Obwohl man bei Kriegsende 1945 und in den Jahren danach wahrlich andere Probleme hatte, als sich um den Naturschutz oder besondere geologische Besonderheiten zu kümmern, nahm der Altkreis Euskirchen schon 1948 eine Vorreiterrolle ein: Er listete seine „Naturdenkmäler“ systematisch auf.
Die Zerstörungen in unserer Region waren beträchtlich, und besonders die Bombardierungen hatten manche Landstriche total verändert. Besonders die Ardennen-Offensive sowie Bombardierungen bei Kriegsende 1944/45 hatten die Landschaft der Eifel und Voreifel zerstört, wie dies auch in der regionalhistorischen Literatur bildlich nachgewiesen wird.
Laut Wikipedia ist ein „Naturdenkmal“ ein unter Naturschutz stehendes Landschaftselement. Dabei handelt es sich nach der gegenwärtigen Definition um ein Einzelobjekt oder ein Gebiet von geringer Flächengröße bis fünf Hektar. Letzteres ist ein „Flächennaturdenkmal“ und als solches klar von seiner Umgebung abgegrenzt. Im Jahre 1948 ging es weniger um die heute so privilegierten „Kulturlandschaften“, sondern eher um markante Einzelbäume, die als regionales oder kommunales Erkennungszeichen galten. In Euskirchen war das zum Beispiel jahrzehntelang der „krusche Boom“ in unmittelbarer Nähe der Erft und Zuckerfabrik.
„De krusche Boom“ in Euskirchen
Grundsätzlich war und ist ein solches „Baumdenkmal“ ein Baum, der einen besonderen Wuchs und ein besonderes Aussehen besitzt, ein ungewöhnlich hohes Alter aufweist oder in der Landschaft herausragt (Solitär, Landmarke). Historisch interessant sind sie als ehemalige Versammlungs- oder Gerichtsorte. Aus der Literatur sind sie als Dorfeiche oder Gerichtslinde bekannt. Die Lexika weisen auch darauf hin, dass solche Bäume gelegentlich mit anderen „Kulturdenkmälern“ wie Kapellen, Kirchen oder Wegekreuzen eine Einheit bilden. Wie 1948, so haben auch heute Auflistungen und Naturschutzgesetze das Ziel, ein „Naturdenkmal“ – im vorliegenden Fall einen markanten Baum – zu schützen und zu erhalten.
Ob das wirklich erreicht wurde, soll ein Auszug aus einer im Jahre 1948 vom Altkreis Euskirchen erstellten Liste erkennbar machen. Eine Überprüfung kann nämlich heutzutage zu überraschenden Ergebnissen führen. Den o.a. „kruschen Boom“ in Euskirchen gibt es zum Beispiel heute nicht mehr. Nur noch in Gedichten von Theodor Nießen oder anderen Heimatdichtern wird ihm ein Denkmal gesetzt.
Vgl. hierzu Ernst Schmitz: „Der krusche Boom“ (1927), in Jahrbuch 1974 des Kreises Euskirchen, Seite 5):
Der krusche Boom
An de Stadt eruß, so stolz wie ne Doom
Steht e Zeeche oser Stadt, de krusche Boom.
Rauh es de Stamm, de Rend es zeresse,
Doch faß steht de Boom och wenn hä zersplesse.
Hä steht op dä Eck, su faß wie et Ihse,
Mich det kene he fott, well hä os bewiese.
On Rähn on Storm on Hagel mach schlage,
Ich senn äch dütsch, ich kann dat verdrage.
Su mäneche Storm hät mich geschöddelt
On hät met Ingrimm eröm mich geröddelt.
Su ärg och dat Wedder, su düster die Naach,
Mich tritt kene onge, han ich mie gedaach.
Och Storm dä geht fott, on Rähn, dä lett no
Off wor et hatt, äver ich wor noch do.
Küet, wat ich rode: Senn de Zicke och schlääch
Stoht faß wie ich, dann kett ihr me rääch.
Loß et Düvele speie, hüet dann op mich,
Denkt: „Loß komme, wat kütt, zuletz laache ich.“
Gedicht von Ernst Schmitz (1927): „De krusche Boom“
Es soll in diesem Zusammenhang zusätzlich daran erinnert werden, dass der Schutz der „Naturdenkmäler“ auch durch ihre Seltenheit, Eigenart oder Schönheit begründet ist. Unter regionalhistorischen Aspekten liegt der Wert nicht nur in einem richtigen Naturverständnis, sondern auch in der nicht zu unterschätzenden Bedeutung für die Heimatkunde und lokale Historie.
