Auf die Frage, wann man den Weihnachtsbaum entsorgt, wird meistens der Beginn des neuen Jahres oder der 6. Januar (Heilige Drei Könige) genannt. Gelegentlich gilt auch noch „Kaisers Geburtstag“ als letzter Termin, aber mit dieser Antwort können nur noch Hochbetagte etwas anfangen. Gemeint ist der 27. Januar, der den damaligen Patrioten und deren Nachfahren Anlass zu besonderen Feierlichkeiten diente.
Mit Bezug auf die angesprochene „Entsorgung des Weihnachtsbaum“ ist der an der Ahrmündung gelegene Ort Kripp durchaus von regionalhistorischen Interesse. Vgl. hierzu: Willy Weis/Hildegard Funk, „Kripper Schriftenreihe“, Bd. 2 (2014), S. 38:
Familie Vohs war für ihre großen Sozialdienste bekannt und beliebt. Sie engagierte sich besonders für die Kinder unterer sozialer Schichten, insbesondere zur Weihnachtszeit. Alljährlich veranstalteten sie, zusammen mit anderen Fabrikantenfamilien von Kripp, zur Freude der armen Kinder eine große Weihnachtsfeier mit Weihnachtsbaum und Bescherung im Gasthaus Rhein-Ahr bei Lohmers, wobei der Weihnachtsbaum dort an Kaisers Geburtstag von den Kindern gemeinsam geplündert wurde.
„Kaisers Geburtstag“ war im deutschen Kaiserreich der feierlich begangene Geburtstag des Königs von Preußen, der den Namen „Deutscher Kaiser“ führte. Unter Wilhelm I. wurde er zuletzt am 22. März 1887 gefeiert, dann unter Wilhelm II. wieder zwischen 1889 und 1918 am 27. Januar.
Laut Wikipedia wurde dort, wo der Kaiser und König Dienstherr war, mit Militärparaden, Illuminationen, Festansprachen, Festtagsessen usw., aber auch privat und deutschlandweit mit unterschiedlicher Intensität gefeiert. In der Schule wurden für diesen Anlass Lieder und Gedichte auswendig gelernt wie „Kaisers Geburtstag“ oder „Hurra! Heut ist ein froher Tag, des Kaisers Wiegenfest! „ oder „Der Kaiser ist ein lieber Mann“. Texte und Bilder sind im Internet abrufbar.
Auch die Kreisstadt Euskirchen, deren Einwohnerzahl am Ende des 19. Jahrhunderts knapp unter 10.000 lag, feierte natürlich am 27. Januar diesen Anlass. Dies möchte ich anhand eines exemplarisch herausgesuchten Artikels in der „Euskirchener Zeitung“ vom 29. Januar 1896 belegen: