Mit dem Niederlassungsverbot für Juden in Köln wichen diese seit dem 15. Jahrhundert in die benachbarten Orte und verstärkt auch in die Voreifel aus. Spätestens seit dieser Zeit haben sich - von den jüdischen Gemeinden Euskirchen, Flamersheim, Rheinbach und Münstereifel ausgehend - auch in Kuchenheim Juden angesiedelt. Als Zentralort des Kurkölnischen Amtes Hardt und gegenüber Euskirchen gelegen, bot Kuchenheim mit seinem Gerber- und Mühlengewerbe und intensiver landwirtschaftlicher Produktion durchaus Standortbesonderheiten. Bei der mangelhaften Aufarbeitung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Aktenbestände ist es allerdings kaum verwunderlich, dass momentan der älteste Beleg von Kuchenheimer Juden erst von 1668 datiert. Im Akt über die Salpetergrube des Amtes Hardt wird dort der Jude „Kunibert von Cuchenheim" (Abb. 256 u) genannt (HStaAD KK IV 1281 fol. 7, Schulte 1972, S. 131 f).
Mit folgenden Publikationen habe ich auf die Geschichte der Juden in Euskirchen-KUCHENHEIM hingewiesen:
Die Kuchenheimer Judengemeinde
Der älteste und jüngste jüdische Einwohner von Kuchenheim: Jakob und Arno Sommer
Geschichte der Juden von Flamersheim, in: JUDAICA – Juden in der Voreifel
Die jüdischen Begräbnisstätten der Kreisstadt Euskirchen: Jüdische Friedhöfe erinnern an die Vergangenheit
Diese Beiträge wurden inzwischen durch einige NEWS auf meiner regionalhistorischen Homepage erweitert:
Protest gegen die würdevolle Rückübertragung des jüdischen Friedhofs von Kuchenheim (1946-1950)
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Kuchenheim hatte ich bereits 1984 im 2. Jubiläumsband der ehemaligen Gemeinde Kuchenheim dargestellt. Der seit dem Jahre 1775 bestehende „Judenfriedhof“ gehört heute zu den jüdischen Begräbnisstätten der Kreisstadt Euskirchen. Auch er wurdevon den Nationalsozialisten geschändet und ab dem Jahre 1943 vom damaligen Gemeindevorsteher zweckentfremdet. Ein Teil der Epitaphien bzw. Epitaphe wurde niedergelegt und zerstört oder verkauft, so dass heute nur noch 13 vorhanden sind. Wenn man den etwa 900 qm großen Begräbnisplatz inmitten hoher Bäume betritt, sollte man sich an einen interessanten Sachverhalt erinnern.
Aus der erhalten gebliebenen Korrespondenz, die sich noch im Euskirchener Stadtarchiv, Bestand V, Nr. 213 (ehemaliges Amt Kuchenheim) befindet, ist ein mehrjähriger Streit ersichtlich, der nach dem 2. Weltkrieg bis zum Jahre 1950 die würdevolle Rückübertragung verhinderte. Der frühere Gemeindebürgermeister formulierte seine Weigerung folgendermaßen:
» ... Muss Ihnen mitteilen, dass von mir aus keine Schäden an dem Friedhof angerichtet wurden. Der Friedhof ist heute in demselben Zustand wie zur Zeit, als ich denselben übernommen habe. Die Grabsteine gehen mich überhaupt nichts an, da ich diese nicht mitgekauft habe. Die Vereinigung der Juden in Deutschland hat die Grabsteine durch ihren Angestellten Ernst Peiser in Köln an ein Steinhauergeschäft in Euskirchen verkauft. Sollte die Synagogengemeinde Köln Interesse an dem Friedhof haben, so stelle ich denen frei, den Friedhof zu übernehmen, wenn diese mir mein ausgelegtes Geld zurückzahlt. Ich habe keinen Nutzen aus dem Friedhof gezogen und hat derselbe keinen Wert für mich. Ich hatte den Friedhof aus dem Grunde gekauft, dass er nicht in andere Hände kam und umgeackert wurde, weil ich s. Zt. Gemeindebürgermeister war und ich nicht gerne hatte, dass der Friedhof zu meiner Amtszeit vernichtet werden sollte.«
Stolpersteine in Euskirchen – nun auch in Kuchenheim und Kirchheim
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, sagt der Künstler Gunter Demnig. „Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten“.
