal der Juden am Rhein im nationalistischen Einheitsstaat – Die Jahre 1933-1945, in: Monumenta Iudaica II, S. 637.) Bei diesem Transport handelte es sich um 1000 Volljuden. Vorher hatte es zwei Transporte mit älteren und mittleren Jahrgängen nach Lodz gegeben.
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Vgl. Schulte, a.a.O., sowie Schreiben von Frau Gerda Schneider/Philadelphia vom 6. Dezember 1980 und vom 19. April 1981 an den Verfasser.
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Kaufmann, Max: Die Vernichtung der Juden Lettlands. Erschienen im Selbstverlag, München 1947.
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„Perkonkrust“: Donnerkreuz, Name der faschistisch-antisemitischen Organisation, die führend an den Judenverfolgungen und -massenmorden beteiligt war. Spielte eine große Rolle im Arajs-Prozeß. ,,Donner“-Kreuz übernommen aus der lettischen Frühgeschichte, faktisch gleichbedeutend mit Hakenkreuz.
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Vgl. hierzu die Ausführungen von Kaufmann, a.a.O., S. 93 ff.
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Ebenda, S. 123/124.
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So zum Beispiel Richard Feder: Religiöses Leben in Theresienstadt, u. a. in „Theresienstadt“, hrsg. vom Rat der jüdischen Gemeinde in Böhmen und Mähren, 1965. Hier zitiert nach der deutschen Ausgabe, Europa Verlag, Wien, 1968, S. 58 ff. oder auch: Jupp Weiss: „Sederabend 1945 im KZ Bergen-Belsen“, in: Arntz, H.-Dieter, a.a.O., Kapitel 34.
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Daher auch der Name „Moskau-Vorstadt“.
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Auch über die Ankunft gibt es verschiedene Aussagen. So gibt Worm den 13. Dezember 1941 an (in Goral, Arie: „Vernichtung des Ghettos von Riga und der Aufstand im Warschauer Ghetto“ [eine Dokumentation], Selbstverlag, Hamburg, vorhanden in der Präsenzbibliothek der Germania Iudaica in Köln, S. 61). Dies wird auch von Max Kaufmann bestätigt. Vgl. Kaufmann, a.a.O., S. 125. Worm nennt: Köln: Ankunft in Riga am 13. 12. 1941; Kassel: ebenfalls am 13. 12. 1941; Bielefeld (Münster, Osnabrück): am 16. 12. 1941; Düsseldorf: 14. 12. 1941; Hannover: 21. 12. 1941
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Dennoch könnte das von Karl Schneider genannte Datum eingeordnet werden, denn der heute in Schweden lebende Jude B. K. wurde am 6. Dezember 1941 von Hamburg aus nach Riga deportiert und kam am 9. Dezember an der Bahnstation Shirotava an. (Vgl. Zeittafel des o. a. Schweden, publiziert bei Goral, Arie, a.a.O., S. 59.)
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Kaufmann, a.a.O., S. 125/126.
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Ebenda, S. 126.
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Ebenda.
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Wolff, Jeanette: Sadismus oder Wahnsinn, Greis 1947 (Berichte der Einsatzgruppe A), S. 8/9.
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„Tagebuch“ von Karl Schneider.
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Kaufmann, a.a.O., S. 167/168.
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„Tagebuch“ von Karl Schneider.
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Vgl. diesbezügliche Bemerkung von Max Kaufmann, a.a.O., S. 126.
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Bei Kaufmann wird der Älteste von Hannover nicht Fleischer, sondern Fleschel genannt (vgl. dort S. 169).
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Kaufmann, a.a.O. S., 169.
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Zitiert nach dem „Tagebuch“ von Karl Schneider.
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So z. B. bei Jeanette Wolff, einst Angehörige des Deutschen Bundestages, die sich in ihrem o. a. Buch über das deutsche Ghetto von Riga sehr detailliert äußert. – Der hier so häufig zitierte Max Kaufmann konstatiert die Zustände im lettischen Ghetto.
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„Tagebuch“ von Karl Schneider.
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Baeck, Leo: Das Wesen des Judentums, 6. Auflage, Wiesbaden o. J., S. 299.
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Kaufmann, a.a.O., S. 165.
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Kaufmann, a.a.O., S. 166.
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Wörtlich zitiert nach dem „Tagebuch“ von Karl Schneider.
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J. Maier: „Religion“, in Bernsdorf, Wilhelm: „Wörterbuch der Soziologie“, Stuttgart 1969, 2. Auflage, S. 891/892.
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Ebenda, S. 892.
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Anlage zum „Tagebuch“ von Karl Schneider.
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Ebenda.
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Nach Reitlinger, Gerard: „Endlösung“, 3. durchgesehene und verbesserte Auflage, Colloquium Verlag Berlin, S. 327.
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Nach Angabe von Dr. Wolken, der im Quarantäne-Lager die Listen führte, kam der Transport aus Riga am 4. November in Auschwitz-Birkenau an, brachte aber nur 596 Menschen mit, von denen 476 vergast wurden. (Nach Reitlinger, a.a.O., S. 327, Fußnote.)
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Reitlinger, a.a.O., S. 327/328.
-
„Tagebuch“ von Karl Schneider.
-
Ebenda.
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Vgl. hierzu Max Kaufmann, a.a.O., S. 425-428.
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Vgl. auch das ähnliche Schicksal des in Schweden lebenden Juden B. K., dargestellt in: Goral, Arie, a.a.O., S. 59. Siehe auch Anm. 11.
-
„Tagebuch“ von Karl Schneider.
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Encyclopaedia Iudaica, Volume 14 („Riga“), Jerusalem 1971.
-
„Tagebuch“ von Karl Schneider.
-
Ebenda.
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Aus den Auszügen aus einem unveröffentlichten Romanfragment, verfaßt im Tegeler Gefängnis 1943. Hier zitiert nach Leber, Hannelore: „Das Gewissen steht auf, Frankfurt 1956, S. 191.
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