„Deutscher Orden“ sollte Vorbild sein:
„Junkern“ winkte steile Karriere im staatlichen Führungscorps

von Hans-Dieter Arntz
(Aus: Aachener Volkszeitung, 20. Juni 1986)
23.01.2007

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Eine Serie von Hans-Dieter Arntz (Teil 5)

 

Die drei Ordensburgen Crössinsee, Sonthofen und Vogelsang sollten ab 1936 jährlich je 500 „Führeranwärter" ausbilden. Der erste Lehrgang (1. Mai 1936 bis 10. März 1937) hatte eigentlich nur provisorischen Charakter und sollte den notorischen Mangel an ausgebildeten Führungskräften beheben helfen. Erst am 1. Juni 1937 begann der erste Lehrgang.

Das eigentliche Personal - mit Ausnahme der Lehrkräfte etc. - kam aus der unmittelbaren Umgebung von Dreiborn, Gemünd, Schieiden und Monschau. Die Familienangehörigen der „Junker" ließen sich meist in Gemünd nieder. Das Lazarett unter Leitung von Dr. Wunsch stand auch den Bewohnern von Dreiborn zur Verfügung, und manches Kind erblickte hier das Licht der Welt.

Hauptamtliche Lehrkräfte, aber auch Gastlehrer fanden in der Burg Vogelsang ihren Einsatz. Die Hauptunterrichtsfächer waren: Rassenlehre, Geschichte, Weltanschauung und Philosophie, Kunst und Kultur, Wirtschafts- und Soziallehre, Wehrwissenschaft. Es war kein Zufall, dass Rassenlehre als erstes Fach im Unterrichtskanon geführt wurde. Die meisten Lehrer wohnten ab 1937 im benachbarten „Dorf Vogelsang", das man neu errichtet hatte. Die „Führeranwärter" wurden von ihren jeweiligen Kreis- und danach Gauleitern nach sehr strengen und für den Nationalsozialismus charakteristischen Merkmalen ausgewählt. Sie sollten nach der vierjährigen Ausbildung die Führungselite der NSDAP stellen. Daher mußten sie den Kriterien des damals propagierten „Herrenmenschen" entsprechen und „rassisch einwandfrei" sein. Intellektuell wurde nicht viel vorausgesetzt. Die meisten Bewerber rekrutierten sich aus der Handwerkerschaft und hatten Volksschulbildung.

Nach einsatzbereiter Parteiarbeit bestand die Möglichkeit - nach einer „Ausmusterung", die Reichsorganisationsleiter Robert Ley meist selbst vornahm - zu den 500 Junkern der jeweiligen Ordensburg zu gehören. Dies sollte die beste Karriere sein, die einem Parteiangehörigen ermöglicht werden konnte. Später war ein qualifizierter Einsatz in der höheren Verwaltungsarbeit vorgesehen. Die Zeitung „Der Ruhr-Arbeiter" vom 3. Dezember 1937 gibt wohl am besten den Tagesablauf eines Junkers der Ordensburg Vogelsang wieder:

„Schon früh beginnt das Tagewerk. Nach dem Wecken ist mit dem Frühsport um 6 Uhr morgens die Burgschaft im ersten Dienst. Nach Waschen und Ankleiden sind Schlaf- und Wohnräume in Ordnung zu bringen. Um 7 Uhr stehen die Männer mit ihren Führern an der Fahne, um für des Tages Geleit ein Wort des Führers zu hhören. Ein kurzes Kommando; Kameradschaftsweise Abrücken zum Frühstück! Die weißgedeckten Tafeln des Speisesaals vereinen uns zur ersten Mahlzeit. Danach ist noch Gelegenheit, einiges in Ordnung zu bringen, ein Buch aus der Leihbücherei zu holen. Um 8 Uhr versammelt sich dann jede Kameradschaft im Seminarraum ihres Hauses. Zwei Stunden stehen zur Verfügung, den Haupt-vortrag des Vortages in gegenseitiger Aussprache durchzuarbeiten oder kommende Themen vorzubereiten. Um 10 Uhr hat jeder seinen Platz im großen Hörsaal des Hauptgebäudes eingenommen, wo bis 12 Uhr ein Haupt- und Gastlehrer der Burg eine Vorlesung oder einen Vortrag hält. Bereits um 12.15 Uhr hat sich die Burgschaft dem Führer vom Dienst zu stellen. Der Burgwachtmeister gibt Parole und Tagesbefehl bekannt und lässt dann zum Mittagbrot abrücken... Nachmittags folgen Sport, Arbeitsgemeinschaften, militärische Übungen. Um 22 Uhr war dann nach einem sehr anstrengenden Tag - besonders wegen des nachmittäglichen Geländesports - Zapfenstreich.

Die Strenge der Auswahl, die rassische Priorität und die elitäre Abgeschiedenheit der „Burgjunker" erweckten überall den Eindruck, als wenn die Männer, die sich alle im Alter zwischen 23 und 26 Jahren befanden, einem Orden angehören würden. Diese Öffentliche Einschätzung wurde bewusst bestärkt. Besonders die Idee, dass man die logische Fortsetzung des mittelalterlichen Deutschen Ritterordens sei, verpflichtete die Junker.
Die Ulrich-von-Hutten-Feier (1938/39) symbolisierte die gewünschte Symbiose von Rittertum und Junkertum. In einem berühmt gewordenen Bild reiten Ulrich von Hütten und ein markiger Junker vor der Burg Vogelsang einher. Mächtig ragt im Hintergrund der Turm des „Hauses des Wissens" in den Himmel. Das Gebäude wurde ebenso wenig errichtet, wie es zur Symbiose von Rittertum und Junkertum kam.

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