MemoShoah in Luxemburg und „Comité de patronage“
zur Erinnerung und Mahnung

von Hans-Dieter Arntz
16.07.2014

Da sich auch meine regionalhistorische Homepage seit vielen Jahren um die Aufarbeitung der deutsch-jüdischen Geschichte bemüht sowie zusätzlich auch nationale und besonders internationale Kontakte berücksichtigt und pflegt, freut es mich, dass sie auch in Luxemburg Interesse gefunden hat. Anlässlich einer persönlichen Begegnung vereinbarte ich mit Monsieur Henri Juda, der seit Oktober 2013 Präsident der neu gegründeten MemoShoah Luxembourg ist, eine diesbezügliche Zusammenarbeit. Er selber stammt aus der Region und initiierte auch den Film „Sieben Lichter“ von Adolf Winkler, über dessen Premiere ich auch in meinen NEWS vom 12. Juni 2014 berichtet habe.

Henri Juda, Vizepräsident der Credit Suisse Luxembourg, betonte mir gegenüber ausdrücklich, dass Neutralität und Ausgewogenheit bei den Gründungsmitgliedern von MemoShoah erwünscht war: „Bewusst sind nur ca. 25% der Mitglieder jüdisch.“ Das vorläufige „Comité de patronage“ ist somit sehr gemischt und hat sich mit mehreren großen Projekten viel vorgenommen. Den Vorsitz hat Frau Erna Hennicot-Schoepges , frühere Erziehungs- und Kulturministerin und Europaabgeordnete.

Henri JudaAm 11. Juni 2014 wies der „Trierer Volksfreund“ auf das Engagement des Präsidenten der luxemburgischen Gedenkinitiative, den ich anlässlich der erwähnten Filmpremiere in Bitburg fotografierte, hin und formulierte dessen Vision:

Auch die Familie von Henry Juda, heute Präsident und Gründer der Gruppe MemoShoah (zu Deutsch: Gegen das Vergessen) in Luxemburg, war vom Antisemitismus während der Nazizeit betroffen. Nach dem Kriegsende kehrte die Familie - zumindest beruflich - nach Deutschland zurück. Sie habe ihn und seine Geschwister gelehrt, dass es in allen Kulturen sowohl gute als auch böse Menschen gebe.

„Es kommt heute nicht mehr darauf an, den Finger zu heben", betonte er, „sondern man muss die Mechanismen verstehen, wie so etwas in einem Land wie Deutschland geschehen konnte."


Bereits jetzt gibt es mehrere Projekte, mit denen sich MemoShoah befasst. Grundsätzlich hat es sich aber die Initiative zur Aufgabe gemacht, „unabhängig von politischen oder religiösen Hintergründen Projekte und Initiativen zu organisieren und zu unterstützen, die zur Aufarbeitung und zum Verständnis der Shoah beitragen - insbesondere im Hinblick auf die Luxemburger Opfer“.

Luxemburg - und der benachbarte rheinland-pfälzische Eifelkreis Bitburg-Prüm, der im Norden mit allerdings nur 1,5 km Länge an unseren nordrhein-westfälischen Kreis Euskirchen grenzt -, liegt somit künftig ganz im Westen des Verbreitungsgebietes meiner seit 2006 bestehenden Website. Seit der Publikation meines umfangreichen Dokumentationsbandes Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet (1990) ergibt sich vielleicht thematisch ein ähnliches Forschungsgebiet.

Die avisierte Kooperation auch in anderen Bereichen ehrt auch mich umso mehr, als dass am 13. Mai 2014 der Hofmarschall unseres Nachbarlandes den Verantwortlichen mitteilte,dass I.K.H der Großherzog und die Großherzogin die Schirmherrschaft über „MemoShoah Luxembourg“ übernommen haben.

 

Rundbrief

Premiere des Films „Sieben Lichter“ in Bitburg in Anwesenheit von Landrat Dr. Joachim Streit (3.v.l.),
Henri Juda (5.v.l.) und Hans-Dieter Arntz (6.v.l.)


Zu den Prioritäten von „MemoShoah Luxembourg“ gehören:

- Das Schaffen einer Begegnungs- und Gedenkstätte im Kloster Cinqfontaines  (Fünfbrunnen), das von den Nationalsozialisten in ein Internierungslager für Juden  umgewandelt wurde. Von dort aus wurden Hunderte von Opfern – zum Großteil Alte  und Kranke – in die Ghettos und Vernichtungslager in Osteuropa transportiert.