Schon viermal war Gunter Demnig in Euskirchen und Flamersheim, um dort Stolpersteine zu verlegen. In Kuchenheim und Kirchheim liegen bisher noch keine Stolpersteine, doch wurde inzwischen ein diesbezüglicher Wunsch von mehreren Bürgerinnen und Bürgern geäußert. So werden nun dort am 11. März 2016 erstmals die „kleinen Denkmale“ in den Bürgersteig verlegt:
Kirchheim:
Henriette und Charlotte Daniel, Kirchheimer Straße 2
Carolina, Frieda und Therese Ulmer, Arloffer Straße 32
Kuchenheim:
Simon, Hermine, Hugo und Frieda Rolef, Willi-Graf-Straße 6
Otto Sommer und Amalie Wolff, Buschstraße 5
Karl, Wilhelm, Rosel und Arno Sommer, Kuchenheimer Straße 115
Emanuel, Johanna und Lieselotte Sommer, Kuchenheimer Straße 117
Von den 12 Kuchenheimer Opfern konnten der Witwer Simon Rolef (links)und sein Sohn Hugo (Mitte) nach Südafrika fliehen. Emanuel Sommer entkam mit seiner Ehefrau Johanna und Tochter Liselotte (rechts) nach Palästina. Die Übrigen – Otto Sommer und seine Haushälterin Amalie Wolff, Karl Sommer, Wilhelm Sommer mit seiner Ehefrau Rosel und Sohn Arno sowie Frieda Rolef – überlebten den Holocaust nicht.
Der Euskirchener Bürgermeister Dr. Uwe Friedl – gemeinsam mit dem Bürgerverein Kuchenheim und dessen Vorsitzender Marie-Theres Kastenholz - lädt die Bevölkerung zu diesem Anlass für Freitag, den 11. März 2016, ein. Hiermit soll die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus aus unserem Stadtgebiet und ihr Schicksal wach gehalten und damit ein Mahnmal für die Zukunft gesetzt werden. An diesem Tag werden auch Angehörige der Familie Sommer aus Israel und den Niederlanden sowie der Familie Rolef erwartet.
Beginn: 10:30 Uhr in Kirchheim, Kirchheimer Straße 2
Ende: ca. 12:30 Uhr in Kuchenheim, Kuchenheimer Straße 117, mit einer kleinen Gedenkfeier und einer Ausstellung in den Räumen des Beratungscenters der Kreissparkasse Euskirchen. Die Ausstellung ist vom 11. März bis 11. April 2016 zu sehen.
Links zu diesbezüglichen Beiträgen von Hans-Dieter Arntz:
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Stolpersteine und Ausstellung zur Geschichte der Juden in Kirchheim und Kuchenheim
In meinen NEWS vom 5. März 2016 wies ich auf die bevorstehende Verlegung von „Stolpersteinen“ in Kirchheim und Kuchenheim hin. Wenn auch in diesen Euskirchener Stadtteilen nur wenige jüdische Familien beheimatet waren, so ist es doch anzuerkennen, dass am 11. März die Dorfgemeinschaft der Holocaust Opfer und Emigrierten zusätzlich in einer kleinen Feier und Ausstellung gedachte.
Im Jahre 1984 wurde erstmals die Geschichte der Kuchenheimer Judengemeinde in einem historischen Beitrag dargestellt. (Vgl. Die Kuchenheimer Judengemeinde. In: Cuchenheim 1084-1984. Bd. 2, (Naturwissenschaftliche und Historische Beiträge). Veröffentlichung des Vereins der Geschichts- und Heimatfreunde des Kreises Euskirchen e.V., A-Reihe, Bd. 14.2, 1984, S. 415–432).
Der „Euskirchener Wochenspiegel“ berichtete über den Verlauf der bemerkenswerten Veranstaltung hin: „Stolpersteine erinnern an jüdische Bürger in Euskirchen“.
Im Beratungscenter der Filiale der KSK erinnerte eine kleine Ausstellung des Bürgervereins Kuchenheim – die mit finanzieller Unterstützung des Fördervereins des LVR-Industriemuseums ermöglicht wurde -, an den Wohnort und das Schicksal der NS-Opfer.
Besonders stolz waren die Veranstalter darauf, dass man auch die wertvolle Thora-Rolle ausstellen durfte, die nun nach 77 Jahren noch einmal an den Ort zurückgekehrt war, von dem sie einst gestohlen wurde. Normalerweise befindet sich auch diese Gebetsrolle in der Gedenkstätte für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus in der Franziskanerstraße. Bis zum 11. April kann man sie aber noch im BC Kuchenheim betrachten.
# Die Ansprache von Bürgermeister Dr. Uwe Friedl betonte die Wichtigkeit dieser kleinen Gedenksteine, von denen inzwischen über 100 in Euskirchen und Flamersheim liegen. Vor dem ehemaligen Haus von Emanuel Sommer, in dessen Umbau seit längerer Zeit die Filiale der Kreissparkasse ihren Sitz hat, wurde anschließend von einem jüdischen Geistlichen das Kaddisch, das traditionelle jüdische Heiligungsgebet gesprochen.