Ein Auszug aus der erwähnten Aufstellung der Euskirchener Kreisverwaltung von 1948:
In weiten Kreisen der Bevölkerung bestehen Unklarheiten über die im Kreise Euskirchen bestehenden Naturdenkmale und die unter Naturschutz gestellten Gebiete. Da durch diese Unkenntnis wiederholt Naturdenkmale zerstört und in Naturschutzgebieten Veränderungen und Zerstörungen vorgenommen worden sind, (…) sollen fortlaufend die im Kreise Euskirchen bestehenden Verordnungen zum Schutz von Landschaftsteilen veröffentlicht werden.
Als erste Veröffentlichung soll die Liste der Naturdenkmale des Landkreises Euskirchen zum Abdruck kommen. Die Bevölkerung wird auf diese Veröffentlichungen hingewiesen, damit für die Folge Zerstörungen und Veränderungen in den unter Naturschutz stehenden Gebieten vermieden werden, da auf Grund des Reichsnaturschutzgesetzes das Übertreten der diesbezüglichen Verordnungen unter Strafe gestellt ist.
7 uralte hohle Eichen, Waldparzelle nördlich von Weilerswist, 500 m östlich des Swistertürmchens am Pfad nach Walberberg.
Eiche, an der Burg Konradsheim, Lechenich.
Eiche, 3 km östlich von Iversheim an der Jägersruh.
2 Reihen etwa 5O-60jähriger Walnußbäume, an der Kirche in Iversheim längs der Erft.
Lindenbaumgruppe, 30 m südwestlich der Sinzenicher Burg.
Eibe, Nordausgang von Münstereifel, Kreuzung Provinzialstraße – Schleid
Alte Linde (Kruscherbaum) und die Verkehrsinsel, worauf der Baum steht, Euskirchen, Wegegabel Köln-Bonn.
Alte Eibe, im Burggarten Kommern, westlich, Richtung, 20 m von der Burg entfernt.
Roßkastanien und 1 nebenstehende Linde und altes Heiligenhäuschen, am Wege nach Merzenich, südlich von Kommern, 500 m vom Ort entfernt.
3 Eichen und altes Fußfallbild (Steindenkmal), in südlicher Richtung, 2,5 km vom Ort Kommern entfernt, am Weg nach Katzvey.
Linde, im Ort Kalkar, Straßenkreuzung Arloff-Antweiler, nordostwärts der Kapelle.
Eiche, 250 m östlich der Burg Zievel im Walde.
Eiche, vor dem Hovener Hof, Metternich.
3 Kiefern, an der rechten Seite der Kreisstraße Metternich-Hemmerich, nordöstlich vom Ort Metternich im Walde, etwa 350 m vom Waldrand entfernt, am Napoleonsdreieck.
Fichte, Schleidstraße gegenüber vom Friedhof zwischen km 9,4 und 9,5, Münstereifel.
Stechpalmen (Ilexwäldchen), Distrikt 7, Langerkopf des Stadtwaldes Münstereifel, etwa 3 km ostwärts Eicherscheid.
Eiche, nordwestliche Ecke des Wegkreuzes Steinweg-Lechenicherweg, Gemeinde Gymnich.
Lindenbaum und Platz an dem Baum und Kapelle, Ecke Heerstraße, Michaelstraße, Gemeinde Kierdorf.
1 Eiche und Platz vor dem Friedhof Kierdorf.
1 Kastanienbaum, Straße Weilerswist-Metternich, 200 m nordöstlich vom Bahnhof.
1 Kastanienbaum, 200 m nordwestlich der Ortschaft Müggenhausen, an der Wegekreuzung Müggenhausen-Vernich und Schwarzmaar-Metternich.
1 Kastanienbaum, 300 m westlich von Weilerswist an der Gabelung der Straße Weilerswist-Friesheim und Weilerswist-Bliesheim.
25 Lindenbäume, Straße Weilerswist-Metternich, 1,7 km westlich des Hovener Hofes.
2 Kastanienbäume, an der Straße Flamersheim-Niederkastenholz am Bildstock.
2 Linden, an der Straße Arloff-Kirchheim bei dem Bildstock an der Abzweigung nach Hockenbroich.
1 Ulme, an der Straßenabzweigung Kuchenheim-Bonn nach Flamersheim.
Katzensteine und Kieferbestand, an der Straße Satzvey-Mechernich, 2,5 km südlich von Satzvey.
2 Eschen und die sich in der Nähe des K.-Hofes mitbefindliche ungemähte Fläche, nördlich der alten Kirche, 2 und 9 m vor der Kirchhofsmauer in Houverath.
1 Kastanie, ca. 100 m westlich der Landstraße Flamersheim-Palmersheim am Bildstock.
3 Winterlinden, westlich von der Gemeinde Schweinheim, an dem Weg nach Kloster Schweinheim, am Bildstock.
1 Eiche, im Hardtwald, an der Wegekreuzung Stotzheim-Kirchheim-Hardtburg.
1 Fichte, im Burggarten der Hardtburg.
1 Efeubaum, außerhalb der Burgmauer der Hardtburg.