Indoktrination im Alltag des Dritten Reiches: „Rassenkunde“, Rassismus und Rassendiskriminierung in der Eifel (1935)

von Hans-Dieter Arntz
27.09.2011

Die Kritik am bundesdeutschen Schulsystem basiert u.a. auf dem Vorwurf, dass das föderalistische System diesbezüglich nicht einheitliche Maßstäbe anlegt und sehr verschiedene Schwerpunkte setzt. Meist sind diese zudem politisch und nicht unbedingt bildungsrelevant konzipiert. Außerdem bleibt die Struktur des Bildungssystems selten nach den Landtagswahlen in den 16 Bundesländern vollständig bestehen, sodass eine ständige Unruhe bei Lehrenden und Lernenden besteht. Die Kritik an diesem Teil des Föderalismus hat sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt.

Andererseits ist jegliche Form von einseitiger Indoktrination der Schüler und Lehrer abzulehnen, weil diese Form der Belehrung und Didaktik gefährlich ist und in Richtung Manipulation geht. Die gesteuerte Form der Lern- und Lehrinhalte ist meist ideologisch bestimmt und verhindert als Zensur zudem jegliche Form der Kritik oder einer anderweitigen Information.
Indoktrination als Instrument einer diktatorischen Staatsform kam im 3. Reich vor. Ein Lehrbuch, das im 3. Reich am Euskirchener Gymnasium Marienschule zum vorgeschriebenen Bücherkanon gehörte, propagiert unter der Überschrift „Aus Blut und Boden der Inbegriff der Rasse“, dass „heilig und unantastbar uns das Blut ist.“ Als Höhepunkt einer systematischen Schwarz-Weiß-Malerei folgen Bilder „hyper-arischer“ Mädchen, die einen Gegensatz zum „kranken Erbgut“ darstellen.

 

Rassenkunde 01

 

Rassentrennung gab es selbst in der Mathematik, und „arisches Rechnen“ fand Eingang in die Schulbücher des Dritten Reiches. Zum Erstaunen vieler Pädagogen gelang es, selbst Fragen der Euthanasie in mathematische Formeln umzumünzen. Es folgen einige Beispiele aus dem Buch „Mathematik im Dienste der nationalpolitischen Erziehung. Ein Handbuch für Lehrer“, Frankfurt am Main 1935:

 

Rassenkunde 02

 

Rassismus und Rassendiskriminierung in der Eifel (1935)

 

Es hängt eigentlich nur von der Sichtweise ab, ob die eigene Herkunft rassistisch interpretiert wird. Insofern kann „Rassismus“ jeden Menschen betreffen, da der Begriff nie grundsätzlich und wertfrei definiert werden konnte. Der Begriff „Rasse“ wird nur insofern biologisch erklärt, als dass wichtige Faktoren unserer menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten in den Vordergrund gestellt werden. Wenn auch der Begriff „Rassismus“ erst im 20. Jahrhundert eine Bedeutung bekam, dann nur in einer negativen und gefährlichen Auseinandersetzung mit politischen Programmen und sehr subjektiven Rassentheorien. Die Konvention der Vereinten Nationen unterscheidet nicht zwischen rassischer und ethnischer Diskriminierung.

 

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Die sicher unnötige Diskussion über „Rassendiskriminierung“ ähnelt der Fragestellung, welche Bevölkerung „gläubig“ und „ungläubig“ oder „gebildet“ oder „ungebildet“ ist. Wer sich einmal mit dem terminus technicus „Barbar“ befasst hat und historisch informiert wurde, wer, wann, in wessen Augen und weshalb als „Barbar“ – im ähnlichen Sinne auch als „Arier“ – betrachtet wurde oder wird, kann nur den Kopf schütteln.


Besonders in den Jahrzehnten vor dem Nationalsozialismus und dann ganz speziell im Dritten Reich entstanden anthropologische Theorien, die das rein biologistisch ausgerichtete Verständnis von „Rasse“ mit dem ethnisch-soziologischen Begriff „ Volk“ vermengten. In meinem Dokumentationsband Judenverfolgung und Fluchthilfe versuchte ich in mehreren Kapiteln, die im Dritten Reich praktizierte „Rassentrennung“ und „Rassendiskriminierung“ anhand Eifel-spezifischer Beispiele zu erklären und zu veranschaulichen.

 

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Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass auch der damalige Kreis Monschau, in dem eigentlich nie Juden sesshaft waren, den Nazi-Rassenhass schürte. Anlässlich eines Vortrags im September des Jahres 2006 referierte ich in Kalterherberg über die Gründe. Seit einiger Zeit werde ich im Anschluss an meine Vorträge in westdeutschen Schulen immer häufiger gebeten, typische Beispiele diesbezüglicher Propaganda auf meine Website zu setzen. Sie sollen im Geschichtsunterricht Verwendung finden. Daher möchte ich auf meiner regionalhistorischen Homepage im Laufe der nächsten Zeit verstärkt auf Beispiele typischer Rassendiskriminierung in der Eifel und Voreifel eingehen. Heute gebe ich 4 Beispiele, die anschaulich die Rassendiskriminierung der Nazi-Zeitung „Monschauer Beobachter – eine Lokalausgabe des „Westdeutschen Beobachters“ – in Text und Bild (1935) offenbart. Meine Collage wurde auf der Seite 181 des o.a. Buches „Judenverfolgung und Fluchthilfe“ publiziert, und Erklärungen können dort im Zusammenhang nachgelesen werden.

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