JewishGen Holocaust Database bezüglich Euskirchen-Kuchenheim
In den Artikeln Die Kuchenheimer Judengemeinde sowie Der älteste und jüngste jüdische Einwohner von Kuchenheim: Jakob und Arno Sommer befasste ich mich mit der jüdischen Bevölkerung von Euskirchen-Kuchenheim. Jetzt überließ mir die in Nieuwkoop (Niederlande) lebende Genealogin Henny Houweling-Zwart, mit der ich schon seit Jahren zusammenarbeite, einen englischsprachigen Eintrag von „JewishGen Holocaust Database“. Er listet einige jüdische Bürger von Kuchenheim und deren Verwandte auf. Auch sie gehören zu Jakob Sommer, von dem am 90. Geburtstag (1926) ein Erinnerungsfoto gemacht wurde.
1. Emanuel SOMMER (Kuchenheim February 14, 1895-), his spouse Johanna HAAS (Hetzerath March 20, 1897-) and their daughter Lieselotte SOMMER (Kuchenheim August 18, 1927-) were living in Tel Aviv.
Philipp SOMMER (Kuchenheim July 12, 1851-Kuchenheim March 17, 1925) and Susanna LICHTENSTEIN (Mayen February 28, 1857-Kuchenheim August 16, 1938) had the following children:
1. Berta SOMMER (Kuchenheim February 1, 1890-Auschwitz October 11, 1944) married in Kuchenheim on November 16, 1910 Max VYTH (Kalkar November 23, 1881-Auschwitz October 11, 1944). Both were deported from Westerbork. Their children:
1.1. Alfred VYTH (Kalkar December 3, 1911-Nijmegen, the Netherlands October 8, 1998) married Elli VON DEN DRIESCH (Frankfurt am Main August 4, 1907-Nijmegen, the Netherlands April 3, 1987). Their children:
1.1.1. Marion VYTH married Ran ZURR.
1.1.2. Arno VYTH (1947-) married Florry DREESE (1949-). Living in Abcoude, the Netherlands.
1.2. Ilse VYTH (Kalkar April 1, 1920-) married Govert DE HAAS (Amsterdam July 15, 1916-Amsterdam March 2, 2006).
1.2.1. Tsipporah DE HAAS (Groningen October 11, 1947-) married Shaul SOFER.
1.2.2. Max Moshe DE HAAS (Groningen, the Netherlands August 4, 1950-) married Margaretha Maria Gerarda KOOPMAN.
Max Moshe also married Wilma Tekla ELFERINK.
1.3. Lore VYTH (Kalkar August 24, 1924-Auschwitz September 30, 1942). Deported from Westerbork.
1.4. Ellen VYTH (Kalkar December 14, 1925-Auschwitz October 11, 1944). Deported from Westerbork.
2. Wilhelm SOMMER (Kuchenheim October 23, 1891-Deported from Koeln to Minsk on July 20, 1942. Murdered in Maly Trostinec, killing field) married Rosa KOMBERT (Muelheim April 25, 1896-Deported from Koeln to Minsk on July 20, 1942. Murdered in Maly Trostinec, killing field). Their child:
2.1. Arnold Arno SOMMER (Kuchenheim October 13, 1930-Deported from Koeln to Minsk on July 20, 1942. Murdered in Maly Trostinec, killing field).
3. Karl SOMMER (Kuchenheim January 12, 1895-Deported from Koeln to Minsk on July 20, 1942. Murdered in Maly Trostinec, killing field.
Hugo ROLEF (Kirchheim June 26, 1899-Cape Town, South Africa April 25, 1960) married Erna FRIESEM (Burgbrohl December 30, 1907-Duesseldorf April 25, 2005). Buried in the Jewish cemetery in Krefeld (neuer Friedhof). Their children:
1. Helen ROLEF (Cape Town December 31, 1943-Tannay, Switzerland October 13, 2006). Killed in a car accident.
2. Martin Simon ROLEF (Cape Town January 31, 1948-) married in Krefeld on January 19, 1979 Hanna (Hannelore) DEHMER (Krefeld July 18, 1953-). Their children:
2.1. David ROLEF (April 23, 1979-).
2.2. Ilana Ester ROLEF (Krefeld August 11, 1982-).
2.3. Joshua Jonathan ROLEF (Krefeld October 14, 1988-).
Abgesehen von dieser nüchternen genealogischen Aufstellung war die abschließende Anmerkung von Henny Houweling-Zwart recht persönlich. Sie beweist, wie klein doch die Welt ist. Unter den o.a. jüdischen Personen befand sich nämlich ihr eigener Hausarzt:
I was very surprised to see the information regarding Ilse VYTH and her husband Govert DE HAAS. In my childhood days Govert DE HAAS was our family doctor and his son Max Moshe was my boyfriend in these days. We were in the same class at the Jewish primary school in Amsterdam and we played together. After the primary school we did not have any contact ...
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