- Das Errichten eines nationalen Memorials für die Opfer der Shoah, eines Ortes der Erinnerung und Besinnung, an einem geeigneten Standort auf dem Gebiet der Stadt  Luxemburg.

- Das Organisieren und die Unterstützung pädagogischer Projekte und die  Zurverfügungstellung der Wanderausstellung « Between Shade and Darkness – Das  Schicksal der Juden Luxemburgs von 1940 bis 1945 » an interessierte Institutionen und Vereinigungen.

- Die Weiterführung historischer Recherchen in Bezug auf den Antisemitismus, die  Verfolgung der jüdischen Mitbürger und die Fragen bezüglich der Verantwortung.

 

Die rassistische Fanatismus des Dritten Reiches wurde spätestens am 10. Mai 1940 auch in Luxemburg deutlich, als deutsche Truppen das kleine Land besetzten und man die jüdische Bevölkerung zu verfolgen und deportieren begann. Die Judenverfolgung in Luxemburg wurde bisher noch nicht so konkret aufgearbeitet wie in den betroffenen Nachbarländern. Über die Zeit von 1940 bis 1945 hat aber schon Prof. Marc Schoentgen geforscht. Exemplarisches ist hierzu im Internet mit Bezug auf Fanfare Medernach nachzulesen. Weiterhin vermittelt die renommierte Website Alemannia Judaica Wesentliches über die Geschichte der jüdischen Gemeinde und die luxemburgischen Friedhöfe.

Dieser Teil der luxemburgischen Historie ist wichtig, um den heutigen 600 jüdischen Bürgern des kleinen Landes ein Heimatgefühl zu vermitteln, denn für viele von ihnen ist es eine „fremde Heimat“, wie es die Jüdische Allgemeine noch im Jahre 2006 beklagte. Der Journalist Larry Luxner beschrieb damals sehr detailliert die damalige Situation der luxemburgischen Juden und deren Probleme. Erstaunlich, dass erst mit Henri Juda größere Vorhaben der Erinnerungskultur in die Wege geleitet werden.

Über das bedeutende Projekt zur Errichtung der Gedenkstelle „Fünfbrunnen“, der einstigen Sammelstelle für die jüdische Deportation, wird demnächst auf meiner Homepage zu lesen sein. Vorerst sollte ein weiterer Internet-Artikel von Andreas Pflock zur Information ausreichen.

Henri JudaWie wichtig weiterhin jegliche Aufarbeitung und Differenzierung der luxemburgisch-jüdischen Geschichte sein kann, vermerkt zum Beispiel am 26. Juli 2013 ein Artikel im „Tageblatt.lu Online“ unter der Überschrift: „Luxemburger haben keine Erinnerungs-Stele - In Auschwitz gibt es keinen Ort der Besinnung für die luxemburgischen Nazi-Opfer“.

In einer parlamentarischen Anfrage an Staatsminister Jean-Claude Juncker will der LSAP-Abgeordnete Jean-Pierre Klein wissen, weshalb es im früheren Konzentrationslager von Auschwitz keinen Ort der Besinnung für die luxemburgischen Nazi-Opfer gibt.

Klein regt dabei die Errichtung einer Stele an, mit der das Andenken jener Luxemburger, die in diesem Vernichtungslager von den Faschisten bestialisch ermordet wurden oder inhaftiert waren, wach gehalten werden soll, vergisst aber dabei, dass es sich nicht nur um Holocaust-Opfer (also jüdische Bürger) handelt, sondern auch um andere Luxemburger, die nach Auschwitz verschleppt wurden....


Ergebnis: Jetzt gibt es ein Commémoration à Cinqfontaines Comité Auschwitz Luxembourg  sowie eine Einladung zum Treffen am 6. Juli 2014 vor dem im Jahre 1969 errichteten Mahnmal.

Bereits am 27. April hatte es ein großartiges Konzert im „De klenge Maarnicher Festival 2014“ gegeben, aus dessen gedrucktem Programm ersichtlich wurde, dass einleitend Prof. Marc Schoentgen über das „Leben und Leiden in Fünfbrunnen“ referierte und es im Anschluss eine Vernissage gab, die unter dem Thema „Between Shade and Darkness“ stand.

Das Konzept für ein „Nationales Shoa-Gedenkzentrum in Fünfbrunnen“ (Centre de rencontre et de mémoire de la Shoah a` Cinqfontaines) liegt mir vor und wird demnächst auf meiner Homepage vorgestellt.

 

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